Verwaltungsrecht in der Klausur/ Die Fälle / Fall 16


§ 10 Übungsfall zum Recht der öffentlichen Ersatzleistungen

Fall 16: Staatshaftung für unzureichende Badeaufsicht

Autorin der Ursprungsfassung ist Jana Himstedt

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1 Der Übungsfall ist angelehnt an: BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301

2 Schwerpunkte/Lernziele: Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG), Verwaltungsschuldverhältnis, Allgemeiner Aufopferungsanspruch[1]

Sachverhalt

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3 Die im Land L gelegene Gemeinde G betreibt einen künstlich angelegten, aber naturnah gestalteten Badesee. Die Anlage ist gegen Zahlung einer „Nutzungsgebühr“ öffentlich zugänglich. Die am Eingang gut sichtbar ausgehängte satzungsförmige „Betriebs- und Badeordnung“ bestimmt u.a.:

§ 1 Anstaltszweck

Das Freibad ist eine nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts der Stadt G. Diese unterhält das Freibad als öffentliche Einrichtung zur Förderung der sportlichen Betätigung, der Gesundheit und der Erholung der Bevölkerung.

§ 2 Zulassung

Zur Benutzung des Bades und seiner Einrichtungen ist nach Entrichtung der entsprechenden Gebühr grundsätzlich jedermann zugelassen. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren werden für den Badebetrieb nur in Begleitung einer aufsichtführenden Person, die das 18. Lebensjahr vollendet hat, und mit Einwilligung der gesetzlichen Vertretung zugelassen. […]

§ 10 Betriebshaftung

Die Benutzung der Anlage erfolgt auf eigene Gefahr und Verantwortung. Für Unfälle haftet die Betreiberin nur, soweit dem Badepersonal vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden nachgewiesen werden kann.“

Das Schwimmbad bietet einen etwa neun Meter breiten und zwölf Meter langen Badebereich, in welchem die Wassertiefe mehrere Meter beträgt. An dessen westlicher Seite befindet sich ein Sprungfelsen samt eines ihn umgebenden Sprungbereichs. Letzterer ist vom übrigen Schwimmareal mittels leuchtend orangefarbener Bojen abgegrenzt, deren Durchmesser etwa 30 cm beträgt und die in einem Abstand von 2,5 m jeweils einzeln mithilfe einer am Boden befindlichen Verankerung durch starke Seile befestigt sind.

Am 10. Juli 2018 besucht die 16-jährige K das Schwimmbad. Wegen wechselhafter Witterungsverhältnisse ist der Badebetrieb an diesem Tag insgesamt wenig rege. Aus Umständen, die im Nachhinein nicht mehr aufgeklärt werden können, verfängt sie sich beim Baden mit einem Arm im Befestigungsseil einer der Bojen, welche hierdurch mindestens teilweise unter die Wasseroberfläche gezogen wird. Der bei der G angestellte Schwimmmeister S befindet sich zu diesem Zeitpunkt auf einem Steg im Bereich des Sprungfelsens, von welchem er den gesamten Badebereich gut einsehen kann. Dennoch bemerkt er die Absenkung der Boje erst nach etwa fünf Minuten. Auf diese Auffälligkeit spricht er zunächst zwei in der Nähe befindliche Mädchen an. Denn in der Vergangenheit ist es wiederholt vorgekommen, dass Kinder und Jugendliche einzelne Bojen an den Befestigungsseilen unter Wasser gezogen oder miteinander verknotet haben. Als die Mädchen erklären, nicht an der Boje gespielt zu haben, bittet der S einen ihm bekannten Jugendlichen, nach der Boje zu schauen. Dieser unternimmt daraufhin einige kurze Tauchgänge und berichtet S sodann, hierbei „etwas Glitschiges“ bemerkt zu haben. S, dem die Situation nun nach wie vor klärungsbedürftig erscheint, holt sich daraufhin eine Schwimmbrille aus dem Gerätehaus und begibt sich ins Wasser, um die Boje selbst zu überprüfen. Dabei findet er die mittlerweile leblose K vor, die er unmittelbar an Land verbringt und zu reanimieren beginnt. Die Reanimation verläuft erfolgreich; dennoch muss K im Anschluss über Monate hinweg stationär und ambulant behandelt werden. Vor allem aber bleiben infolge des langen Sauerstoffentzugs – insgesamt 11 Minuten – schwerwiegende und dauerhafte Hirnschäden bei ihr zurück, infolge welcher K lebenslange Pflege benötigen wird.

In der Folgezeit erheben die Eltern der K in deren Namen Klage und verlangen Erstattung der angefallenen wie fortlaufenden Behandlungs- und Pflegekosten wie auch Schmerzensgeld von der G. Im Prozess tragen sie vor, durch ein rechtzeitiges Einschreiten des S hätten die Gesundheitsschäden – jedenfalls im vorliegenden Schweregrad – verhindert werden können. Das Absinken der Boje und die Bewegungen unter der Wasserfläche hätten jenem viel früher, spätestens aber nach zwei Minuten, auffallen müssen. Eine sachgerechte Rettung hätte dann innerhalb einer Minute erfolgen können. Stattdessen sei S nicht nur unaufmerksam gewesen, sondern habe überdies zunächst völlig ungeeignete Maßnahmen ergriffen. Die G hingegen trägt vor, ihrer Haftung stehe schon der fehlende Nachweis der Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung des S und den eingetretenen Schäden entgegen.

