Wikipedia-Lehrbuch: Grundlagen


Umgang mit dem Computer

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Um an der Wikipedia mitzuschreiben, braucht man kein Computerexperte zu sein. Die Erfahrung zeigt, dass technische Startschwierigkeiten sehr schnell überwunden werden. Größer sind die Probleme mit Konzepten wie dem Freien Wissen.

Gleichwohl sollte man etwas Grundwissen im Umgang mit Computern mitbringen, sonst kommt man nur mühsam in die Wikipedia-Arbeit hinein – und viele Tätigkeiten dauern unnötig lang. Was du zum Beispiel können solltest:

  • Mit mehreren Fenstern arbeiten, dir also beispielsweise in deinem Betriebssystem zwei Fenster nebeneinander anzeigen lassen. Auf der einen Seite schreibst du angemeldet an der Wikipedia mit, auf der anderen hast du vielleicht ein Fenster mit einer Hilfe-Seite der Wikipedia.
  • Internet-Seiten wiederfinden, beispielsweise mit Lesezeichen.
  • Mit einem Textverarbeitungsprogramm umgehen, zum Beispiel einen Text markieren, kopieren und einfügen (copy and paste) oder nach einer Zeichenfolge durchsuchen (Strg + F).

Wikipedia-Jargon

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Jargon und ungenaue Bezeichnungen verwirren.

In der Wikipedia-Gemeinschaft hat sich ein Jargon (eine Sondersprache) herausgebildet, der Neueinsteigern oft Schwierigkeiten bereitet. Für viele Dinge gibt es gleich mehrere Ausdrücke, die sich mehr oder weniger stark in der Bedeutung unterscheiden. So kennt man für jemanden, der an der Wikipedia beteiligt ist: Autor, Mitmacher, Mitarbeiter, Bearbeiter, Editor, Änderer, Benutzer, Wikipedianer ... Diese Ausdrücke sind aber nur teilweise bedeutungsgleich.

Typisch für den Wikipedia-Jargon sind Begriffe aus der Informatik und der Internetkultur. Es haben sich auch viele Anglizismen eingebürgert; leider gibt es im Deutschen viele „falsche Freunde“. Im Englischen mag es zwar references und secondary sources geben. Wer dies aber zu „Referenzen“ oder „Sekundärquellen“ verdeutscht, der irrt sich genauso wie jemand, der aus einer billion eine „Billion“ (statt einer Milliarde) macht. Eine Referenz ist im Deutschen ein Empfehlungsschreiben, gemeint ist tatsächlich ein Verweis; eine Sekundärquelle erzählt, was in einer früheren Quelle (Primärquelle) steht, gemeint ist hier hingegen das, was richtig Sekundärliteratur heißt.

Jargon ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Jargon bzw. Fachsprache dient zur genauen und schnellen Kommunikation zwischen Eingeweihten. Der Jargon trägt auch zur Gruppenbildung bei. Doch Neulingen bereitet der Jargon Schwierigkeiten, sich der Gruppe (der „Community“) anzuschließen. Bei manchen Wikipedianern kann man den Eindruck bekommen, dass sie mit viel Jargon ihre Gruppenzugehörigkeit betonen, ihre selbst gefühlte Überlegenheit darstellen oder gar Neulinge verschrecken wollen. Lasse dich von solchem Gehabe nicht beeindrucken, und vermeide Jargon nach Möglichkeit.

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Aufgabe

Bitte zähle, wie viele dieser Ausdrücke dir bereits vertraut sind: Software, Lemma, Website, Freie Lizenz, Link, Shortcut, Spam, Thumb (Thumbnail).

Zur Lösung.

Die „freie“ Enzyklopädie und Freie Lizenzen

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Die Wikipedia nennt sich eine „freie“ Enzyklopädie. Hinter diesem kleinen, unscheinbaren Wort stehen sehr wichtige Aspekte:

  • Sie ist unabhängig von Regierungen und Firmen. Was in ihr steht, entscheiden die freiwilligen Bearbeiter. Die Betreiberin, die Wikimedia Foundation, behält sich in Notfällen jedoch das letzte Wort vor. Außerdem muss man sich an Gesetze halten, vor allem an die des eigenen Landes und der Vereinigten Staaten, wo die Foundation ihren Sitz hat.
  • Die Wikipedia ist kostenlos, man muss nicht bezahlen, wenn man sie lesen oder bearbeiten will. Spenden sind natürlich willkommen. Kostenlos bedeutet auch, dass die Wikimedia Foundation grundsätzlich nicht für Inhalte bezahlt. Wenn zum Beispiel ein Fotograf seine Bilder nicht kostenlos hergibt, muss die Wikipedia auf diese Bilder eben verzichten.
  • Drittens, und das ist der eigentliche Sinn, basiert die Wikipedia und die Zusammenarbeit dort auf dem Konzept des Freien Wissens.

