Öffentliches Recht/ Assex/ Hessen/ Klausurprobleme

Zulässigkeit Bearbeiten

Verwaltungsrechtsweg Bearbeiten

Der Verwaltungsrechtsweg ist im Assex eher nicht mehr klausurrelevant. Man sollte sich unbedingt vor Augen führen, dass man eine Klausur im Verwaltungsrecht schreibt und keine im Zivilrecht. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das VG zuständig. In drei Konstellationen kann dies aber trotzdem problematisiert werden:

  1. Sondernutzung von Straßen und Plätzen
  2. ö-r Vertrag
  3. Staatshaftungsrecht

Aufdrängende Zuweisungen

  1. § 62 SGB X (nicht relevant, da SGB X nicht im Examen vorliegt)
  2. § 23 EGGVG (sehr relevant! - Gefahrenabwehr)
  3. § 54 BeamtStG

Merksatz: "Beamter werden oder sein - stets greift 54 ein"

Klausur-(P): Parteien

Parteien sind Privatrechtssubjekte mit verfassungsrechtlichem Sonderstatus (Art. 21 GG). Sobald eine Partei vorkommt, muss kurz festgestellt werden, dass sie hier gerade nicht (regelmäßig: nicht!) in ihrem verfassungsrechtlichen Status betroffen ist (z.B. Wahlveranstaltung in der Stadthalle; die Partei ist Mieter bzw. Nutzer wie jeder Hundezüchterverein auch).

Zuständigkeit Bearbeiten

Hier nicht inzident (aus Versehen) die Zuständigkeit der Ausgangsbehörde prüfen. Man sollte sich merken:

  1. Ist überhaupt ein Widerspruchsverfahren durchzuführen? Hessen hat mit § 16a HessAGVwGO einen Teil des Widerspruchsverfahrens beseitigt: Ein Blick in die Anlage zum HessAGVwGO genügt. Die Aussage, das Widerspruchsverfahren sei in Hessen abgeschafft, ist in dieser Generalität falsch - man sollte sich vor einer Verwechselung mit dem niedersächsischen System hüten!
  2. Bei Selbstverwaltungsangelegenheiten sind Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch (Selbstverwaltungsgarantie!)
  3. Ein Blick in die Zuständigkeitsverordnung hilft eventuell. - F/P Ordnungsnummer 34 a

Sonderproblem örtliche Zuständigkeit bei extraterritorialen Beamten Bearbeiten

Es gibt einen Fall, in dem die örtliche Zuständigkeit problematisch werden kann, nämlich im Bereich des Beamtenrechts. Die Lösung des Problems ist nicht ohne weiteres der Kommentierung im Kopp zu entnehmen. Dabei geht es um die Frage, welches Gericht für die Klage eines Landesbeamten örtlich zuständig ist, dessen Dienststelle außerhalb des Landes Hessen liegt. Gem. § 52 Nr. 4 VwGO wäre dies das VG, in dessen Bezirk der Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz hat.

Beispiel: Ein (hessischer) Beamter ist bei der Vertretung des Landes Hessen in Berlin eingesetzt und klagt aus seinem Beamtenverhältnis.
Um das Problem zu veranschaulichen dazu zwei Feststellungen:
  1. Gem. § 52 Nr. 4 VwGO wäre das VG Berlin zuständig.
  2. streitentscheidend ist das hessische BeamtenG.

Ginge der Streit in die Rechtsmittelinstanz, läge die Rechtsfrage vor dem OVG Berlin-Brandenburg zur Entscheidung. Dieses wäre dann letztentscheidungsbefugt über die Auslegung des hessischen BeamtenG. Die Letztentscheidungsbefugnis über hessisches Landesrecht steht aber einzig dem VGH Kassel zu, was sich aus der föderalen Ordnung der Bundesrepublik ergibt.


Lösung: Dieses Problem hat der Gesetzgeber schlicht übersehen. Entgegen dem Klang von § 52 Nr. 4 VwGO ist diese Regelung nicht abschließend. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich vielmehr aus § 52 Nr. 5 VwGO. Zuständig ist damit das VG Wiesbaden, weil dort der Sitz der Landesregierung ist.