Nach den im Prozess herangezogenen Sachverständigengutachten – deren Richtigkeit zu unterstellen ist – treten solche Hirnschäden, wie sie K erlitten hat, ab einer Verweildauer von zweieinhalb bis fünf Minuten unter Wasser ein. Wann exakt der Sauerstoffmangel allerdings bei K zu den bleibenden Schäden geführt hat, ist im Nachhinein nicht mehr feststellbar. Auch wird gutachterlich bestätigt, dass die von G gewählte Art der Bojenbefestigung keine gegenüber anderen Befestigungssystemen erhöhten Risiken berge; alle erhältlichen Befestigungsmittel würden jeweils spezifische Gefahren verursachen und an einschlägigen fachlichen Regelwerken für Badebetriebe fehle es insoweit. Die technische Umsetzung der Befestigungen sei ebenfalls sachgemäß erfolgt. Ein Unfall mit den Seilen ist bis dahin noch nie vorgekommen.

Frage 1: Auf welchem Rechtsweg und bei welchem Gericht wäre eine entsprechende Klage anhängig zu machen?

Frage 2: Stehen K die geltend gemachten Ansprüche gegen die G zu?

Bearbeitungshinweise:

  1. Allgemeine Verkehrssicherungspflichten der G sind nicht zu prüfen.
  2. Das VwVfG des Landes L (VwVfG-L) entspricht demjenigen des Bundes.
  3. Es ist davon auszugehen, dass die „Betriebs- und Badeordnung“ der G von deren kommunaler Satzungsbefugnis nach der Gemeindeordnung des Landes L gedeckt ist und dass Aufsichtspflichtverletzungen durch die Eltern der K nicht vorliegen.

Lösungsgliederung

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4 Frage 1

Frage 2

A. Schadensersatzanspruch aus öffentlich-rechtlichem Benutzungsverhältnis (§ 280 I, 241 II BGB analog)

I. Begründung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses
II. Pflichtverletzung
1. Schutzpflichten der G bei der Befestigung der Bojen
2. Aufsichtspflichtverletzung des S
III. Verschulden
1. Problem: Wirksamkeit der satzungsförmigen Haftungsbeschränkung?
2. Erste Ansicht (insbesondere Rechtsprechung)
3. Zweite Ansicht (Teile der Lehre)
4. Streitentscheid
IV. Kausaler Schaden
1. Problem: Beweislast
a) Beweislastumkehr wegen Verletzung besonderer Berufs- und Organisationspflichten?
b) Anscheinsbeweis zugunsten der K?
2. Zwischenergebnis
V. Rechtsfolge

B. Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG)

I. Handlung in Ausübung eines öffentlichen Amtes
II. Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht
1. Schutzpflichten der G bei der Befestigung der Bojen
2. Aufsichtspflichten des S
III. Verschulden
IV. Kausaler Schaden
V. Kein tatbestandlicher Ausschluss
VI. Rechtsfolge

C. Allgemeiner öffentlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch

I. Hoheitlicher Eingriff in ein immaterielles Rechtsgut
II. Gemeinwohlbezug
III. Unmittelbarkeit der Eingriffsfolgen
IV. Sonderopfer
V. Rechtsfolge

D. Ergebnis

Lösungsvorschlag

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5 Fraglich ist zunächst der einschlägige Rechtsweg, wobei insbesondere die ordentliche (§ 13 GVG) wie auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. §§ 1, 40 VwGO) in Betracht kommen. Der Verwaltungsrechtsweg ist für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art eröffnet, soweit keine abdrängende Sonderzuweisung eingreift (§ 40 I 1 VwGO). Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn die unmittelbar streitentscheidenden Normen dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Daher müsste das Verhältnis zwischen K und G hinsichtlich der Schwimmbadnutzung zunächst öffentlich-rechtlich und nicht etwa privatrechtlich ausgestaltet sein. Ein Hoheitsträger hat grundsätzlich die Wahl, ob er Leistungs- und Benutzungsverhältnisse der Daseinsvorsorge öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich gestaltet (Regimewahlfreiheit)[2], sodass es diesbezüglich auf dessen Willen nach dem objektiven Empfängerhorizont ankommt. Indizien für eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses sind insbesondere die Erhebung von „Gebühren“ anstelle eines Entgelts sowie eine satzungsmäßige Festlegung der Nutzungsbedingungen.[3] Der Eintritt zur Schwimmanlage erfolgte insoweit ausdrücklich gegen „Benutzungsgebühr“ und durch hoheitlichen Zulassungsakt (vgl. § 2 der Badeordnung). Die Badeordnung liegt ebenfalls in Satzungsform und nicht etwa derjenigen allgemeiner Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 I BGB vor. Damit bestehen eindeutige Anhaltspunkte für eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses. Jedenfalls insoweit waren die durch S möglicherweise verletzten Aufsichtspflichten also öffentlich-rechtlicher Natur. Dasselbe gilt, soweit K ihren Anspruch möglicherweise auf die Amtshaftung gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG und einen allgemeinen öffentlich-rechtlichen Aufopferungsanspruch stützen kann, da diese Haftungsinstitute ausschließlich Träger hoheitlicher Gewalt als solche verpflichten (modifizierte Subjektstheorie). Das Vorliegen einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit und der dazu erforderlichen „doppelten Verfassungsunmittelbarkeit“ kommt nicht in Betracht.

Die Streitigkeit könnte indes im Wege der Spezialregelung des § 40 II 1 VwGO der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen sein. Jene erfasst insbesondere „Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten“ (Var. 3), wozu auch solche aus öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen (Verwaltungsschuldverhältnisse) und der Amtshaftung gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG zählen. Auch die Entscheidung über einen Aufopferungsanspruch läge gem. § 40 II 1 Var. 1 VwGO bei den ordentlichen Gerichten. Folglich ist gem. § 40 II 1 VwGO der ordentliche Rechtsweg eröffnet.