Zum letzteren muss hier ein wenig ausgeholt werden, da dieses Konzept den Wikipedianer auf Schritt und Tritt begleitet. Nach dem deutschen Urheberrecht hat ein „Autor“, der ein „Werk“ „geschaffen“ hat, automatisch die Rechte an diesem Werk, selbst wenn er es nicht ausdrücklich erwähnt. Ein Werk kann ein Text, ein Musikstück, ein Bild usw. sein. Das Freie Wissen wird mit „Freien Lizenzen“ gehandhabt; Freie Lizenzen bedeuten einen alternativen Umgang mit dem Urheberrecht und stammen ursprünglich aus der Software-Entwicklung, von der Bewegung für Freie Software.

In den 1970er Jahren gab es nur wenige Programmierer, und wenn sie neue Programme geschrieben haben, haben sie diese normalerweise mit anderen Programmierern ausgetauscht. Man schreibt ein (anspruchsvolleres) Programm nämlich nicht von Grund auf neu, sondern verwendet bereits existierende Programmteile. Um 1980 aber boomte der Markt für Computer, und die Kommerzialisierung zog ein. Für die Nutzung von Programmen sollte nun gezahlt werden, denn oft konnten Firmen ein Urheberrecht bzw. ein Patent vorweisen. Wie ein Programm genutzt werden darf, das bestimmen die Endnutzer-Lizenzen (englisch abgekürzt mit EULA; im Deutschen mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwandt).

Im Protest gegen diese Kommerzialisierung formierte sich die Bewegung für Freie Software, unter anderem mit der Free Software Foundation (1985). Für diese Software gelten Freie Lizenzen, die bestimmen: Die Software darf zu jedem Zweck verwendet, studiert, verändert und verbreitet werden. Was man neu auf der Grundlage von Freier Software erschafft, muss ebenfalls unter einer Freien Lizenz stehen (was genau erlaubt ist und gefordert wird, das kann von der einzelnen Lizenz abhängen).

Neben Freier Software gibt es auch Freie Kultur und eben auch Freies Wissen. Als 2001 die Wikipedia ins Leben gerufen wurde, verwendete man die damals weit verbreitete Freie Lizenz GFDL. Diese Lizenz entstammt ebenfalls der Bewegung für Freie Software, ausgeschrieben heißt sie GNU Free Documentation License. Dabei ist GNU ein bestimmtes Software-Projekt der Bewegung, und documentation bezieht sich auf Texte, die ein Programm beschreiben oder den Gebrauch erläutern. Üblicherweise handelt es sich um Handbücher. Da die Wikipedia vor allem aus Texten besteht, hat man diese GFDL genommen.

Mittlerweile sind die Freien Lizenzen der gemeinnützigen Organisation Creative Commons populär. Nach einer Abstimmung unter Wikimedianern geht man nun über von der teilweise unpraktischen GFDL zur moderneren CC-BY-SA. Diese Creative-Commons-Lizenz (CC) verlangt die Nennung der Autoren (BY) und den Grundsatz, unter den gleichen Bedingungen zu teilen (share alike, SA). Generell erlauben beide Lizenzen, GFDL und CC-BY-SA, mehr oder weniger das Gleiche.

Freies Wissen bedeutet für die Wikipedia in der Praxis:

  • Wenn du einen Text in die Wikipedia stellst, dann erteilst du dem Text eine Freie Lizenz (GFDL und zusätzlich CC-BY-SA). Du selbst hast weiterhin das Urheberrecht an deinem Text und darfst deinen Text auch woanders verwenden, du hast aber nicht mehr das alleinige Nutzungsrecht.
  • Du kannst den Text, den du in die Wikipedia gestellt hast, nicht so einfach löschen. Darüber entscheiden andere Wikipedianer (mit).
  • Jemand anders darf deinen Text weiterverwenden, zum Beispiel ihn ausdrucken oder auf einer anderen Website zeigen (dabei muss er allerdings einige Regeln beachten, siehe Wikipedia:Weiternutzung).
  • Jemand anders darf deinen Text verändern; wenn er das in der Wikipedia tut, dann muss er sich dabei selbstverständlich an die Wikipedia-Regeln halten. Der veränderte Text steht ebenfalls unter der Freien Lizenz.

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Freiwillige Bearbeiter und das Wiki-Prinzip

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Wer die Absicht hat, mit der Wikipedia-Arbeit Geld zu verdienen, ist an der falschen Adresse. So gut wie die gesamte Arbeit wird von Freiwilligen geleistet. Die hinter der Wikipedia stehenden Organisationen haben zwar Angestellte, jedoch für die Pressearbeit, Spendengewinnung, bestimmte technische Aufgaben, Rechtsfragen usw., nicht zum Schreiben von Artikeln. Das sollte man stets bedenken, wenn man die Wikipedia und ihre Bearbeiter beurteilt: Sie arbeiten in ihrer Freizeit und erledigen dabei auch Tätigkeiten, die nicht besonders interessant sind oder zu schnellem Lob führen, die aber trotzdem wichtig sind.