Klagegegner Bearbeiten

 

In der Gerichtsklausur ist dies regelmässig nur ein Scheinproblem, denn hätte man wirklich den falschen Beklagten wäre die Prüfung vorbei. In der Rechtsanwaltsklausur wird das Ganze aber problematisch - insbesondere für Nicht-Hessen, die aus einem Bundesland kommen, das - anders als Hessen - von der Möglichkeit des § 78 I Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht hat. In Hessen gilt das Rechtsträgerprinzip nach § 78 I Nr. 1 VwGO.

Gemeinden und Städte Bearbeiten

Die Gemeinde/Stadt ist die richtige Beklagte bei ...

  • Handlungen des Bürgermeisters/Oberbürgermeisters (vollständige Kommunalisierung dieser Verwaltungsstufe); das gilt auch bei einer Organleihe nach dem HSOG (= Bürgermeister als "allgemeine Ordnungsbehörde")
  • Handlungen des Gemeindevorstands/Magistrats
  • Handlungen des Rates/der Stadtverordnetenversammlung

Achtung: Viele Übersichten und Lehrbücher stellen hier noch den alten Stand vor der Kommunalisierung dar; § 146a ist weggefallen; es ist einfacher geworden!

Zur Kommunalisierung siehe: Organleihe und Kommunalisierung im Kapitel Kommunalrecht

Der Kopp/Schenke ist in seiner Kommentierung zu § 78 VwGO (Rn. 3) eher schwammig und unpräzise. In der Klausur verwirrt der eher als dass es hilft!

Landrat und Landkreis Bearbeiten

Bei Handlungen des Landrats ist die Sache nicht so leicht - hier gilt die alte Rechtslage (teilweise) weiter.

Handelt der Landrat, so ist das Land Hessen der richtige Beklagte bei

  • Tätigkeiten im Bereich der Kommunalaufsicht, § 55 II HKO (weil hier in Wirklichkeit nicht der Kreis, sondern der Landrat als verlängerter Arm der Landesregierung tätig wird)

Sonst ist immer der Kreis der richtige Beklagte und zwar

  • für Handlungen des Kreisausschusses ("der Gemeindevorstand des Kreises"),
  • für Handlungen des Kreistags,
  • des Landrats als Ordnungsbehörde, in Eilfällen oder sonstigen Situationen.

Zur Kommunalisierung siehe: Organleihe und Kommunalisierung im Kapitel Kommunalrecht

Land Hessen Bearbeiten

Das Land Hessen ist die richtige Beklagte bei allen VA auf denen - untechnisch gesprochen - ein Löwe klebt. D.H.:

  • VAs des RPs als Ausgangsbehörde
  • VAs der Sonderverwaltung (selten!)
  • VAs aufgrund der Bundesauftragsverwaltung (nicht verwirren lassen: das ist ganz normale Landesverwaltung)

Vertretung Bearbeiten

Im Prozess wird die Gemeinde durch den Gemeindevorstand vertreten, § 71 Abs. 1 S. 1 HGO. In Städten trägt dieser die Bezeichnung Magistrat, § 9 Abs. 2 S. 2 HGO.

Der Landkreis wird durch den Kreisauschuss vertreten, § 45 Abs. 1 S. 1 HKO; das Land Hessen durch seinen Ministerpräsidenten, Art. 103 Hess. Verfassung.

Hier ein Tipp: Wenn das in der Aufregung vergessen wird, einfach im Zezschwitz unter Vertretung nachschlagen.

Fazit Bearbeiten

Aus Bürgersicht gilt immer: Wir richten uns nach dem Briefkopf (Hessenlöwe oder Stadtwappen?).

Ist Klägerin eine Gemeinde, dann muss einfach nur kurz das Licht angehen: Beklagter ist nicht der Kreis, sondern das Land, denn nicht der Kreis übt die Kommunalaufsicht aus, sondern der Landrat (und nur der Landrat!).

Statthaftigkeit Bearbeiten

Je nach Klage-/Antragsart.


