Zivilprozessrecht im 2. Staatsexamen: Grundsätze der Zwangsvollstreckung
In Deutschland herrscht (mit wenigen Ausnahmen in denen Selbsthilfe gestattet ist) das Gewaltmonopol des Staates. Um die zwangsweise Durchsetzung privater Ansprüche zu ermöglichen, stellt der Staat daher ein Instrumentarium zur Verfügung, um berechtigte Ansprüche, bescheinigt als Vollstreckungstitel, unter Zuhilfenahme staatlicher Stellen zu vollstrecken.
Abgrenzung zum Insolvenzverfahren
BearbeitenWährend im Vollstreckungsverfahren nach der ZPO ein Gläubiger gegen den Schuldner vorgeht ("Einzelzwangsvollstreckung") werden im Insolvenzverfahren die konkurrierenden Ansprüche aller Gläubiger durchgesetzt ("Gesamtvollstreckung"). In der Einzelzwangsvollstreckung herrscht dabei Wettstreit der konkurrierenden Gläubiger. Wer seinen Anspruch zuerst vollstreckt, nimmt anderen Gläubigern damit gegebenenfalls die Möglichkeit, dasselbe zu tun, weil der Schuldner nicht mehr leistungsfähig ist. Wird das Insolvenzverfahren angeordnet, wird dieses Rennen durch ein geordnetes Verfahren ersetzt, in dem das gesamte (nicht pfändungsfreie) Vermögen des Schuldners anteilig auf alle Gläubiger aufgeteilt wird. Das Insolvenzverfahren ist geregelt in der Insolvenzordnung.
Verfahrensgrundsätze
BearbeitenFormalisiertes Verfahren
BearbeitenUm eine effiziente Durchführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu ermöglichen, prüfen die Vollstreckungsorgane nur die formalen Voraussetzungen der Vollstreckung, aber nicht die materielle Richtigkeit des titulierten Anspruchs.
Dispositionsgrundsatz
BearbeitenWie das zivilrechtliche Erkenntnisverfahren wird auch die Zwangsvollstreckung nach der ZPO nur auf Antrag des Gläubigers betrieben.
Sozialstaatsprinzip
BearbeitenNatürliche Personen haften grundsätzlich mit ihrem ganzen Vermögen. Zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz und um zu verhindern, dass Schuldner den Sozialversicherungssystemen zur Last fallen, schützt die ZPO jedoch bestimmte Teile des Vermögens vor der Zwangsvollstreckung.
Gesetzliche Regelung
BearbeitenVollstreck- ungsgrund |
Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen | Zwangsvollstreckung wegen sonstigen Handelns oder Unterlassens | |||||||
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Vollstreckungs- gegenstand |
bewegliches Vermögen | Immobilien | vertretbare Handlungen | unvertretbare Handlungen | Dulden und Unterlassen | ||||
Bewegliche Sachen | Rechte gegen Drittschuldner |
Herausgabe von Sachen | sonstige Handlungen | Abgabe einer Willenserklärung |
sonstige Handlung | ||||
Bewegliche Sachen | Immobilien | ||||||||
Vollstreck- ungsorgan |
Gerichtsvollzieher | Vollstreckungsgericht | Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt |
Gerichtsvollzieher | Gerichtsvollzieher | Prozessgericht | Prozessgericht | Prozessgericht | Prozessgericht |
Vollstreck- ungsmaß- nahme |
Pfändung und öffentliche Versteigerung |
Verstrickung und Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs Statt zum Nennwert |
Eintragung einer Sicherungshypothek und Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung |
Wegnahme der Sache und Übergabe an den Gläubiger | Entsetzung des Schuldners aus dem Besitz und Einweisung des Gläubigers | Ermächtigung des Gläubigers zur Vornahme der Handlung auf Kosten des Schuldners | Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung |
Zwangsgeld oder Zwangshaft |
Ordnungsgeld oder Ordnungshaft |
Rechts- grundlage |
§§ 808 ff. ZPO | §§ 829 ff. ZPO | §§ 867 und 869 ZPO in Verbindung mit ZVG | §§ 883 f. ZPO | § 885 ZPO | § 887 ZPO | §§ 894 f. ZPO | § 888 ZPO | § 890 ZPO |
Literatur
Bearbeiten- Hein: Die Tenorierung im Zwangsvollstreckungsrecht, JuS 2015, 900