Verwaltungsrecht in der Klausur/ § 2 Die Anfechtungsklage/ C. Begründetheit/ II. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Einzelnen

§ 2 Die Anfechtungsklage

C. Begründetheit

II. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Einzelnen

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Nikolas Eisentraut

553 Die vorstehend aufgezeigte Struktur der Begründetheitsprüfung der Anfechtungsklage bedarf aufgrund ihrer Klausurrelevanz der Vertiefung. Sowohl hinter dem Erfordernis des Vorliegens einer Ermächtigungsgrundlage (dazu Rn. 554 ff.) als auch bei der Prüfung der formellen (dazu Rn. 579 ff.) und materiellen Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts (dazu Rn. 712 ff.) können sich spezifische Probleme ergeben, deren Darstellung in Prüfungsarbeiten beherrscht werden muss.

1. Das Erfordernis einer Ermächtigungsgrundlage

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Bernhard Hadank

554 In der verwaltungsrechtlichen Klausur beginnt die Prüfung der Begründetheit der Anfechtungsklage obligatorisch mit der Bestimmung einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage. Es wird überprüft, ob die Verwaltung ihre Entscheidungen autonom treffen konnte oder hierfür eine gesetzliche Grundlage notwendig ist. Wenn Entscheidungen der Verwaltung in bestimmten Bereichen durch ein Gesetz legitimiert werden müssen,[1] steht ihr Handeln, Tun oder Unterlassen unter dem Vorbehalt des Gesetzes.

In den meisten Klausuren muss an dieser Stelle lediglich die einschlägige Ermächtigungsgrundlage festgestellt werden. Ausführungen zum Vorbehalt des Gesetzes erübrigen sich in der Regel. Ein Blick auf die Dogmatik der Vorbehaltslehre lohnt sich dennoch, weil der Vorbehalt des Gesetzes wegen seiner unsteten Terminologie, der fehlenden einheitlichen Kodifikation in der Verfassung[2] und seinem strittigen Anwendungsbereich[3] zu Schwierigkeiten führen kann. Dieser einführende Beitrag soll zunächst einen groben Überblick über die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Vorbehalts des Gesetzes (s. Rn. 555 ff.) und dessen Umfang (s. Rn. 558 ff.) geben, bevor erläutert wird, inwiefern er bei der Prüfung der Anfechtungsklage relevant wird (s. Rn. 573 ff.)

a) Verfassungsrechtliche Grundlage des Vorbehalts des Gesetzes

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Bernhard Hadank

555 Seine verfassungsrechtliche Fundierung findet der Vorbehalt des Gesetzes in zweierlei Hinsicht. Zunächst ist er anerkanntermaßen ein Element des Rechtsstaatsprinzips.[4] Die rechtsstaatliche Komponente spiegelt sich gleich mehrfach in den Funktionen des Vorbehalts des Gesetzes wider: Zum einen schafft er Transparenz und Vorhersehbarkeit exekutiver Entscheidungen und knüpft daher an die Bindung der Verwaltung an „Recht und Gesetz“ nach Art. 20 III Hs. 2 GG an[5]; er ist in der Gesetzesbindung der Verwaltung sozusagen „impliziert“[6]. Zum anderen grenzt der Vorbehalt des Gesetzes die Befugnisse von Exekutive und Legislative ab und leistet auf diese Weise einen Beitrag für die im Rechtsstaatsprinzip angelegte Gewaltenteilung.[7]

556 Darüber hinaus enthält der Vorbehalt des Gesetzes eine demokratische Komponente: Er trägt dem Umstand Rechnung, dass der parlamentarische Gesetzgeber das einzige unmittelbar demokratisch legitimierte Staatsorgan ist, dem die besondere Aufgabe und Verantwortung zukommt, die grundlegenden Entscheidungen für das Gemeinwesen zu treffen. Der Vorbehalt des Gesetzes findet insoweit eine zusätzliche Verankerung im demokratischen Prinzip.[8]

557 Verwechslungsgefahr bietet die uneinheitliche Terminologie, die den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes und die spezifischen Gesetzesvorbehalte der Grundrechte nicht trennscharf voneinander abgrenzt. Einige Autoren erkennen einen qualitativen Unterschied dahingehend, dass die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte dem Gesetzgeber die Erlaubnis vermitteln, ein Grundrecht wirksam durch oder auf Grund eines (einfachen oder qualifizierten) Gesetzes zu beschränken, während der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes der Verwaltung das Verbot auferlegt, ohne gesetzliche Grundlage überhaupt tätig zu werden.[9] Nichts desto trotz verfolgen der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes sowie die grundrechtlichen Gesetzesvorhalte dieselbe Zielrichtung, indem sie staatliches (grundrechtsbeschränkendes) Handeln unter den Vorbehalt einer gesetzlichen Ermächtigung stellen. Die konsequente Abgrenzung der Begriffe hat deshalb eher akademische Relevanz. Auch in der neueren Rechtsprechung des BVerfG werden die Begriffe „Vorbehalt des Gesetzes“ und „Gesetzesvorbehalt“ häufig synonym verwandt.[10] Dennoch ist eine terminologische Abgrenzung sinnvoll. Zum einen, um Verwechslungen zu vermeiden; zum anderen kann so vermittelt werden, die Differenzierung der unterschiedlichen Vorbehalte erkannt und verstanden zu haben.

b) Umfang des Vorbehalts des Gesetzes

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Bernhard Hadank

558 Aus der verfassungsrechtlichen Ableitung sind keine Erkenntnisse darüber zu gewinnen, in welchem Umfang der Vorbehalt des Gesetzes zur Anwendung gelangt. Deshalb sollten die hierzu vertretenen Auffassungen, die nachfolgend skizziert werden, im Wesentlichen bekannt sein.

559 Hausarbeitswissen: Insbesondere in verwaltungsrechtlichen Hausarbeiten kann bereits ein kurzer rechtshistorischer Umriss der Vorbehaltslehre Licht ins Dunkle bringen. Seine Ursprünge hat der Vorbehalt des Gesetzes in der konstitutionellen Ordnung des 19. Jahrhunderts.[11] Er war einerseits als Instrument zur bürgerlichen Mitbestimmung in Bereichen, die vormals der Monarchie vorbehalten waren und andererseits zur Verfestigung des parlamentarischen Gesetzes in der konstitutionellen Monarchie konzipiert. Der Vorbehalt des Gesetzes war somit ein Instrument zur Schaffung demokratischer Legitimation in der von der Monarchie beherrschten Exekutive.[12] Gegenstand des Vorbehalts waren die Freiheit und das Eigentum als konstitutive Elemente der persönlichen Individualsphäre.[13] Eingriffe in diese zentralen Positionen erforderten ein Gesetz als rechtsstaatlich allgemeine und demokratisch-parlamentarisch legitimierte Regelung.[14] Diese Formel von Freiheit und Eigentum implizierte allerdings ein weites Verständnis dieser Rechtsgüter: Die Freiheit wurde als umfassende allgemeine Handlungsfreiheit verstanden, das Eigentum erstreckte sich auf sämtliche vermögenswerte Rechte.[15]

Mit tiefgreifenden Änderungen der Staatsstruktur durch den Übergang in die parlamentarische Demokratie und der verfassungsrechtlichen Kodifikation der Grundrechte durch die Weimarer Reichsverfassung hat sich die Anknüpfung des allgemeinen Vorbehalts des Gesetzes an Freiheit und Eigentum gewissermaßen überholt. Für Eingriffe in diese, gleichwohl weit verstandenen, Rechte sehen die Grundrechte spezifische Gesetzesvorbehalte vor. Die Herstellung demokratischer Legitimation der Exekutive erfolgt nunmehr auch in personeller Hinsicht. Damit bleibt die Frage offen, in welchen Bereichen für den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes mit der Anknüpfung an Freiheit und Eigentum überhaupt noch Raum verbleibt.[16]

aa) Belastende Maßnahmen der Eingriffsverwaltung

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Bernhard Hadank

560 Einer Anknüpfung an Freiheit und Eigentum bedarf es heute nicht mehr, weil unter Bezugnahme auf die Wesentlichkeitstheorie (s. hierzu Rn. 567 ff.) von einem umfassenden Eingriffsvorbehalt für jedes staatliche Eingriffshandeln ausgegangen wird: Jedes staatliche Handeln, das einen Grundrechtseingriff nach sich zieht, bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung.[17] Maßnahmen der Verwaltung, die dem Bürger ein bestimmtes Handeln, Tun oder Unterlassen durch Aufstellung eines Ge- oder Verbotes gebieten, bedürfen daher einer gesetzlichen Grundlage.[18] Dementsprechend beginnt die Prüfung der Begründetheit einer Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt obligatorisch mit der Ermittlung einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage des angegriffenen Verwaltungsakts (näher sogleich Rn. 573).

561 Neben formellen Gesetzen genügen allerdings auch untergesetzliche Rechtsnormen, etwa Rechtsverordnungen, dem Vorbehalt des Gesetzes, sofern diese auf einer hinreichend bestimmten formell-gesetzlichen Ermächtigung gründen. Das Erfordernis der Bestimmtheit der formell-gesetzlichen Ermächtigung[19] stellt somit eine notwendige Ergänzung und Konkretisierung des Vorbehalts des Gesetzes dar.[20] Ebenso stehen Ermessens- (s. Rn. 729 ff.) oder Beurteilungsspielräume (s. Rn. 735) dem Vorbehalt des Gesetzes nicht entgegen, solange sich die Kriterien für die Ausfüllung dieser Spielräume aus dem Gesetz hinreichend ergeben.[21]

bb) Begünstigende Maßnahmen der Leistungsverwaltung

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Bernhard Hadank

562 In der Rechtsprechung des BVerfG ist bereits früh die Frage aufgeworfen worden, ob in Anbetracht der Abkehr von den tradierten Vorstellungen der konstitutionellen Monarchie hin zu einer egalitär-sozialstaatlichen Denkweise und der damit verbundenen Veränderung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger die Ausweitung des Vorbehalts des Gesetzes über Eingriffe in Freiheit und Eigentum hinaus geboten ist.[22] Angesprochen ist hiermit vor allem die Idee, den Vorbehalt des Gesetzes generell auf begünstigende Maßnahmen der Leistungsverwaltung auszuweiten. Hierdurch wäre ein weites Feld durch die Vorbehaltslehre erschlossen. Die Leistungsverwaltung umfasst nämlich nicht nur die Begünstigung Einzelner (etwa durch Gewährung von Subventionen oder Sozialleistungen), sondern auch die Aufgaben der Daseinsvorsorge, die die Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur (beispielsweise Straßen, Universitäten) sowie die öffentliche Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen einschließen.[23]

563 Ob die Ausweitung des Vorbehalts des Gesetzes auf die Leistungsverwaltung sinnvoll oder gar geboten ist, ist fraglich. Sicherlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch Entscheidungen der Leistungsverwaltung freiheitsbeschränkend sein können, etwa wenn die Teilhabe an staatlichen Leistungen vorenthalten wird.[24] Unter dieser Prämisse überrascht die Erwägung nicht, den Vorbehalt des Gesetzes auch auf sämtliche Maßnahmen der Leistungsverwaltung auszudehnen, um auch diese Bereiche staatlichen Handelns rechtsstaatlich und demokratisch zu disziplinieren.[25]

564 Zu Recht hat sich diese Lehre vom Totalvorbehalt nicht durchsetzen können.[26] Die an sich nachvollziehbare Idee, den Bürgern mithilfe eines Totalvorbehalts gesetzlich klar beschriebene Teilhaberechte zu verschaffen[27], kann sich unter Umständen sogar nachteilig für die Bürger auswirken. Zwar schafft der Vorbehalt des Gesetzes aus rechtsstaatlicher Perspektive Klarheit im Hinblick auf die Vergabe von Leistungen. Er engt die Leistungsverwaltung allerdings erheblich ein, nimmt ihr die notwendige Flexibilität, um bedarfsgerecht zu entscheiden und verwehrt dem Bürger die Chance, Leistungen zu erhalten, die bislang nicht ausdrücklich gesetzlich ausgeformt sind.[28] Aus demokratischer Sicht ist der Verzicht auf einen Totalvorbehalt verkraftbar, weil auch die Verwaltung demokratisch legitimiert ist, wenngleich die personelle Legitimation erst über Legitimationsketten gewährleistet wird.[29]

565 Hausarbeitswissen: Die Entbehrlichkeit eines verfassungsrechtlich begründeten umfassenden Totalvorbehalts für die Leistungsverwaltung wird noch deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es dem parlamentarischen Gesetzgeber selbstverständlich jederzeit offensteht, normative Vorgaben für die Leistungsverwaltung aufzustellen. In der ausnormierten Leistungsverwaltung darf die Leistungsbewilligung nur nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgen.[30] Ein gutes Beispiel hierfür ist die Vorbehaltsregelung in § 31 SGB I [„Vorbehalt des Gesetzes“], die besagt, dass Rechte und Pflichten in sämtlichen Sozialleistungsbereichen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit ein Gesetz dies vorschreibt oder zulässt. Insoweit ist die Einordnung des § 31 SGB I als sozialversicherungsrechtlicher „Totalvorbehalt“ durchaus treffend.[31]

566 Obwohl ein umfassender Totalvorbehalt für die Leistungsverwaltung überwiegend verneint wird (s. bereits Rn. 564 ff.), wird dennoch in einigen Bereichen der Leistungsverwaltung ein legitimierendes Element für die Begünstigung gefordert. Dies betrifft vor allem die Bewilligung von Subventionen und Beihilfen, die deshalb in der verwaltungsrechtlichen Klausur immer wieder relevant werden. Nach heute mehrheitlich vertretener Auffassung bedarf es zwar keiner formell-gesetzlichen Rechtsgrundlage, sondern es wird vielmehr auf die legitimierende Wirkung der etatmäßigen Bereitstellung der Begünstigung im Haushaltsplan abgestellt. Auf eine formelle Rechtsgrundlage kann im Subventionsbereich mithin verzichtet werden, wenn

  • im Haushaltsplan als Bestandteil des förmlichen Haushaltsgesetzes der Parlamente Fördermittel bereitgestellt werden,
  • deren Verwendungszweck im Rahmen des Haushaltsplans ausreichend umrissen ist und
  • durch den Erlass von Richtlinien die Verteilung von Fördermitteln denjenigen Stellen vorenthalten bleibt, die kraft der Verfassung hierzu berufen sind.[32]

Die legitimierende Wirkung des Parlamentsgesetzes tritt somit mittelbar über den Haushaltsplan ein. Angesichts der vagen Ziel- und Zwecksetzungen, die sich aus dem Haushaltsplan für die Verwaltung ergeben, ist diese Konstruktion allerdings zu hinterfragen.[33] In besonders grundrechtssensiblen Fällen hat die Rechtsprechung eine formell-gesetzliche Ermächtigung für die Zuwendung verlangt, weil den Staat hier eine besondere Neutralitätspflicht treffe.[34] Eine solche an den Grundrechten orientierte Differenzierung ist in der Klausur allerdings schwierig. Mit dem treffenden Argument, dass sich eine für den Bürger vorteilhafte budgetäre Flexibilität der Leistungsverwaltung nur durch Steuerung über den Haushaltsplan und nicht durch starre Gesetzgebung erreichen lässt[35], kann die formell-gesetzliche Ermächtigung für die Subventionsvergabe gut begründet verneint werden.

cc) Verdichtung des Vorbehalts des Gesetzes zum Parlamentsvorbehalt

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Bernhard Hadank

567 Der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes kann sich bei Betonung der demokratischen Komponente[36] zu einem Parlamentsvorbehalt verdichten. Insbesondere das BVerfG hat dies in seiner Rechtsprechung immer wieder getan, indem es die Pflicht des parlamentarischen Gesetzgebers hervorhebt, in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.[37] Über diese als „Wesentlichkeitstheorie“ bekannte Doktrin des BVerfG lässt sich der Vorbehalt des Gesetzes zwar bereichsspezifisch näher ausformen.[38] Allerdings bleibt stets klärungsbedürftig, welche Entscheidungen als wesentlich einzustufen sind.[39] Das Fehlen schärferer Konturen dürfte die größte Schwäche dieses ansonsten geeigneten Ansatzes für die bereichsspezifische Ausformung der Vorbehaltslehre sein.

568 Als grobe Orientierung für die „Wesentlichkeit“ dient die Grundrechtsrelevanz einer staatlichen Entscheidung. Im grundrechtsrelevanten Bereich soll alles „wesentlich“ sein, was „für die Verwirklichung der Grundrechte wesentlich“ ist[40], wobei die Annahme des Vorbehalts des Gesetzes „mit großer Behutsamkeit“ vorzunehmen ist, um einer „weitgehende[n] Vergesetzlichung“ entgegen zu wirken[41].

569 Examenswissen: Die Wesentlichkeitstheorie ist vor allem dazu genutzt worden, den Vorbehalt des Gesetzes auf die früheren „besonderen Gewaltverhältnisse“, heute als Sonderstatusverhältnisse[42] bezeichnet, auszudehnen.[43] Dies betraf insbesondere das Schulverhältnis[44] sowie den Strafvollzug[45]; mithin Bereiche mit hoher Grundrechtsrelevanz, in denen der Exekutive allerdings nach tradierten Vorstellungen weite Entscheidungsspielräume zur Verfügung standen.

570 Mehr als eine vage Leitlinie kann aus der Wesentlichkeitsdoktrin nicht gewonnen werden, sodass die Wesentlichkeit doch im Einzelfall mit „Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes“ ermittelt werden muss. Die Wesentlichkeit ist dabei nicht nur an der Bedeutung des betroffenen Rechtsgutes, sondern auch nach dem Grad der Betroffenheit dieses Rechtsgutes zu bestimmen.[46] Auf keinen Fall lässt sich die Wesentlichkeit aber mit der bloßen politischen Relevanz begründen.[47] Einschränkend betont das BVerfG allerdings die in Art. 20 II GG normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der Gewalten, die darauf abzielt, dass „staatliche Entscheidungen möglichst richtig, d.h. von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen. Dieses Ziel darf nicht durch einen Gewaltenmonismus in Form eines umfassenden Parlamentsvorbehalts unterlaufen werden“.[48]

571 Die Wesentlichkeitstheorie gibt nicht nur Aufschluss über die Frage, ob überhaupt eine formell-gesetzliche Rechtsgrundlage erforderlich ist, sondern kann auch zur Klärung der erforderlichen Regelungsdichte herangezogen werden. Wenn der parlamentarische Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss, hat dies ein Delegationsverbot für die als wesentlich eingestuften Bereiche zur Folge.[49]

572 Terminologisch ist der Parlamentsvorbehalt allerdings vom allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes zu unterscheiden. Der Parlamentsvorbehalt erfasst nicht zwingend normative Regelungen, sondern auch Entscheidungen in konkreten Einzelfällen.[50] Er ist somit begrifflich weiter gefasst als der Vorbehalt des Gesetzes.

c) Prüfung der Ermächtigungsgrundlage im Rahmen der Anfechtungsklage

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Bernhard Hadank

573 Soweit mit der Anfechtungsklage belastende Verwaltungsakte angegriffen werden, handelt es sich bei dem Klagegegenstand um eine Maßnahme der Eingriffsverwaltung, die grundsätzlich einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf (zu diesem umfassenden Eingriffsvorbehalt bereits Rn. 560 f.). Die Ermittlung einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage bildet dann obligatorisch den ersten Schritt der Begründetheitsprüfung, wobei sich Ausführungen zur Frage, ob eine gesetzliche Ermächtigung benötigt wird, erübrigen. Es ist vielmehr festzustellen, auf welche gesetzliche Ermächtigung sich die Verwaltung zur Legitimierung ihres Eingriffshandelns berufen kann. Werden begünstigende Verwaltungsakte der Leistungsverwaltung von Dritten, soweit sie hierzu klagebefugt sind, angefochten, kann die Frage, ob es überhaupt einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf, allerdings virulent werden.

574 In der Prüfungsstruktur steht die Ermittlung der tauglichen Ermächtigungsgrundlage an erster Stelle noch vor der formellen Rechtmäßigkeit; die dezidierten Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage auf der Tatbestands- und Rechtsfolgenseite werden erst anschließend im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit untersucht (vgl. Rn. 832 ff.). Diese gewissermaßen vorweggenommene Prüfung der Ermächtigungsgrundlage ist erforderlich, da eine rechtliche Würdigung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts nur anhand einer konkreten Ermächtigungsgrundlage gelingen kann.[51] Wenn aber die einzelnen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erst im Verlauf der weiteren Prüfung thematisiert werden, verbleibt für den ersten Prüfungsschritt der Begründetheit eine überschaubare Prüfungstiefe, die sich auf folgende zwei Kernfragen erstreckt:

  • Es muss erstens festgestellt werden, dass überhaupt eine hinreichend bestimmte und ihrerseits rechtmäßige Ermächtigungsgrundlage besteht,
  • die zweitens die konkret angegriffene Entscheidung der Verwaltung deckt.[52]

575 Soweit die einschlägige Ermächtigungsgrundlage bereits offenkundig erkennbar ist (oder durch die Aufgabensteller im Sachverhalt vorgegeben wird), kann dieser Prüfungsschritt mit verhältnismäßig knappen Ausführungen abgehandelt werden. Kommen mehrere Vorschriften als taugliche Ermächtigungsgrundlage in Betracht, muss die am besten passende Norm lokalisiert werden. Die Kriterien für die Auswahl derjenigen Ermächtigungsgrundlage, die den erlassenen Verwaltungsakt am besten deckt, sind überschaubar. Insbesondere sind speziellere Vorschriften allgemeinen Regelungen vorzuziehen (zu dieser Problematik im Polizei- und Ordnungsrecht s. Rn. 1030 ff.).[53]

576 Aufwändiger kann die Prüfung der Rechtsgrundlage dagegen sein, wenn zweifelhaft ist, ob die Rechtsgrundlage ihrerseits mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Denn im Zuge der Anfechtungsklage prüft das Verwaltungsgericht nicht nur, ob der Verwaltungsakt mit der Ermächtigungsgrundlage, auf die er gestützt ist, in Einklang steht, sondern auch inzident die Vereinbarkeit der Ermächtigungsgrundlage mit höherrangigem Recht.[54] Ob die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bereits im Prüfungsschritt der Ermächtigungsgrundlage oder erst im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zu thematisieren ist, wird je nach Einzelfall unterschiedlich zu bewerten sein.[55] Es bietet sich allerdings eine Prüfung bereits bei der Feststellung der tauglichen Ermächtigungsgrundlage an: Sofern die Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die untergesetzliche Norm nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist, scheidet sie bereits als taugliche Ermächtigungsgrundlage aus, sodass sich die Folgeprüfung erübrigt und die Klausur im Hilfsgutachten fortzusetzen ist.

d) Zusammenfassung

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Bernhard Hadank

577 Zusammenfassend kann somit festgehalten werden:

  • Immer dann, wenn die Verwaltung durch ihr Handeln, Tun oder Unterlassen in Grundrechte eingreift, bedarf sie hierfür einer gesetzlichen Ermächtigung. Soweit es sich um eine untergesetzliche Rechtsgrundlage handelt, muss diese auf einer hinreichend bestimmten Ermächtigung gründen.
  • Werden begünstigende Verwaltungsakte der Leistungsverwaltung durch Dritte angefochten, wird die Frage virulent, ob der Vorbehalt des Gesetzes greift. In der Leistungsverwaltung ist dies umstritten. Ein umfassender Totalvorbehalt wird nach herrschender Auffassung abgelehnt. Für den Bereich der Subventionen gibt sich die Rechtsprechung mit der Legitimation der Verwaltung über die Ausweisungen des Haushaltsplans zufrieden.
  • Bei der (vorweggenommenen) Prüfung der Ermächtigungsgrundlage genügt regelmäßig die kursorische Feststellung, ob die Ermächtigungsgrundlage den Erlass des angegriffenen Verwaltungsakts abdeckt.

e) Literaturhinweise

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Bernhard Hadank

578 Jarass, Der Vorbehalt des Gesetzes bei Subventionen, NVwZ 1984, 473 ff.; Lerche, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte, Band III, 2009, § 62; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101; Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 24 Rn. 27 ff.; § 7 Rn. 25 ff.; Voßkuhle, Grundwissen – Öffentliches Recht: Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, JuS 2007, 118

2. Formelle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts

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Bernhard Hadank

579 Im Anschluss an die Bestimmung der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage ist zu untersuchen, ob der Verwaltungsakt formell rechtmäßig ist. Die Prüfung wird regelmäßig in drei Schritten vorgenommen: Zuständigkeit, Verfahren, Form.

a) Zuständigkeit

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Sebastian Eickenjäger

580 Die Prüfung der Zuständigkeit betrifft zunächst die Frage, welcher Verwaltungsträger (Bund oder Länder) im Sinne der Verbandskompetenz zuständig ist. Maßgeblich sind hierbei die Regelungen des GG zur Verwaltungskompetenzverteilung (Art. 83 ff. GG). In der verwaltungsrechtlichen Klausur sind Probleme in diesem Bereich jedoch eher unüblich, da Streitigkeiten bzgl. der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern regelmäßig im verfassungsrechtlichen Bund-Länder-Streit gemäß Art. 93 I Nr. 3 GG ausgetragen werden. Dementsprechend soll in der Folge der Fokus auf die Frage der sogenannten Organkompetenz, d.h. die Frage, welche Behörde auf der Ebene des Bundes und in den einzelnen Bundesländern zuständig ist, gelegt werden.

581 Abgesehen von der Verbands- und Organkompetenz werden in der Literatur noch die instanzielle und die funktionelle Zuständigkeit unterschieden. Die funktionelle Zuständigkeit betrifft nach wohl h.M. die behördeninterne Verteilung von Zuständigkeiten (in diesem Sinne: behördeninterne Zuständigkeit).[56] Von der instanziellen Zuständigkeit ist dann die Rede, wenn ausnahmsweise eine höhere Behörde eine Aufgabe wahrnimmt, die eigentlich einer unteren Behörde zugeteilt ist, mithin eine andere „Instanz“ zuständig wird.[57] Dies ist etwa der Fall, wenn eine höhere Behörde von einem gesetzlich geregelten Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht oder wenn die nächsthöhere Behörde im Rahmen des Widerspruchsverfahrens als Widerspruchsbehörde tätig wird (s. hierzu Rn. 611 ff.).[58]

582 In der verwaltungsrechtlichen Klausur sind Kenntnisse zur Verteilung der Zuständigkeiten erforderlich, um die jeweils zuständige Behörde zu bestimmen (insbesondere dann, wenn dies im Sachverhalt nicht bereits eindeutig erfolgt ist) oder eventuelle Unzuständigkeiten und die Rechtsfolgen (Rechtswidrigkeit, Nichtigkeit und Heilung) herauszuarbeiten. Genaue Kenntnisse im Verwaltungsorganisationsrecht sind zudem für die Bestimmung des richtigen Klagegegners (s. hierzu Rn. 412 f.) und im Rahmen der Prüfung des Widerspruchsverfahrens (s. hierzu Rn. 611 ff.) von Bedeutung.