Widerspruch (§ 68 VwGO) Bearbeiten

Ist das Vorverfahren (= Widerspruchsverfahren) überhaupt durchzuführen? Diese Frage kann sich überhaupt nur in der Anwalts- bzw. (Kläger-)klausur stellen, denn in allen anderen Situationen wäre der Widerspruch ja sonst unstatthaft (und die Prüfung vorbei). Die Ausnahmen sind im Überblick:

  1. Anlage zu § 16a HessAGVwGO hat das Widerspruchsverfahren beseitigt (eher selten)
  2. Es liegt ein Erstbescheid von einem Minsiterium vor (nicht examensrelevant, weil i.d.R. Spezialmaterie)
  3. Widerspruchsbescheid enthält erstmalig eine Beschwer für einen Dritten (selten)

§ 54 BeamtStG und das Eilverfahren Bearbeiten

§ 54 BeamtStG sieht für alle landesbeamtenrechtlichen Streitigkeiten zwingend ein Widerspruchsverfahren vor. Hiervon gibt es eine examensrelevante Ausnahme, nämlich die Konkurrentenklagen. Inhaltlich geht es i.d.R. um personalrechtliche Maßnahmen, für die mehrere Beamte in Frage kommen (z.B. drei Bewerber um die Besetzung eines Schulleiterpostens). Ist ein solcher Dienstposten einmal besetzt, kann diese Besetzung nicht mehr rückgängig gemacht werden. Wenn es inhaltlich um die Frage der Rechtmäßigkeit der Besetzung eines Postens geht, könnte die Verwaltung den Posten während des Widerspruchsverfahrens des abschlägig beschiedenen Kandidaten A mit seinem Konkurrenten B besetzen und hätte somit Fakten geschaffen. Es muss daher eine Rechtsschutzmöglichkeit geben. In diesen Fällen braucht der Bewerber entgegen § 54 BeamtStG kein Vorverfahren durchzuführen.

Siehe auch:

Klausur-(P): Erledigung des VAs vor Erlass des Widerspruchsbescheids Bearbeiten

Dazu gibt es (systembedingt?) keine Rechtsprechung.

Aus Behördensicht gibt es zwei Möglichkeiten: (a) man fertigt einen Brief (nicht einen Einstellungsbescheid!), in dem man dem Bürger mitteilt, dass es eines Verfahrensabschlusses nicht mehr bedarf und er nunmehr Fortsetzungsfeststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben kann oder (b) man erstellt gem. § 113 I S. 4 VwGO analog einen Feststellungs-Fortsetzungs-Widerspruchs-Bescheid und sagt, ob der Ursprungs-VA rechtmäßig war oder nicht.

Aus Anwaltssicht ist nicht damit zu rechnen, dass man von der Behörde einen entsprechenden Bescheid bekommt, daher: Klage vor dem VG und rein damit in die Zweckmäßigkeitserwägungen.

Anfechtungsklage (§ 42 I VwGO) Bearbeiten

  • VA?
  • belastend
  • nicht erledigt

Belastend ist der VA, wenn der Bürger in seinen Rechten eingeschränkt wird (in etwa wie bei der Differenzhypothese i.R.v. § 249 BGB). Will der Bürger ein X Mehr an mehr und bekommt nur ein X - 10% als Minus zum Beantragten, so ist das kein belastender VA. Die richtige Klageart ist die Verpflichtungsklage!

Verpflichtungsklagen Bearbeiten

Es gibt mehrere Verpflichtungsklagen, nämlich die Versagungsgegenklage (§ 42 VwGO) und die Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO):

  • Untätigkeitsklage -> Die Behörde sitzt aus und macht (trotz Antrag) nichts. Wichtig: Bei gebundenen Entscheidugnen spricht das Gericht aus, dass der stattgebende VA zu erlassen ist. Gibt es nur eine Ermessensentscheidung, so wird die Behörde verurteilt, über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.
  • Versagungsgegenklage -> Dem Bürger wurde sein Antrag abschlägig beschieden (Du kriegst nix!). Falls gebundene Entscheidung (auch durch Ermessenreduktion auf Null!), dann gibt es eine Sachentscheidung, sonst gibt es ein Bescheidungsurteil.

Klagebefugnis oder Widerspruchsbefugnis Bearbeiten

Widerspruchsverfahren Bearbeiten

Möglichkeit einer Rechtsbetroffenheit oder (in der Verpflichtungssituation) die Möglichkeit eines Anspruchs.

Immer erwähnen, sobald ein VA mit Drittbezug vorliegt (Baugenehmigung!), denn dann ergibt sich die Widerspruchsbefugnis aus § 42 II VwGO analog.