6 Zuständig sind gem. § 71 II Nr. 2 GVG die Zivilkammern der Landgerichte.

7 Lösungshinweis: Im vorliegenden Fall könnte man zudem das Bestehen allgemeiner Verkehrssicherungspflichten der G annehmen,[4] da diese mit der Anlegung des Sees als Badestelle und der Bojenbefestigung durch Seile eine Gefahrenquelle geschaffen und in ihrem Einflussbereich aufrechterhalten hat. Der BGH hat im vorliegenden Fall offengelassen, ob es sich um eine Haftung aus § 839 BGB oder allgemeinem Deliktsrecht infolge der Verletzung von Verkehrspflichten der Gemeinde handelt[5]; tatsächlich sind im Ergebnis keine Auswirkungen auf die gerichtliche Zuständigkeit oder die materielle Haftung der G ersichtlich.

Zu prüfen sind Ansprüche der K gegen die G auf Ersatz der Heilbehandlungs- und Pflegekosten wie auch Schmerzensgeld.

A. Schadensersatzanspruch aus öffentlich-rechtlichem Benutzungsverhältnis (§§ 280 I, 241 II BGB analog)

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8 Ein entsprechender Schadensersatzanspruch könnte sich zunächst in analoger Anwendung der §§ 280 I, 241 II BGB aus einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis zwischen K und G ergeben.

I. Begründung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses

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9 Dazu müsste zwischen diesen zunächst ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis zustande gekommen sein. Hierbei handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung mit besonders intensiver Pflichtenstellung zwischen Verwaltung und Bürger, die derjenigen in einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbar ist. In der Folge finden die wesentlichen Normen des Schuldrechts nach dem BGB auf solche entsprechende Anwendung.[6]

Dass das mögliche Rechtsverhältnis zwischen K und G öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist (satzungsförmige Badeordnung, Nutzungsgebühr, Anstaltszweck) und inhaltlich die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung betrifft (öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis), wurde bereits festgestellt (Rn. 5).

10 Problem: Zustandekommen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse mit Minderjährigen

In Frage steht jedoch zunächst, inwiefern derartige Benutzungsverhältnisse mit beschränkt Geschäftsfähigen wie der 16-jährigen K (vgl. § 106 BGB) begründet werden können. Die Zulassung zum Benutzungsverhältnis erfolgte hier durch Verwaltungsakt (vgl. § 2 der Badeordnung). Da dem folglich ein Verwaltungsverfahren i. S. d. § 9 VwVfG-L vorausgeht, müsste K insbesondere handlungsfähig (§ 12 VwVfG-L) gewesen sein. Die verwaltungsrechtliche Handlungsfähigkeit setzt jedoch grundsätzlich Geschäftsfähigkeit voraus (§ 12 I Nr. 1 VwVfG-L). Beschränkt Geschäftsfähige sind hingegen nur insoweit handlungsfähig, als ihre Geschäftsfähigkeit ausnahmsweise zivilrechtlich (vgl. §§ 112, 113 BGB) oder ihre Handlungsfähigkeit durch öffentlich-rechtliche Vorschriften anerkannt ist (§ 12 I Nr. 2 VwVfG-L). Dass ein Fall des § 112 oder § 113 BGB gegeben ist, ist nicht ersichtlich. Auch genügt die Grundrechtsmündigkeit eines Minderjährigen im betroffenen Lebensbereich per se nicht, um dessen verwaltungsrechtliche Handlungsfähigkeit zu begründen.[7]

„Vorschriften des öffentlichen Rechts“ im Sinne des § 12 I Nr. 2 VwVfG können jedoch auch Satzungsregelungen bilden.[8] Hier lässt sich § 2 S. 2 der satzungsförmigen Betriebs- und Badeordnung im Umkehrschluss entnehmen, dass Jugendliche ab 16 Jahren das Schwimmbad grundsätzlich auch allein besuchen und den Zulassungsantrag ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter stellen dürfen. Die 16-jährige K war insofern als handlungsfähig anzusehen. Auch wurde ihr wirksamer Antrag durch Einlass in das Schwimmbad bewilligt und hierdurch ein besonderes Näheverhältnis mit spezifischer Pflichtenstellung der Parteien zueinander begründet.

Ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis ist somit gegeben.

II. Pflichtverletzung

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11 Zweitens müsste eine der G zuzurechnende Pflichtverletzung vorliegen.

1. Schutzpflichten der G bei der Befestigung der Bojen
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12 So begründen verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse nicht nur Leistungs-, sondern auch Schutz- und Fürsorgepflichten der Parteien zueinander[9] (§ 241 II BGB analog). Folglich haben sie das Schuldverhältnis unter gegenseitiger Rücksichtnahme auf die Integrität der Rechtsgüter des anderen – insbesondere Leben und Gesundheit – abzuwickeln und hierfür ggf. erforderliche Vorkehrungen zu treffen. Diese Schutzpflicht könnte G zunächst durch die Auswahl und technische Umsetzung der Bojenbefestigung verletzt haben, die es überhaupt erst ermöglichten, dass K sich darin verfing und unter Wasser festgehalten wurde. Laut Sachverständigengutachten bargen jedoch weder das Befestigungssystem als solches noch dessen Montage über das allgemeine Maß hinausgehende Gefahren für die Badegäste. Ein entsprechender Vorfall hat sich dementsprechend auch nie zuvor im Schwimmbad der G ereignet. Insofern ist davon auszugehen, dass letztere die verkehrsüblichen und -erforderlichen Sorgfaltsmaßstäbe beachtet und die notwendigen Vorkehrungen getroffen hat. An einer diesbezüglichen Pflichtverletzung fehlt es folglich.

2. Aufsichtspflichtverletzung des S
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13 Das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis begründet jedoch besondere Fürsorgepflichten des Hoheitsträgers auch in Form von Aufsichtspflichten über die Badegäste.[10] Fraglich ist, ob S, dem am Tag des Unfalls die Badeaufsicht oblag, jene verletzt hat. Dies würde der beklagten G in analoger Anwendung des § 278 S. 1 BGB zugerechnet.