583 Im Folgenden wird zunächst die Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Ländern und Bund im Sinne der Verbandskompetenz dargestellt. Im Anschluss daran werden in einem ersten Schritt die zur Bestimmung der sachlich zuständigen Behörden erforderlichen Grundlagen der Verwaltungsorganisation auf Bundes- und Landesebene sowie die Folgen eines Verstoßes gegen Zuständigkeitsbestimmungen vorgestellt. In einem zweiten Schritt werden sodann die Regelungen zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit und die Folgen eines Verstoßes gegen ebendiese dargestellt.

aa) Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit

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Sebastian Eickenjäger

584 Im vorliegenden Abschnitt wird auf die Verbandskompetenz (1), die Organkompetenz (2), die Zuständigkeit im Widerspruchsverfahren (3) und die Folgen eines Verstoßes gegen Bestimmungen der sachlichen Zuständigkeit (4) eingegangen.

(1) Verbandskompetenz

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Sebastian Eickenjäger

585 Die Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern (Verbandskompetenz) ist im GG umfassend geregelt. Art. 30 GG fungiert zunächst als Generalklausel der Kompetenzverteilung[59] und bestimmt, dass die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben zunächst Ländersache ist, soweit nicht das Grundgesetz andere Regelungen trifft oder zulässt. Die Art. 83 ff. GG stellen „andere Regelungen“ im Sinne des Art. 30 GG dar und sind für die Frage der Verwaltungskompetenzen in Bezug auf Bundesgesetze[60] lex specialis. Da sich im GG „andere Regelungen“ bezüglich der Verwaltung von Landesgesetzen nicht finden, liegt die Kompetenz für den Vollzug von Landesgesetzen gemäß Art. 30 GG bei den Ländern. Die Verwaltung von Landesgesetzen durch den Bund ist mithin unzulässig.[61] Dies betrifft in der Klausur besonders relevante Bereiche des besonderen Verwaltungsrechts, wie das Polizeirecht, das Bauordnungsrecht und mittlerweile in den Ländern, die eigene Versammlungsgesetze erlassen haben (also Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein), auch das Versammlungsrecht.

586 Bzgl. der Verwaltung der Bundesgesetze regelt Art. 83 GG, dass die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen, soweit das GG nichts anderes bestimmt oder zulässt. Die Länder sind danach zunächst für die Verwaltung der Bundesgesetze zuständig und laut BVerfG auch verpflichtet, die Bundesgesetze auszuführen.[62] Die Verwaltung von Bundesrecht durch die Länder erfolgt zum einen im Wege der landeseigenen Verwaltung nach Art. 84 GG und zum anderen im Wege der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG. Die landeseigene Verwaltung gemäß Art. 84 GG stellt dabei den Regeltypus des Vollzugs von Bundesgesetzen dar.

587 Im Bereich der landeseigenen Verwaltung gilt die Formel, dass der Bund zwar mit den Bundesgesetzen den Verwaltungsgegenstand (das „Was“) der Verwaltung bestimmt. Allerdings sind die Länder grds. gemäß Art. 84 I 1 GG frei in der Gestaltung der Organisation der Verwaltung („Wer“) und der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens („Wie“).[63] Diese grds. bestehenden Freiheiten werden in Art. 84 GG durch verschiedene Einflussmöglichkeiten des Bundes beschränkt.

588 Das GG sieht eine abschließende Aufzählung der Bereiche vor, in denen die Länder im Wege der Auftragsverwaltung nach Art. 85 GG tätig werden (Enumerationsprinzip). Es unterscheidet dabei Bereiche der obligatorischen[64] Auftragsverwaltung, in denen eine Verwaltung durch die Länder zwingend vorgegeben ist und Bereiche der fakultativen[65] Auftragsverwaltung, in denen es dem Bund offensteht, den Ländern einen Verwaltungsbereich zur Auftragsverwaltung zuzuweisen. Der Begriff „Auftragsverwaltung“ könnte so verstanden werden, dass die Länder in diesem Bereich des Vollzugs von Bundesrecht im Namen des Bundes handeln würden. Tatsächlich ist die Auftragsverwaltung jedoch ebenso eine Form der Landesverwaltung, denn die Länder üben auch hier Landesstaatsgewalt aus.[66] Sie (bzw. ihre Behörden) handeln als Landesorgane und nicht als Bundesorgane.

589 Examenswissen: Im Vergleich zur landeseigenen Verwaltung nach Art. 84 GG bestehen im Bereich der Bundesauftragsverwaltung für den Bund weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten (durch die Gesetzgebung des Bundes gemäß Abs. 1, der Bundesregierung nach Abs. 2 und 4 S. 2 sowie der obersten Bundesbehörden gemäß Abs. 2, 3 und 4 S 1).

590 Zuletzt gibt es Bereiche, in denen Bundesrecht vom Bund verwaltet wird. Bei den Verwaltungskompetenzzuweisungen an den Bund handelt es sich insbesondere um die Regelungen zur bundeseigenen Verwaltung gemäß der Art. 86 ff. GG.[67]

591 Examenswissen: Die Verwaltungszuständigkeit wird in den Art. 86 ff. GG nur insoweit dem Bund übertragen, als es das GG ausdrücklich vorsieht oder zulässt. Es gilt also – ebenso wie bei der Auftragsverwaltung nach Art. 85 GG – grundsätzlich das Enumerationsprinzip. Die Regelzuständigkeit der Länder wird nach den Art. 86 ff. GG entweder obligatorisch[68] oder fakultativ[69] an den Bund übergeben. Das bedeutet, dass der Bund entweder zur bundeseigenen Verwaltung verpflichtet ist (obligatorisch), oder ihm die Übernahme der Verwaltungszuständigkeit offensteht (fakultativ).

(2) Organkompetenz

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Sebastian Eickenjäger

592 Im vorliegenden Abschnitt soll ein Überblick über den Verwaltungsaufbau auf der Ebene des Bundes (a) und der Länder (b) gegeben werden.

(a) Bundesverwaltungsaufbau
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Sebastian Eickenjäger

593 Im Gegensatz zu den Ländern hat der Bund keine allgemeinen Verwaltungsbehörden, sondern nur Sonderverwaltungsbehörden.[70] Bei der Bundesverwaltung ist zunächst zu unterscheiden, ob der Bund in mittelbarer oder unmittelbarer Staatsverwaltung tätig wird.

594 Um einen Fall unmittelbarer Staatsverwaltung handelt es sich, wenn Organe des Staates dessen Aufgaben selbst erfüllen. Man spricht also von unmittelbarer Staatsverwaltung, wenn Landes- oder Bundesbehörden (unmittelbar) für das betreffende Land oder den Bund deren Aufgaben wahrnehmen.

595 Ein Fall der mittelbaren Staatsverwaltung liegt dagegen vor, wenn der Bund oder die Länder nicht durch eigene Behörden tätig werden, sondern auf öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen sowie Beliehene zurückgreifen, die Länder insbesondere auf die Gemeinden als Gebietskörperschaften.

596 Examenswissen: Die Gemeinden und Gemeindeverbände nehmen aufgrund ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Stellung (Art. 28 II GG) im Gegensatz zu anderen öffentlich-rechtl. Körperschaften eine Sonderstellung ein, da sie einen umfassenden Aufgabenkreis haben, Gebietshoheit besitzen und aufgrund ihrer unmittelbar gewählten Volksvertretung – und damit kraft demokratischer Legitimation – zu eigener Willensbildung befähigt sind.[71]

597 Soweit der Bund im Rahmen der unmittelbaren Staatsverwaltung tätig wird, sind die Bundesministerien als Spitze der Verwaltung oberste Bundesbehörden. Den obersten Bundesbehörden unmittelbar nachgeordnet sind sogenannte Bundesoberbehörden, welche – als Sonderverwaltungsbehörden – sachlich für einen bestimmten Verwaltungsbereich und örtlich für das gesamte Bundesgebiet zuständig sind, weshalb sie auch i.d.R. keinen Unterbau besitzen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das dem Bundesinnenministerium untergeordnet ist.[72] Insofern ist die Verwaltung in diesen Fällen grundsätzlich zweistufig aufgebaut.

598 Eine dreistufige Bundesverwaltung besteht ausnahmsweise für bestimmte Bereiche. Auch hier bilden die Ministerien die oberste Stufe, die mittlere Stufe stellen für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich spezialisierte Bundesbehörden (Bundesmittelbehörden) dar. Die untere Stufe bilden abschließend insbesondere Standortverwaltungseinheiten.

Ein Beispiel ist die Bundeswehrverwaltung gemäß Art. 87b I 1 GG. Hier steht auf oberster Stufe das Bundesverteidigungsministerium, auf mittlerer Stufe die Wehrbereichsverwaltung. Die Karrierecenter sowie Standortverwaltungen etc. bilden als Unterbehörden die untere Stufe. Das BAMF hingegen ist eine Bundesoberbehörde, die nicht mit Mittel- oder Unterbehörden, sondern mit unselbstständigen Außenstellen in den einzelnen Bundesländern ausgestattet ist.[73]

599 Soweit der Bund im Rahmen der mittelbaren Staatsverwaltung tätig wird, bedient er sich öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des Bundes sowie Beliehener.[74] Soweit ein Fall der Bundesverwaltung vorliegt, regelt der Bund auch die Frage der Zuständigkeit.

Das AsylG beispielsweise regelt in § 5 AsylG den Aufgabenbereich des BAMF, in Abs. 1 S. 1 insbesondere die Zuständigkeit für die Entscheidung über Asylanträge.

(b) Landesverwaltungsaufbau
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Sebastian Eickenjäger

600 Wie die Länder ihre Verwaltung organisieren, ist ihnen grundsätzlich selbst überlassen. Die Verwaltungsorganisation in den Ländern ist traditionell dreistufig aufgebaut, wobei auch hier zwischen der Oberstufe, der Mittelstufe und der Unterstufe unterschieden werden kann.

601 Examenswissen: Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass derzeit eine Tendenz zum zweistufigen Aufbau besteht.[75] Nur Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weisen noch einen dreistufigen Verwaltungsaufbau auf.[76] Dass der dreistufige Verwaltungsaufbau als Grundmodell angesehen wird, hat vor allem auch historische Gründe, denn die Mittelinstanz war wesentlicher Bestandteil des preußischen Verwaltungsaufbaus (Regierungsbezirke) und hat sich zunächst auch nach 1945 in den meisten Flächenländern durchgesetzt.

602 Die Oberste Stufe bilden die obersten Landesbehörden, d.h. die einzelnen Ministerpräsident*innen und ihre jeweiligen Ministerien (bzw. in Berlin die Senatsverwaltungen, in Bremen die senatorischen Behörden sowie in Hamburg die Senats- und Fachbehörden).

603 Auch auf Landesebene gibt es zudem spezielle obere Landesbehörden bzw. Landesoberbehörden, welche sachlich für einen bestimmten Bereich und örtlich für das gesamte Landesgebiet zuständig sind und den Ministerien unmittelbar unterstehen. Soweit Landesoberbehörden eingerichtet sind, ist der Verwaltungsaufbau auf Landesebene grundsätzlich zweistufig.[77]

604 Handelt es sich um einen dreistufigen Aufbau, finden sich auf der Mittelstufe zunächst die Bezirksregierungen oder die Regierungspräsident*innen (Regierungspräsidium). Diese fungieren als allgemeine Verwaltungsbehörden, so dass die Zuständigkeit dieser Einheiten durch Sonderverwaltungsbehörden verdrängt werden kann. Den Mittelbehörden kommt im Wesentlichen die Aufgabe zu, zwischen den obersten Landesbehörden und der Unterstufe zu vermitteln und zu koordinieren.[78]

605 Auf der Unterstufe bestehen nur wenige Landesbehörden (Sonderverwaltungsbehörden), denn im Bereich der allgemeinen Verwaltung stellen die Gemeinden und Gemeindeverbände dem Staat (also den Ländern) ihre Behörden zu Verfügung.[79]

606 Examenswissen: Es können dabei zwei Modelle der unteren allgemeinen Verwaltungsbehörde unterschieden werden: Auf der einen Seite steht ein Modell, bei dem die untere Verwaltungsbehörde vollständig kommunalisiert ist, d.h. es findet eine Verwaltung auf der Ebene der mittelbaren Staatsverwaltung statt. Die Aufgaben werden hier übertragen auf die kreisfreien Städte,[80] die Landkreise[81] oder auf die Kommunen selbst.[82] Auf der anderen Seite steht ein Modell, in dem die Landrät*innen[83] (jeweils als Organ des Verwaltungsträgers Landkreis) außerhalb der kreisfreien Städte als untere Verwaltungsbehörde auftreten. Den Landrät*innen kommt hierbei eine Doppelstellung zu: Staatsverwaltung und kommunale Selbstverwaltung werden verknüpft, indem Landrät*innen zum einen kommunale Angelegenheiten wahrnehmen und zum anderen staatliche Aufgaben im Wege der Organleihe (der Landkreis leiht dem Staat sein Organ).[84]

607 Auf Landesebene ist bzgl. der Frage, welche Behörde zuständig ist, danach zu unterscheiden, ob das Land Gesetze des Bundes (im Wege der landeseigenen Verwaltung gemäß Art. 84 GG oder der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG) oder eigenes Landesrecht vollzieht. Da die Länder im Rahmen der Verwaltung von Bundesrecht im Hinblick auf die Gestaltung der behördlichen Verwaltung[85] nach Art. 84 und 85 GG grds. frei sind, kann der Bund die Zuständigkeit auf Landesebene grds. nicht bestimmen.

608 Examenswissen: Art. 84 I und 85 I GG sehen zwar die Möglichkeit vor, dass der Bund Einfluss auf die Organisation nimmt. Hierbei handelt es sich jedoch in der Praxis um eine Ausnahme. Auch die Befugnisse in Art. 84 II und V GG ermöglichen es der Bundesregierung, Vorgaben hinsichtlich Organisations- und Verfahrensfragen zu treffen, wobei die Gebrauchnahme von dieser Kompetenz in der Praxis ebenfalls sehr selten ist. Die VwV-StVO fordert z.B. in Nr. I bis V VwV-StVO zu § 44 StVO von den Ländern, Unfalluntersuchungen durchzuführen und Unfallkommissionen einzurichten.

609 Aus diesem Grund erlassen die Länder für die Verwaltung von Bundesgesetzen die Zuständigkeit regelnde Ausführungsgesetze oder Zuständigkeitsverordnungen.[86] Wenn es um den Vollzug von Landesrecht geht, finden sich Zuständigkeitsbestimmungen hingegen regelmäßig unmittelbar in den Landesgesetzen, wie z.B. den Landesbauordnungen (näher Rn. 1227 ff.) oder den Landespolizeigesetzen (näher Rn. 1000 ff.).

610 Examenswissen: Zur Verdeutlichung soll auf die Frage der Bestimmung der zuständigen Behörden im Versammlungsrecht verwiesen werden: Im Bereich des Versammlungsrechts haben bisher nicht alle Bundesländer von der 2006 auf die Länder übergegangenen Gesetzeskompetenz Gebrauch gemacht. Das Versammlungsrecht war bis zur Föderalismusreform (2006) Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 I Nr. 3 GG a.F.) und ist nunmehr Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder. Bis alle Bundesländer eigene Versammlungsgesetze erlassen haben, gilt gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 125a I GG, dass das Bundesversammlungsgesetz (als Bundesrecht) fort gilt, bis es durch die Länder durch Landesrecht ersetzt wird. Während das Niedersächsische Versammlungsgesetz (NdsVersG) in § 24 NdsVersG die Frage der sachlichen Zuständigkeit regelt, finden sich in Nordrhein-Westfalen, das bisher kein eigenes Versammlungsgesetz erlassen hat, entsprechende Zuständigkeitsregelungen in der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz[87] (also dem Bundesversammlungsgesetz) (näher dazu Rn. 1174)[88]. Gemäß § 24 I 1 NdsVersG ist zuständige Behörde vor Versammlungsbeginn die untere Versammlungsbehörde und nach Versammlungsbeginn die Polizei. Laut § 24 I 2 NdsVersG nehmen die Aufgaben der unteren Versammlungsbehörde die Landkreise, kreisfreien Städte, großen selbständigen Städte und selbständigen Gemeinden wahr, auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Hannover die Polizeidirektion Hannover.

(3) Zuständigkeit im Widerspruchsverfahren

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Sebastian Eickenjäger

611 Soweit ein Vorverfahren statthaft ist, ist § 73 I 2 VwGO für die Bestimmung der zuständigen Widerspruchsbehörde maßgeblich. Danach erlässt den Widerspruchsbescheid zunächst gemäß § 73 I 2 Nr. 1 VwGO die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird. In dreistufig aufgebauten Ländern ist die Widerspruchsbehörde damit regelmäßig auf der Mittelstufe zu finden. Soweit das betreffende Bundesland einen zweistufigen Verwaltungsbau aufweist, ist es in der Regel so, dass eine untere Verwaltungsbehörde als Ausgangsbehörde den streitigen Verwaltungsakt erlassen hat und es sich bei der nächsthöheren Behörde um eine oberste Landesbehörde handelt. In diesen Fällen ist § 73 I 2 Nr. 2 VwGO zu beachten. Dieser bestimmt, dass ausnahmsweise die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat zuständig ist, wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist.

612 Handeln Selbstverwaltungsbehörden,[89] ist für die Bestimmung der zuständigen Widerspruchsbehörde zudem § 73 I 2 Nr. 3 VwGO zu beachten. Hiernach ist in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde zuständig, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird. Sofern die Selbstverwaltungsbehörde jedoch in Auftragsangelegenheiten[90] tätig wird, ist § 73 I 2 Nr. 3 VwGO nicht anwendbar.

613 Examenswissen: Selbstverwaltungsangelegenheiten auf kommunaler Ebene sind Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft bzw. „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben {...}, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und –wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen“.[91] Unterschieden werden können die freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben: Freiwillige Aufgaben sind z.B. kommunale Einrichtungen wie Spielplätze, Sportplätze oder Schwimmbäder. Pflichtaufgaben sind z.B. die Bauleitplanung und die Feuerwehr.

614 Zu beachten ist, dass gemäß § 185 II VwGO die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Schleswig-Holstein Abweichungen von § 73 I 2 VwGO zulassen können.[92] Gemäß § 73 I 3 VwGO kann zudem abweichend von § 73 I 2 Nr. 1 VwGO durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(4) Folgen eines Verstoßes gegen die sachliche Zuständigkeit

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Sebastian Eickenjäger

615 Ein Verstoß gegen die Vorgaben zur sachlichen Zuständigkeit führt zur Rechtswidrigkeit. Eine Heilung gemäß § 45 VwVfG kommt bei Zuständigkeitsfehlern nicht in Betracht.[93] Ob darüber hinaus ein Verstoß zur Nichtigkeit führt, ist am Maßstab des § 44 I VwVfG zu bestimmen. Wenn im Einzelfall die gegenständliche Angelegenheit unter keinem sachlichen Gesichtspunkt Bezug zum Aufgabenbereich der handelnden Behörde aufweist und dies zudem auch offensichtlich ist, spricht dies nach § 44 I VwVfG für die Nichtigkeit (s. § 6 Rn. 156).[94]

616 Ein Verstoß im Hinblick auf die verschiedenen Hierarchiestufen der Behördenorganisation führt zwar zur Rechtswidrigkeit – z.B. wenn eine Aufsichtsbehörde ohne Rechtsgrundlage selbst gehandelt und nicht etwa die untere Behörde angewiesen hat – allerdings regelmäßig nicht zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts, da einem solchen Verstoß „kein entsprechend hoher Rechtswert zukommt, der einen besonders schwerwiegenden Fehler begründen könnte“.[95]

617 Die Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen die sachliche Zuständigkeit kommt aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 46 VwVfG, der ausdrücklich nur Verstöße gegen die die „örtliche“ Zuständigkeit umfasst, nicht in Betracht.[96] Zu beachten ist hierbei jedoch, dass durch spezialgesetzliche Regelungen die Unbeachtlichkeit einer Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit vorgesehen sein kann.[97]

bb) Örtliche Zuständigkeit

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Sebastian Eickenjäger

618 Sofern nicht die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder (s. zu deren Anwendungsbereich näher Rn. 621)[98] oder Spezialgesetze[99] Anwendung finden, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus § 3 VwVfG. § 3 I VwVfG regelt die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit. Die in Abs. 1 aufgeführten Zuständigkeitstatbestände schließen sich wechselseitig aus und sind in der vorgegebenen Reihenfolge zu prüfen.[100] § 3 II VwVfG regelt sodann den Fall der Mehrfachzuständigkeit, § 3 III VwVfG den Zuständigkeitswechsel und § 3 IV VwVfG schließlich die örtliche Zuständigkeit bei Gefahr im Verzug.

619 Verstöße gegen § 3 VwVfG führen an sich zunächst einmal zur Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns. In einem zweiten Schritt stellt sich sodann die Frage, ob mit der Rechtswidrigkeit auch eine Nichtigkeit einhergeht. Dies ist gemäß § 44 II Nr. 3 VwVfG nur im Falle eines Verstoßes gegen § 3 I Nr. 1 VwVfG[101] der Fall (s. näher § 6 Rn. 127 ff.). In den übrigen Fällen des § 3 VwVfG ist ein Verstoß nach § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (näher dazu Rn. 664).

cc) Literaturhinweise

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Sebastian Eickenjäger

620 Allgemein zur Zuständigkeit: Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 9. Aufl. 2015, § 3; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, §§ 7 bis 10; Collin/Fügemann, Zuständigkeit – eine Einführung zu einem Grundelement des Verwaltungsorganisationsrechts, JuS 2005, 694; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, 17. Aufl. 2019, § 5; Frenzel, Grundfälle zu den Art. 83 ff. GG, JuS 2012, 1082; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 21 bis 23; Voßkuhle/Kaiser, Die Ausführung von Bundesgesetzen – Verwaltungskompetenzen, JuS 2017, 316

Zu den Besonderheiten der Verwaltungsorganisation in den einzelnen Bundesländern s. insbesondere folgende Beiträge: Baden-Württemberg: Kenntner, Öffentliches Recht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2017, 100 ff.; Bayern: Kempen, Verfassungsrecht, in: Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 6. Aufl. 2015, 1 ff. (42 ff.); Brandenburg: Hebeler, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Bauer/Peine, Studienbuch Landesrecht Brandenburg, 3. Aufl. 2017, S. 78 ff.; Berlin: Waldhoff/Holland, Verfassungs- und Organisationsrecht, in Siegel/Waldhoff, Öffentliches Recht in Berlin, 1. Aufl. 2015, 1 ff. (107 ff.); Bremen: Eickenjäger, Grundlagen der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungshandelns, in: Fischer-Lescano/Sperlich, Studienbuch Landesrecht Bremen, 1. Aufl. 2018, S. 35 ff.; Hamburg: Bull, Recht der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungshandelns, in: Hoffmann-Riem/Koch, Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1. Aufl. 2006, S. 89 ff. ; Hessen: Hermes, Allgemeines Landesverwaltungsrecht, in: Hermes/Reimer, Studienbuch Landesrecht Hessen, 9. Aufl. 2019, S. 70 ff.; Mecklenburg-Vorpommern: Wallerath, Verwaltungsorganisation, Verwaltungsverfahren, in: Schütz/Classen, Studienbuch Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl. 2014, S. 70 ff.; Niedersachsen: Mehde, Verwaltungsorganisation, in: Hartmann/Mann/Mehde, Studienbuch Landesrecht Niedersachsen, 2. Aufl. 2018, S. 56 ff.; Nordrhein-Westfalen: Sydow, Verwaltungsrecht, in: Schlacke/Wittreck, Studienbuch Landesrecht Nordrhein-Westfalen, 1. Aufl. 2017, S. 79 ff.; Rheinland-Pfalz: Schröder, Grundlagen der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungshandelns, in: Hufen/Jutzi/Proelß, Studienbuch Landesrecht Rheinland-Pfalz, 8. Aufl. 2018, S. 83 ff.; Saarland: Gröpl, Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozessrecht, in: Gröpl/Guckelberger/Wohlfarth, Studienbuch Landesrecht Saarland, 3. Aufl. 2017, S. 98 ff.; Sachsen: Goerlich/Hegele, Verwaltungsorganisation und Verwaltungsverfahren, in: Stober, Handbuch des Sächsischen Staats- und Verwaltungsrechts, 1. Aufl. 1996, 123 ff.; Sachsen-Anhalt: Kluth, in: Verfassungsrecht Sachsen-Anhalt, in: Kluth, Studienbuch Landesrecht Sachsen-Anhalt, 2. Aufl. 2010, 19 ff. (40 ff.); Schleswig-Holstein: Brüning/Decker, Öffentliches Recht in Schleswig-Holstein, 1. Aufl. 2014, S. 51, 128 ff.; Thüringen: Schneider, Verwaltungsorganisation und allgemeines Verwaltungsrecht, in: Baldus/Knauff, Studienbuch Landesrecht Thüringen, 1. Aufl. 2019, S. 76 ff.

b) Verfahren

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Julian Senders

621 Im Dreierkanon der formellen Rechtmäßigkeit wird stets als Zweites geprüft, ob der Verwaltungsakt im ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren erlassen wurde. In Klausur und Hausarbeit heißt das: Der Sachverhalt muss auf bestimmte Fehler „bei der Entstehung“ des Verwaltungsakts durchgesehen werden.

Für das Verwaltungsverfahren stellen die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes (VwVfG) und der Länder jeweils die zentrale Vorschrift dar. Entsprechend wichtig ist es, genau zu unterscheiden, ob das VwVfG des Bundes oder das jeweilige VwVfG des Landes zur Anwendung kommt.