Bei Widersprüchen einer Gemeinde bereits hier § 28 II GG, Art. 137 I HV erwähnen.

Anfechtungsklage Bearbeiten

Die Klagebefugnis ist in der Regel unproblemeatisch

Adressatengedanke (nicht Theorie, Arg.: es gibt keine gegenteilige Auffassung oder Theorie): "Der Kläger ist auch klagebefugt. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn der Kläger Adressat eines belastenden VAs ist, da dieser zu seinem Nachteil Rechtswirkungen setzt. Dies ist hier der Fall, denn als Teilnehmer der Demonstration am 01.05.2006 war auch der Kläger Adressat des Platzverweises."

Möglichkeitstheorie (Drittbezug): "Die Klägerin ist auch klagebefugt. Dies ist der Fall, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Kläger durch einen belastenden VA in seinen Rechten verletzt wurde. (Def. "Möglich": wenn nicht von vornherein ausgeschlossen) Die Klägerin wohnt in unmittelbarer Nähe zu dem geplanten Hochregallager. Somit ist eine Verletzung in ihren Rechten zumindest möglich."

Beteiligten- und Prozessfähigkeit Bearbeiten

Hier kann man auf Kläger-/Widerspruchsführer-Seite einfach das aus der Zivilgerichtsklausur bekannte Sätzchen schreiben.

"Die Klage ist zulässig. Insbesondere fehlt es auch nicht an der Beteiligten- und Prozessfähigkeit der Klägerin gem. § 11 Nr. 1 HVwVfG. Die Klägerin ist in der Rechtsform der GmbH organisiert. Diese ist gem. §§ 13 und 35 I GmbH rechtsfähig und damit prozessfähig und wird durch ihren Geschäftsführer auch gerichtlich vertreten."

Relevant ist die Beteiligtenfägikeit sonst nur bei:

  • GmbHs (§§ 13, 35 I GmbHG)
  • AGs (§§ 1 I, 78 I AktG)
  • Kirchen (Art. 137 V WRV i.V.m. Art. 140 GG)
  • Gemeindefraktionen (§ 11 Nr. 2 HVwVfG, "soweit ihnen ein Recht zustehen kann")
  • GbR (auch § 11 Nr. 2 HVwVfG).

Das Auftauchen der GbR zieht immer den Satz nach sich (Urteilsstil):

"Die GbR ist gem. § 11 Nr. 2 HVwVfG auch beteiligtenfähig. Sie ist nach neuerer Rechtsprechung des BGH rechts- und parteifähig, wenn und soweit sie als GbR am Rechtsverkehr teilnimmt (Außen-GbR). Dies gilt auch im Verwaltungsverfahren."

Vertretungsbefugnis im Verwaltungsverfahren* Bearbeiten

Die Vollmacht ist (nur!) auf Verlangen nachzuweisen (vgl. § 14 Abs. 1 S. 3 HVwVfG). Wird die Bevollmächtigung behauptet, so ist davon auszugehen, dass sie gilt. Erst wenn der Nachweis der Bevollmächtigung trotz Verlangen der Behörde ausbleibt (parallel zur ZPO), ist der Bevollmächtigte zurückzuweisen.

  • Dies gilt selbstverständlich nicht im Verfahren der VwGO (vgl. § 67 VI VwGO), dort ist entgegen der Regelungen in der ZPO eine Vollmacht "schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen". Eine Nachreichung ist möglich, in einer Anwaltsklausur sollte aber die Vollmacht (im Original!) direkt beigefügt werden.

Fristen Bearbeiten

Fristen gehören zu den häufigsten Examensproblemen. Dabei gilt in den meisten Klausur-Situationen: der Rechtsbehelf/die Klage ist zulässig (sonst wäre man doch schon um 11.00 Uhr in der Gerichtskantine!).