14 Dazu bedarf es zunächst einer Klärung des Umfangs der Aufsichtspflicht im Einzelnen. Denn es kann und muss im Schwimmbadbetrieb nicht jeder abstrakten Gefahr durch Sicherungsmaßnahmen vorgebeugt werden, da die Schaffung einer derart lückenlosen Sicherheit unmöglich ist.[11] Insbesondere trifft den Schwimmmeister somit keine Pflicht zur lückenlosen Beobachtung eines jeden Schwimmers.[12] Der „Pflichtenkatalog“ einer Badeaufsicht gebietet dem spezifischen Zweck des Amtes nach aber sehr wohl, das Geschehen im Wasser mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen für einzelne Badegäste auftreten. Dabei ist der Beobachtungsort so zu wählen, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht werden kann, was gegebenenfalls häufige Standortwechsel erfordert. Weiter zählt es zu den Aufgaben der Schwimmaufsicht, in Notfällen für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen.[13]

Fraglich ist, ob S nach diesen Maßstäben pflichtwidrig gehandelt hat. Der von ihm gewählte Beobachtungsort bot ihm einen guten Einblick in den gesamten Badebereich, sodass insoweit kein Pflichtverstoß anzunehmen ist. Dennoch bemerkte S die herabgezogene Boje erst nach fünf Minuten. Gerade angesichts der eher geringen Größe des Beckens und des mäßigen Badebetriebs an jenem Tag hätten allerdings regelmäßige Kontrollblicke auf das Wasser zu einer deutlich früheren Entdeckung der Auffälligkeiten an der Boje führen müssen. So kann dem Vortrag der K, dass dies spätestens nach zwei Minuten seit dem Unfall hätte geschehen müssen, durchaus gefolgt werden (a.A. vertretbar). Das Verstreichenlassen von fünf Minuten jedenfalls stellte eine pflichtwidrige Verzögerung der Rettung dar.

Zweifelhaft erscheint auch, ob S nach Entdeckung der abgesenkten Boje hinreichend schnell und effektiv zur Hilfeleistung geschritten ist. So zog er zunächst, anstatt sich sofort selbst zur Klärung des Sachverhalts und zur Rettung der Klägerin ins Becken zu begeben, nur die neben ihm stehenden Mädchen und den ihm bekannten Jugendlichen zur Befragung bzw. zur Kontrolle der Boje heran. Dabei hätte S bewusst sein müssen, dass die herabgezogene Boje auf eine in Lebensgefahr befindliche Person hindeuten konnte, was sofortiges Handeln seinerseits als ausgebildete Rettungskraft erforderte. Dass sich vergleichbare Situationen in der Vergangenheit des Öfteren als tatsächlich harmlos herausgestellt haben („Anscheinsgefahr“) und so kurzzeitig zu unnötigem Aufwand für S führten, vermochte angesichts der Tatsache, dass massive Verletzungen höchst bedeutsamer Rechtsgüter (Leib, Leben, Gesundheit) zu befürchten standen[14], nicht zu rechtfertigen, zunächst auf eigene Erforschungs- und Rettungsmaßnahmen zu verzichten. Auch das Vorgehen, sich zunächst in das Gerätehaus zu begeben, um eine Schwimmbrille zu holen, entsprach nicht der gebotenen zügigen und effektiven Notfallrettung, denn wäre die Schwimmbrille für die Personenrettung erforderlich gewesen, hätte S sie ständig bei sich tragen müssen.[15] Auch insofern verletzte dieser also seine Aufsichtsflicht, was sich G analog § 278 S. 1 BGB zurechnen lassen muss.

III. Verschulden

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15 Dass die Beklagte die genannten Pflichtverletzungen zu vertreten hat, gilt im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis grundsätzlich als vermutet (§ 280 I 2 BGB analog).[16]

1. Problem: Wirksamkeit der satzungsförmigen Haftungsbeschränkung?
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Aufbauhinweis: Die Prüfung der Haftungsbeschränkung kann ebenso unten bei den übrigen Ausschlusstatbeständen erfolgen.

16 Allerdings könnte die in § 10 der Badeordnung normierte Haftungsbeschränkung dazu führen, dass G ausschließlich für grobes Verschulden – also Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit – ihrer Erfüllungsgehilfen haften muss, sodass es darauf ankommt, welche Verschuldensform bei S gegeben war. Es ist nicht davon auszugehen, dass diesem die Verletzung seiner Aufsichtspflichten bewusst im Sinne eines dahingehenden Vorsatzes war; die Verkennung seines Pflichtenprogramms beruhte vielmehr auf einer Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und damit Fahrlässigkeit (vgl. § 276 II BGB).

Fraglich ist indes, ob diese in Form der groben Fahrlässigkeit vorlag, S also die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem, außergewöhnlichem Maße vernachlässigt hat, indem er einfachste, sehr nahe liegende Überlegungen nicht anstellte oder das unbeachtet ließ, was in der Situation jedem einleuchten musste.[17] In der Tat lag es in der hier maßgeblichen Situation sehr nahe, dass die Boje deshalb unter die Wasseroberfläche gezogen war, weil sich eine Person in deren Befestigungsseilen verfangen hatte; auf dieser Grundlage hätte jedem einleuchten müssen, dass nur sofortiges, persönliches Handeln einer geschulten Aufsichts- und Rettungskraft größere Schäden für Leben oder Gesundheit verhindern kann. Da sich andererseits vergleichbare Situationen in der Vergangenheit stets als harmlos herausgestellt haben, ein vergleichbarer Unfall mit den Befestigungsseilen noch nie vorgefallen ist und damit aus Sicht des S eher „nur“ ein Gefahrverdacht vorlag, kann im Hinblick auf seine Untätigkeit noch von einfacher Fahrlässigkeit ausgegangen werden[18] (a.A. vertretbar). § 10 der Betriebs- und Badeordnung könnte einer Haftung der G somit entgegenstehen.