Hausarbeitswissen: Anders als verwaltungsrechtliche Spezialmaterien wie etwa das Gewerberecht[102], das Bauplanungs-[103] und Bauordnungsrecht[104] (welche früher als Untergebiete des Polizei- und Ordnungsrechts angesehen wurden[105]) oder auch das Wasserrecht[106] blieb das allgemeine Verwaltungsrecht und damit auch das Verwaltungsverfahrensrecht bis zum Jahr 1977 ohne Kodifikation.[107] Der Wunsch nach Rechtsvereinheitlichung und damit auch Rechtsvereinfachung führte schließlich zum Entstehen des VwVfG,[108] welches zum 01.01.1977 in Kraft trat. Dabei wurden wesentliche bestehende, aber zuvor nicht kodifizierte Grundsätze des Verwaltungsrechts erstmals normiert.[109]

Der Anwendungsbereich des VwVfG des Bundes ist in §§ 1, 2 VwVfG wie folgt festgelegt: Es findet Anwendung auf die öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Behörden, womit das gesamte privatrechtliche Handeln der Verwaltung herausfällt. Im föderalen Staat kann das VwVfG des Bundes aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nur Anwendung finden, soweit es um den Vollzug von Bundesgesetzen geht. Landesgesetze können damit nur nach den Landes-VwVfG vollzogen werden. Vollziehen dagegen Bundesbehörden die Bundesgesetze, so findet für sie das Bundes-VwVfG Anwendung.

Für den Vollzug von Bundesrecht durch Landesbehörden gelten grundsätzlich § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG, wo zwischen der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG), sowie der – regelmäßigen – Ausführung als eigene Angelegenheit (Art. 84 GG) differenziert wird. Allerdings ordnet § 1 Abs. 3 VwVfG an, dass das VwVfG des Bundes auf die Tätigkeit der Landesbehörden nicht anwendbar ist, wenn ein Landes-VwVfG besteht. Dies ist in allen Bundesländern der Fall, sodass für den Vollzug der Bundesgesetze durch die Landesbehörden die Landes-VwVfG Anwendung finden.

Dabei haben die meisten Länder entweder eigene, mit dem Bundes-VwVfG inhaltsgleiche oder fast inhaltsgleiche Gesetze erlassen (sog. Vollgesetze)[110] oder sehr kurze Regelungen mit einigen Ausnahmevorschriften geschaffen und im Übrigen auf das Bundes-VwVfG verwiesen (sog. Verweisungsgesetze)[111]. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben Verwaltungsverfahrensgesetze mit eigener Regelungssystematik erlassen, in welche die Verwaltungsverfahrensvorschriften integriert wurden (sog. integrierte Gesetze).

In einer Klausur, in der Landesbehörden tätig werden und somit – wie soeben dargestellt – die Landes-VwVfG Anwendung finden, ist es wichtig, dass dies auch in der Gesetzeszitierung kenntlich wird. Das bedeutet: Spielt die Klausur in einem Bundesland, in welchem ein Vollgesetz oder ein integriertes Gesetz gilt, so ist die Vorschrift des Landes-VwVfG zu zitieren. Geht es dagegen um ein Bundesland mit einem Verweisungsgesetz, so muss die gesamte Verweisungskette zitiert werden (zum Beispiel: „Es müsste eine Anhörung gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG Bln i.V.m. § 28 VwVfG stattgefunden haben.“). Allerdings liegt es auf der Hand, dass für eine solche Schreibarbeit die ohnehin knapp bemessene Klausurzeit nicht ausreichen wird. Daher sollte am Anfang der Klausur mit einer Fußnote mitgeteilt werden, dass sämtliche Vorschriften des (Bundes-)VwVfG stets in Verbindung mit der jeweiligen Verweisungsnorm (z.B. § 1 Abs. 1 VwVfG Bln) Anwendung finden (s. auch § 1 Rn. 96 f. und beispielhaft Fall 14 in: Eisentraut, Fälle zum Verwaltungsrecht, 2020).

§ 1 Abs. 1 VwVfG a. E. ordnet zudem eine generelle Subsidiarität des VwVfG an, d.h. das VwVfG findet nur Anwendung, wenn und soweit Spezialregelungen nicht bestehen. Es hat insoweit lückenfüllende Funktion.[112] In § 2 VwVfG finden sich spezifische Bereichsausnahmen.

Entgegen seinem Namen enthält das VwVfG nicht nur formelle Vorschriften, sondern auch einige wichtige materielle Anforderungen, so etwa in §§ 37 I, 40, 48 f. VwVfG.[113]

aa) Überblick: Begriff und Systematik der Verwaltungsverfahren

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Julian Senders

622 Das Verwaltungsverfahren ist in § 9 Hs. 1 VwVfG legaldefiniert als jede nach außen gerichtete behördliche Tätigkeit, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts (oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags) gerichtet ist.

623 Das VwVfG kennt grundsätzlich drei Verfahrensarten: Das nichtförmliche Verfahren, das förmliche Verfahren und das Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff. VwVfG), wobei die letzteren beiden oftmals als „die förmlichen Verfahren“ in Abgrenzung zum einfachen, nichtförmlichen Verfahren zusammengefasst werden:

624 Das VwVfG folgt dem aus anderen Gesetzen (wie z.B. dem BGB) bekannten Klammerprinzip: Soweit die §§ 63 ff. und §§ 72 ff. VwVfG jeweils keine spezielle Regelung vorsehen, gelten die allgemeinen Vorschriften und damit diejenigen des nichtförmlichen Verfahrens (vgl. §§ 63 II, 72 I Hs. 1 VwVfG).

625 Dabei gibt es im besonderen Verwaltungsrecht Verfahrensvorschriften, die ihrerseits punktuell oder komplett das VwVfG verdrängen. § 1 I VwVfG ordnet diese Subsidiarität gegenüber Normen wie z.B. dem Enteignungsverfahren nach §§ 104-122 BauGB an (s. dazu auch die Rn. 621).

bb) Das nichtförmliche Verwaltungsverfahren

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Julian Senders

626 Gemäß § 10 VwVfG ist das Verwaltungsverfahren „an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen.“ Dieses sog. nichtförmliche Verfahren ist damit grundsätzlich[114] formfrei. Das VwVfG macht das nichtförmliche Verfahren zur Regel. Auch im Klausur- und Hausarbeitssachverhalt ist ein nichtförmliches Verfahren der absolute Regelfall.

627 §§ 11-30 VwVfG normieren die allgemeinen Verfahrensgrundsätze. Zu erwähnen sind hier

  • die Regelungen über die Beteiligten- und Handlungsfähigkeit und die Parteien eines Verwaltungsverfahrens nach §§ 11-13 VwVfG,
  • die Notwendigkeit des Handelns der „richtigen“ Amtsträger gemäß §§ 20, 21 VwVfG,
  • das Erfordernis vollständiger Sachaufklärung bzw. der sog. Untersuchungsgrundsatz, wonach die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat, § 24 I 1 VwVfG,
  • die Pflicht der Behörde zur Anhörung Beteiligter nach § 28 I VwVfG
  • das Recht auf Akteneinsicht nach § 29 VwVfG

628 Ein Verstoß gegen diese Verfahrensgrundsätze stellt einen Verfahrensfehler dar, macht den Verwaltungsakt also grundsätzlich formell rechtswidrig. Einen „ungeschriebenen“ Verfahrensfehler stellt die Wahl der falschen Verfahrensart dar.[115]

629 In der Klausur kommen – abgesehen von der Anhörung nach § 28 VwVfG – spezifische Fragen des Verwaltungsverfahrens und Verfahrensfehler generell sehr selten vor. Zumeist dürfen sich der Bearbeiter und Korrektor mit einem Satz wie: „Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich“ begnügen.

630 Falls aber ein Verfahrensfehler doch aufkommt, ist es sehr wichtig, Systemverständnis zu zeigen. Dieses System der Prüfung und Behandlung von Verfahrensfehlern gibt das VwVfG in §§ 44-46 VwVfG selbst vor:

1. Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, anhand der jeweiligen Verfahrensvorschrift.

2. Prüfung, ob dieser Verfahrensfehler den Verwaltungsakt schon nach § 44 VwVfG nichtig macht.

3. Wenn nicht nichtig, dann: Verfahrensfehler geheilt nach § 45 VwVfG?

4. Wenn nicht geheilt, dann: Verfahrensfehler ausnahmsweise unbeachtlich nach § 46 VwVfG?


(1) Insbesondere: Anhörung nach § 28 VwVfG

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Julian Senders

631 Verhältnismäßig häufig zu thematisieren ist im Rahmen des Verfahrens die Anhörung. Das Gesetz definiert die Anhörung im § 28 I VwVfG als Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese hat nach § 28 I VwVfG vor Erlass eines Verwaltungsakts stattzufinden, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift. Es bedarf also eines belastenden Verwaltungsakts (zur Frage der Anwendbarkeit in der Verpflichtungssituation § 3 Rn. 89).

632 In der Situation der Anfechtungsklage wird der Verwaltungsakt immer in die Rechte eines Beteiligten, nämlich des Adressaten bzw. Klägers eingreifen. Daher ist prinzipiell immer eine Anhörung durchzuführen, sofern keine Ausnahme gemäß § 28 II bzw. § 28 III VwVfG gegeben ist: Hat keine Anhörung stattgefunden, obwohl § 28 I VwVfG grundsätzlich zu bejahen und damit eine Anhörungspflicht besteht, kann die Anhörung nach § 28 II VwVfG entbehrlich oder nach § 28 III VwVfG untunlich gewesen sein.

(a) Entbehrlichkeit der Anhörung nach § 28 II VwVfG
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Julian Senders

633 Nach § 28 II VwVfG kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist. Dabei sieht § 28 II VwVfG fünf Regelbeispiele („insbesondere“) vor. Diese knüpfen an den Gesichtspunkt des Zeitablaufs bzw. der Gefahr im Verzug (§ 28 II Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5 VwVfG) sowie des fehlenden Interesses bzw. der geringen Bedeutung für den Betroffenen (§ 28 II Nr. 3, Nr. 4 VwVfG) an.

634 So wurde Gefahr im Verzug bzw. ein sonstiges öffentliches Interesse nach § 28 II Nr. 1 VwVfG etwa angenommen bei Sicherstellungsmaßnahmen nach einem Vereinsverbot[116], der Gefahr des Beiseiteschaffens von Vermögen[117] oder bei Maßnahmen zur Sicherung des Straßenverkehrs[118].

635 Zu beachten ist, dass es sich um Regelbeispiele handelt: Fälle, die ähnlich gelagert sind wie die Regelbeispiele, können nach wertender Beurteilung im Rahmen der Subsumtion des Einzelfalls ebenso unter den Ausnahmetatbestand fallen.

636 Zu beachten ist, dass Vollstreckungsmaßnahmen i.S.v. § 28 II Nr. 5 VwVfG nicht mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts verwechselt werden dürfen: Die in einem solchen Fall zu führende Diskussion, ob eine Anhörung vor der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß oder analog § 28 I VwVfG notwendig war (s. dazu § 8 Rn. 63-65), darf also nicht mit dem Hinweis offen gelassen werden, die Anhörung sei ohnehin wegen § 28 II Nr. 5 VwVfG entbehrlich gewesen.

(b) Unterbleiben der Anhörung nach § 28 III VwVfG
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Julian Senders

637 Fälle des § 28 III VwVfG, in denen die Anhörung explizit nicht durchzuführen ist, sind solche, in denen der Anhörung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Gesetzesbegründung nennt etwa eine Bedrohung der Sicherheit der Bundesrepublik als Beispiel.[119] Hieraus wird das Wohl des Bundes oder eines Bundeslandes abgeleitet, nicht jedoch rein fiskalische Interessen.[120] Es muss sich mithin um sehr gewichtige staatliche Belange mit einem qualifizierten Geheimhaltungsinteresse oder mit erheblichen drohenden Gefahren – etwa Naturkatastrophen – handeln.[121]

638 Hat die Anhörung nicht stattgefunden und war sie auch nicht entbehrlich, liegt zunächst ein Verfahrensfehler vor. Dies heißt allerdings nicht, dass damit zwangsläufig der Verwaltungsakt formell rechtswidrig ist und die Prüfung an dieser Stelle aufhört bzw. im Hilfsgutachten weitergeht. Denn oftmals wird eine Heilung des Verfahrensfehlers wegen eines durchgeführten Widerspruchsverfahrens eintreten (vgl. den sogleich folgenden Abschnitt zur Heilung, Rn. 652 ff.).

639 Wichtiger Klausurtipp: Bei der formellen Rechtmäßigkeit hören nur wenige Klausuren auf; Klausuren sind in aller Regel so konzipiert, dass sie vollständig ohne Hilfsgutachten angefertigt werden können und dennoch die Bearbeitungszeit füllen. Im Umkehrschluss heißt dies: Ein so frühes Ende der Klausurlösung kann ein Hinweis auf einen Fehler im Lösungsweg sein, der zur erneuten Nachprüfung des eigenen Lösungswegs veranlassen sollte (allgemein zu Hilfsgutachten § 1 Rn. 137 f.).

(2) Weitere Verfahrensgrundsätze im nichtförmlichen Verfahren

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Julian Senders

640 Auf die allgemeinen Verfahrensgrundsätze der §§ 11-34 soll, mit Ausnahme der bereits vorab behandelten Anhörung, nun etwas näher eingegangen werden.

641 Aus §§ 11, 12 VwVfG folgt, wer beteiligungs- und handlungsfähig ist. Der Unterschied zwischen Beteiligungs- und Handlungsfähigkeit wird deutlich, wenn z.B. ein sechsjähriges Kind Adressat eines Verwaltungsakts wird: Nach § 11 I Nr. 1 Alt. 1 VwVfG ist dessen Beteiligungsfähigkeit gegeben, wegen § 12 I Nr. 1 VwVfG i.V.m. §§ 106, 2 BGB aber nicht die Geschäftsfähigkeit und damit auch nicht die Handlungsfähigkeit. Es muss von den gesetzlichen Vertretern im Verwaltungsverfahren vertreten werden.

642 Für eine Klausur oder Hausarbeit können vor allem §§ 20, 21 VwVfG relevant werden, die die Unparteilichkeit der öffentlichen Verwaltung sicherstellen sollen:

643 § 20 VwVfG listet vom Verwaltungsverfahren ausgeschlossene Personen auf. Solche dürfen nicht aufseiten der Behörde in einem Verwaltungsverfahren tätig werden. Hierunter sind: Beteiligte i.S.v. § 13 VwVfG, Angehörige von Beteiligten, Vertreter von Beteiligten, Angehörige von Beteiligtenvertretern und bei Beteiligten entgeltlich Beschäftigte bzw. solche Personen, die im Vorstand, Aufsichtsrat oder gleichartigen Organ einer Beteiligten tätig sind. Wer als Angehöriger anzusehen ist, ist in § 20 Abs. 5 VwVfG geregelt.

644 Wurde eine dieser Personen dennoch tätig, liegt ein Verfahrensfehler vor. Hier ist in der Klausur eine saubere Prüfung gefordert, die nicht mit der Feststellung eines Verfahrensfehlers enden darf. Die Befassung einer der in § 20 I 1 Nr. 2 bis 6 VwVfG genannten Personen führt gemäß § 44 III Nr. 2 VwVfG nämlich gerade nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts. Damit sind §§ 45, 46 VwVfG zu berücksichtigen (hierzu vgl. Rn. 652 ff.).

645 Während § 20 VwVfG bestimmte Personenkreise von vornherein ausnimmt, regelt § 21 VwVfG allgemeiner die Besorgnis der Befangenheit, d.h. die Sorge um die parteiische Amtsausübung. Die Vorschrift sieht vor, dass – nach Mitteilung entweder des betroffenen Amtswalters oder nach der Behauptung eines anderen Beteiligten – eine behördeninterne Überprüfung erfolgen muss, ob die Besorgnis der Befangenheit tatsächlich besteht.[122] Der vorgetragene Grund muss dabei geeignet sein, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Erfolgt diese behördeninterne Überprüfung nicht, liegt darin allerdings nur dann ein Verfahrensfehler, wenn die Besorgnis der Befangenheit in der Sache gegeben war.[123]

646 Der Behördenleiter bzw. eine von ihm beauftragte Person ist zu informieren und auf dessen Anordnung die weitere Mitwirkung des betroffenen Amtswalters zu unterlassen.

647 Anders als man denken könnte, findet sich ein Verstoß gegen §§ 20, 21 VwVfG nicht bei den zwingenden Nichtigkeitsgründen des § 44 II VwVfG. Da diese aber nur Regelbeispiele darstellen, kann sich nach Prüfung des Einzelfalls dennoch eine Nichtigkeit gemäß § 44 I VwVfG ergeben.

648 § 24 VwVfG normiert den Untersuchungsgrundsatz. Die Behörde hat hiernach alle relevanten Informationen von Amts wegen zu ermitteln.

649 In § 26 I VwVfG sind mögliche Ermittlungsmethoden der Behörde aufgelistet. Nach § 26 II VwVfG „sollen“ die Beteiligten an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Diese Pflicht ist allerdings nicht sanktionsbewehrt, d.h. die unterlassene Mitwirkung führt nach dem VwVfG zu keinen Konsequenzen. Zu beachten ist aber, dass Spezialvorschriften im Einzelfall eine Ablehnung des Antrags vorsehen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (vgl. z.B. § 20 II 2 der 9. BImSchV).

650 Zuletzt ist noch das Akteneinsichtsrecht nach § 29 I VwVfG zu erwähnen. Das Akteneinsichtsrecht steht aber nur Beteiligten am Verwaltungsverfahren offen und einen Anspruch auf Akteneinsicht gibt es aufgrund der systematischen Stellung des § 29 VwVfG nur während des laufenden Verwaltungsverfahrens, welches, wie sich aus § 9 I VwVfG ergibt, mit Erlass des Verwaltungsakts endet. Allerdings wird auch nach Verfahrensabschluss eine Gewährung der Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen von der Rechtsprechung anerkannt.[124] Die Beteiligten müssen darlegen, dass die Akteneinsicht zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen notwendig ist, die Behörde kann ihnen wiederum die in § 29 II VwVfG genannten Gründe gegen eine Akteneinsicht entgegenhalten.

651 Hausarbeitswissen: Das Verwaltungsrecht kennt auch andere, weiter gehende Einsichtsrechte, und zwar gemäß § 3 I Umweltinformationsgesetz (UIG) zur Verwirklichung des Staatsziels Umwelt (Art. 20a GG) sowie einen allgemeinen Informationsanspruch gemäß § 1 I Informationsfreiheitsgesetz (IFG), der grundrechtlich auf die Informationsfreiheit nach Art. 5 I 1 Alt. 2 GG gestützt ist. Der Anspruch auf Umweltinformationen ist eine Errungenschaft aus dem europäischen Recht (Art. 3 der RL 2003/4/EG – Umweltinformations-RL) Beide Rechte sind weder an die Person des Antragstellers noch an ein rechtliches Interesse geknüpft.[125]

(3) Heilung von Verfahrensfehlern

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Julian Senders

652 Ein Verfahrensfehler kann nach § 45 I VwVfG geheilt, d.h. ein zunächst formell rechtswidriger Verwaltungsakt im Nachhinein wieder formell rechtmäßig werden. Gerade in der Situation der Anfechtungsklage wird oftmals eine Heilung des Verfahrensfehlers gegeben sein wird. Die Heilung von Verfahrensfehlern ist bei Klausurerstellern „außerordentlich beliebt“[126]. Dabei gibt § 45 I VwVfG die sachliche, § 45 II VwVfG die zeitliche Grenze für die Heilung vor.

653 § 45 I VwVfG zählt die Heilungstatbestände abschließend auf. Hieraus ergibt sich eine sachliche Beschränkung der Heilungsmöglichkeit auf das Antragserfordernis (Nr. 1), auf die Begründung des Verwaltungsakts (Nr. 2), auf die Anhörung der Beteiligten (Nr. 3) und auf die Beteiligung bzw. Mitwirkung von Ausschüssen (Nr. 4) und anderen Verwaltungsbehörden (Nr. 5).

654 Dies kommt der Rechtssicherheit aufseiten des vom Verwaltungsakt Betroffenen zugute: Die Behörde kann auf keinen allgemeinen Heilungstatbestand zurückgreifen, sondern muss unter die § 45 I Nr. 1 bis Nr. 5 VwVfG subsumieren.

655 Zeitlich gesehen ist das Gesetz großzügig gegenüber der Behörde: Nach § 45 II VwVfG hat die Behörde für das Nachholen der nach § 45 I VwVfG versäumten Handlung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Zeit. Dies meint in der Tat den Zeitpunkt der letzten Entscheidung, bis zu der noch Tatsachenvortrag möglich ist.[127] Damit ist in der Eingangsinstanz und ggf. in der Berufungsinstanz (das OVG, welches nach § 128 S. 1 VwGO im gleichen Umfang prüft wie das VG, niemals aber das BVerwG) noch Möglichkeit zur Heilung des Verwaltungsakts gegeben.

656 Examenswissen: Eine weitere zeitliche Grenze ergibt sich daraus, dass der Verwaltungsakt bei Nachholung nicht erledigt sein darf. Denn in einem solchen Fall wäre die Nachholung des Verfahrensschritts eine sinnentleerte Formalie und würde den Zweck, dem Entscheidungsprozess der Behörde zu dienen, nicht mehr erfüllen können.[128]

657 Besonders klausurrelevant ist die Nachholung der Anhörung, deren Fehlen so oftmals geheilt wird: Denn die Anfechtungsklage sieht grundsätzlich ein erfolgloses Vorverfahren bzw. Widerspruchsverfahren vor. Der Adressat muss also Widerspruch nach § 68 I VwGO erhoben haben, sofern dies nicht nach § 68 II VwGO entbehrlich ist. Der Widerspruch setzt ein erneutes Verwaltungsverfahren in Gang, der die zuständige Behörde zur Befassung mit dem Vorgang und nunmehr auch zur Befassung mit den Argumenten des Widerspruchsführers zwingt.

658 Schon durch den erhobenen Widerspruch wird grds. nach einer vor allem in der Rechtsprechung verbreiteten Auffassung[129] die Anhörung i.S.v. § 45 I Nr. 3 VwVfG nachgeholt, sodass die formelle Rechtswidrigkeit durch Heilung entfällt und die Prüfung fortgesetzt wird. Ein Teil der Literatur widerspricht dem mit dem zutreffenden teleologischen Argument, dass das Anhörungserfordernis auf diese Weise leer liefe.[130] Dem wird zwar entgegengehalten, dass die Behörde nach Art. 20 III GG zur Beachtung der Anhörungspflicht verpflichtet ist.[131] Allerdings ist fraglich, ob dieses verfassungsrechtliche Argument alleine dem faktischen Leerlaufen der Anhörungspflicht entgegenwirken kann, wenn die Behörde im Ergebnis stets davon ausgehen kann, nach Heilung des Verfahrensfehlers rechtmäßig gehandelt zu haben.

659 Deswegen kann allein nach Erhebung des Widerspruchs noch nicht von einer Heilung ausgegangen werden. Schematische Lösungen verbieten sich. Stattdessen kommt es – ausgehend vom Sinn und Zweck des § 28 VwVfG – darauf an, dass durch die Nachholung der Zweck der Anhörung erreicht wird.[132]

660 Dies kann dann nicht mehr der Fall sein, wenn der Widerspruchsbescheid neue Tatsachen zugrunde legt, die dem Betroffenen bislang nicht bekannt waren, zu denen er sich also nicht äußern konnte oder wenn die Widerspruchsbehörde aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmung nur auf die Rechtskontrolle beschränkt ist (z.B. in bestimmten Selbstverwaltungsangelegenheiten, vgl. § 73 I 2 Nr. 3 VwGO) und deshalb keine eigene Anhörung durchführen kann.[133]

661 Jedenfalls durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens, in dem sich die Behörde mit den Einwänden des Betroffenen befasst, kann abgesehen von den genannten Fällen davon ausgegangen werden, dass der Zweck der Anhörung erreicht wurde. Dies ist – da sich schematische Lösungen an dieser Stelle verbieten – im Einzelfall zu prüfen.

662 Geht es um die Nachholung der Begründung (§ 45 I Nr. 2 VwVfG), so ist dies stets vom „Nachschieben von Gründen“ im Verwaltungsprozess zu unterscheiden: Die Nachholung der Begründung nach § 45 I Nr. 2 VwVfG ist dann einschlägig, wenn der Verwaltungsakt zuvor über keine dem § 39 VwVfG genügende Begründung verfügte. Das Nachschieben von Gründen im Prozess hingegen bezieht sich auf einen Verwaltungsakt, der zwar eine Begründung nach § 39 VwVfG aufweist, welche aber in der Sache (und nicht etwa formal) unzureichend oder unzutreffend ist: Die Nachholung der Begründung ist immer Sache der formellen, das Nachschieben von Gründen im Verwaltungsprozess hingegen eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit.[134]

663 In der Klausur stellt sich aber für den Klausurbearbeiter das Problem, dass er ggf. einen Verwaltungsakt prüft, der formell rechtswidrig ist, weil die Behörde die zur Heilung notwendige Handlung nach dem Sachverhalt noch nicht nachgeholt hat, aber – da noch in der ersten Instanz – auf jeden Fall noch nachholen könnte. In einem solchen Fall liegt zwar strenggenommen ein „schwebend rechtswidriger“ Verwaltungsakt vor. Klausurtaktisch gedacht ist ein Abbruch der Prüfung an dieser Stelle nicht gewünscht und wird auch nicht belohnt – ganz im Gegenteil. Daher sollte an dieser Stelle eine kurze Darstellung der Heilungsproblematik erfolgen und nach einer Feststellung der noch bestehenden Heilungsmöglichkeit mit der weiteren Prüfung fortgefahren werden.

(4) Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern

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Julian Senders

664 Nach § 46 VwVfG kann der Verfahrensfehler unbeachtlich sein: Die Aufhebung eines Verwaltungsakts kann bei gewissen Fehlern nicht beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. § 46 VwVfG zählt diese Fehler abschließend auf: Unbeachtlich kann demnach nur eine Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§ 3 VwVfG), über das Verfahren und über die Form sein.

665 Dies bedeutet, dass sich der Betroffene unter Umständen trotz fehlender Heilung nach § 45 VwVfG nicht erfolgreich gegen den Verwaltungsakt zur Wehr setzen kann.

666 Die Formulierung der Norm bringt auch schon zum Ausdruck, dass ein solcher Verwaltungsakt nicht durch die Unbeachtlichkeit rechtmäßig wird, sondern nach wie vor als rechtswidrig anzusehen ist. Lediglich seine Aufhebung kann nach § 113 I 1 VwGO nicht begehrt werden. In der Klausur muss auf diese Feinheit geachtet werden.

667 Voraussetzung für die Unbeachtlichkeit ist der offensichtlich fehlende kausale Einfluss des (Verfahrens-)Fehlers auf die Entscheidung in der Sache.