Fristbeginn oder: Das Ding mit der Zugangsfiktion Bearbeiten

Ein großes Problem ist immer die die Frage, ab wann nun eine Frist läuft; diese Problemchen führt zu (völlig unnötigen) Schweißausbrüchen. Die Frist läuft grundsätzlich ab Bekanntgabe. Eine besondere (qualifizierte) Form der Bekanntgabe ist die Zustellung

Ein zuzustellender VA kommt auf zwei Arten zum Adressaten: entweder (1.) mit eingeschriebenem Brief (man nennt dies auch die nicht-förmliche Zustellung) oder (2.) per förmlicher Zustellung, d.h. durch Postzustellungsurkunde (PZU), per persönlichem Boten (z.B. durch einen Verwaltungsmitarbeiter), gegen Empfangsbekenntnis (EB, nur bei Rechtsanwälten; wie im Zivilprozess). Bei der förmlichen Zustellung ergibt sich der Zeitpunkt der Zustellung aus der EB oder der PZU. Wird der VA per Einschreiben (= nicht-förmliche Zustellung) geschickt, so gibt es eine Zugangsfiktion (und nur dann!). § 4 Abs. 2 Satz 2 BundesVwZG, das in Hessen durch dynamische Verweisung gem. § 1 HessVwZG gilt, sagt:

[...] Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Zu Gunsten der Behörde heißt das: Aufgabe zur Post in den Akten vermerken, drei Tage drauf, am nächsten Tag läuft die Frist!

Aus der Sicht des Adressaten bedeutet der Satz eine Beweislastumkehr zu seinen Lasten: Er hat zu beweisen, dass das Dokument in Wirklichkeit später zugegangen ist (BGB-Regeln). Gelingt dies nicht, gilt die Vermutung zu Gunsten der Behörde. Mehr steckt da nicht dahinter!

Die Frist ist abgelaufen, was nun? Bearbeiten

Frage: Ich habe drei mal gerechnet und die Frist (gem. § 70 VwGO) ist seit sieben Tagen abgelaufen. Was mache ich?

Antwort: Daran wird es nicht hängen, denn vielleicht gilt die Monatsfrist des § 70 VwGO gar nicht, denn

  1. wenn keine Rechtsbehelfsbelehrung (RBB) enthalten ist, dann läuft die Frist gar nicht (auch nicht die Jahresfrist!)
  2. Wenn die RBB falsch oder unvollständig war, dann läuft die Jahresfrist (§ 58 II VwGO)
  3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) möglich.

Begründetheit Bearbeiten

Formelle Rechtmäßigkeit Bearbeiten

Zuständigkeit der Ausgangsbehörde Bearbeiten

Aus klausurtaktischen Gründen wird die Ausgangsbehörde in der Regel zuständig sein. Die Zuständigkeit wird sich wahrscheinlich nach einem Landesgesetz richten. Man sollte zunächst in den Fachgesetzen suchen, dann in den Zuweisungsverordnugnen (z.B. PolOrgVO, F/P, OrdNr. 34 c; ZuwVO, F/P OrdNr. 34a). Wenn alles andere nicht hilft, geht man zu den (seltenen) Bundesgesetzen (dann weiß man auch gleich, in welchem Aufgabenkreis eine Gebietskörperschaft tätig wird, nämlich im Bereich der Auftragsangelegnheiten).

Wenn man in der Erstbescheid-Situation ist und man die richtige Zuständigkeits-VO nicht findet, gibt es folgende Notfall-Lösung:

  1. Wir gehen davon aus, dass der "Aussteller" des Bescheids der Gemeindevortand (= Magistrat, Kreisausschuss) ist.
  2. Hiervon weichen wir nur ab, wenn es sich (wohl) um Gefahrenabwehr handelt, dann macht es der Bürgermeister (= Oberbürgermeister, = Landrat).

Falls wir im Bereich der Komunalaufsicht sind, kann es nur der Landrat oder der Regierungspräsident sein.

Man weiß dann immer noch nicht, auf welcher Grundlage die Behörde tätig wir, aber es steht zumindest etwas auf dem Papier.