Als Bearbeiter in der Wikipedia ist man mit seinem Benutzernamen sichtbar (wenn man angemeldet ist). Man kann sich entscheiden, ob man sich mit seinem Benutzernamen bzw. mit den Informationen auf der Benutzerseite als reale Person zu erkennen gibt, oder ob man unerkannt bleiben will. Für den Leser spielt der Autor eine geringe Rolle, denn der Leser sieht normalerweise nur den Artikel. Wer den Artikel (mit)geschrieben hat, das müsste der Leser herausfinden, und meist interessiert es ihn nicht. Jedoch kann ein Wikipedia-Bearbeiter auf seiner Benutzerseite darauf aufmerksam machen, an welchen Artikeln er maßgeblich mitgearbeitet hat (eine Auswahl ist angemessener als eine vollständige und letztlich nichtssagende lange Liste).

Zwar gibt es in der Wikipedia Hierarchien, also ein Oben und Unten (auch dazu weiter unten mehr). Dennoch sind alle Wikipedianer grundsätzlich gleichberechtigt. Sie arbeiten nach dem Wiki-Prinzip zusammen: Jeder darf eine Seite bearbeiten. Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, müssen diese durch Diskussionen ausgetragen werden, ferner gibt es mittlerweile ein umfangreiches Regelwerk, das auf eben diese Weise entstanden ist.

Man kennt Beispiele dafür, dass Personen von Organisationen dafür bezahlt werden, in der Wikipedia mitzuschreiben. Das ist grundsätzlich erlaubt, eine solche Person und ihre Beiträge werden jedoch genauso wie die anderer Bearbeiter behandelt – vielleicht mit etwas zusätzlichem Misstrauen. Manche Wikipedianer haben Angst, dass auf diese Weise die Wikipedia manipuliert wird. Natürlich macht es einen Unterschied aus, ob ein Großkonzern das Image seiner Produkte beeinflussen will oder ob eine öffentliche Körperschaft für die Verbesserung der kleinen rätoromanischen Wikipedia zahlt.

Es gehört zum Wiki-Prinzip, dass Inhalte verändert oder gelöscht werden können. Man kann also niemandem garantieren, dass das, was man geschrieben hat, bleibt – weder gegenüber einem Arbeitgeber noch gegenüber einem Lehrenden. Wikipedianer sehen es daher mit gemischten Gefühlen, wenn Dozenten ihre Studenten dazu auffordern, in die Wikipedia zu schreiben, und davon Noten abhängig machen. Zumindest sollte der Dozent den Charakter der Wikipedia kennen und entsprechend die Möglichkeiten einschätzen.

Wer schreibt die Wikipedia: die Masse oder der Einzelne?

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Natürlich hat es seinen Vorteil, dass theoretisch „jeder Mensch“ die Artikel bearbeiten kann. Viele Augen sehen viel. Aber ein durchschnittlicher Artikel ist im Wesentlichen von jeweils etwa zwei bis fünf Wikipedianern geschrieben worden. Zusätzlich haben ein oder mehrere Dutzend Menschen kleinere Verbesserungen zum Artikel beigetragen: Tippfehler beseitigt, eine Formulierung verständlicher gemacht, Bilder hinzugefügt, den Artikel kategorisiert usw.

Gerade die besten Artikel kommen in der Regel dadurch zustande, dass ein einzelner Wikipedianer sich verantwortlich fühlt (oftmals ist es derjenige, der den Artikel angelegt hat). Man spricht dann inoffiziell vom „Hauptautoren“, der den Artikel nicht nur maßgeblich geschrieben hat, sondern ihn auch längerfristig betreut. In Diskussionen räumen die anderen Wikipedianer einem Hauptautoren ein besonderes Mitspracherecht ein; seine Leistung wird so belohnt. Allerdings muss auch ein Hauptautor sich natürlich an die Wikipedia-Richtlinien halten.

Das eigentliche Problem der Wikipedia besteht nicht darin, dass „jeder Mensch“ etwas „so mal eben“ verändern könnte, sondern umgekehrt darin, dass das Mitmachen immer schwieriger wird. Ein Neuling muss ein Gespür dafür entwickeln, welche Themen „relevant“, welche Beschreibungen „neutral“ (NPOV, neutral point of view), welche Ausdrucksweisen angemessen sind. Sonst werden seine Bearbeitungen von den erfahrenen Wikipedianern sogleich wieder gelöscht.