668 Ein offensichtlich fehlender kausaler Einfluss auf die Entscheidung wird regelmäßig gegeben sein, wenn in der Sache eine gebundene Entscheidung vorliegt. Dies leuchtet ein: Wenn zwar der Betroffene nicht angehört wurde, aber auch mit Anhörung derselbe Bescheid ergehen müsste, ergibt eine Neubescheidung durch die Behörde schon verfahrensökonomisch keinen Sinn.

669 Dabei muss immer beachtet werden, dass die Behörde nach dem Gesetz den Sachverhalt unabhängig von der Anhörung schon zuvor nach § 24 VwVfG von Amts wegen ermittelt haben muss, sodass die Anhörung systematisch gesehen nicht der reinen Sachverhaltsermittlung dienen kann. Der Betroffene kann daher regelmäßig nicht argumentieren, bei seiner Anhörung wäre der Sachverhalt anders ermittelt und daher eine andere Entscheidung gefällt worden.

670 Die frühere Fassung von § 46 VwVfG war explizit auf gebundene Entscheidungen beschränkt. Doch der Gesetzgeber hat die Formulierung ausgedehnt, um mit der Unbeachtlichkeit auch im Einzelfall Ermessensverwaltungsakte zu erfassen. Grundsätzlich wird es sich so verhalten, dass bei Ermessensverwaltungsakten sowie Verwaltungsakten mit tatbestandlichem Beurteilungs- bzw. Abwägungsspielraum ein kausaler Einfluss z.B. der fehlenden Anhörung auf die Entscheidung nicht offensichtlich fehlen und damit keine Unbeachtlichkeit gegeben sein wird.[135] Es bedarf dennoch einer Prüfung im Einzelfall. Zudem: Ist das Ermessen der Behörde etwa auf Null reduziert, ist keine andere Behandlung als beim gebundenen Verwaltungsakt angezeigt und § 46 VwVfG wird einschlägig sein.

671 An dieser Stelle stellt sich die Frage nach dem Prüfungsstandort in der Klausur: Die Norm ist prozessual formuliert, kann also nach Abschluss der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts unter dem Punkt „Rechtsverletzung“ geprüft werden. Dies kann sich dann empfehlen, wenn die Ermächtigungsgrundlage für den Verwaltungsakt bzw. eine Ermessensreduzierung auf Null nicht eindeutig ist und daher sonst ein Teil der materiellen Prüfung in die formelle Rechtmäßigkeit gezogen würde. Bei einfach gelagerten Fällen, etwa Ermächtigungsgrundlagen, die zu gebundenen Entscheidungen der Behörde führen, sollte eine Prüfung aber schon im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit erfolgen.

cc) Das förmliche Verfahren

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Julian Senders

672 Das förmliche Verfahren ist gemäß § 63 I VwVfG zu prüfen, wenn es durch Rechtsvorschrift angeordnet wird. Eine solche Vorschrift findet sich etwa in § 36 BBergG. Eher in einer fortgeschrittenen Klausur denkbar sind Vorschriften des Landesrechts, etwa § 1 FörmVfVO Bln: Nach dieser Vorschrift ist u.a. für die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO und die Rücknahme/den Widerruf der Gaststättenerlaubnis nach § 15 GastG das förmliche Verfahren durchzuführen. Zu beachten ist in jedem Fall auch hier, dass schon auf Ebene der Anwendbarkeit des VwVfG gemäß § 1 I VwVfG a.E. das förmliche Verfahren gegenüber besonderen Verwaltungsverfahren, etwa dem Enteignungsverfahren nach §§ 103 ff. BauGB, subsidiär ist.

673 In der Klausur wird die Einschlägigkeit des förmlichen Verfahrens in aller Regel zu keinen Abweichungen vom Prüfprogramm führen. Es reicht dann die Feststellung aus, dass das förmliche Verfahren durchzuführen ist.

674 Das Verfahren über eine einheitliche Stelle nach §§ 71a ff. VwVfG wird demgegenüber nicht als eigenes Verfahren gesehen,[136] sondern dient der Beschleunigung aller Verfahrensarten, auch wenn dies aus seiner systematischen Stellung im Gesetz zwischen förmlichem und Planfeststellungsverfahren nicht ohne Weiteres ersichtlich ist. Allerdings ist hier praktisch keine Klausur- oder Examensrelevanz gegeben.

dd) Das Planfeststellungsverfahren

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Julian Senders

675 Ein Planfeststellungsverfahren ist ein gesteigert förmliches Verfahren. Es kommt bei der Zulassung großer, raumbedeutsamer Vorhaben zum Tragen, etwa bei großen Fernstraßen (§ 17 FStrG) oder Flughäfen (§§ 8 ff. LuftVG). Es muss durch besondere Rechtsvorschriften angeordnet sein, § 72 I 1 Hs. 1 VwVfG. Die Komplexität des Verfahrens ergibt sich vor allem durch das Zusammenwirken mehrerer Behörden (Planfeststellungsbehörde, Anhörungsbehörde, Fachbehörden) und ggf. mehrerer Gemeinden.

676 Der maßgebliche Verwaltungsakt am Ende des Planfeststellungsverfahrens ist der sog. Planfeststellungsbeschluss. Das Planfeststellungsverfahren zeichnet sich durch den Ablauf der folgenden, fest vorgegebenen Schritte aus:

  • Einleitung des Verfahrens durch einen Plan, der vom öffentlichen oder privaten Vorhabenträger bei der Anhörungsbehörde einzureichen ist, § 73 I 1 VwVfG
  • Aufforderung der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Behörden zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans durch die Anhörungsbehörde, § 73 II Hs. 1 VwVfG
  • Stellungnahme der aufgeforderten Behörden innerhalb einer von der Anhörungsbehörde gesetzten Frist von höchstens drei Monaten, § 73 IIIa 1, 2 VwVfG
  • Veranlassung der öffentlichen Auslegung des Plans in den betroffenen Gemeinden binnen eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans durch die Anhörungsbehörde, § 73 II Hs. 2 VwVfG
  • Binnen drei Wochen nach Zugang: Öffentliche Bekanntmachung des Plans, § 73 V VwVfG, und Auslegung des Plans durch die betroffenen Gemeinden für einen Zeitraum von einem Monat (Auslagefrist), § 73 III 1 VwVfG
  • Ggf. Einwendungen aller Art gegen das Projekt, zu erheben innerhalb der Einwendungsfrist
    • Einwendungsfrist: 2 Wochen nach Ablauf der Auslagefrist, § 73 IV 1 VwVfG
    • Einwendungen richten sich auf Veränderung oder Verhinderung des Vorhabens
    • Rechtsbetroffenheit des Einwenders nicht erforderlich
  • Binnen drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist: Behandlung des Vorhabens mit dem Projektträger, den beteiligten Behörden und den Einwendern, § 73 VI 1, 7 VwVfG
  • Anfertigung einer Stellungnahme durch die Anhörungsbehörde und Weiterleitung mit dem Plan an die Planfeststellungsbehörde, § 73 IX VwVfG
  • Verfahrensabschluss durch Planfeststellungsbeschluss

677 Werden diese Schritte nicht oder nicht fristgemäß eingehalten, ist wiederum ein Verfahrensfehler gegeben. Für die Heilung bzw. Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern sind §§ 45, 46 VwVfG anwendbar, soweit sie den betreffenden Fehler erfassen. Ansonsten sieht das Planfeststellungsrecht bei Verfahrensfehlern eine Planergänzung nach § 76 Ia Satz 2 VwVfG vor, die wiederum ein eigenes Verfahren darstellt und nach Abschluss mit dem ursprünglichen Planfeststellungsverfahren eine Einheit darstellt.[137]

678 Dieser Planfeststellungsbeschluss weist gemäß §§ 74, 75 I 1 Hs. 2 VwVfG eine sog. Konzentrationswirkung auf, d.h. er umfasst gleichzeitig alle anderen behördlichen Genehmigungen, welche sonst alle einzeln zu beantragen wären – etwa Baugenehmigungen, immissionsschutz- und wasserrechtliche Genehmigungen.

679 In Klausur und Hausarbeit ist das Planfeststellungsverfahren kaum bis gar nicht relevant. Die Prüfungsordnungen der Bundesländer schließen oftmals das formelle Verfahren vom Examensstoff aus.[138] Eine große Rolle spielt es in der Praxis bei Anlagenzulassungen, etwa bei Abfalldeponien und Kraftwerken.

ee) Literaturhinweise

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Julian Senders

680 Eine systematische und übersichtliche Darstellung des Verwaltungsverfahrens bietet insbesondere Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14, Abschnitt I. 2; Zu Verfahrensfehlerfolgen bieten sich insbesondere die folgenden Quellen aus Lehrbuch- und Aufsatzliteratur an: Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 14, Rn. 542 ff.; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 15; Beaucamp, Heilung und Unbeachtlichkeit von formellen Fehlern im Verwaltungsverfahren, JA 2007, 117; Stelkens, Der Eigenwert des Verfahrens im Verwaltungsrecht, DVBl 2010, 1078

Tristan Lemke

681 Grundsätzlich kann ein Verwaltungsakt in jeder denkbaren Form ergehen. Dieser Grundsatz der Formfreiheit ergibt sich aus § 37 II 1 VwVfG. Der Verwaltungsakt kann somit u.a. schriftlich, mündlich, elektronisch, telefonisch, als Telefax oder auch nur durch Handzeichen ergehen. Beispielsweise handelt es sich auch bei den Gesten eines Polizisten, der den Verkehr lenkt, um Verwaltungsakte.[139]

682 Dieser Grundsatz wird vom Gesetz in einigen besonders bedeutsamen Bereichen dadurch gebrochen, dass eine bestimmte Form vorgeschrieben wird.

BeispieleDie Baugenehmigung bedarf nach § 2 V BauVerfV der Schriftform und die Beamtenernennung der Aushändigung einer Urkunde (§ 8 II BeamtStG, §§ 10 II, 12 II 1 BBG).

683 Auch jenseits besonderer gesetzlicher Bestimmungen ist es jedoch aus Praktikabilitätsgründen[140] üblich, Verwaltungsakte schriftlich zu erlassen. Hierdurch besteht für die Betroffenen und die Behörde Klarheit hinsichtlich des Wortlautes des Verwaltungsakts.

684 Folgenden Formerfordernissen muss in Klausuren regelmäßig erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden:

aa) Schriftform

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Tristan Lemke

685 Wenn Verwaltungsakte schriftlich (oder elektronisch) ergehen, müssen sie den Anforderungen des § 37 III 1 VwVfG entsprechen. Sie müssen die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Das ist unabhängig davon, ob sich die Behörde freiwillig zur Verwendung der Schriftform entschlossen hat oder hierzu durch eine gesetzliche Ausnahme vom Grundsatz der Formfreiheit verpflichtet wurde.

686 Wenn der Verwaltungsakt entgegen § 37 III 1 VwVfG nicht die erlassende Behörde erkennen lässt, ist er gem. § 44 II Nr. 1 VwVfG nichtig (s. näher § 6 Rn.122 ff.). Sollten hingegen die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters nicht enthalten sein, ist der Verwaltungsakt lediglich rechtswidrig. Sinn dieser Anforderung ist es, zu gewährleisten, dass nicht versehentlich ein Entwurf versendet wurde, sondern es sich um eine gewollte Erklärung handelt, für die der Behördenleiter die Verantwortung übernimmt.[141] Eine Unterschrift ist die eigenhändige Unterzeichnung durch eine natürliche Person mit ihrem eigenen Namen.[142] Die Namenswiedergabe verlangt nicht mehr als –beispielsweise maschinenschriftlich ­­– den Namen des Behördenleiters wiederzugeben.[143]

bb) Elektronische Verwaltungsakte und elektronische Form

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Tristan Lemke

687 Examenswissen: Ein Verwaltungsakt, für den die Schriftform durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist (z.B. § 2 V BauVerfV), kann gem. §§ 3a II 1, 37 III 2 und 3 VwVfG auch in elektronischer Form ergehen. Hierfür muss gem. § 3a II 3 VwVfG eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 2 Nr. 1 SigG verwendet werden. Reguläre Emails enthalten diese nicht, so dass in diesem Fall dem Formerfordernis nicht entsprochen wird und der Verwaltungsakt formell rechtswidrig ist. § 3a II 4 und 5 VwVfG nennen weitere Möglichkeiten, das Schriftformerfordernis zu ersetzen. Diese sind jedoch deutlich weniger klausurrelevant.

688 Examenswissen: Jegliche Verwaltungsakte, die auf elektronischem Wege erlassen werden (elektronische Verwaltungsakte), müssen wie schriftliche Verwaltungsakte ebenfalls § 39 I 1 VwVfG (s. Rn. 690) entsprechen. Darüber hinaus ist für ihr Wirksamwerden erforderlich, dass die Voraussetzungen des § 37 III 1 VwVfG (s. dazu Rn. 685 f.) und § 3a I VwVfG gewahrt werden. Letzterer verlangt, dass der Empfänger einen Zugang zur Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat (s. ausführlich Rn. 144 ff.). Hiernach muss in objektiver Hinsicht bei dem Empfänger eine entsprechende Kommunikationseinrichtung bestehen (beispielsweise ein Account bei einem Email-Provider) und diese subjektiv der elektronischen Kommunikation gewidmet werden.[144] Diese Widmung durch den Empfänger verlangt, dass dem Kommunikationspartner die Bereitschaft signalisiert wird, elektronische Kommunikationsmittel entgegenzunehmen; in der Regel ist das erst mit der ausdrücklichen Mitteilung eines Bürgers an die Behörde der Fall.[145] Die Widmung kann jedoch auch konkludent erfolgen; im Geschäftsverkehr, zu dem u.a. Firmen, Behörden, Gerichte und Anwälte gehören, sind hieran geringere Anforderungen zu stellen als bei privaten Nutzern. [146] Die Voraussetzungen des § 3a I VwVfG sind auch zu wahren, wenn ein Bürger elektronisch mit einer Behörde kommunizieren möchte (beispielsweise durch Erhebung eines Widerspruchs, s. Rn. 317).

cc) Rechtsbehelfsbelehrung

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Tristan Lemke

689 Examenswissen: Aus § 37 VI VwVfG ergibt sich die Pflicht der Behörde, belastenden Verwaltungsakten eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen, wenn sie in schriftlicher oder elektronischer Form ergehen. Das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Belehrung wirkt sich jedoch nicht auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts aus, weil sie der eigentlichen Entscheidung nur beigefügt wird.[147] Gem. § 58 II VwGO verlängern sich jedoch in diesem Fall die Rechtsbehelfsfristen (daher zu dieser Problematik bereits ausführlich Rn. 368).

dd) Begründung

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Tristan Lemke

690 Schriftliche und elektronische Verwaltungsakte müssen gem. § 39 I VwVfG mit einer Begründung versehen werden. Hierbei ist nicht entscheidend, ob die Begründung gelungen ist, also Überlegungen enthält, die den Verwaltungsakt rechtlich tragen können. Stattdessen müssen lediglich die Gründe genannt werden, die für die Behörde maßgeblich waren.[148] Somit wird beispielsweise § 39 I VwVfG entsprochen, wenn die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht und diesen in der Begründung darstellt; der belastende Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig. Seine materielle Rechtswidrigkeit ergibt sich jedoch daraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage nicht vorliegen.

691 Aus der Begründung muss ersichtlich sein, von welchem Sachverhalt die Behörde ausgegangen ist und warum nach Auffassung der Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage (nicht) erfüllt sind.[149] Ermessensentscheidungen sind darüber hinaus gem. § 39 I 3 VwVfG so zu begründen, dass überprüft werden kann, ob ein Ermessensfehler vorliegt.[150] In jedem Fall muss die Begründung am Einzelfall orientiert sein.

692 Examenswissen: Die Pflicht der Behörde, ihre Entscheidung zu begründen, ist verfassungsrechtlich verankert.[151] Art. 19 IV GG räumt dem Bürger einen Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ein. Die Verwaltung ist als Kehrseite hiervon verpflichtet, diesen Rechtsschutz nicht zu vereiteln. Das täte sie jedoch, wenn sie ihre Gründe nicht offenlegte: Der Betroffene könnte die Erfolgsaussichten gerichtlichen Rechtsschutzes nicht abschätzen und würde dadurch davon abgehalten, diesen zu ersuchen. Selbst wenn er diesen Schritt ginge, wäre ihm die Verteidigung seiner Rechte erschwert, weil er die Erwägungen der Verwaltung nicht kennt. Schließlich wäre sogar das Gericht daran gehindert, eine Ermessensentscheidung effektiv zu überprüfen, wenn keinerlei Ermessenserwägungen offengelegt werden. Neben dieser Bedeutung für den Rechtsschutz sichert die Begründungspflicht den Subjektcharakter des Einzelnen im Verwaltungsverfahren. Wenn der Betroffene die Erwägungen nachvollziehen kann, die zum Erlass eines Verwaltungsakts geführt haben, fühlt er sich nicht als bloßes Objekt einer staatlichen Regelung. Hierdurch wird die Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung gesteigert. Ferner dient die Begründungspflicht der Selbstkontrolle der Behörde. Diese wird zu sorgfältigen Ermittlungen und zur Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beteiligten motiviert.

ee) Heilung und Unbeachtlichkeit von Formfehlern

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Tristan Lemke

693 Verstöße gegen Formvorschriften (und Verfahrensvorschriften, s. dazu bereits Rn. 652) führen dazu, dass der Verwaltungsakt formell rechtswidrig ist, sofern er nicht nach § 44 VwVfG nichtig (s. Rn. 189 ff.) ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Verwaltungsakt auch unter sachlichen Mängeln leidet – er entspricht möglicherweise vollumfänglich dem materiellen Recht.

Beispiel: Eine Beseitigungsanordnung nach § 80 S. 1 BauO Bln oder eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit nach § 35 I 1 GewO kann inhaltlich zutreffend sein, obwohl die erforderliche Begründung fehlt.

694 Den Verwaltungsakt aufzuheben und unter Beachtung der Formvorschrift neu zu erlassen bedeutete einen erheblichen Aufwand. Unter den Voraussetzungen der §§ 45, 46 VwVfG ist das jedoch nicht notwendig.

695 Examenswissen: Die Vorschriften dienen somit der Verfahrensökonomie. Aus ihnen wird ferner deutlich, dass dem Verwaltungsverfahrensrecht eine dienende Funktion zukommt: Das Verwaltungsverfahrensrecht ist kein „Wert an sich”, sondern soll zum Erlass materiell rechtmäßiger und zweckmäßiger Verwaltungsakte beitragen.[152]

(1) Heilung von Formfehlern, § 45 I VwVfG

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Tristan Lemke

696 Nur die in § 45 I aufgezählten Formfehler können durch die jeweils genannte Handlung nachgeholt werden. Der vormals rechtswidrige Verwaltungsakt wird dadurch formell rechtmäßig. § 45 VwVfG ist daher in Klausuren unmittelbar im Anschluss an einen festgestellten Verstoß gegen eine Formvorschrift zu prüfen. Die Heilung ist gem. § 45 II VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz möglich. Das ist im Berufungsverfahren das OVG. In jedem Fall ist zu beachten, dass der Betroffene durch die Heilung so gestellt werden muss, wie er ohne den Formfehler stünde.[153] Mit anderen Worten darf es für den Betroffenen keinen Nachteil bedeuten, dass die fehlerhafte oder unterbliebene Formvorschrift später als vorgesehen beachtet wurde. In Klausuren ist es deswegen erforderlich, den Telos von § 45 I Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG zu kennen (s. Rn. 692, Rn. 687 und Rn. 659 ff.). An diesem sollte sich die Argumentation daran orientieren, ob der Betroffene so gestellt wird, wie er bei Beachtung der Form- bzw. Verfahrensvorschrift stünde.

697 Hausarbeitswissen: Die erforderliche Handlung kann von bzw. vor der Ausgangsbehörde als auch grundsätzlich von bzw. vor der Widerspruchsbehörde nachgeholt werden.[154] Bezüglich der nachträglichen Anhörung ist jedoch umstritten, ob die Widerspruchsbehörde hierfür zuständig ist.[155] Das wird teilweise verneint: Ermessenskontrolle sei nicht notwendig gleichbedeutend mit Ermessensausübung. Wenn die Widerspruchsbehörde mit der Zurückweisung des Widerspruchs bestätige, dass das Ermessen zweckmäßig ausgeübt worden sei, so schließe das nicht aus, dass sie nicht auch eine andere, dem Betroffenen günstigere Ermessenausübung gebilligt hätte. Es sei also nicht auszuschließen, dass in Fällen vorheriger Anhörung eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung ergeht, wie er sie im Widerspruchsverfahren nicht mehr erreichen kann. Diese Argumentation verkennt jedoch den Sinn und Zweck der Anhörung. Diese soll nicht sicherstellen, dass gerade die Ausgangsbehörde (und nicht die Widerspruchsbehörde) die Argumente des Beteiligten würdigt. Mit der Anhörung wird vielmehr gewährleistet, dass der Beteiligte überhaupt seine Sicht der Dinge vortragen kann und damit Einfluss auf die Entscheidung nehmen kann. [156] Dieses Ziel wird jedoch auch vollumfänglich erreicht, wenn die Anhörung von einer Widerspruchsbehörde nachgeholt wird, die die Zweckmäßigkeit umfassend überprüft, mit anderen Worten also eine eigene Ermessensentscheidung trifft.[157]

(2) Insbesondere: Nachholen von Gründen, § 45 I Nr. 2 VwVfG

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Tristan Lemke

698 Wenn die nach § 39 I 1 VwVfG erforderliche Begründung ganz oder teilweise fehlt, kann sie gem. § 45 I Nr. 2 VwVfG nachgeholt werden. Dadurch wird die formelle Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts geheilt. Auf eine etwaige materielle Rechtswidrigkeit hat dies keinen Einfluss. Mit anderen Worten ermöglicht es die Vorschrift nicht, eine Begründung nachzubessern, die zwar den Anforderungen des § 39 I 1 VwVfG entspricht, den Verwaltungsakt sachlich jedoch nicht zu tragen vermag.

Beispiel: Die zuständige Behörde erlässt einen auf die polizeiliche Generalklausel (s. näher Rn. 1032) gestützten Verwaltungsakt, der den Adressaten dazu verpflichtet, einen instabilen Baum von der Grundstücksgrenze zu entfernen, weil dieser auf die Straße stürzen könnte. Fehlt dieser Verfügung die Begründung, kann dieser Mangel über § 45 I Nr. 2 VwVfG geheilt werden. Anders verhält es sich, wenn eine Begründung vorhanden ist, diese jedoch auf die Ermessensfehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts schließen lässt. In diesem Fall ist § 39 I VwVfG entsprochen, der Verwaltungsakt aber materiell rechtswidrig. § 45 I Nr. 2 VwVfG ermöglicht keine Heilung.

(3) Nachschieben von Gründen

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Tristan Lemke

699 Examenswissen: Keine Frage der Formerfordernisse ist es, wenn ein materiell rechtswidriger Verwaltungsakt dadurch geheilt werden soll, dass Gründe nachgeschoben werden. Während die Nachholung der Begründung gem. § 45 I Nr. 2 VwVfG die formelle Rechtswidrigkeit aufgrund eines Verstoßes gegen § 39 I 1 VwVfG betrifft, geht es beim Nachschieben von Gründen darum, die materielle Rechtswidrigkeit zu korrigieren, die sich aus einer in der Sache unzureichenden Begründung ergibt. § 114 S. 2 VwGO stellt klar, dass dies auch noch während des gerichtlichen Verfahrens zulässig ist. Sofern eine gebundene Entscheidung vorliegt, ist das Nachschieben von Gründen uneingeschränkt zulässig, weil nach § 86 I VwGO das Gericht sowieso Umstände berücksichtigt, die nicht in der ursprünglichen Begründung vorhanden waren. Bei Entscheidungen mit Gestaltungsspielraum, also Ermessens- und Beurteilungsspielraum (s. Rn. 721), sind zwei Kriterien zu beachten: Durch die nachgeschobenen Gründe darf das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändert werden und die Rechtsverteidigung des Klägers darf nicht beeinträchtigt werden.[158] Aus diesen ergibt sich, dass keine Ermessenserwägungen nachgeschoben werden können, die nicht bereits zum Erlasszeitpunkt vorlagen. Die Behörde darf also nicht zuerst einen Verwaltungsakt erlassen und zu dessen Recht- und Zweckmäßigkeit erst im Nachhinein Erwägungen anstellen. Genauso wenig dürfen die tragenden Gründe ausgetauscht werden oder völlig neue Argumentationsstrukturen hinzugefügt werden. Als Faustformel gilt, dass die Ermessenserwägungen „verfeinert“ werden dürfen, um einen knapp rechtswidrigen Verwaltungsakt auf die Seite der Rechtmäßigkeit zu ziehen. Durch nachgeschobene Gründe können jedoch keine schweren Ermessensfehler, wie beispielsweise der Ermessensausfall, kompensiert werden.

(4) Unbeachtlichkeit von Formfehlern, § 46 VwVfG

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Tristan Lemke

700 Im Rahmen von § 45 I VwVfG wird der Verfahrens- oder Formfehler dadurch ausgeglichen, dass die entsprechende Handlung nachgeholt wird und ihre volle Wirkung entfalten kann. Beispielsweise verschafft die nachgeholte Anhörung dem Beteiligten die Gelegenheit, mit seinen Argumenten Einfluss auf die Sachentscheidung zu nehmen (s. Rn. 687 und Rn. 659 ff.) Bei § 46 VwVfG geht es hingegen um Verstöße, die gar keinen Einfluss auf die Sachentscheidung haben konnten. Trotz der daraus resultierenden formellen Rechtswidrigkeit wird der Verwaltungsakt in diesen Fällen nicht vom Gericht nach § 113 I 1 VwGO aufgehoben. Es wäre ineffizient, einen sachlich richtigen Verwaltungsakt aufzuheben, weil eine Vorschrift verletzt wurde, die in diesem Fall offensichtlich keinerlei Auswirkungen hatte. Auch dem Betroffenen wäre nicht geholfen: Der formell rechtwidrige Verwaltungsakt würde sofort erneut mit identischem Inhalt ergehen, dieses Mal unter Berücksichtigung der entsprechenden Norm. Verfahrens- und Formgebote allein ihrer selbst wegen zu berücksichtigen bewirkte demnach nichts außer der Verschwendung knapper staatlicher Ressourcen (s. auch Rn. 695). Das bedeutet jedoch keineswegs, dass § 46 VwVfG die Exekutive davon freistellt, Form- und Verfahrensvorschriften zu beachten: Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn „offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat“.