Anhörung, § 28 VwVfG Bearbeiten

  • Vor Erlass eines belastenden VA ist der Betroffene anzuhören.
  • Nicht ausreichend ist dabei die bloße Sachverhaltsaufklärung der Behörde beim Betroffenen.
  • D.h.: die Behörde muss einen VA in Aussicht stellen (konkreter Inhalt nicht nötig).
  • Die Heilung erfolgt gem. § 45 I Nr. 3 VwVfG

Als Mini-Problem bietet sich an, dass die Behörde zwar Sachverhaltsaufklärung betreibt, aber nicht anhört. In der Widerspruchs- oder Urteils-Situation bietet es sich dann an, folgendes zu schreiben:

Gutachtenstil (Widerspruchs-Situation):

Der VA müsste auch formell rechtmäßig sein. Dies setzt u.a. voraus, dass der Betroffene vor Erlass eines ihn belastenden VAs angehört wird. Gem. § 28 I HVwVfG ist dem Betroffenen dabei Gelegenheit zu geben, sich zum Gang des Verfahrens, zu seinem Gegenstand und zum möglichen Ergebnis zu äußern, was voraussetzt, dass die Behörde zumindest den möglichen Erlass eines VA in Aussicht stellt. Dies ist hier nicht der Fall gewesen. Zwar hat das Ordnungsamt Schwalmstadt mit Schreiben vom 12.01.2006 den Widerspruchsführer gebeten, seine Sicht der Dinge darzulegen, erwähnte aber mit keinem Wort, dass der Erlass eines belastenden VAs gegen ihn in Betracht kommt.

Das Fehlen der Anhörung könnte jedoch noch gem. § 45 I HVwVfG geheilt werden. Dies ist nach ganz einhelliger Meinung noch bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich. Insoweit ist auch im Widerspruchsverfahren noch die Möglichkeit gegeben, sich mit dem Vorbringen des Widerspruchsführers im Widerspruchsbescheid auseinanderzusetzen.


Eine der wenigen Gelegenheiten, mit kurzem Hemd ganz viel Wind zu machen, weil sich hieraus super Zweckmäßigkeitserwägungen ergeben, denn

  1. dem Bürger sind seine Auslagen zu ersetzen und
  2. die Behörde wird keine Kosten erheben (Verwaltungspraxis).


Begründung des VA (§ 39 HVwVfG) Bearbeiten

Die schriftliche Begründung des VA muss erkennen lassen,

  • dass die Behörde den Vorbehalt des Gesetzes kennt (Art. 20 III GG),
  • dass sie - falls gegeben - von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat.

Es ist dabei völlig irrelevant, ob die Behörde die juristisch richtige Ermächtigungsgrundlage genannt hat. Die Behörde muss sinngemäß sagen: "Wir kennen Art. 20 III GG und haben uns gedacht, die getroffene Entscheidung mal auf § 47 Abs. 11 SowiesoVO zu stützen. Dies führt zu einer Ermessenentscheidung. Wir halten nach umfassender Abwägung die getroffene Entscheidung für verhältnismässig.

Fehlen Ermessenserwägungen, gilt es zu heilen und die Kosten nicht aufzuerlegen'.

Materielle Rechtmäßigkeit Bearbeiten

Vorbemerkung Bearbeiten

Das öffentliche Recht im 2. Staatsexamen ist viel zu umfangreich, als dass vom Referendar auch nur annähernd so gute Kenntnisse der Rechtslage erwartet werden wie im Zivil- oder Strafrecht. Das ist eine Chance und kein Problem. Die Vorgehensweise ist:

  1. Gesetz finden - z.B. die HessPolizeiVO über das Zelten oder die PflanzenabfVO über Komposthaufen (sonst in die großen Gesetze - z.B. HSOG)
  2. Norm finden (sonst zu Generalklauseln)

Frage: Ich habe - glaube ich - das Gesetz gefunden, habe aber keinen Schimmer, was ein Biotopverbund i.S.v. § 1 b HENatG ist. Was mache ich?"

Antwort: Der Korrektor weiß das auch erst, seit er in die Lösungsskizze geschaut hat. Wir basteln uns einfach eine Definition aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes (bei neueren Gesetzen: § 1) und dem, was im Fall nötig ist. Aus der Akte wird sich in der Regel entnehmen lassen, welche besonderne Tatbestandsmerkmale hier relevant werden können.

Ermessen Bearbeiten

Wenn die Verwaltung ein Ermessen hat, dann muss sie es auch ausüben! In der Erstbescheids-Situation gilt daher: Wir machen beim Ermessen nochmal richtig ein Fass auf (lieber mehr als weniger). In der Widerspruchs-Situation gilt (falls wir nicht abhelfen), dass wir einige Aspekte hinzufügen, die im Ursprungs-VA nicht standen (das ist kreatives Scheiben).