17 Hierzu müsste die dort normierte Haftungsbeschränkung wirksam und somit rechtmäßig sein, da für satzungsförmige Regelungen das rechtstaatliche Nichtigkeitsdogma gilt.[19] Grundsätzlich werden satzungsförmige Haftungsausschlüsse der Verwaltung in öffentlich-rechtlichen Leistungs- oder Benutzungsverhältnissen mit bestimmten Einschränkungen für zulässig gehalten.[20] Der genaue Rechtmäßigkeitsmaßstab ist allerdings umstritten.[21]

2. Erste Ansicht (insbesondere Rechtsprechung)
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18 Der BGH misst derartige Vorschriften am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Danach muss der Ausschluss insbesondere sachlich gerechtfertigt sein und darf eine Haftung der Verwaltung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht ausschließen.[22] Als sachlicher Grund für den Haftungsausschluss genügt bereits, dass dieser einer Niedrighaltung der Nutzungsgebühren dient, was letztlich allen Anstaltsnutzern zugutekommt.[23] Auch im vorliegenden Fall ist der Haftungsausschluss grundsätzlich geeignet, die Anstaltskosten (insbesondere: Versicherungsprämien der Kommune für die Haftung ihres Aufsichtspersonals[24]) und damit die Nutzungsgebühren insgesamt niedrig zu halten, sodass ein sachlicher Grund gegeben ist. Auch bezieht sich die vorliegende Regelung ausschließlich auf „einfache“ Fahrlässigkeit und lässt eine Haftung für grobes Verschulden unberührt. Nach Ansicht der Rechtsprechung wäre die Regelung in § 10 der Badeordnung somit wirksam.

3. Zweite Ansicht (Teile der Lehre)
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19 Das Schrifttum hingegen zieht als Entscheidungsmaßstab zunehmend das AGB-Recht heran, entweder analog[25] oder – in die öffentlich-rechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung integriert – als konkretisierenden Maßstab der Angemessenheitsprüfung[26]. Bei dieser Annahme kommt man insbesondere infolge der Vorschrift des § 309 Nr. 7 lit. a BGB (keine Haftungsreduktion für Körper-, Lebens- und Gesundheitsschäden) zu einer strengeren Haftung der Verwaltung.[27] So genügt auch die vorliegende Satzungsregelung wegen ihres Pauschalausschlusses den Anforderungen des § 309 Nr. 7 lit. a BGB nicht und wäre damit unwirksam.

4. Streitentscheid
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20 Gegen eine Anwendung des AGB-Rechts mag hier zwar sprechen, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Grundgesetzes den sachnäheren, genuin öffentlich-rechtlichen Handlungsmaßstab der Verwaltung darstellt und insofern vorrangig heranzuziehen ist. Andererseits wird das übrige Schuldrecht des BGB im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis gerade analog angewandt, um zu verhindern, dass sich die Exekutive infolge ihrer Wahlfreiheit, ob sie ein Rechtsverhältnis öffentlich- oder privatrechtlich ausgestaltet, den ggf. strengeren Haftungsmodalitäten eines der Rechtsregime entziehen kann. Genau das ist aber der Fall, wenn die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an haftungsbeschränkende Klauseln hinter den zivilrechtlichen zurückbleiben und somit gleichsam eine „Flucht ins öffentliche Recht“ ermöglichen.[28] Im vorliegenden Fall tritt hinzu, dass die Haftungsbeschränkung zulasten einer beschränkt Geschäftsfähigen wirken würde und die öffentlich-rechtliche Formenwahl der Verwaltung somit zusätzlich den zivilrechtlichen Minderjährigenschutz zu unterlaufen drohte.[29] Aus diesen teleologischen Gründen sind die Vorgaben der §§ 305 ff. BGB zumindest als konkretisierender Maßstab der Angemessenheitsprüfung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips heranzuziehen, was hier nach den Grundsätzen des § 309 Nr. 7 lit. a BGB zur Unwirksamkeit des § 10 der Satzung führt.

Das „nur“ einfache Verschulden des S ist für die Haftung der G somit unschädlich.

IV. Kausaler Schaden

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21 K hat infolge des Sauerstoffmangels unter Wasser schwerwiegende Gesundheitsschäden erlitten. Diese müssten auch kausal und zurechenbar auf die Pflichtverletzungen des S zurückgehen. Fraglich ist insofern, ob jene auch dann eingetreten wären, wenn S seine Aufsichts- und Rettungspflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte, ob die Pflichtverletzung mithin „conditio sine qua non“ des Schadenseintritts war. Die bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Schadens ist hierfür nicht ausreichend; vielmehr muss der hypothetische Geschehensverlauf durch den Schadensersatzgläubiger dargelegt und vollständig bewiesen werden.[30]

Eine ordnungsgemäße Rettung hätte vorliegend in Anbetracht der Beckengröße und des geringen Badebetriebs höchstens drei Minuten in Anspruch genommen (höchstens zwei Minuten zur Entdeckung der Boje, s. o., und höchstens eine Minute zum Erreichen der Boje und dem Verbringen der K aus dem Becken). Nach dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten sind die Gesundheitsschäden der K im Zeitraum zwischen zweieinhalb und fünf Minuten nach dem Unfall eingetreten. In der Folge besteht zwar eine Wahrscheinlichkeit, dass die Schäden nach drei Minuten noch nicht vorhanden waren, jedoch keine für den klägerischen Beweis hinreichende Sicherheit. Grundsätzlich wäre damit von einem Fehlen des Kausalitätserfordernisses auszugehen.