701 Von § 46 VwVfG werden nur Verstöße gegen die Form, das Verfahren oder die örtliche Zuständigkeit erfasst. Verletzungen der Vorschriften über die sachliche-, instanzielle oder Verbandszuständigkeit sind damit niemals unbeachtlich.[159] In Klausuren ist insbesondere denkbar, dass § 46 aufgrund einer unterlassenen Anhörung nach § 28 VwVfG oder einer Verletzung von Befangenheitsvorschriften nach § 20 I Nr. 1 bis 6 VwVfG zu prüfen ist. Grundsätzlich kommen jedoch alle Verfahrens- und Formvorschriften – auch außerhalb des VwVfG – in Betracht.

702 Hausarbeitswissen: Ausgenommen sind Vorschriften, deren Verletzung keinen Aufhebungsanspruch begründete. Denn wenn aus dem Normverstoß kein Aufhebungsanspruch folgt, vermag § 46 VwVfG diesen auch nicht auszuschließen. Das kann u.a. in Drittanfechtungskonstellationen (s. Rn. 544 ff.) problematisch sein.[160] Darüber hinaus schließt § 46 VwVfG nicht den Aufhebungsanspruch aus, der sich aus der Verletzung absoluter Verfahrensrechte ergibt.[161] Bei diesen handelt es sich um Normen, die dem Beteiligten eine selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition unabhängig vom materiellen Recht einräumen. Hierzu gehört beispielsweise das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 BauGB. Dieses Beteiligungsrecht ist von so großer Bedeutung für die gemeindliche Planungshoheit, dass seine Verletzung unabhängig von den Auswirkungen auf die materiell rechtliche Position zur Aufhebung der Baugenehmigung führt.

703 Dieser Fehler darf die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst haben. Der Verstoß darf also nicht kausal für die Sachentscheidung gewesen sein. Das Ergebnis würde sich nicht ändern, wenn der Verstoß weggedacht würde, die geforderte Handlung also vorgenommen worden wäre. Bei gebundenen Entscheidungen ist das unproblematisch zu bejahen, weil der Fehler keine Auswirkungen auf die Entscheidung gehabt haben kann. Bei Entscheidungen mit Gestaltungsspielraum (Ermessen und Beurteilungsspielraum) bedarf es hingegen einer genauen Prüfung des Einzelfalls, sofern keine Ermessensreduzierung auf null vorliegt. Jeglicher Zweifel daran, dass die Behörde ohne den Verfahrensfehler genauso entschieden hätte, muss ausgeschlossen sein.[162] Das ist nicht der Fall, wenn intensive Nachforschungen erforderlich sind, um zu ermitteln, wie die Behörde hypothetisch entschieden hätte: Die Nichtbeeinflussung muss offensichtlich sein. Daraus und aus dem Charakter des § 46 VwVfG als Ausnahmevorschrift ergeben sich die hohen Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Verstoß unbeachtlich ist.

704 Anders als bei der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern lässt § 46 VwVfG nach herrschender Meinung die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts unberührt; die Norm wirkt sich nur auf den prozessualen Aufhebungsanspruch aus, der in § 113 I 1 VwGO geregelt ist.[163]

705 Aufbauhinweis: § 46 VwVfG kann an mehreren Stellen geprüft werden. Empfehlenswert ist es, die Norm unmittelbar im Anschluss an die formelle Rechtswidrigkeit zu prüfen und festzustellen, dass der Verwaltungsakt zwar formell rechtswidrig ist, der Aufhebungsanspruch jedoch aufgrund von § 46 VwVfG nicht hierauf gestützt werden kann, so dass auch die materielle Rechtmäßigkeit zu prüfen ist.

ff) Bestimmtheit des Verwaltungsakts

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Tristan Lemke

706 Verwaltungsakte müssen gem. § 37 I VwVfG hinreichend bestimmt sein. Der verfügende Teil des Verwaltungsakts muss so klar und eindeutig formuliert sein, dass der Adressat sein Verhalten danach ausrichten kann. Das ist nicht der Fall, wenn die Regelung missverständlich bzw. widersprüchlich ist oder der Adressat noch einmal Rücksprache mit der Behörde halten muss, bevor er zur Tat schreiten kann.

Beispiel: Der Adressat wird verpflichtet, seine Anlage leise zu betreiben oder durch bauliche Maßnahmen sicherzustellen, dass die zulässigen Lärmwerte eingehalten werden[164]. In beiden Fällen ist für den Adressaten nicht ersichtlich, was von ihm verlangt wird.

707 Bei sachbezogenen Allgemeinverfügungen nach § 35 S. 2 Var. 2 VwVfG – wie der Entwidmung einer Straße – muss eindeutig erkennbar sein, auf welche Sache sich der Verwaltungsakt bezieht; ist beispielsweise die Straße nicht eindeutig identifizierbar, ist der Verwaltungsakt zu unbestimmt. Neben der Regelung des Verwaltungsakts müssen der Adressat des Verwaltungsakts und die die Verwaltungsakt erlassene Behörde eindeutig erkennbar sein. Unbestimmtheit ist in jedem Fall erst anzunehmen, wenn die Unklarheiten auch durch Auslegung nicht beseitigt werden können.[165]

708 Examenswissen: § 37 I VwVfG ist eine einfachgesetzliche Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips. Das Bestimmtheitserfordernis für Verwaltungsakte dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit:[166] Der Bürger wird davor bewahrt, dass ein Verwaltungsakt, der ihn betrifft, unverständlich und unklar ist. Nur wenn dieser rechtsstaatlichen Mindestanforderung entsprochen wird, kann die Rechtsordnung das Verhalten der Bürger steuern: § 37 I VwVfG stellt sicher, dass das abstrakt-generelle Gesetz durch den Verwaltungsakt auf den Einzelfall ausreichend präzise konkretisiert wird.

709 Aufbauhinweis: § 37 I VwVfG steht in systematischer Nähe zu §§ 37 II bis V, 39 VwVfG, die Aspekte der formellen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts regeln. Daher wird teilweise angenommen, ein Verstoß gegen § 37 I VwVfG begründe die formelle Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts.[167] Die herrschende Meinung geht hingegen davon aus, dass die Bestimmtheit der materiellen Rechtmäßigkeit zuzurechnen ist.[168] Das ist überzeugend, weil die Bestimmtheit das Wesen, also den „Körper“ des Verwaltungsakts prägt und nicht lediglich seine Erscheinung, sein „Kleid“ betrifft. In Klausuren bedarf dieser Streit regelmäßig keiner Erläuterung. Die Bestimmtheit ist kommentarlos entweder im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit oder im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ist sie unproblematisch zu bejahen muss sie nicht zwingend im Gutachten erwähnt werden.

710 Ein Verstoß gegen § 37 I VwVfG kann nicht nur zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führen, sondern sogar seine Nichtigkeit nach § 44 I VwVfG begründen (s. zur Nichtigkeit von Verwaltungsakten näher Rn. 189 ff.).[169] Dafür erforderlich ist, dass die Unbestimmtheit offensichtlich ist. Der aufgrund mangelnder Bestimmtheit materiell rechtswidrige Verwaltungsakt kann dadurch ex tunc geheilt werden, dass die Unklarheit oder Widersprüchlichkeit durch Klarstellungen der Behörde beseitigt wird.[170]

gg) Literaturhinweise

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Tristan Lemke

711 Pünder, Die Folgen von Fehlern im Verwaltungsverfahren, JURA 2015, 1307 – 1318; Lysander, Formelle Fehler des Verwaltungsakts und ihre Folgen, JA 2012, 844; Beaucamp, Heilung und Unbeachtlichkeit von formellen Fehlern im Verwaltungsverfahren, JA 2007, 117; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14 Rn. 22 – 24 und § 15 Rn. 14 – 18; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 41 – 46 und § 10 Rn. 57 – 71

Zur Vertiefung: Lindner/Jahr, Der unzureichend begründete Verwaltungsakt, JuS 2013, 673; Guckelberger, Anhörungsfehler bei Verwaltungsakten, JuS 2011, 577

3. Materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts

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Daniel Benrath

712 Die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts betrifft dessen inhaltliche Seite, also ob sein Inhalt (auch in Bezug auf die inhaltlichen Grundlagen der behördlichen Entscheidung) mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Gegenstand der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung ist der hoheitliche Befehl als Kern des Verwaltungsakts (also der Tenor), nicht hingegen weitere Ausführungen wie die Begründung (wobei die Begründung im Hinblick auf die inhaltlichen Grundlagen zu berücksichtigen sein und sogar im Vordergrund der Prüfung stehen kann). Im deutschen Verwaltungsrecht stellt die Prüfung der materiellen Rechtsmäßigkeit, auch vor dem Hintergrund vielfältiger Regelungen zur Heilung und zur Unbeachtlichkeit im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit (dazu Rn. 693 ff.), oftmals den Kern der Rechtskontrolle dar.

713 Ein Verwaltungsakt ist materiell rechtmäßig, wenn er den materiell-rechtlichen Vorgaben der Rechtsgrundlage entspricht und nicht gegen anderweitige rechtlichen Vorgaben verstößt. Ist der Verwaltungsakt mit Spielräumen der erlassenden Behörde verknüpft, ist der rechtliche Kontrollmaßstab hinsichtlich des Inhalts des Verwaltungsakts zurückgenommen, allerdings ist insoweit die Inanspruchnahme des Spielraums auf eigenständige Fehler zu überprüfen.

714 In der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung können also viele verschiedene rechtliche Aspekte zu erfassen und aufeinander zu beziehen sein, die zudem wesentlich von dem jeweiligen Rechtsgebiet abhängen. Diese erheblichen Herausforderungen sind jedoch durch ein gutes Verständnis der materiellen Grundlagen des Verwaltungsrechts sowie ein strukturiertes und reflektiertes Vorgehen in der Prüfung sicher zu beherrschen.

715 Zur Beherrschung der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung wird eine Vielzahl von Aufbauschemata angeboten. Während sich in der Literatur zum allgemeinen Verwaltungsrecht schnell der Eindruck einer gewissen Einförmigkeit des Prüfungsaufbaus ergeben kann, wird schon bei einem kurzen Blick in die Prüfungsschemata des besonderen Verwaltungsrechts und des Verwaltungsvollstreckungsrechts deutlich, wie unterschiedlich die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts ausgestaltet werden kann. Zudem werden weitere Prüfungsschemata in Ausbildung und Praxis angeboten, die in der Literatur keinen oder wenig Widerhall gefunden haben. Grob – aber nicht abschließend – prägen zwei Unterscheidungsebenen die verschiedenen Schemata. Eine Gruppe von Schemata knüpft an die grundlegende Trennung zwischen den Voraussetzungen des Erlasses des Verwaltungsakts und den Rechtsfolgen, also der konkreten Ausgestaltung des Verwaltungsakts (im Tenor und hinsichtlich der auf die Rechtsfolgen gerichteten Spielräume), an. Diese Gruppe findet sich vor allem in Lehrbüchern gerade zum allgemeinen Verwaltungsrecht (sowie in der allgemeinen Übersicht zur Rechtmäßigkeitsprüfung in Rn. 526 ff.) und knüpft an vergleichbare Gliederungsebenen in Teilen der zivilrechtlichen Lehrliteratur an. Auch den Falllösungen im das Lehrbuch begleitenden Fallrepetitorium „Fälle zum Verwaltungsrecht“ liegt dieser Aufbau im Wesentlichen zugrunde.

Jedenfalls aus der Kontrollperspektive der Gerichte (und des üblichen Klausurgutachtens) ist eine Trennung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen jedoch nicht zwingend. Gegenstand ist allein der konkrete Verwaltungsakt und dieser ist bei jedem materiellen Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben rechtswidrig, unabhängig davon, ob die gesetzlichen Vorgaben sich auf die Voraussetzungen oder die Rechtsfolgen beziehen. Viele gängige Schemata verzichten daher auf diese Unterscheidung. Stattdessen wird oftmals auf die Unterscheidung zwischen inhaltlichen Vorgaben, die den möglichen Inhalt eines Verwaltungsakts einschränken, und spezifischen Fehlern bei der Inanspruchnahme von Verwaltungsspielräumen zurückgegriffen. Alle angebotenen Schemata haben sich bewährt, sind insofern gleichwertig und weisen ihre jeweils eigenen Stärken (und Schwächen) auf. Die strikte Einhaltung eines bestimmten Schemas ist für eine Prüfung nicht entscheidend. Vielmehr ist ein gelungener Aufbau der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung von der konkreten Rechtsfrage, den Problemen des Falles, dem individuellen Zugang des Anwenders und nicht zuletzt dem jeweiligen Rechtsgebiet im besonderen Verwaltungsrecht abhängig.

716 Examenswissen: Eine Quelle von Missverständnissen und Fehlern für Studierende und auch fortgeschrittene Anwender ist hingegen die unreflektierte Anwendung eines Prüfungsschemas. Missverständnisse können sich insbesondere ergeben, wenn sich ein Anwender mit einem ihm unbekannten Aufbau konfrontiert sieht und die entsprechenden Abweichungen nicht einordnen kann. Wird dann versucht, die Abweichungen allzu schematisch in den bekannten Aufbau zu integrieren, kommt es schnell zu versteckten Redundanzen und Widersprüchen. Zudem können sich hartnäckige Missverständnisse entwickeln, wenn bloße Prüfungspunkte oder Strukturen des Prüfungsaufbaus unzutreffend als Kategorien des materiellen Verwaltungsrechts eingeordnet werden. Dies gilt insbesondere für Abgrenzungen, die allein die Prüfung ordnen bzw. das Verständnis erleichtern sollen, für den rechtlichen Ausgang der Prüfung selbst jedoch unerheblich sind (wie etwa zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolge oder zwischen verschiedenen Fallgruppen von Ermessensfehlern).

717 Entscheidend sind also vornehmlich ein gutes systematisches Verständnis der rechtlichen Grundlagen, auf die sich die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit bezieht, und ein reflektierter Umgang mit den vielfältigen Aufbauvarianten. Dementsprechend ist der weiteren Darstellung der klausurmäßigen Prüfung eine abstrakte Besprechung zu den Grundlagen der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung (Rechtsbindung und Spielräume der Verwaltung) vorangestellt (Rn. 719 ff.), während am Ende Grundüberlegungen zum Prüfungsaufbau und verschiedene Aufbaualternativen vorgestellt und reflektiert werden (Rn. 803 ff.).

718 Der hier zur Gewährleistung einer klaren Orientierung in der Klausurprüfung zur Anfechtungsklage zu Grunde gelegte Prüfungsaufbau hat sich nach meiner Erfahrung in Rechtsanwendung und (insbesondere) Lehre als allgemeine Basis der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung besonders bewährt. Er folgt der grundlegenden Trennung zwischen inhaltlichen Vorgaben und spezifischen Fehlern bei der Inanspruchnahme von Spielräumen und zeichnet sich dadurch aus, dass er einzelne Prüfungspunkte eher isoliert betrachtet und auf übergeordnete Strukturen weitgehend verzichtet. Insbesondere die Unterscheidung zwischen inhaltlichen Vorgaben der Rechtsgrundlage, der allgemeinen Grundsätze und des sonstigen Rechts soll nur eine grobe Ordnung vermitteln, ohne dass es auf eine Zuordnung einzelner Prüfungspunkte (z.B. der Verhältnismäßigkeit) ankommt; in der Prüfung sind diese Gliederungsebenen ohne Weiteres verzichtbar.

Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Inhaltliche Vorgaben (Rn. 756 ff.)

aa) Verwaltungsaktbefugnis (Rn. 760)
bb) Inhaltliche Vorgaben der Rechtsgrundlage (Rn. 761 ff.)
cc) Allgemeine Grundsätze (Rn. 767 ff.)
dd) Sonstige rechtliche Vorgaben (Rn. 782 ff.)

b) Richtiger Adressat (Rn. 790 f.)

c) Spezifische Fehler bei der Inanspruchnahme von Spielräumen (Rn. 792 ff.)

Durch diesen Aufbau wird eine Prüfung nah am Gesetz erleichtert und relativ wenig auf inhaltlich unnötige Abgrenzungen abgestellt. Vor allem ist dieser Aufbau anschlussfähig für Eigenheiten des besonderen Verwaltungsrechts, atypische Prüfungspunkte und alternative Herangehensweisen. Anfänger, die sich diesen Aufbau sicher aneignen, können alternative Herangehensweisen und unbekannte Prüfungspunkte relativ einfach zuordnen. Fortgeschrittene, die sich anhand dieses Aufbaus wiederholend mit der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung auseinandersetzen, können ihr Verständnis auch im Rahmen des von ihnen favorisierten Aufbaus schärfen. D.h. natürlich mitnichten, dass andere Aufbauvarianten hinsichtlich mancher Aspekte und bestimmter Konstellationen nicht vorteilhafter sind, sie können sich in bestimmten Prüfungssituationen sogar aufdrängen. Im Rahmen der weiteren Darstellung wird an den entsprechenden Stellen darauf hingewiesen, wie die Prüfungspunkte in anderen typischen Aufbauvarianten in Bezug genommen werden können.

a) Rechtsbindung und Spielräume der Verwaltung

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Daniel Benrath

719 Anders als Private sind hoheitlich handelnde Behörden umfassend an die Vorgaben des Rechtsstaats gebunden. Für die Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts wird also nicht bloß geprüft, ob das konkrete Verwaltungshandeln einen bestimmten (Verletzungs-)Tatbestand erfüllt (wie etwa im Deliktsrecht oder im Strafrecht), vielmehr muss der Verwaltungsakt insgesamt den vielfältigen gesetzlichen Bindungen inhaltlich entsprechen. Der Rechtsbindung der Verwaltung entspricht es, dass die materielle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts positiv festgestellt werden muss. D.h. jedoch nicht notwendigerweise, dass die juristische Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit die behördliche Entscheidung entlang der gesetzlichen Vorgaben vollständig nachvollzieht. Soweit die handelnde Behörde einen eigenständigen Spielraum bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hat, bleibt die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung auf eine Kontrolle hinsichtlich zur Rechtswidrigkeit führender Fehler beschränkt.

aa) Verwaltung zwischen Rechtsbindung und Spielräumen

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Daniel Benrath

720 In einem Rechtsstaat bedarf jedes staatliche Handeln einer rechtlichen Grundlage (s. dazu näher Rn. 554 ff.).[171] Dementsprechend ist nach Art. 20 III GG die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden. Für die Eingriffsverwaltung verlangen die Grundrechte zudem eine konkrete rechtliche Grundlage. Und selbst im Rahmen der gesetzesfreien Leistungsverwaltung wird, bei allen Streitfragen im Detail, eine rechtliche Anknüpfung verlangt.[172] Die Verwaltung unterliegt also einer umfassenden rechtlichen Bindung. Gleichzeitig braucht eine Verwaltung, die flexibel und angemessen handeln soll, in vielen Bereichen eigenständige Spielräume, die über die bloße innere Organisation hinausgehen und auch das Außenverhältnis zu den Bürgern (und anderen) betreffen.[173] Insbesondere für den Umgang mit komplexen Fällen, die auf der abstrakten gesetzlichen Ebene kaum oder nur unzureichend erfassbar sind, als Reaktion auf unvorhersehbare Entwicklungen und zur Bewältigung einer Vielzahl unterschiedlicher konkreter Einzelfälle vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen und faktischer Möglichkeiten wird den Behörden häufig ein eigenständiger Spielraum eingeräumt.

721 Insbesondere für die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit wird zwischen gebundenen Entscheidungen und Entscheidungen mit Spielräumen (ungebundene Entscheidungen) unterschieden. Gebundene Entscheidungen sind in Anwendung der gesetzlichen Normen eindeutig vorgegeben. Die Behörde setzt in entsprechenden Verwaltungsakten die gesetzlichen Vorgaben nur konkretisierend um. Bei Entscheidungen mit Spielraum bestehen zwar auch gesetzliche Vorgaben zu den Voraussetzungen und den Inhalten des staatlichen Handelns. Jedoch sind hier die Rechtsfolgen aus den Voraussetzungen nicht eindeutig determiniert, vielmehr wird der Behörde ein eigenständiger Spielraum zur Gestaltung ihres Handelns eingeräumt.[174] Auch innerhalb dieses Spielraums handelt die Behörde jedoch nicht ohne rechtliche Bindung.[175] Zum einen unterliegt sie den weiterhin bestehenden inhaltlichen rechtlichen Bindungen als äußere Grenze ihres Spielraums. Zum anderen hat sie (auch wenn der konkrete Inhalt der Entscheidung nicht vorgegeben ist) rechtliche Vorgaben dazu, wie sie ihren Spielraum nutzt, als innere Grenzen des Spielraums zu beachten. Die Gegenüberstellung beider Arten von Grenzen ist für das Verständnis des Verwaltungsspielraum ausgesprochen hilfreich und insbesondere im Zusammenhang mit der gerichtlichen Kontrolle (Stichwort: Ermessensfehlerlehre) relevant. In der juristischen Prüfung kommt es jedoch auf eine Abgrenzung nicht an und auch in der Literaturdiskussion ist die Abgrenzung im Detail weder scharf noch einheitlich.

722 Die äußeren Grenzen des Spielraums beziehen sich (nach dem hier zu Grunde gelegten Verständnis) auf den regelnden Inhalt des Verwaltungsakts. Ein Verwaltungsakt, der die äußeren Grenzen des Spielraums überschreitet, darf so nicht erlassen werden. Ein Spielraum besteht nur innerhalb seiner äußeren Grenzen. Dies betrifft das Überschreiten eines Entscheidungskorridors (Beispiel: Es wird ein Zwangsgeld angedroht, dass über dem gesetzlichen Maximum liegt) ebenso wie Verletzungen rechtlicher Vorgaben gerade durch den konkreten Inhalt des Verwaltungsakts (Beispiel: Die konkrete polizeiliche Maßnahme ist in dieser Situation unverhältnismäßig). Die äußeren Grenzen werden im Rahmen der Ermessensfehlerlehre im Wesentlichen bei der Ermessensüberschreitung angesprochen, können aber auf alle „harten“ inhaltlichen Vorgaben (einschließlich der Tatbestandsmerkmale der Rechtsgrundlage einer Ermessensentscheidung) bezogen werden.

723 Die inneren Grenzen hingegen beziehen sich nicht auf den konkreten Inhalt des Verwaltungsakts, sondern auf die inhaltliche Grundlage des Zustandekommens der konkreten Entscheidung (Beispiele: Berücksichtigung des zu Grunde liegenden Sachverhalts, maßgebliche Gründe, Gewichtung von Interessen). Sie sprechen sozusagen die subjektive Seite der Verwaltungsentscheidung an. Die inneren Grenzen sind strukturell von inhaltlichen gesetzlichen Vorgaben verschieden und die mit ihnen verbundenen spielraumspezifischen Prüfungsschritte sind nur im Rahmen von Entscheidungen mit Spielraum relevant. Diese spielraumspezifische Prüfung ist vor allem im Hinblick auf Fehler sinnvoll erfassbar, insbesondere im Rahmen des Ermessensfehlgebrauchs. Auch wenn sich die inneren Grenzen auf das Zustandekommen des Verwaltungsakts beziehen, sind sie nicht mit den verfahrensrechtlichen Vorgaben gleichzusetzen, die die Abfolge von Verfahrensschritten regeln (und eben nicht die inhaltlichen Grundlagen der Entscheidung).

724 Examenswissen: Die Einräumung von Spielraum für die Behörden unterliegt verfassungsrechtlichen Grenzen. Rechtsstaatlichkeit und demokratische Legitimation stehen einer Ausuferung von Verwaltungsspielräumen entgegen. Auch wenn die Behörden durch die hierarchische Unterordnung unter ihre politisch besetzten Spitzen in die demokratische Legitimationskette integriert sind,[176] muss sichergestellt bleiben, dass die wesentlichen politischen Entscheidungen auf abstrakter Gesetzesebene getroffen werden[177] und die Bürger auf Grund der gesetzlichen Vorgaben das behördliche Verhalten im Voraus abschätzen können[178]. Und das Grundrecht auf gerichtliche Kontrolle aus Art. 19 IV GG darf nicht durch eine Überdehnung nicht justiziabler Spielräume ausgehöhlt werden. Diese verfassungsrechtlichen Grenzen sind bei der materiellen Prüfung zu berücksichtigen. Verstößt die Einräumung eines Spielraums gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben, ist das entsprechende Gesetz nichtig und der entsprechende Verwaltungsakt mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. Vor allem aber sind die verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Auslegung der entsprechenden einen Spielraum einräumenden Regelungen zu berücksichtigen: Der Anwendungsbereich des Spielraums und die rechtlichen Bindungen dieses Spielraums sind vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Grenzen auszulegen, insbesondere bei der Betrachtung von bei der Rechtsetzung unerwarteten Entwicklungen oder Einzelfällen. Würde also die Anwendung des Spielraums auf einen neuen Fall wesentliche politische Fragen berühren und letztlich die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreiten, ist gegebenenfalls eine Auslegung geboten, die die Anwendung ausschließt. Und insbesondere bei der Einräumung eines weiten Spielraums gilt es, die gesetzlichen Bindungen des Spielraums besonders intensiv zu kontrollieren.

725 Die im deutschen Verwaltungsrecht gebräuchlichste und für die juristische Ausbildung relevanteste Form des Verwaltungsspielraums ist der Ermessensspielraum. Das Ermessen bezieht sich auf die Rechtsfolgenseite, also für den Verwaltungsakt auf dessen anordnenden Inhalt. Ist also der Behörde beim Erlass eines Verwaltungsakts Ermessen eingeräumt, kann sie unter den Voraussetzungen und in den sonstigen Grenzen der rechtlichen Vorgaben selbst entscheiden, was genau sie anordnet. Neben dem allgemeinen Ermessen bestehen noch spezielle Ausformungen oder andere Formen des Spielraums, insbesondere der Beurteilungsspielraum, der den Behörden (auf der Tatbestandsseite) einen Spielraum bei der Beurteilung und Einordnung des Sachverhalts gewährt.