Praktische Umsetzung Bearbeiten

Der Verfasser geht davon aus, dass man eine saubere und formal richtige Lösung macht (was noch nicht für vier Punkte reichen muss!). Die Notendifferenzierung erfolgt dann in der Regel nur aufgrund der Problembehandlung in der Klausur. Negativkriterium ist in der Regel das Erstellen einer praktisch nicht verwertbaren Arbeit (analog zum Zivilrecht: Man schreibt keinen vollstreckungsfähigen Tenor).

Zweckmäßigkeitserwägungen Bearbeiten

Zweckmäßigkeit in der Klage- und Widerspruchssituation Bearbeiten

Wir fragen uns:

"Ob Werner wendige Wiesel wollte"?

In diesem Sprüchlein stecken alle Grundlagen für Zweckmässigkeitserwägungen in der Anwaltsklausur, nämlich:

  • Ob wir tätig werden
  • Wer tätig werden muss
  • Gegen wen wir uns wenden
  • Wie das Rechtsschutzziel erreichen (Anfechtungsklage? Einstweiliger Rechtsschutz?)
  • Wo wir tätig werden

Widerspruchs-Situation Bearbeiten

  • Keine Verwaltungskosten (§ 17 HVwKostG), weil Anhörung unterblieben (Verwaltungspraxis).
  • Keine Verwaltungskosten im Widerspruchsverfahren, weil der Bürger die entscheidungsrelevanten Tatsachen nicht oder nur ganz bedingt selbst ergründen konnte, z.B.: die 75-Liter-Mülltonne sieht von außen genauso aus wie die 50-Liter-Tonne, und der Bürger wundert sich, dass sein Nachbar (50-Liter-Tonne) viel weniger Müllgebühren bezahlt (Verwaltungspraxis).
  • Keine Verwaltungskosten, weil Begründung des VA unvollständig.
  • Erledigung vor Erlass des Widerspruchsbescheids: "Die Einlegung eines Widerspruchs mit Antrag auf Feststellung gem. § 113 I S. 4 analog ist nicht zweckmäßig, da es nach h.M. keinen Anspuch auf Bescheidung (mehr) gibt."
  • 123er neben 80 V - bisweilen kündigt die Behörde an, sich nicht von der Einlegung eines Antrags nach 80 V beeindrucken lassen zu wollen. Sie sagt dann z.B., "die Einlegung bewirke noch gar nichts (was zutrifft) und daher werde sie nun umgehend vollziehen". Hier kann es sich anbeiten, zusätzlich einen Antrag nach 123 VwGO zu stellen, der sich gegen die schlichte Maßnahme richtet. In der Begründung muss auf die Ankündigigung des "Trotzdem-Vollzugs" hingewiesen werden.

123VwGO ist insoweit unstatthaft. Das Problem der sog. faktischen Vollziehung wird nach § 80 V analog (man könnte auch von a maiore ad minus sprechen) gelöst. Es wird ein Antrag auf Feststellung (insoweit minus zur Anordnung) der Aufschiebenden Wirkung gestellt.

  • 80 IV plus Widerspruch neben 80 V - Nach dem Prinzip "Doppelt hält besser" könnte man (zumindest in den Fällen, in denen Ausgangs- und Widespruchsbehörde nicht zusammenfallen) Widerspruch mit gleichzeitigem Antrag nach 80 IV an die Widerspruchsbehörde richten. Bei Selbstverwaltungs-VAs ist dies aber wenig zweckmäßig, da dann i.d.R. der gleiche Sachbearbeiter auch über den Widerspruch entscheidet.

Ö-r Vertrag (Kautelarrecht) Bearbeiten

  • Sachverhalt und Zielsetzung (Präambel)
  • Pflichten
  • Vollstreckungsklausel
  • sofortige Vollstreckung
  • Zwangsmittelandrohung
  • Veranschlagung der Kosten
  • ggF Vorschusspflicht für die Ersatzvornahme mit Rechtsmittelverzicht
  • Rechtsnachfolgeklausel (soweit nicht kraft Gesetzes, verpflichtet er sich, die Vertragspflichten auch seinem Rechtsnachfolger aufzuerlegen)