1. Problem: Beweislast
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22 Allerdings könnte zugunsten der K eine Beweislastumkehr oder zumindest eine Beweiserleichterung eingreifen.

a) Beweislastumkehr wegen Verletzung besonderer Berufs- und Organisationspflichten?
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23 Gelingt ein Nachweis der Kausalität nicht, so kann nach Ansicht der Rechtsprechung eine Beweislastumkehr zugunsten des Klägers eingreifen, wenn dem Beklagten eine grobe Verletzung solcher Berufs- oder Organisationspflichten anzulasten ist, die dem Schutz des Lebens und der Gesundheit anderer dienen. In diesem Falle muss also der Beklagte die Nichtursächlichkeit seiner Pflichtverletzung beweisen, sofern diese allgemein geeignet ist, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen.[31]

Zur Begründung dieser – dem Arzthaftungsrecht entlehnten – Rechtsprechung zieht der BGH vor allem Billigkeitserwägungen heran: Wegen des Gewichts des Fehlers sei das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen besonders verbeitert oder verschoben und damit die nachträgliche Aufklärbarkeit des Geschehens in einer Weise erschwert, die den vollen Kausalitätsnachweis für den Geschädigten unzumutbar mache.[32]

Teile der Literatur lehnen diese richterrechtliche Verlagerung der Beweislast zum Nachteil des Anspruchsgegners hingegen ab; derartige Abweichungen von den allgemeinen Beweisgrundsätzen im Zivilprozess seien dogmatisch kaum begründbar.[33]

Da S vorliegend keinen groben, sondern „nur“ einfachen Pflichtverstoß begangen hat, kann ein Streitentscheid dahinstehen;[34] nach beiden Ansichten wäre hier kein Fall der Beweislastumkehr gegeben.

b) Anscheinsbeweis zugunsten der K?
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24 Weitgehend anerkannt ist hingegen die tatsächliche Vermutung (Anscheinsbeweis[35]) der Schadensursächlichkeit im Falle der Verletzung von Aufsichts- und Überwachungspflichten, wenn sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der die Aufsichtspflicht vorbeugen sollte.[36] Dies gilt bereits bei einfach fahrlässiger Verletzung der entsprechenden Pflichten.[37]

Die S obliegende Überwachungs- und die darauf aufbauende Rettungspflicht waren geeignet und – zumindest auch – dazu bestimmt, gesundheitliche Schäden zu verhindern, die dadurch eintreten, dass ein Badegast nicht mehr auftauchen kann und unter Wasser bleibt. Bei dem vorliegenden Badeunfall hat sich somit eben jene Gefahr verwirklicht, der durch die S obliegenden (Kern-)Pflichten entgegengewirkt werden sollte.

2. Zwischenergebnis
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25 Wegen der damit eintretenden tatsächlichen Vermutung zugunsten der K ist von einer Schadensursächlichkeit der Pflichtverletzungen auszugehen.[38]

VI. Rechtsfolge

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26 In der Folge hat K einen Anspruch auf Schadensersatz in entsprechender Anwendung der §§ 249 ff. BGB, was grundsätzlich Ersatz der Pflege- und Behandlungskosten in Geld (§ 251 I BGB analog) wie auch Schmerzensgeld infolge der Gesundheitsverletzungen (§ 253 II analog) umfasst. Ein Mitverschulden (§ 254 BGB analog) der Eltern der K, welches letzterer eventuell zugerechnet werden könnte, liegt laut Bearbeitungshinweis nicht vor.

B. Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG)

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27 Zudem könnte K ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG zustehen. Dieser steht gleichwertig neben dem Anspruch aus dem Verwaltungsschuldverhältnis.[39]

I. Handlung in Ausübung eines öffentlichen Amtes

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28 Dazu müsste S bei der Badeaufsicht am 10. Juli 2018 als Beamter „im haftungsrechtlichen Sinne“ in Ausübung eines öffentlichen Amtes, also hoheitlich tätig gewesen sein. Nicht erforderlich ist insoweit eine statusrechtliche Stellung als Beamter, sodass es hinreichend ist, dass S Angestellter der Gemeinde G war. Als solcher nahm er Aufgaben im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge wahr (vgl. § 1 2 der Badeordnung) und wurde somit auch hoheitlich tätig. Das schädigende Unterlassen erfolgte zudem gerade im äußeren und inneren Zusammenhang mit der Erfüllung dieser Aufgabe und somit „in Ausübung“ des öffentlichen Amtes, nicht lediglich bei dessen Gelegenheit.

II. Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht

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29 Dabei muss eine Amtspflicht verletzt worden sein, die gerade auch den Schutz der Gesundheit der K bezweckt hat.

1. Schutzpflichten der G bei der Befestigung der Bojen
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30 Selbst wenn man die Schutz- und Sorgfaltspflichten der G bei der Bojenbefestigung hier als Amts- und nicht etwa allgemeine Verkehrssicherungspflichten einordnete, fehlte es diesbezüglich an einer Pflichtverletzung der Beklagten (s. oben Rn. 121).

2. Aufsichtspflichten des S
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31 In Betracht kommt jedoch auch hier eine Verletzung von Aufsichtspflichten des S über die Badegäste. Allgemein gesetzlich geregelt ist eine solche Pflicht nicht; indes können sich aus der spezifischen Funktion eines Amtes ungeschriebene Amtspflichten ergeben[40]. So ist die Aufsicht über die Badegäste gerade zentrale Aufgabe eines Schwimmmeisters und zählt als solche „Kernpflicht“[41] der spezifischen Aufgabe zu den Amtspflichten des S. Diese Pflicht dient auch gerade dem Schutz der Badenden vor (Ertrinkungs-)Schäden an Leib, Leben und Gesundheit. Eine drittbezogene Amtspflicht liegt damit vor. Diese wurde ihrem Umfang nach auch durch S verletzt (s. oben Rn. 14).