726 Während gebundene Entscheidungen vollständig der gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind, das Verwaltungsgericht also die behördliche Entscheidung anhand des von ihm ermittelten Sachverhalts und der rechtlichen Vorgaben vollständig nachvollzieht, unterliegt die Inanspruchnahme von Spielräumen durch die Behörden nur einer reduzierten gerichtlichen Kontrolle. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Eröffnung eines Spielraums direkt jede gerichtliche Kontrolle ausschließt. Neben den voll überprüfbaren gesetzlichen Vorgaben der äußeren Grenze sind die Vorgaben zu den inneren Grenzen des Spielraums im Rahmen der sog. (Ermessens‑)Fehlerlehre zu kontrollieren. Den Gerichten entzogen bleibt insofern jedoch die Frage der sachlichen Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit der konkreten Entscheidung.[179] Diese Frage soll ja gerade die Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Spielraums eigenständig beantworten. Die unabhängigen Gerichte können und dürfen sich insoweit nicht an die Stelle der Verwaltung stellen; sie verwalten nicht.

bb) Gebundene Entscheidungen

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Daniel Benrath

727 Die gebundenen Entscheidungen der Verwaltung sind gesetzlich programmiert. Liegen also die gesetzlichen Voraussetzungen vor, sind die gesetzlichen Rechtsfolgen durch die Behörde anzuordnen. Es gibt also nur eine richtige Entscheidung. Der gebundene Verwaltungsakt ist dann materiell rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder die Entscheidung der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge nicht entspricht. Andersherum ist der Verwaltungsakt materiell rechtmäßig, wenn er hinsichtlich der Voraussetzungen und hinsichtlich der Rechtsfolgen den gesetzlichen Vorgaben entspricht (und zwar auch dann, wenn die Behörde subjektiv Fehler gemacht hat).[180] Das Gericht überprüft also auf Grund des selbst ermittelten Sachverhalts, ob der Verwaltungsakt genau so richtig ergangen ist.

728 Für gebundene Entscheidungen gilt der Anspruch, dass die gesetzlichen Regelungen die maßgeblichen Aspekte des Sachverhalts und mögliche Wertungskonflikte vollständig erfasst und aufeinander bezieht. Weder die handelnde Behörde noch das kontrollierende Gericht muss insofern eigenständige Entscheidungen treffen.

cc) Ermessen

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Einführungsvideo zum Thema Ermessen – Ausübung und Fehler (Dieses Video wurde von den Studenten Nima Fannipour, Jonathan Schmidt und Niclas Schneider im Rahmen des von Dr. Gabriele Buchholtz und Dr. Anika Klafki angebotenen Kurses Peer2Peer Lehrvideos am Lehrstuhl von Prof. Dr. Hermann Pünder an der Bucerius Law School produziert. Dieses Werk ist unter einer Creative-Commons-Lizenz, Namensnennung-Share-Alike 4.0 International Public License (CC BY-SA 4.0), lizenziert.

Daniel Benrath 729 Hat die Behörde einen eigenständigen Spielraum hinsichtlich des Inhalts ihrer Entscheidung, spricht man von Ermessen. Dabei wird zwischen Entschließungs- und Auswahlermessen unterschieden.[181] Das Entschließungsermessen bezieht sich darauf, ob die Behörde überhaupt tätig werden will. Das Auswahlermessen bezieht sich darauf, wie die Behörde tätig werden will. Dies betrifft sowohl die Form des behördlichen Handelns als auch den Inhalt des konkreten Verwaltungsakts. Daneben kann der Ermessensspielraum sich auch auf Aspekte beziehen, die sich nicht ohne weiteres in diese beiden Kategorien einordnen lassen, sowie bei der Auswahl eines Adressaten, wenn mehrere Adressaten in Betracht kommen.

730 Ob die gesetzliche Grundlage einen Ermessensspielraum gewährt, ist durch Auslegung zu bestimmten. Häufig geschieht dies ausdrücklich (Beispiel: § 17 II 1 SGB XII zu Art und Maß der Sozialhilfe) oder auf Grund einer deutlichen Markierung als „Kann“- oder „Soll“-Vorschrift, seltener auch als „Darf“-Vorschrift (s. z.B. zu den Generalklauseln im Polizei- und Ordnungsrecht Rn. 1053 f.). Manchmal ergibt sich die Einräumung eines Ermessensspielraums auch nur durch den systematischen und teleologischen Kontext und muss dementsprechend durch eine Auslegung der entsprechenden Normen bestimmt werden (so etwa bei der aus der Perspektive des Straßenverkehrsteilnehmers formulierten Vorladung zum Verkehrsunterricht nach § 48 StVO).[182]

731 Ermessen ist stets gebundenes Ermessen. Ermessen darf zunächst nur ausgeübt werden, wenn die Voraussetzungen der Ermessensausübung, insbesondere die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage, gegeben sind. Auch die Ermessensausübung selbst unterliegt gesetzlichen Bindungen, die in § 40 VwVfG und entsprechenden Regelungen des Landesrechts verdeutlicht werden: „Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.“ Die Verwaltung ist also an die äußeren Grenzen, die das Gesetz den möglichen Rechtsfolgen abstrakt und für den Einzelfall setzt, gebunden und muss das Ermessen entsprechend dem gewährten Spielraum und dessen Zweck tatsächlich ausüben. Darüber hinaus ist der Gesetzgeber frei, die Behörden in ihrem Spielraum durch weitere Vorgaben zur Ausübung des Ermessens einzuschränken. Die gerichtliche Kontrolle von Ermessensentscheidungen erstreckt sich auf die voll überprüfbaren gesetzlichen Voraussetzungen und daneben hinsichtlich der Rechtsfolgen nach § 114 Satz 1 VwGO auf die Ermessensfehler (hierzu unten Rn. 739 ff.).

732 Examenswissen: Eine besondere Form der Beschränkung des Ermessens stellt das sogenannte intendierte Ermessen dar. Von intendiertem Ermessen wird gesprochen, wenn ein bestimmtes Verhalten der Behörde gesetzlich „intendiert“ ist und ihr ein darüberhinausgehender Ermessensspielraum nur zur Bewältigung ungewöhnlicher Einzelfälle eingeräumt wird. Dies wird in der Regel als „Soll“-Vorschrift verdeutlicht, kann sich aber auch, insbesondere für bestimmte Teilkonstellationen einer breiteren Ermessensvorschrift, aus Telos und Systematik ergeben. So hat die Bauaufsichtsbehörde regelmäßig, auch durch Abrissverfügungen, gegen dauerhafte baurechtswidrige Zustände vorzugehen.[183] Umfang und Folgen intendierten Ermessens sind im Detail streitig.[184] Jedoch ergeben sich hieraus sowohl in Bezug auf die Ermessensfehler als auch in Bezug auf die Begründungspflichten Besonderheiten. So reicht es, wenn die Behörde dem intendierten Ermessen folgen will, im Rahmen der Ermessensausübung in der Regel aus, wenn sich die Behörde mit dem Vorliegen eines besonderen Einzelfalls auseinandersetzt und diesen verneint; auch die Begründung muss hierüber nicht hinausgehen.[185] Das intendierte Ermessen erleichtert also vor allem die Begründung.[186] Demgegenüber stellt es einen Gewichtungsfehler dar, wenn die Behörde das intendierte Verhalten gleichrangig neben andere Verhaltensalternativen stellt.

733 Examenswissen: Die Begrenzung des Spielraums kann so weit gehen, dass trotz eingeräumten Ermessens nur eine behördliche Entscheidung fehlerfrei ergehen kann. Man spricht in diesem Fall von einer Ermessensreduzierung auf Null. In der Anfechtungsklage hat eine solche Konstellation in der Regel keine Konsequenzen, da die materielle Rechtswidrigkeit der konkreten Ermessensentscheidung unabhängig von der Diskussion möglicher Alternativen festgestellt werden kann. Allenfalls für den Fall, dass die Ermessensentscheidung trotz Fehlern dem einzig möglichen fehlerfreien Verwaltungsakt entspricht, werden Konsequenzen für die Begründetheit der Klage diskutiert; sei es, weil parallel zur gebundenen Entscheidung die Rechtswidrigkeit entfiele[187] oder weil (überzeugender) mangels rechtmäßiger Alternativen trotz Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts die Rechtsverletzung zu verneinen sei. Für die Verpflichtungsklage andererseits kann die Ermessensreduzierung auf Null entscheidend dafür sein, ob statt eines regelmäßigen Bescheidungsurteils nach § 113 V 2 VwGO ausnahmsweise auch ein Vornahmeurteil nach § 113 V 1 VwGO in Betracht kommt (s. näher § 3 Rn. 67).[188]

dd) Weitere Spielräume

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Daniel Benrath

734 Der Gesetzgeber kann auch an anderen Stellen als dem rechtsfolgenbezogenen Ermessen ansetzen, um der Verwaltung eigenständige Handlungsspielräume zu überlassen. Auch hierbei sind jedoch die verfassungsrechtlichen Grenzen für die Einräumung von Spielräumen zu beachten. Die wesentliche Vorformung des hoheitlichen Handelns durch die Gesetzgebung darf durch solche Spielräume ebenso wenig hintertrieben werden wie die grundrechtlich gebotene Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes. Dabei kann die Einräumung von Spielraum durch klare äußere wie innere Grenzen kompensiert werden.

735 Insbesondere der Beurteilungsspielraum ist zu erwähnen. Der Beurteilungsspielraum wird den Behörden im Hinblick auf die Subsumtion unter ein Tatbestandsmerkmal eröffnet. Auch Tatsachen können sich im Hinblick auf die wertende Subsumtion einer klaren und eindeutigen Betrachtung durch die Rechtsanwender und insbesondere die Gerichte entziehen. Gerade für komplexe Beurteilungen der Wirklichkeit stehen verschiedene Blickwinkel und fachwissenschaftliche Methoden zur Auswahl, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, ohne dass ohne Weiteres allein eine als richtig und alle anderen als falsch zu identifizieren sind. Der Beurteilungsspielraum ermöglicht es den Behörden, ihre Entscheidung auf die eigene Beurteilung der Fakten zu stützen, die dann auch in der gerichtlichen Kontrolle vorauszusetzen ist. Im deutschen Verwaltungsrecht sind Beurteilungsspielräume, nicht zuletzt wegen der möglichen Gefahren im Hinblick auf gerichtliche Kontrolle und Umgehung rechtlicher Vorgaben,[189] die von einem direkten Zugriff der Verwaltung auf den ihrer Kontrolle zu Grunde liegenden Sachverhalt ausgehen können, selten. Ob ein Beurteilungsspielraum vorliegt, ist durch Auslegung zu bestimmen,[190] wobei der Wortlaut in der Regel nicht weiterhilft. Insbesondere für komplexe fachwissenschaftliche Fragestellungen im Wirtschafts- und Umweltrecht[191] sowie für Entscheidungen weisungsunabhängiger plural besetzter Gremien und Ausschüsse[192] werden Beurteilungsspielräume ins Gespräch gebracht. Jedenfalls sind Beurteilungsspielräume, insbesondere wenn sie sich nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut ergeben, durch entsprechend enge Anforderungen an die Ausübung der Beurteilung als innere Grenzen des Beurteilungsspielraums zu kompensieren.[193] Gegebenenfalls treten in diesen Kontexten auch Aspekte der formellen Rechtmäßigkeit stärker in den Vordergrund. Dem entspricht auch, wenn Einflüsse anderer Rechtsordnungen und insbesondere des Europarechts, die keine der deutschen Verwaltungsrechtslehre entsprechenden Vorbehalte gegenüber Beurteilungsspielräumen haben[194], dafür aber Aspekte der formellen Kontrolle stärker in den Vordergrund stellen, das deutsche Verwaltungsrecht für Beurteilungsspielräume öffnen.[195]

736 Examenswissen: Eine weitere Form des Spielraums findet sich als Bewertungsspielraum im Rahmen von Prüfungen und prüfungsähnlichen Entscheidungen oder etwa beamtenrechtlichen Beurteilungen. Dieser Spielraum ist dadurch geprägt, dass die Bewertung des Sachverhalts und der Inhalt des behördlichen Handelns (insbesondere die Benotung einer Prüfungsleistung) in eins gehen und nicht sinnvoll voneinander getrennt werden können. Die wertende Betrachtung des Sachverhalts dient also nicht nur als tatbestandliche Anknüpfung der behördlichen Entscheidung, sondern fließt unmittelbar in sie ein. Insofern geht der Bewertungsspielraum über einen bloßen Beurteilungsspielraum hinaus, auch wenn er oft als Fallgruppe des Beurteilungsspielraums eingeordnet wird[196]. Auch für den Bewertungsspielraum sind rechtliche Vorgaben als äußere Grenzen zu beachten (wie etwa die Notenskala oder Notenberechnungsregeln), diese sind jedoch in der Regel materiell nebensächlich. Der verfassungsrechtliche Hintergrund, insbesondere Art. 12 GG bei Prüfungen für Berufszulassungen und Art. 33 II, V GG in beamtenrechtlichen Kontexten, verlangt jedoch entgegen der (langlebigen) vorkonstitutionellen Vorstellung auch für Bewertungsspielräume eine klare rechtliche Eingrenzung[197], weshalb die verfahrensrechtliche Einbindung und insbesondere die inneren rechtlichen Grenzen zum Zustandekommen der Bewertung den Mangel an äußeren Grenzen kompensieren. Insofern sind gerade im Bereich von Bewertungen die rechtlichen Vorgaben an die Entstehung bzw. Grundlagen der Entscheidung herauszuarbeiten und anzuwenden, was leider in der Praxis vereinzelt nach wie vor übersehen wird. Diese inneren Grenzen sind im Rahmen der Fehlerlehre gerichtlich voll überprüfbar (hierzu sogleich). Der gerichtlich nicht überprüfbare Bewertungsspielraum beschränkt sich insoweit auf die prüfungs- bzw. bewertungsspezifischen Aspekte.[198]

737 Examenswissen: Zwischen verschiedenen Formen des Spielraums sind zudem Kopplungen denkbar, etwa wenn eine Vorschrift mit Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Tatbestands mit einem Ermessen auf der Rechtsfolgenseite verbunden ist.[199] Die Folgen dieser Kopplungen für die Rechtslage und die rechtliche Prüfung sind für die jeweilige Konstellation zu bestimmen.

738 Hausarbeitswissen: Weitere eigenständig diskutierte Formen des Spielraums sind zudem insbesondere das Planungs- und das Regulierungsermessen. Das Planungsermessen bezieht sich auf die umfassend abwägenden Entscheidungen im Planungsrecht.[200] Das Regulierungsermessen bezieht sich auf die spezifischen Regulierungsentscheidungen der Regulierungsbehörden, die durch komplexe wirtschaftliche Sachverhalte und ein hohes Maß an (oftmals europarechtlich vorgegebener) Unabhängigkeit der Behörde gekennzeichnet sind.[201] Ob es sich hierbei um eigenständige Spielraumkategorien oder bloße Fallgruppen der traditionellen Kategorien mit ausgeprägten Besonderheiten handelt, kann in der Regel offengelassen werden. Ein weiterer Spielraum ergibt sich im Rahmen der exekutiven Rechtsetzung durch Verordnungen und Satzungen[202], der jedoch sehr speziell ausgeprägt ist und daher in der Regel trotz mancher Parallelen unabhängig diskutiert wird; für die Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte ist dieser Spielraum kaum relevant.

ee) Fehlerlehre

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Daniel Benrath

739 Soweit den Behörden Spielräume beim Erlass eines Verwaltungsakts zustehen, sind diese auch in der gerichtlichen Kontrolle zu berücksichtigen. Geht man schon konzeptionell nicht (anders als bei gebundenen Verwaltungsakten) von nur einer rechtmäßigen Entscheidung aus, kann sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf den Nachvollzug der Richtigkeit dieser Entscheidung beschränken. Da die Behörden jedoch auch im Rahmen ihrer Spielräume rechtlichen Bindungen unterliegen, müssen diese gerichtlich überprüfbar sein (vgl. Art. 19 IV GG). An dieser Stelle greift die (Ermessens‑)Fehlerlehre: Nicht das Ergebnis des Verwaltungshandelns wird auf seine Richtigkeit hin überprüft, sondern die rechtlichen Bindungen im Rahmen des Spielraums auf eine Verletzung, also einen Fehler. Dies kommt in § 114 Satz 1 VwGO zum Ausdruck, der die Rechtmäßigkeitsprüfung für Ermessensentscheidungen auch auf Fehler bei der Ermessensausübung erstreckt.

740 Sowie Verwaltungsspielräume an verschiedenen Punkten ansetzen können und zwischen verschiedenen Spielraumtypen unterschieden wird, kann auch zwischen verschiedenen Fehlerlehren unterschieden werden. Die Grundzüge der Prüfungssituation und der Prüfung bleiben zwar die gleichen, jedoch ergeben sich wichtige Unterschiede in Details und Schwerpunkten. Entsprechend der praktischen Bedeutung, steht oftmals der Ermessensspielraum im Zentrum der Betrachtung. An ihm wurde und wird die Fehlerlehre maßgeblich entwickelt.

741 Wichtig für das Verständnis der Fehlerlehre (nicht aber für ihre Anwendung in der Fallprüfung) ist die grundlegende Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Spielraumgrenzen (hierzu oben Rn. 721 ff.). Äußere Grenzen geben den inhaltlichen Rahmen vor, innerhalb derer sich der Verwaltungsakt bewegen muss. Auch wenn die äußeren Grenzen einen Spielraum belassen, sind sie als Grenze strikt. Werden sie überschritten, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig. Werden sie nicht überschritten, liegt kein entsprechender Fehler vor. Strukturell werden sie wie Vorgaben zu gebundenen Entscheidungen geprüft. Die inneren Spielraumgrenzen beziehen sich auf die Entscheidungsfindung durch die Behörde, etwa im Hinblick auf die Berücksichtigung bestimmter Aspekte, die Ermittlung zutreffender Tatsachen oder die gedankliche Umsetzung zur endgültigen Entscheidung. Fehler im Hinblick auf innere Spielraumgrenzen liegen unabhängig vom konkreten Inhalt des Verwaltungsakts vor: Eine Behörde, die auf Grund der Verletzung einer inneren Spielraumgrenze zu einer bestimmten Entscheidung gekommen ist, die damit rechtswidrig ist, kann bei Wiederholung der Entscheidung ohne entsprechenden Fehler zu genau der gleichen Entscheidung kommen, die dann aber rechtmäßig ist. Insofern handelt es sich in Bezug auf die inneren Grenzen um spezifische (Ermessens‑)Fehler bei der Inanspruchnahme von Verwaltungsspielräumen.

742 Examenswissen: Die Fehlerlehre bezieht sich im Wesentlichen auf den Umfang der gerichtlichen Kontrolle gegenüber einem Verwaltungsspielraum. Sie ersetzt die gerichtliche Vollkontrolle hinsichtlich des Inhalts. Diese besondere Form der gerichtlichen Kontrolle beschränkt sich jedoch allein auf den Spielraum der Verwaltung. Außerhalb des Spielraums (und damit auch in Bezug auf die äußeren Grenzen des Ermessens) bleibt es bei der vollen Kontrolle. Auch im Rahmen der Fehlerkontrolle selbst unterliegen die jeweiligen rechtlichen Bindungen uneingeschränktem richterlichem Zugriff, so etwa im Hinblick auf die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung.

743 Examenswissen: Dem Umfang der gerichtlichen Kontrolle entspricht die Begründungspflicht, wie sie in § 39 VwVfG ausgestaltet ist. Die Begründung des Verwaltungsakts soll den Rechtsschutz gegen den Verwaltungsakt ermöglichen.[203] Dementsprechend muss die Begründung so angelegt sein, dass die wesentlichen der gerichtlichen Kontrolle zugänglichen Aspekte auch tatsächlichen gerichtlich überprüfbar sind. Bei Entscheidungen mit Spielraum, die der Fehlerkontrolle unterliegen, bedarf es also entsprechender Ausführungen zu den inneren Grenzen des Spielraums, da eine inhaltliche Kontrolle anhand des Tenors insoweit ausgeschlossen ist.[204] Als Faustformel lässt sich sagen, dass ein weiter Spielraum mit einer intensiveren spezifischen Fehlerkontrolle verbunden ist und eingehenderer Begründungen bedarf. Ist eine umfassende gerichtliche Prüfung anhand der Begründung nicht möglich, liegt ein heilbarer Formfehler vor, der (vorerst) zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führt. Besonders plastisch wird dies im Prüfungsrecht und gerade bei besonders komplexen juristischen Prüfungen: Der weitgehende Prüfungsspielraum der Prüfer unterliegt vielfältigen inneren Grenzen (hierzu Rn. 751 ff.), deren Einhaltung durch das Bewertungsgutachten als Begründung voll überprüfbar sein muss; die damit einhergehenden Anforderungen an das Gutachten lassen sich tatsächlich im Alltagsbetrieb kaum flächendeckend erfüllen, so dass dem Überdenkungsverfahren zur Gewährleistung auch formell rechtmäßiger Prüfungsentscheidungen eine herausgehobene Bedeutung zukommt, was dann allerdings auch in der entsprechenden Kostenentscheidung zum entsprechenden Widerspruch zu berücksichtigen ist.

(1) Ermessensspielraum

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Daniel Benrath

744 Die Fehlerlehre findet allein für den Ermessensspielraum allgemeine gesetzliche Anknüpfungspunkte. In § 114 Satz 1 VwGO heißt es: „Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.“ Ferner führt § 40 VwVfG aus: „Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.“ Diese Anknüpfungen bleiben jedoch vage, insbesondere der Verweis auf die gesetzlichen Grenzen erfasst umfassend und somit ohne Trennschärfe jede Art von Ermessensfehler. Demgegenüber ist der Verweis auf die Zweckverfehlung eine bloße Klarstellung, die die besondere Bedeutung der von der Verwaltung verfolgten Zwecke betont.

745 Angelehnt an die gesetzlichen Anknüpfungspunkte werden verschiedene Fallgruppen von Fehlern unterschieden. Diese Fallgruppen sind weder abschließend noch – entsprechend der Vagheit der gesetzlichen Anknüpfungspunkte – trennscharf. Die unterschiedlichen Definitionen und Ausgestaltungen der verschiedenen Fallgruppen in der Literatur sind kein Ausdruck einer inhaltlichen Debatte, sondern entsprechen lediglich unterschiedlichen Vorstellungen zur sinnvollen Kommunikation der wesentlichen Aspekte der Ermessensfehlerlehre. Trotz der markanten Unterschiede im Detail, besteht große Einigkeit hinsichtlich des Kernbestands von Fallgruppen und des Umfangs möglicher Fehler.

  • Ermessensnichtgebrauch: Unter Ermessensnichtgebrauch (oder Ermessensunterschreitung) versteht man den Fall, dass die Behörde trotz Einräumung eines Ermessensspielraum auf eine eigenständige Entscheidung hinsichtlich der Rechtsfolgen verzichtet, insbesondere weil sie nicht erkennt, dass ihr ein Entscheidungsspielraum verbleibt, und stattdessen von einer gebundenen Entscheidung ausgeht. Liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor, kann die Behörde nicht die inneren Bindungen der Ermessensausübung beachten; insofern handelt es sich um einen Unterfall des Ermessensfehlgebrauchs, der jedoch auf Grund seiner faktischen Bedeutung und der besonderen konzeptionellen Herausforderungen sinnvoll als eigene Fallgruppe behandelt werden kann. Von Ermessensnichtgebrauch kann auch dann gesprochen werden, wenn nur Teile des Spielraums verkannt wurden, im Übrigen aber Ermessen ausgeübt wurde. Das Gegenstück, also die Ausübung von Ermessen trotz insoweit gesetzlicher Bindung, stellt keinen Ermessensfehler dar: Hier kommt es allein auf die inhaltliche Richtigkeit des Ergebnisses an.
  • Ermessensfehlgebrauch: Im Kern verweist der Ermessensfehlgebrauch darauf, dass das Ermessen nicht im Sinne seines Zwecks ausgeübt wird. Neben einem echten Ermessensmissbrauch, bei dem ein sachfremder Zweck verfolgt wird (Beispiel: Der Bürgermeister erlässt eine Nutzungsuntersagung gegenüber einer formell baurechtswidrigen Nutzung eines Gebäudes, weil die Stadt das Gebäude selbst nutzen will), fallen hierunter auch Fälle, in denen neben zweckgemäßen Zielen auch einzelne Ziele verfolgt werden, die nicht dem Ermessenszweck entsprechen, oder in denen ein Zweck nicht verfolgt wurde, obwohl er in die Ermessensausübung einzustellen gewesen wäre (Beispiel: Bei der Erlaubnis einer Straßensondernutzung in der Fußgängerzone wird allein die Beeinträchtigung des Verkehrsflusses, nicht aber die Beeinträchtigung des Verkehrsraums als Kommunikations- und Begegnungsraums berücksichtigt). Darüber hinaus soll hier unter Ermessensfehlgebrauch jede Verletzung der inneren Grenzen des Ermessens verstanden werden. Hierzu fallen dann auch Fehler in der Ermittlung des zu Grunde liegenden Sachverhalts (einschließlich einer nicht ausreichenden Ermittlung der maßgeblichen Umstände), die Nichtberücksichtigung zu berücksichtigender Aspekte (Abwägungsdefizit), oder Gewichtungsfehler (Beispiele: Die Behörde hält den Abriss eines baurechtswidrigen Gebäudes entgegen des intendierten Ermessens für eine besonders begründungsbedürftige Ausnahmemaßnahme; im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme geht die Polizei davon aus, dass von der Berufsfreiheit geschützte geschäftliche Interessen gegenüber der freien Meinungsäußerung stets zurückzutreten hätten bzw. vorrangig zu berücksichtigen seien). Zur Erinnerung: Die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts als solches ist nicht als Ermessensfehlgebrauch zu prüfen, da insoweit die Verwaltung ihren Spielraum in Anspruch nimmt und gerichtlich nicht überprüft wird.
  • Ermessensüberschreitung: Unter Ermessensüberschreitung versteht man Entscheidungen, die über den gesetzlichen Ermessensrahmen hinausgehen. Hier soll unter Ermessensüberschreitung die Verletzung äußerer Ermessensgrenzen verstanden werden. Insofern handelt es sich bei Fällen der Ermessensüberschreitung nicht um spezifische Ermessensfehler. Vielmehr wird der konkrete Verwaltungsakt von den gesetzlichen Vorgaben inhaltlich nicht gedeckt. So verstanden, unterliegt die Ermessensüberschreitung der vollen gerichtlichen Kontrolle. Diese liegt insbesondere vor, wenn der gesetzliche Rahmen möglicher Rechtsfolgen überschritten wird, aber auch wenn bei Abwägung der verschiedenen Interessen im Einzelfall eine Position unverhältnismäßig belastet wird. Die allgemeinen Grundsätze und insbesondere die Verhältnismäßigkeit können als äußere Ermessensgrenze im Rahmen der Ermessensüberschreitung geprüft werden sowie (entsprechend dem hier gewählten Aufbau) alle Aspekte der Ermessensüberschreitung als eigenständige Prüfungspunkte außerhalb des Ermessens angesprochen werden können.