III. Verschulden

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32 S als Amtsträger müsste die Amtspflichtverletzung überdies nach den Grundsätzen des § 276 BGB zu vertreten haben, wobei jedoch nicht auf dessen individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten abzustellen ist, sondern auf diejenigen eines „pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten“[42]. Ein solcher hätte bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht nur die Auffälligkeiten an der betreffenden Boje schneller erkennen, sondern zudem wissen müssen, dass die Situation ein sofortiges Handeln gebietet (s. oben Rn. 14). Die Amtspflichtverletzung geht folglich auf („einfache“) Fahrlässigkeit des S zurück.

Problem: Wirksamkeit der satzungsförmigen Haftungsbeschränkung im Deliktsrecht?

Aufbauhinweis: Auch im Rahmen der Amtshaftung kann die Prüfung der Haftungsbeschränkung ebenso unten bei den übrigen Ausschlusstatbeständen erfolgen.

33 Fraglich ist angesichts dieser leichten Verschuldensform, wie sich die in § 10 der satzungsförmigen Badeordnung normierte Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auf die deliktische Haftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG auswirkt. Sofern man die vorliegende Klausel überhaupt für wirksam hielte, könnte dies jedoch nicht im Rahmen der Amtshaftung gelten, weil Satzungen bereits normhierarchisch nicht geeignet sind, eine formell-gesetzlich begründete Haftung des Hoheitsträgers zu beschränken. Hierzu bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, an welcher es vorliegend fehlt.[43]

IV. Kausaler Schaden

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34 Von einer Kausalität der Amtspflichtverletzung für den Gesundheitsschaden der K ist auszugehen, da G Gegenteiliges nicht bewiesen hat (s. oben Rn. 25).

V. Kein tatbestandlicher Ausschluss

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35 Schließlich dürfte kein Ausschlussgrund der Amtshaftung gegeben sein. Ein schuldhaftes Rechtsmittelversäumnis der K i. S. d. § 839 III BGB kommt vorliegend nicht in Betracht, da eine Einlegung von Primärrechtsbehelfen vor und während des Schadenseintritts (also des Unfalls) offensichtlich unmöglich war. Auch das Spruchrichterprivileg des § 839 II 1 BGB muss mangels eines Judikativaktes ausscheiden.

Fraglich ist somit nur, ob S gem. § 839 I 2 BGB „auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag“ (Subsidiaritätsklausel). Ein Direktanspruch gegen S scheidet allerdings aus, denn soweit Schäden durch die pflichtwidrige Ausübung eines öffentlichen Amtes verursacht werden, stellt § 839 BGB, der in Verbindung mit Art. 34 GG gerade eine Haftungsüberleitung auf den Hoheitsträger normiert, eine Spezialregelung dar, die einen Rückgriff auf eine allgemeine deliktische Haftung des Amtsträgers (insbesondere: § 823 BGB) grundsätzlich sperrt.[44] Ansprüche der gegen ihre Eltern scheitern bereits an der fehlenden Pflichtverletzung, s. den Bearbeitungshinweis.

Das Vorliegen eines Ausschlussgrundes ist somit nicht ersichtlich.

VI. Rechtsfolge

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36 In der Folge kommt K auch ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung zu.

C. Allgemeiner öffentlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch

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37 Schließlich kommt in Betracht, das K ein Anspruch aus allgemeiner öffentlich-rechtlicher Aufopferung zusteht. Solche Aufopferungsansprüche können grundsätzlich neben dem Amtshaftungsanspruch und Ansprüchen aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen geltend gemacht werden, da letztere Tatbestände der Verschuldenshaftung darstellen.[45] Auch in der Rechtsfolge vermag der Aufopferungsanspruch dem Klagebegehren der K grundsätzlich zu entsprechen, da er Entschädigung nicht nur für Vermögensschäden, die aufgrund der Verletzung immaterieller Rechtsgüter eingetreten sind (Heilbehandlungs- und Pflegekosten) gewährt[46], sondern nach der neuen Rechtsprechung des BGH mittels dieses Anspruchs auch Schmerzensgeld geltend gemacht werden kann[47].

I. Hoheitlicher Eingriff in ein immaterielles Rechtsgut

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38 Betroffen ist die Gesundheit der K als immaterielles, durch Art. 2 II GG geschütztes Rechtsgut. Bloßes Unterlassen erfüllt jedoch grundsätzlich nicht den Eingriffsbegriff der allgemeinen Aufopferung. Rechtsprechung und Literatur fordern hierfür vielmehr ein sog. „qualifiziertes“ Unterlassen[48], also ein solches, das in seiner Wirkung mit positivem Tun der Verwaltung vergleichbar ist.[49] Dies ist hinsichtlich der Aufsichts- und Rettungspflichtverletzungen des S schon deshalb der Fall, weil es sich hierbei nicht um ein gänzliches Untätigbleiben handelt, sondern vielmehr um ein verzögertes, aber letztlich aktives Tun. Zudem kann auf einen Eingriff durch die (aktive) Bojenbefestigung mit Seilen abgestellt werden.

II. Gemeinwohlbezug

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39 S und diejenigen Mitarbeiter der G, die die Bojen befestigt haben, waren zudem im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge und grundsätzlich zur Sicherheit der Badegäste (Abgrenzung der Schwimmbereiche), also prinzipiell zu Allgemeinwohlzwecken, tätig.

III. Unmittelbarkeit der Eingriffsfolgen

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40 Von einer Kausalität der verzögerten Rettung für den Gesundheitsschaden der K ist auszugehen (s. oben Rn. 35); auch hat sich gerade das spezifische (Ertrinkungs-)Risiko verwirklicht, dem durch die Schwimmbadaufsicht vorgebeugt werden sollte. Für dazwischentretendes Dritt- oder Eigenverschulden durch K bestehen keine Anhaltspunkte. Die Gesundheitsverletzung der K beruht somit unmittelbar auf den Eingriffshandlungen.