(2) Beurteilungsspielraum und Bewertungsspielraum

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Daniel Benrath

746 Für die Beurteilungsfehlerlehre fehlt eine vergleichbare allgemeine gesetzliche Anknüpfung. Die Grundsituation entspricht jedoch für Sachverhaltseinschätzungen im Rahmen eines Beurteilungsspielraums der des Ermessens. Dementsprechend lassen sich die Grundzüge der Ermessensfehlerlehre einschließlich der Fallgruppen auf Beurteilungsspielräume übertragen. Ein Beurteilungsnichtgebrauch liegt demnach vor, wenn die Verwaltung nicht erkennt, dass ihr ein Beurteilungsspielraum zusteht und sie demensprechend ohne eigene Beurteilung von einem bestimmten Sachverhalt ausgeht. Ein Beurteilungsfehlgebrauch liegt vor, wenn die inneren Grenzen des Beurteilungsspielraums verletzt werden, also die Grundlage der Beurteilung fehlerhaft ist. Von einer Beurteilungsüberschreitung kann gesprochen werden, wenn die äußeren Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten werden und eine rechtlich nicht zulässige Beurteilung gewählt wird.

747 Gleichwohl führt die eigenständige Konstellation des Beurteilungsspielraums zu deutlichen Besonderheiten gegenüber der Ermessensfehlerlehre. So spielt die Verletzung äußerer Grenzen im Rahmen der Sachverhaltsbeurteilung eine allenfalls untergeordnete Rolle, während die inneren Grenzen in Bezug auf das Zustandekommen der Beurteilung in den Vordergrund rücken und eigene Schwerpunkte bilden.

748 Durch die Spielräume bei der Beurteilung des Sachverhalts sind insbesondere an die Ermittlung und Beurteilung des Sachverhalts besondere Anforderungen gerichtet. Die Verwaltung muss auch beim Beurteilungsspielraum den der Beurteilung zu Grunde liegenden (und damit dem Spielraum entzogenen) Sachverhalt zutreffend und angemessen gründlich ermitteln.

749 Die Beurteilung dieses Sachverhalts muss sich dann einer nachvollziehbaren und vertretbaren Methodik bedienen. Fehler bei der Bildung oder bei der Anwendung der Beurteilungsmethodik stehen häufig im Zentrum der Kontrolle (während Fragen der Methodik im Rahmen des Ermessens in der Regel keine Rolle spielen). Insbesondere dürfen auch bei der Inanspruchnahme des Beurteilungsspielraums keine sachfremden Erwägungen einbezogen werden.

750 Zudem können gerade in Beurteilungskonstellationen Verfahrensfragen jenseits der formellen Rechtmäßigkeit relevant werden und als Beurteilungsfehlgebrauch durchschlagen: Soweit das Verfahren die Perspektive der Verwaltung ausrichtet, die Fairness der Beurteilung sicherstellen soll oder gar die Berücksichtigung besonderer fachlicher Kompetenz oder pluraler Entscheidungsfindung orchestriert, können Fehler im Verfahren nicht nur (heilbare) Verfahrensfehler, sondern auch materielle Beurteilungsfehler sein, da sie die inhaltlichen Grundlagen der Entscheidung prägen.

751 Examenswissen: Auch zum Bewertungsspielraum fehlt es an allgemeinen gesetzlichen Anknüpfungspunkten zur Fehlerlehre, sind aber die Grundzüge der Ermessensfehlerlehre mit Anpassungen übertragbar. Da der Bewertungsspielraum sowohl Sachverhaltsaspekte als auch Rechtsfolgen erfasst, erscheint die Bewertungsfehlerlehre in vielerlei Hinsicht als Mischung zwischen Ermessens- und Beurteilungsfehlerlehre, weist aber auch eigenständige Schwerpunkte auf. Ähnlich wie bei Beurteilungsspielräumen steht der Bewertungsfehlgebrauch im Hinblick auf innere Grenzen des Bewertungsspielraums im Vordergrund der Kontrolle. Ein Bewertungsnichtgebrauch kommt allenfalls in Betracht, wenn die Verwaltung irrig davon ausgeht, dass ihr Bewertungsrahmen beschränkt ist (Beispiel: Ein Prüfer geht davon aus, dass ein bestimmter Fehler ohne Rücksicht auf die weitere Prüfung zu einem Nichtbestehen führen muss), was aber regelmäßig auch im Rahmen der Bewertungsgrundsätze angesprochen werden kann. Die Verletzung äußerer Grenzen ist im Hinblick auf die Rechtsfolgen möglich, spielt aber in der Regel keine Rolle (Beispiel: Ein Prüfer geht von einer falschen Notenskala aus und vergibt eine nicht vorgesehene Note).

752 Examenswissen: Im Rahmen des Bewertungsfehlgebrauchs sind insbesondere Fehler in der Ermittlung des der Bewertung zu Grunde liegenden Sachverhalts zu berücksichtigen. Eine Sachverhaltsermittlung ist schon dann fehlerhaft, wenn nicht alle zur Bewertung maßgeblichen Aspekte erfasst werden (Beispiel: Ein Dienstzeugnis nimmt trotz häufiger Auswärtstätigkeit nur das Verhalten im Büro in den Blick). Zudem ist gerade im Rahmen von Prüfungsentscheidungen zwischen den fachlichen Beurteilungen, die nicht in den Bewertungsspielraum fallen und (gegebenenfalls durch die Hinzuziehung von Sachverständigen) vollumfänglich gerichtlich überprüfbar sind, und deren prüfungsspezifischen Bewertungen zu unterscheiden.[205]

753 Examenswissen: Ähnlich wie bei Beurteilungsfehlern die Methodik sind im Rahmen des Bewertungsfehlgebrauchs ferner die Bewertungsgrundsätze in den Blick zu nehmen. Zwar lassen sich für im Kern subjektive Bewertungen keine vergleichbaren Fachmethodiken entwickeln (und überprüfen), aber auch das Vorgehen der Verwaltung bei Bewertungen muss systematisch, in sich schlüssig und dem Bewertungszweck angemessen sein. Ein Verstoß gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze oder ein widersprüchlicher Zugang zur Bewertung sind daher Bewertungsfehler. Eng damit verbunden ist es zudem der Verwaltung verboten, sachfremde Erwägungen in die Bewertung einfließen zu lassen, wobei im schulischen Bereich eine Vielzahl pädagogischer Aspekte mitberücksichtigt werden kann[206]. Im Hinblick auf den Bewertungszweck, muss das Vorgehen der Verwaltung geeignet sein, einigermaßen sicher den mit der Bewertung verfolgten Zweck auch tatsächlich zu erreichen (Beispiel: Eine Prüfungsfrage ist so missverständlich gestellt, dass nur zufällig die „richtige“ Aufgabe bearbeitet wird, so dass die Bearbeitung wenig über die geprüfte Kompetenz aussagen kann).[207] Hierzu ist auch notwendig, dass die Verwaltung den verfolgten Zweck entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in ihre Bewertung einfließen lässt; gelingt es schon nicht, die gesetzlichen Vorgaben richtig zu erfassen und in Beziehung zu setzen, handelt es sich um einen Gewichtungsfehler.

754 Examenswissen: Auch beim Bewertungsfehlgebrauch können zudem Verfahrensfehler als materielle Bewertungsfehler durchschlagen. Soweit das Verfahren eine einheitliche und aussagekräftige Bewertungssituation und ‑perspektive sicherstellen soll, schlagen Verstöße unmittelbar auf die durch die subjektive Perspektive geprägte Bewertung durch (wobei im Prüfungsrecht im Hinblick auf Verfahrensfehler oftmals Rügeobliegenheiten bestehen, die eine nachträgliche Geltendmachung ausschließen[208]). Bewertungsfehler ergeben sich auch daraus, dass die Verwaltung ihr Verfahren nach sachwidrigen Kriterien ausgestaltet (Beispiel: Die Prüfer kürzen eine mündliche Prüfung massiv ab, da sie schon aus anderen Prüfungsabschnitten ein abschließendes Bild zu den Fähigkeiten gewonnen zu haben glauben).

755 Examenswissen: Im Prüfungsrecht entspricht der weite Bewertungsspielraum der Prüfer einem engmaschigen Netz innerer Grenzen. Dabei sind diese keine vernachlässigbaren Formalismen, sondern stellen den Grundrechtsschutz der Geprüften und vor allem die Zweckerreichung des Prüfungsverfahrens sicher. Der vielfältigen inneren Grenzen ihres Spielraums sind sich die Prüfer, die sich in erster Linie durch ihre fachliche Kompetenz und Erfahrung auszeichnen, jedoch nicht immer vollumfänglich bewusst. Gerade in einem System der Laienprüfer, wie es sich etwa in den juristischen Staatsprüfungen wiederfindet, besteht oftmals eine deutliche Lücke zwischen den rechtlichen Anforderungen an die Prüfung und den diesbezüglichen Kompetenzen der Prüfer; insbesondere werden oftmals der Umfang des prüfungsspezifischen Spielraums im Hinblick auf Fachfragen über- und die Bedeutung eines stringent an den gesetzlichen Vorgaben ausgerichteten Bewertungssystems unterschätzt. Dies ist bis zu einem gewissen Grad auch gewünscht und sachgerecht, da man die fachliche Expertise und gewollt subjektive Einschätzung nicht durch prüfungsbezogene Instruktionen überformen möchte. Der damit einhergehenden gesteigerten Verantwortung in der vorgerichtlichen Rechtskontrolle von Prüfungen werden jedoch ausgerechnet manche Justizprüfungsämter nicht immer gerecht.

b) Inhaltliche Vorgaben an die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts

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Daniel Benrath

756 Jeder Verwaltungsakt muss inhaltlich den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Gebundene Entscheidungen müssen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und Verwaltungsakte mit Spielraum müssen sich inhaltlich im Rahmen der äußeren Grenzen des gesetzlichen Spielraums halten. Für gebundene Entscheidungen erfolgt diese Prüfung also in gleicher Weise wie für Entscheidungen mit Spielraum.

757 In der Struktur der Prüfung ergeben sich für die inhaltlichen Vorgaben keine Unterschiede. Sowohl hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale als auch hinsichtlich inhaltlicher Vorgaben an die Rechtsfolgen, insbesondere bezüglich der äußeren Grenzen des Ermessens, ist zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt inhaltlich den jeweiligen Vorgaben entspricht. Es handelt sich insofern um eine klassische Subsumtion. Jedenfalls in der Perspektive der Anfechtungsklage bedarf es insoweit keiner weiteren Abgrenzung. Gleichwohl bleibt es jedem Rechtsanwender unbenommen, zur Ordnung des eigenen Gedankengangs weitere Kategorien einzuführen.

758 Auch wenn die Prüfung der inhaltlichen Vorgaben strukturell simpel ist, ist die konkrete Prüfung der inhaltlichen Vorgaben weder sonderlich formalistisch noch trivial. Die gesetzlichen Vorgaben bedürfen der mitunter anspruchsvollen und wertenden Auslegung. Dies betrifft insbesondere sog. unbestimmte Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe (Beispiele: Unzuverlässigkeit nach § 35 I GewO, konkrete Gefahr im Polizei- und Ordnungsrecht) zeichnen sich durch ihre unscharfe, oft stark auf Wertungen abstellende Ausgestaltung aus. Ihre Auslegung und gerade ihre Anwendung sind dementsprechend von großer Unsicherheit und wertender Abwägung geprägt. Gleichwohl eröffnen sie nach heute allgemeiner Ansicht nicht ohne weiteres Spielräume der Verwaltung.[209] Die Behörde ist im Rahmen ihrer gesetzlichen Bindung – sowohl bei gebundenen Entscheidungen als auch Entscheidungen mit Spielraum – angehalten, die unbestimmten Rechtsbegriffe richtig auszulegen und anzuwenden, und unterliegt diesbezüglich der vollen Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte. Auch die systematische Einbettung ist zu berücksichtigen und gegebenenfalls sind teleologische Reduktionen und andere Korrekturen im Einzelfall vorzunehmen.

759 Zudem ist bei der Prüfung der inhaltlichen Voraussetzungen ggf. ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung zu berücksichtigen. Soweit der Verwaltung ein Beurteilungsspielraum zusteht, was durch eine entsprechende Auslegung zu bestimmen ist, ist bei der Subsumtion unter die entsprechenden inhaltlichen Vorgaben (innerhalb der gesetzlichen Grenzen) die Beurteilung des Sachverhalts durch die Verwaltung zu Grunde zu legen. Dann aber können sich bei der Inanspruchnahme des Beurteilungsspielraums spezifische Fehler hinsichtlich der inneren Grenzen des Beurteilungsspielraums ergeben, die an der entsprechenden Stelle eigenständig zu prüfen sind.

aa) Verwaltungsaktbefugnis

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Daniel Benrath

760 Im Rahmen einer Anfechtungsklage muss dem angegriffenen Verwaltungsakt eine sogenannte Verwaltungsaktbefugnis zu Grunde liegen. Ein Verwaltungsakt kann nicht rechtmäßig sein, wenn die Behörde gar nicht die Befugnis hat, einen Verwaltungsakt als eigenständig vollstreckbaren hoheitlichen Befehl zu erlassen. In der Regel wird die Verwaltungsaktbefugnis ausdrücklich gewährt oder ergibt sich deutlich aus dem Zusammenhang, insbesondere wenn die Rechtsgrundlage allgemein Maßnahmen zulässt und erkennbar (zumindest auch) auf Verwaltungsakte ausgerichtet ist. Eine eigenständige Erwähnung ist in typischen Konstellationen regelmäßig verzichtbar. Eingehendere Prüfungen können jedoch im Einzelfall geboten sein, insbesondere wenn sich der Sachverhalt im Grenzbereich zu privat-rechtlichem Handeln der Behörde bewegt (z.B. Verträge, Zahlungsansprüche gegenüber Beamten, Rückforderung eines privat-rechtlich ausgestalteten Darlehens).[210] Die Verwaltungsaktbefugnis kann auch bereits im Rahmen der Rechtsgrundlage angesprochen werden und bedarf dann insoweit keiner weiteren Erwähnung im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit (s. Rn. 520).

bb) Inhaltliche Vorgaben der Rechtsgrundlage

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Daniel Benrath

761 Die konkrete Rechtsgrundlage des Verwaltungsakts ist (in der Regel) der zentrale Anknüpfungspunkt der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung. Die Rechtsgrundlage gibt sowohl die Voraussetzungen des staatlichen Handelns als auch den geforderten bzw. möglichen Inhalt vor, also Tatbestandsmerkmale und inhaltliche Vorgaben zur Rechtsfolge. Insofern ist die Rechtsgrundlage auszulegen. Gegebenenfalls können sich aus der (insbesondere systematischen) Auslegung auch ungeschriebene Vorgaben zur konkreten Rechtsgrundlage ergeben. Soweit inhaltliche Vorgaben der Rechtsgrundlage schon im Rahmen der Auswahl der Rechtsgrundlage abschließend angesprochen wurden, sind sie an dieser Stelle nicht wieder aufzugreifen.

762 Die konkrete Rechtsgrundlage ist hierbei weit zu verstehen. Sie umfasst neben der konkreten Norm mit ihrem Tatbestand und ihrer Rechtsfolgenanordnung auch allgemeine Vorgaben des entsprechenden Gesetzes. So ist der Anwendungsbereich des Gesetzes grundsätzlich für jede einzelne Maßnahme zu berücksichtigen, auch wenn er nur allgemein geregelt wird. Aber auch darüber hinaus können allgemeine Regelungen Voraussetzungen postulieren oder die Rechtsfolge beschränken.

763 Typischerweise können die konkreten gesetzlichen Vorgaben neben speziellen Tatbestandsmerkmalen und inhaltlichen Vorgaben zur Rechtsfolge den Anwendungsbereich des Gesetzes bzw. des Rechtsbereichs erfassen. Zudem sind, soweit diese anders als hier nicht als eigenständige Prüfungspunkte angesprochen werden, Vorgaben zur Handlungsform und zu den Adressaten zu beachten.

764 Für gebundene Entscheidungen sind die Vorgaben der Rechtsgrundlage sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtsfolgenseite in der Regel der Kern der Prüfung. Weitere inhaltliche Vorgaben sind demgegenüber typischerweise eher am Rande relevant. Auch für Verwaltungsakte mit Spielraum hat die Prüfung der konkreten Rechtsgrundlage eine herausgehobene Bedeutung, jedoch spielen hier öfter auch sonstige Vorgaben eine größere Rolle.

cc) Allgemeine Grundsätze

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Daniel Benrath

765 Neben den Vorgaben der Rechtsgrundlage sind allgemeine Grundsätze zu berücksichtigen, die insbesondere im Rahmen von Ermessensentscheidungen regelmäßig relevant werden. Sie stellen keine positiv zu bejahenden Voraussetzungen eines rechtmäßigen Verwaltungsakts dar und sind daher nur anzusprechen, wenn ein Verstoß gegen die Grundsätze in Betracht kommt.

766 Mitunter sind die hier genannten Rechtsgedanken auch speziell normiert. In diesem Fall sind die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben zwingend zu prüfen. Es bedarf dann aber üblicherweise keiner eigenständigen Prüfung des allgemeinen Grundsatzes.

(1) Verhältnismäßigkeit

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Daniel Benrath

767 Die Verhältnismäßigkeit kann in der Prüfung in unterschiedlichen Kontexten aufgeworfen werden. Zunächst wird aus dem Rechtsstaatsprinzip der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hergeleitet,[211] der eine verhältnismäßige Relation zwischen dem Zweck und den Mitteln staatlichen Handelns verlangt und in der konkreten Prüfung über den verfassungsrechtlichen Rahmen hinaus durch die spezifische gesetzliche Ausgestaltung der Zweck-Mittel-Relation (etwa im Hinblick auf Ermessen und Ermessenszweck) inhaltlich geformt wird. Zudem ist bei grundrechtlichen Eingriffen, die in der Regel zumindest im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG vorliegen, zu prüfen, ob die Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs im Rahmen der Schranken-Schranken der Verhältnismäßigkeit genügt. Schließlich kann das Verhältnismäßigkeitsgebot einfachgesetzlich angeordnet und ausgestaltet sein.

768 In der Regel reicht es aus, im Rahmen der verwaltungsrechtlichen materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung nur einmal die Verhältnismäßigkeit anzusprechen. Ein positiviertes Verhältnismäßigkeitsgebot ist grundsätzlich vorrangig zu prüfen, wobei die anderen Kontexte der Verhältnismäßigkeit, also allgemeiner Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs, in diese Prüfung zu integrieren sind. Auch wenn das Verhältnismäßigkeitsgebot nicht positiviert ist, reicht es oftmals aus, nur den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anzusprechen und die grundrechtlichen Aspekte im Rahmen dieser Prüfung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ermessensentscheidungen gibt der Zweck des Spielraums einen sinnvollen Anknüpfungspunkt der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Einzelnen vor, ohne die Berücksichtigung von Grundrechtseingriffen zu sperren. Allerdings kann es insbesondere im Verhältnis zum allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch sinnvoller sein, die Prüfung spezifischer Grundrechte in den Vordergrund zu stellen. Zwar lässt sich in einer Grundrechtsprüfung der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kaum einbinden. Steht aber die mögliche Verletzung eines oder mehrerer bestimmter Grundrechte im Vordergrund, kann die spezifische Prüfung im Hinblick auf diese Grundrechte deutlich konturierter und zielführender sein. Für eine darüberhinausgehende Prüfung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besteht dann oftmals kein weiterer Anlass. Der Aufbau der Prüfung ist insofern nicht allgemein vorgegeben.

769 Auch für die Verortung der Verhältnismäßigkeit innerhalb des Prüfungsaufbaus bestehen mehrere Alternativen, was gerade bei Anfängern zu erheblichen Verwirrungen führen kann. Während hier die Verhältnismäßigkeit im Rahmen der inhaltlichen Vorgaben (insbesondere als äußere Grenze des Ermessens) angesprochen wird, lässt sich die Verhältnismäßigkeit bei einer eigenständigen Prüfung von Ermessenfehlern als Fall der Ermessensüberschreitung ansprechen. Möglich ist schließlich sogar, die Verhältnismäßigkeit erst nach den Ermessensfehlern anzusprechen, jedoch sollten in diesem Fall aus Gründen der Stringenz und Nachvollziehbarkeit in der gutachterlichen Entwicklung deutlich werden, dass die Verhältnismäßigkeit nicht schon im Rahmen des Ermessens angesprochen wird. Inhaltlich ergeben sich aus der Verortung der Prüfung keine Konsequenzen.

770 Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er unverhältnismäßig ist; sei es wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wegen der Verletzung eines Grundrechts oder wegen des Überschreitens des gesetzlichen Rahmens. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit folgt dabei in jedem Fall grob dem aus der Grundrechtsdogmatik bekannten Schema: (1) Verfolgung eines legitimen Zwecks, (2) Geeignetheit des eingesetzten Mittels zur Erreichung des Zwecks, (3) Erforderlichkeit des eingesetzten Mittels in dem Sinne, dass kein gleich wirksames (oder nicht anderweitig nachteiliges) alternatives Mittel zur Verfügung steht, dass weniger belastend ist, und (4) keine Unangemessenheit im Hinblick auf die Zweck-Mittel-Relation.[212] Die Ausgestaltung der Prüfung im Einzelnen hängt von dem jeweiligen rechtlichen Anknüpfungspunkt und dem jeweiligen Prüfungskontext ab. So ist der legitime Zweck zum Zeitpunkt der Prüfung der Verhältnismäßigkeit oft bereits gesichert und bedarf keiner eigenständigen Erörterung. Und positivierte Verhältnismäßigkeitsgebote geben der Prüfung oft einen eigenen Rahmen, mitunter mit Modifikationen des allgemeinen Schemas. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltung nicht die gleiche Einschätzungsprärogative zu Geeignetheit und Erforderlichkeit zukommt wie dem Gesetzgeber, vielmehr sind hier die entsprechenden Vorgaben des Gesetzgebers nachzuvollziehen.

771 Hausarbeitswissen: Zur Verhältnismäßigkeit bei gebundenen Entscheidungen hat sich eine eigentümliche verwaltungsrechtswissenschaftliche Diskussion entwickelt.[213] Während Teile von Literatur und Rechtsprechung die Verhältnismäßigkeit der konkreten Entscheidung auch im Rahmen gebundener Entscheidungen prüfen wollen,[214] trifft diese Position auf entschiedene Kritik verschiedener Literaturstimmen. Die kritischen Stimmen halten eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei fehlendem Ermessensspielraum für verfehlt, da (im Wesentlichen) eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall der gesetzlichen Grundentscheidung für eine gebundene Entscheidung entgegenstünde und bei fehlender Verhältnismäßigkeit schon die gesetzliche Grundlage verfassungswidrig sei.[215] Auch wenn dieser Streit für die Rechtswidrigkeit des entsprechenden Verwaltungsakts unerheblich ist, hat er erhebliche prozessuale Folgen in der Anfechtungsklage: Die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage kann das Fachgericht nicht ohne weiteres feststellen, sondern muss gemäß Art. 100 I GG das Gesetz zur konkreten Normenkontrolle dem BVerfG vorlegen, während die Unverhältnismäßigkeit bloß des konkreten Verwaltungsakts keine Vorlage verlangt.[216] Rein dogmatisch kann der Ausschluss der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall für gebundene Entscheidungen nicht überzeugen. Denn nicht jeder (zufällige) Konflikt im Einzelfall zwischen einer gesetzlichen Norm wie der Rechtsgrundlage und einer Verfassungsnorm wie dem Rechtsstaatsprinzip oder den Grundrechten führt zur Nichtigkeit der gesamten gesetzlichen Norm.[217] Vielmehr kann es sich um einen bloßen Normenkonflikt handeln, der zu Gunsten des Verfassungsrechts aufgelöst wird (lex superior derogat lex inferiori, Art. 1 III GG). Ein einfaches Gesetz ist nur insgesamt nichtig, wenn es auch auf abstrakter Ebene gegen die Verfassung verstößt.[218] Dementsprechend wird auch in der grundrechtlichen Prüfung einer staatlichen Maßnahme im Einzelfall zwischen der Grundrechtsverletzung der Rechtsgrundlage und der Grundrechtsverletzung im Einzelfall unterschieden. Ein Spielraum der Verwaltung oder gar der Gerichte ist damit nicht eröffnet: Nur wenn der gebundene Verwaltungsakt im Einzelfall wegen Unverhältnismäßigkeit verfassungswidrig ist, ist er rechtswidrig; einen verhältnismäßigen gebundenen Verwaltungsakt muss die Verwaltung erlassen. Gleichwohl ist die grundsätzliche Stoßrichtung der Kritik bedenkenswert. Für eine Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei gebundenen Entscheidungen bleibt nur wenig Raum, da die Zweck-Mittel-Relation gesetzlich vorgegeben ist und eine eklatante Abweichung im Einzelfall von der gesetzlich vorgesehenen Zweck-Mittel-Relation, die erst eine Unverhältnismäßigkeit im Einzelfall trotz verhältnismäßiger Rechtsgrundlage möglich erscheinen lässt, in der Regel bereits auf Auslegungsebene (ohne Blick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben) eine teleologische Reduktion erfordert. Allenfalls im Hinblick auf einzelne Grundrechte bleibt die Verhältnismäßigkeitsprüfung für gebundene Entscheidungen praktisch relevant. Und auch in diesen Fällen bedarf es einer genauen Prüfung, ob der konkrete grundrechtliche Konflikt nicht bereits auf der abstrakten Ebene angelegt ist und zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage führt[219]; jedenfalls wäre es verfehlt, wenn die unabhängigen Fachgerichte mit einem lapidaren Verweis auf die Prüfung des Einzelfalls die gesetzlichen Wertungen aushöhlen und den für die Gewaltenteilung des Grundgesetzes wesentlichen „Ohrfeigenvorbehalt“ des BVerfG gegenüber dem Gesetzgeber umgehen würden.