IV. Sonderopfer

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41 Fraglich ist zudem das Vorliegen eines Sonderopfers bei K. Diese müsste also durch die Art der Bojenbefestigung oder die Verletzung von Rettungspflichten durch S besonders schwerwiegend und im Verhältnis zu anderen Betroffenen ungleich belastet worden sein. Jedenfalls hinsichtlich des Eingriffs durch S kann das Sonderopfer als durch die Amtspflichtwidrigkeit indiziert gelten.

Die Voraussetzungen des allgemeinen Aufopferungsanspruchs sind somit gegeben.

V. Rechtsfolge

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42 In der Folge kommt K ein Anspruch auf Entschädigung zu, im Rahmen derer sie ihre Behandlungs- und Pflegekosten wie grundsätzlich auch Schmerzensgeld geltend machen kann.

D. Ergebnis

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43 K kann wegen ihrer Gesundheitsschäden Ansprüche aus dem zwischen ihr und G entstandenen öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis sowie aus Amtshaftung und allgemeiner Aufopferung geltend machen.



Fußnoten

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  1. Umfassend zum Recht der staatlichen Ersatzleistungen Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 5 Rn. 153 ff. sowie § 11 gesamt.
  2. S. Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 44.
  3. S. Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 55.
  4. Vgl. Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 57.
  5. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (304).
  6. S. Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 43.
  7. Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 12 Rn. 9.
  8. De Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 203; Meyer, Die Stellung des Minderjährigen im öffentlichen Recht, 1988, S. 76.
  9. Brinktrine in: Brinktrine/Kastner, Fallsammlung zum Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2005, S. 254.
  10. LG Münster, Urt. v. 17.5.2006, Az.: 12 O 639/04 = NJW-RR 2007, 904 (905).
  11. BGH, Urt. v. 21.3.2000, Az.: VI ZR 158/99 = NJW 2000, 1946.
  12. OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.8.2007, Az.: 14 U 8/06 = NJW-RR 2008, 184 (185); Katzenmeier, JZ 2018, 415 (416).
  13. Insgesamt BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (302).
  14. Mit diesem Aspekt zieht das Gericht der Sache nach die aus dem Polizeirecht im Rahmen des Gefahrenbegriffs bekannte „Je-desto-Formel“ zur Bestimmung der Amtspflicht heran: Je bedeutsamer das gefährdete Rechtsgut und je höher der zu erwartende Schaden ist, desto eher ist ein hoheitliches Einschreiten geboten (s. zu diesem Grundsatz im Polizei- und Ordnungsrecht Eisentraut, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 2 Rn. 1117).
  15. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (303).
  16. Dazu Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 45.
  17. Zur Definition der groben Fahrlässigkeit etwa Stadler in: Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, § 276 Rn. 33.
  18. So im Ergebnis die Berufungsinstanz, s. OLG Koblenz, Urt. v. 7.1.2016, Az.: 1 U 862/14 = MDR 2016, 157.
  19. Eingehend zu diesem Zimmermann, JA 2018, 249.
  20. Barczak, VerwArch 2018, 363 (392).
  21. S. Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 59.
  22. BGH, Urt. v. 21.6.2007, Az.: III ZR 177/06 = NVwZ 2008, 238 (239).
  23. Baldus/Grzeszick/Wienhues, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 2018 Rn. 254.
  24. Vgl. Katzenmeier, JZ 2018, 415 (419).
  25. Heintzen, NVwZ 1992, 857 (858).
  26. Ehlers, Jura 2012, 691 (699); Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 441.
  27. Gurlit in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2015, § 35 Rn. 38.
  28. Im zugrundeliegenden Fall hat das Gericht sogar explizit klargestellt, dass eine entsprechende Regelung im zivilrechtlich ausgestalteten Nutzungsverhältnis unwirksam wäre: BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (304).
  29. Vgl. Tiemann, VerwArch 65 (1974), 381 (403).
  30. Katzenmeier, JZ 2018, 415 (416).
  31. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (303).
  32. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (303).
  33. Reinert in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 50. Ed., Stand: 1.5.2019, § 839 Rn. 134.
  34. Ein solcher findet sich aber zum Nachlesen etwa bei Katzenmeier, JZ 2018, 415 (417 f.).
  35. Laumen, MDR 2018, 256 (257).
  36. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (304); Koch/Rupp, NJW 2018, 267 (269); Laumen, MDR 2018, 256 (257).
  37. Koch/Rupp, NJW 2018, 267 (269).
  38. Vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (304).
  39. Papier/Shirvani in: Münchener Kommentar BGB, 7. Aufl. 2017, § 839 Rn. 77 m.w.N.
  40. Teichmann in: Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, § 839 Rn. 11; auf diese Weise kommt die Rechtsprechung etwa zu einer Aufsichtspflicht von Lehrern über Schüler: BGH, Urt. v. 3.11.1958, Az.: III ZR 139/57 = BGHZ 28, 297.
  41. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (304).
  42. S. Himstedt, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 11 Rn. 17.
  43. BGH, Urt. v. 23.11.2017, Az.: III ZR 60/16 = NJW 2018, 301 (304).
  44. Staudinger in: Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 839 Rn. 47.
  45. Baldus/Grzeszick/Wienhues, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 2018 Rn. 570.
  46. Kümper, ZJS 2013, 389 (396).
  47. BGH, Urt. v. 7.9.2017, Az.: III ZR 71/17 = NVwZ 2018, 438.
  48. Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 28 Rn. 1047.
  49. Die genauen Voraussetzungen und Anwendungsfälle „qualifizierten“ Unterlassens sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten bzw. ungeklärt, s. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 1140. Hier ist folglich mit entsprechender Argumentation vieles vertretbar.