(2) Gleichbehandlungsgebot

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Daniel Benrath

772 Art. 3 I GG verlangt nicht nur die Berücksichtigung der Gleichheit der Menschen im Gesetz, sondern auch die Gleichbehandlung der Menschen durch die Behörden bei der Anwendung der Gesetze. Gerade bei Ermessensentscheidungen, die auf die Vielfalt möglicher Einzelfälle reagieren und nicht selten auch von der persönlichen Einschätzung und Entscheidung des handelnden Beamten geprägt werden, kann das Gleichbehandlungsgebot zu berücksichtigen sein. Das Gleichbehandlungsgebot verlangt von den Behörden, vergleichbare Fälle vergleichbar zu behandeln, also ihr Verhalten nicht nach sachwidrigen Kriterien zu differenzieren. Tut eine Behörde dies doch, verstößt der entsprechende Verwaltungsakt gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 I GG und ist rechtswidrig. Eine Ungleichbehandlung kann dabei auch darin liegen, dass maßgebliche Unterschiede nicht richtig erfasst werden. Daher lässt sich plakativ auf das Gebot abstellen, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.[220]

773 Dies rückt den Vergleich und die Vergleichbarkeit von Fällen ins Zentrum der Betrachtung. Der Vergleich von Fällen macht die Bildung von Vergleichsgruppen notwendig. Die Vergleichbarkeit von Fällen ist eine normativ geprägte Frage, für deren Beantwortung neben verfassungsrechtlichen Grundsatzentscheidungen auch die Abgrenzungskriterien und Zwecke des maßgeblichen Gesetzes heranzuziehen sind.

774 Examenswissen: Die mit der Vergleichbarkeit verbundenen Fragen sind im Einzelnen herausfordernd und unüberschaubar und entziehen sich oftmals einer abschließenden abstrakten Beantwortung. So stellt sich die Frage, auf welche handelnden Teile der staatlichen Verwaltung abzustellen ist. Teilweise ist nur auf die konkrete Behörde abzustellen, weshalb Zuständigkeitsfragen auch wichtige materielle Folgen haben können. Teilweise kann es auf den hoheitlich handelnden Staat insgesamt ankommen, etwa wenn mit einer Ungleichbehandlung besondere Gefahren verbunden sind oder relevante Vergleichsgruppen sinnvoll nur in einem weiteren Rahmen zu bilden sind. Andererseits kann es auch auf die handelnden Beamten ankommen, insbesondere wenn ein Spielraum eine Differenzierung anhand der handelnden Personen zulässt: Polizisten handeln in Gefahrensituationen situationsbezogen aufgrund ihrer individuellen Erfahrung, so dass es auf unterschiedliche Reaktionen unterschiedlicher Polizisten nicht immer ankommen kann; Prüfer in staatlichen Prüfungen genießen einen weiten Bewertungsspielraum, in dem sie ihre persönlichen Einschätzungen wiedergeben, die unterschiedlich ausfallen können (und können sollen). Und selbst bestimmte Beamte sind keine Maschinen, die sich immer gleich verhalten, ohne dass dies zu einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot führt. Die Prüfung des Gleichbehandlungsgebots muss all dem Rechnung tragen, ohne das Gebot als ein zentrales Element des Grundrechtsstaates faktisch auszuhebeln. Maßgeblich ist letztlich die materielle Programmierung durch Art. 3 I GG unter den tatsächlichen und rechtlichen Umständen der jeweiligen Konstellation.

775 Examenswissen: Eine besondere Rolle im Rahmen der Prüfung des Gleichbehandlungsgebots spielt die Selbstbindung der Verwaltung. Hat sich eine einheitliche Behandlung bestimmter Fälle faktisch oder insbesondere durch geplante Koordinierung (etwa durch Verwaltungsvorschriften) in einer Behörde etabliert, ist auch jeder vergleichbare Einzelfall entsprechend zu behandeln.[221] Weicht die Behörde hiervon ab, führt dies zu einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung. Ausreichend kann bereits sein, wenn nur ein Teil vergleichbarer Fälle einheitlich behandelt wird, um eine entsprechende Selbstbindung zu etablieren. Andererseits darf die Selbstbindung auch nicht überzogen werden. Der Behörde steht es in der Regel frei, ihre Verwaltungsübung zu ändern; die relevante Vergleichsgruppe stellt sich dann aus den neu zu regelnden Fällen zusammen.[222] Sie muss dann aber gegebenenfalls die Änderung ankündigen, um eine Verletzung des Vertrauens und eine Ungleichbehandlung gerade durch den Überraschungseffekt zu verhindern.[223] Die Behörde kann sogar den konkreten Einzelfall zum Anlass nehmen, ihre Übung anzupassen, ohne dass dies zu einer Ungleichbehandlung führen muss, soweit sie diesbezüglich konsequent ist.

776 Examenswissen: Das Gleichbehandlungsgebot verlangt nicht, eine rechtswidrige Praxis – insbesondere im Rahmen der Selbstbindung – auch auf andere Fälle anzuwenden: keine Gleichheit im Unrecht.[224] Allenfalls in besonderen Situationen, in denen die Ungleichbehandlung mit zusätzlichen eigenständigen Belastungen verbunden ist, die anderweitig nicht beseitigt werden können, lässt sich darüber diskutieren, dass das Gleichbehandlungsgebot an rechtswidriges Verhalten gegenüber Dritten anknüpft. Dementsprechend spielt das Gleichbehandlungsgebot für gebundene Entscheidungen regelmäßig keine Rolle.

(3) Keine Unmöglichkeit

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Daniel Benrath

777 Es gilt als allgemeiner Grundsatz, dass von niemandem etwas rechtlich verlangt werden kann, dass ihm unmöglich ist (ultra posse nemo obligatur). Dieser Grundsatz ist logisch keineswegs zwingend, da auch an eine vorhersehbare Pflichtverletzung Rechtsfolgen geknüpft werden können (vgl. § 311a I BGB), ergibt sich aber im Rahmen von Verwaltungsakten jedenfalls aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da eine Verpflichtung, die nicht eingehalten werden kann, zumindest ungeeignet ist. Da das Verbot Unmögliches zu verlangen aber auch andere Aspekte ansprechen kann (vgl. § 44 II Nr. 4, 5 VwVfG) und mit eigenen Problemstellungen verbunden ist, wird es in der Regel als eigenständiger Prüfungspunkt im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit angesprochen. Als Bündel verschiedener Aspekte der Verhältnismäßigkeit und anderer rechtlicher Vorgaben, kann es dabei im Detail unterschiedlich ausgestaltet sein. Eine Ausdifferenzierung des Bündels ist nur sinnvoll, soweit es auf eine Differenzierung der unterschiedlichen rechtlichen Maßstäbe ankommt.

778 Für das Verbot, durch einen Verwaltungsakt Unmögliches zu verlangen, besteht gleichwohl ein einheitlicher Kern, der stets zu berücksichtigen ist: Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, soweit er von dem Adressaten ein Verhalten verlangt, dass diesem aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich bzw. verboten ist. Dabei ist insbesondere der zeitliche Rahmen, auf den sich der hoheitliche Befehl bezieht, zu berücksichtigen. Verlangt ein Verwaltungsakt beispielsweise von A die Herausgabe einer Sache, die nicht in As Besitz ist, so ist die Herausgabe zwar derzeit nicht möglich. Allerdings kann sich A gegebenenfalls die Sache verschaffen, um sie dann auch herauszugeben. Dementsprechend wäre dann ein Verwaltungsakt, der die sofortige Herausgabe verlangt, rechtswidrig, nicht jedoch eine entsprechende Verpflichtung ohne zeitlichen Rahmen. Der Bezug zum zeitlichen Rahmen ist insbesondere dann zu beachten, wenn im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens unterschiedliche Zeitrahmen relevant werden, etwa wenn bei einem zeitlich nicht klar umrissenen Grundverwaltungsakt in der Verwaltungsvollstreckung bestimmte Fristen gesetzt werden.

779 Man kann zwischen rechtlicher und tatsächlicher sowie zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit unterscheiden. Rechtlich unmöglich ist die Befolgung eines Verwaltungsakts, wenn vorrangige rechtliche Vorgaben die verlangte Rechtshandlung nicht vorsehen oder das verlangte Verhalten verbieten.[225] Subjektiv unmöglich ist ein Verhalten, dass dem Adressaten unmöglich ist, während sich objektive Unmöglichkeit auf ein Verhalten bezieht, das niemandem möglich ist. Hingegen nicht (auch nicht subjektiv) unmöglich ist eine vertretbare Handlung (so kann natürlich kein Bauherr eigenhändig ein größeres Gebäude in einer angemessenen Zeit abreißen).[226] Für die materielle Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kommt es auf die Differenzierungen nicht an, sie können jedoch im Rahmen der Fehlerfolgen relevant werden (vgl. § 44 II Nr. 4 und 5 VwVfG).

780 Examenswissen: Keinen Fall der Unmöglichkeit stellen Fälle der wirtschaftlichen oder persönlichen Unzumutbarkeit dar, wie sie für das Zivilrecht in § 275 II, III BGB geregelt sind. Derartige Konstellationen werden im Verwaltungsrecht für öffentlich-rechtliche Pflichten besser durch die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfasst. Zivilrechtliche Pflichten machen die Befolgung des hoheitlichen Befehls daher in der Regel nicht unmöglich. Zwar sind auch zivilrechtliche Pflichten und Verbote im Rahmen der rechtlichen Unmöglichkeit zu berücksichtigen[227], jedoch besteht häufig (zumindest mit entsprechendem Vorlauf) die Möglichkeit, sich durch Verhandlungen und Rechtsgeschäfte von diesen Pflichten und Verboten zu lösen. Der Aufwand zur Lösung von den zivilrechtlichen Vorgaben bzw. die damit verbundenen Eingriffe in die Privatautonomie der Adressaten ist dann aber im besonderen Maße im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen, insbesondere wenn der öffentlich-rechtliche Druck durch den Verwaltungsakt den Abschluss eines wirtschaftlichen Geschäfts erschwert oder gar unmöglich macht.

781 Examenswissen: Missverständnisse zum Verbot, Unmögliches zu verlangen, entstehen insbesondere in der Ausbildung durch einen unscharfen und undifferenzierten Verweis auf den Topos durch die Literatur und teilweise auch durch die Rechtsprechung. Die gebotenen Differenzierungen werden dann oftmals durch nicht weiter begründete Abgrenzungslinien nachvollzogen, was den Zugriff auf die rechtlichen Maßstäbe weiter verunklart. Anschaulich ist insofern die Behandlung von bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagungen an Vermieter. Die Pflichten aus dem Mietvertrag (und die besonderen Anforderungen an eine gerichtliche Durchsetzung der Räumung) stehen einer Durchsetzung der Nutzungsuntersagung durch den Vermieter entgegen.[228] Gleichwohl ist es dem Vermieter nicht von vorneherein unmöglich, die weitere Nutzung zu unterbinden, insbesondere indem er auf die Vertragsauflösung hinwirkt und auf eine Neuvermietung verzichtet.[229] Vor diesem Hintergrund ist eine ausdifferenzierte und uneinheitliche Rechtsprechung zu Nutzungsuntersagungen an den Vermieter im Verhältnis zu Nutzungsuntersagungen an den Mieter entstanden, die dazu noch mitunter zwischen Grundverwaltungsakt und Vollstreckung unterscheidet.[230] Der Versuch, diese Rechtsprechung allein aus der rechtlichen Unmöglichkeit der Kündigung der Mieter zu rekonstruieren, kann diese in sich stringenten Rechtsprechungslinien, die wiederum mit den jeweiligen örtlichen Verwaltungspraktiken interagieren, nicht nachvollziehen. Vielmehr bedarf es einer differenzierten Betrachtung der unterschiedlichen Zeithorizonte der Verwaltungsakte und der rechtlichen und tatsächlichen Folgen der materiellen Gebote im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit. Insbesondere in der Verwaltungsvollstreckung kommt es dabei regelmäßig nicht darauf an, ob die Mieter sich tatsächlich einer Vertragsauflösung bedingungslos widersetzen und die Durchsetzung der Nutzungsuntersagung so dem Vermieter unmöglich machen oder aber der externe Druck durch die Vollstreckung den Vermieter in eine unzumutbare und damit unverhältnismäßige Verhandlungssituation gegenüber dem Mieter bringt. Jedenfalls bedarf es einer Prüfung der maßgeblichen rechtlichen Maßstäbe im Einzelfall, ohne unmotiviert auf die Unmöglichkeit und deren Fallgruppen abzustellen.

dd) Sonstige rechtliche Vorgaben

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Daniel Benrath

782 Die Verwaltung ist in allem, was sie tut, an das Recht gebunden (Art. 20 III GG). Sie muss also nicht nur die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage erfüllen, sondern auch alle anderen anwendbaren gesetzlichen Vorgaben berücksichtigen. Dabei kann es nötig sein, das Verhältnis zwischen den speziellen Vorgaben der Rechtsgrundlage und in Betracht kommenden sonstigen rechtlichen Grundlagen zu bestimmen.

783 Sonstige rechtliche Vorgaben sind eher bei Verwaltungsakten mit Spielraum als bei gebundenen Verwaltungsakten relevant. Üblicherweise erfasst die entsprechend auszulegende Rechtsgrundlage für gebundene Entscheidungen auch das Verhältnis zu sonstigen Regelungsbereichen. Für einzelne Rechtsgrundlagen für gebundene Verwaltungsakte, für bestimmte Fallgruppen und in besonderen Konstellationen des Einzelfalls kann aber auch für gebundene Verwaltungsakte der Blick auf sonstige rechtliche Vorgaben zentraler Prüfungsbestandteil sein.

(1) Vorrangiges Recht

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Daniel Benrath

784 Eine besondere Rolle spielt im Rahmen der sonstigen rechtlichen Vorgaben das vorrangige Recht, auf das die Rechtsgrundlage nicht zugreifen kann. Hierzu zählen insbesondere die verfassungsrechtlichen Grenzen des Grundgesetzes, also neben den Grundrechten, die aber im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erfasst werden können und daher oftmals nicht mehr eigenständig geprüft werden, die Staatsstrukturprinzipien.

785 Bei landesrechtlichen Rechtsgrundlagen ist zudem der Vorrang des Bundesrechts zu berücksichtigen sowie das Landesverfassungsrecht.

786 Verstöße gegen vorrangiges Recht sind im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung nur im Einzelfall relevant. Liegt ein struktureller Verstoß der Rechtsgrundlage gegen das höherrangige Recht vor, führt dies bereits – jedenfalls grundsätzlich – zur Nichtigkeit der Rechtsgrundlage (vgl. Rn. 576). Dementsprechend bleiben solche Konstellationen die Ausnahme.

(2) EU-Recht

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Daniel Benrath

787 Für das Recht der EU gilt kein Geltungsvorrang, sondern ein bloßer Anwendungsvorrang im Einzelfall. Das bedeutet, dass die Rechtsgrundlage nicht wegen Verstoßes gegen EU-Recht nichtig sein kann, gleichwohl ist ein Verwaltungsakt, der gegen EU-Recht verstößt, stets rechtswidrig. Da auch eine strukturelle Unvereinbarkeit mit dem Recht der EU nicht die Nichtigkeit der Rechtsgrundlage verursacht und zudem die Struktur des EU-Rechts eher zu Konflikten mit dem nationalen Recht führen kann, bedürfen mögliche Verstöße gegen das EU-Recht im Rahmen dessen Anwendungsbereichs besonderer Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt deshalb müssen Juristen im öffentlichen Recht stets die Implikationen des EU-Rechts mitbedenken und können schwerlich ohne die in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich relevanten Grundkenntnisse zum Recht der Union auskommen.

(3) Sonstiges Recht

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Daniel Benrath

788 Steht ein Verstoß des Verwaltungsakts gegen eine gesetzliche Vorgabe, die gegenüber der Rechtsgrundlage gleich- oder gar nachrangig ist, im Raum, bedarf es einer genauen Untersuchung des Verhältnisses zwischen der Rechtsgrundlage und der sonstigen Rechtsvorgabe. Dabei kann sich eine schier unüberschaubare Vielzahl von Konstellationen ergeben. Im einfachsten und grundsätzlichen Fall, stehen die gesetzlichen Vorgaben parallel nebeneinander und sind gleichermaßen zu beachten, so dass ein Verstoß gegen jede der Normen den Verwaltungsakt bereits materiell rechtswidrig macht. Weniger einfach, aber sicher handhabbar sind ausdrückliche Regelungen zur Anwendbarkeit von gesetzlichen Vorschriften für bestimmte sich gegenseitig ausschließende Regelungsbereiche. Zudem können vollständige, teilweise oder weitere differenzierte Spezialitätsverhältnisse bestehen. Mitunter wird die Anwendbarkeit der Normen auch im Hinblick auf bestimmte Entscheidungen ausdrücklich oder implizit eingeschränkt, etwa wenn fachbehördliche Genehmigungen nur am Maßstab des Fachrechts zu messen (und in ihrer Reichweite entsprechend begrenzt) sind und die Prüfung anderer Regelungen anderen Behörden überlassen wird. Bei Nachrangigkeit der sonstigen Regelung ist zu untersuchen, ob die Rechtsgrundlage diese Regelung verdrängt, sich dieser gegenüber öffnet oder durch gleich- oder vorrangige Regelungen in eine Öffnung gezwungen wird. Einzelheiten, wie etwa zum Verhältnis zwischen polizeilicher Gefahrenabwehr und anderweitigem Behördenhandeln[231], lassen sich nur im Rahmen klar umrissener Regelungsbereiche des besonderen Verwaltungsrechts sinnvoll ordnen und darstellen.

789 Als sonstiges Recht kann insbesondere anderes öffentliches Recht relevant werden. Auch straf- und privatrechtliche gesetzliche Vorgaben sind (wenn sie nicht ohnehin schon im Rahmen der Unmöglichkeit durchschlagen) von der Verwaltung zu berücksichtigen, wobei insoweit besonderes Augenmerk auf die Bindungsrichtung zu werfen ist: Die Verwaltung ist nicht an die privatrechtlichen Rechte und Pflichten zwischen den Bürgern gebunden und kann insbesondere nicht durch einen Vertrag unter Dritten von der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben abgehalten werden. Auch die Rechtskraft von Urteilen ist insofern von der Verwaltung zu beachten.[232]

c) Richtiger Adressat

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Daniel Benrath

790 Im Regelfall werden Verwaltungsakte gegenüber einer bestimmten Person oder einem klar umrissenen Personenkreis erlassen. Für diesen Fall lassen sich auch Regeln für die rechtlich zulässigen Adressaten finden oder herleiten (s. zum Polizei- und Ordnungsrecht Rn. 1118 ff.). Ein Verwaltungsakt gegenüber einer bestimmten Person, muss diesen Vorgaben entsprechen. Soweit der Verwaltung hinsichtlich der Adressatenauswahl ein Spielraum zukommt, sind zudem (ggf. unter einem eigenen Prüfungspunkt oder im Rahmen der spezifischen Fehler bei der Inanspruchnahme von Spielräumen) diesbezügliche (Ermessens‑)Grenzen zu beachten.

791 Soweit ein Verwaltungsakt ohne einen klaren Adressaten erlassen wurde, ist zu prüfen, ob dies der Verwaltung überhaupt gestattet war.

d) Spezifische Fehler bei der Inanspruchnahme von Spielräumen

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Daniel Benrath

792 Soweit der Verwaltungsakt mit Spielräumen verbunden ist, ist im Rahmen des hier zu Grunde gelegten Prüfungsaufbaus nach der Prüfung der inhaltlichen Vorgaben zu prüfen, ob durch die Überschreitung der inneren Grenzen spezifische Fehler bei der Inanspruchnahme der Spielräume vorliegen. Dieser Prüfungspunkt umfasst Fehler hinsichtlich aller möglichen Spielräume, also neben Ermessensfehlern insbesondere auch Beurteilungs- und Bewertungsfehler. Bei gebundenen Verwaltungsakten entfällt er. Im Rahmen dieses Prüfungspunkts ist also stets zu prüfen bzw. festzustellen, dass und inwieweit der Verwaltung ein Spielraum beim Erlass des Verwaltungsakts zustand.

793 Im Rahmen der spezifischen Fehler kann entsprechend der Fallgruppen der Fehlerlehre zunächst der Nichtgebrauch des Spielraums und dann der Fehlgebrauch in seinen vielfältigen Formen angesprochen werden.

794 Ob die Verwaltung tatsächlich die inneren Grenzen des Spielraums verletzt hat, ist eine Tatsachenfrage, die sich nicht aus dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Inhalt des Verwaltungsakts beantworten lässt. Wesentlicher Anknüpfungspunkt ist dabei in erster Linie die Begründung des Verwaltungsakts. Weitergehende Untersuchungen sind in der Klausur nur in Ausnahmefällen, die in der Regel klar markiert sind, geboten; auch in der gerichtlichen Praxis bleiben sie Ausnahmen. Stellt sich heraus, dass die Begründung unvollständig war, da sie nicht alle Gründe enthält, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen hat, kann dies nachträglich mit heilender Wirkung korrigiert werden (Formfehler).

795 Examenswissen: Spezifische Fehler bei der Ausübung des Spielraums können nachträglich auch noch während der Anfechtungsklage beseitigt werden, indem die Verwaltung Gründe nachschiebt. Dies ergibt sich aus prozessualer Sicht aus § 114 Satz 2 VwGO. Inwieweit die Behörde hierzu berechtigt ist, ergibt sich aus dem jeweiligen Verwaltungsverfahrensrecht.[233] Beim Nachschieben von Gründen (s. hierzu schon Rn. 699) handelt es sich nicht nur um eine bloße Korrektur der Begründung, sondern um eine echte materielle Ergänzung hinsichtlich der Inanspruchnahme des Spielraums. Es geht also nicht um eine formelle Heilungsmöglichkeit, vielmehr dient diese prozessuale Regelung allein der Verfahrensbeschleunigung (und damit letztlich auch dem effektiven Rechtsschutz), um trotz der (im Ergebnis ggf. unerheblichen) Korrektur des Verwaltungsakts nicht das gesamte Verfahren neu aufrollen zu müssen, wenn es beim Streit bleibt.[234] Dementsprechend kann ein Nachschieben von Gründen nur zur Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts führen, wenn der Spielraum auf Grund der nachgeschobenen Gründe auch erneut und unvoreingenommen in Anspruch genommen wurde; ansonsten liegt schon allein diesbezüglich ein eigenständiger Fehler vor. Zudem wird – bei vielfältigen offenen Detailfragen – die Möglichkeit der Fehlerkorrektur durch Nachschieben beschränkt: Insbesondere eine Wesensveränderung der Entscheidung oder gar das Auswechseln der maßgeblichen Abwägungsgründe soll nicht als bloße „Ergänzung“ gelten.[235] Erklärt der Kläger das Verfahren auf Grund der nachgeschobenen Gründe für erledigt (und war die Anfechtungsklage ursprünglich wegen der Fehler begründet), kann er immerhin der Kostenlast entgehen (vgl. § 161 VwGO).[236]

aa) Nichtgebrauch

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Daniel Benrath

796 Kann das Vorliegen eines Spielraums bejaht werden, muss die Behörde diesen Spielraum auch durch eine eigenständige Entscheidung in Anspruch nehmen. Ob die Verwaltung dies getan hat, ist insbesondere durch die Auslegung der Begründung zu bestimmen, wobei auch anderweitige Äußerungen der handelnden Beamten und gegebenenfalls Zeugenaussagen zu berücksichtigen sein können. Auf einen Fehler hinsichtlich des Nichtgebrauchs eines Spielraums deuten insbesondere Formulierungen hin, die darauf hinweisen, dass die Behörde sich rechtlich gebunden sah. Nicht hingegen führen gleich alle Formulierungen, die eine für die Verwaltung klare Entscheidung verdeutlichen, gleich zur Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts. Eine häufige Fehlerquelle sind verwaltungsinterne Vorgaben, etwa durch Verwaltungsvorschriften, die den Spielraum des konkret handelnden Beamten praktisch ausschließen, ohne dass die handelnde Behörde als solche rechtlich gebunden würde; vielmehr sind diese Vorgaben Ausdruck der eigenständigen Entscheidung der Verwaltung, die dann aber im konkreten Fall auch nachvollzogen werden muss.

797 Examenswissen: Auch im Falle des intendierten Ermessen, muss die Behörde Ermessen ausüben und kommt ein Ermessensnichtgebrauch in Betracht. Allerdings reicht nach der Rechtsprechung insofern aus, dass über das Vorliegen eines Regelfalls entschieden wird, und es bedarf dann keiner weiteren Ausführungen in der Begründung.[237] Bei einer Ermessensreduzierung auf Null fehlt es letztlich an einem Spielraum, den die Verwaltung in Anspruch nehmen kann; ein Ermessensnichtgebrauch ist insofern ausgeschlossen.

bb) Fehlgebrauch

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Daniel Benrath

798 Auch hinsichtlich eines Spielraums sind die gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Aus der gesetzlichen Grundlage ergibt sich nicht nur, ob überhaupt ein Spielraum eingeräumt wird. Vielmehr formt die gesetzliche Grundlage, insbesondere im Hinblick auf den Zweck, den Spielraum aus und gibt die wesentlichen inneren Grenzen der Spielrauminanspruchnahme vor. Dabei kann der Gesetzgeber die Inanspruchnahme des Spielraums auf vielfältige Weise lenken und einengen. Zudem können allgemeine rechtliche Wertungen wie insbesondere die Grundrechte und Staatsziele bei der Inanspruchnahme von Spielräumen zu berücksichtigen sein.

799 Die vielfältigen Fehler, die sich im Rahmen des Fehlgebrauchs ergeben, sind nicht abstrakt im Rahmen eines Prüfungsschemas abzuprüfen. Vielmehr sind Fehler hinsichtlich des Fehlgebrauchs nur anzusprechen, soweit sich hierfür konkrete Anhaltspunkte finden. Eine schematische Kontrolle aller möglichen Fehler würde die Prüfung schnell und ohne Ertrag überfordern. Allenfalls im besonderen Verwaltungsrecht können sich in bestimmten Konstellationen typische Ermessensfehlgebräuche ergeben, deren schematische Erfassung sinnvoll sein kann. Für die Prüfung von Fehlern hinsichtlich des Fehlgebrauchs ergeben sich also drei Herausforderungen: Zunächst sind Anhaltspunkte für mögliche Fehler zu identifizieren, dann sind die entsprechenden rechtlichen inneren Grenzen des Spielraums zu bestimmen und schließlich ist zu prüfen, ob diese inneren Grenzen auch tatsächlich verletzt wurden.

800 Soweit sich aus dem besonderen Verwaltungsrecht keine typischen Fehlerkonstellationen ergeben, die sinnvoll angesprochen werden können, finden sich in der Klausursituation häufig Anmerkungen oder Parteivorträge, die auf spezifische Fehler hindeuten. Aber auch darüber hinaus müssen in der Klausurprüfung und insbesondere in der praktischen Rechtsanwendung mögliche rechtliche Spannungen hinsichtlich der rechtlichen Vorgaben und des Verwaltungshandeln im Blick behalten werden. Weicht der von der Verwaltung dargestellte Sachverhalt vom tatsächlichen ab oder ist auffällig grob und pauschalisierend? Entsprechen die von der Verwaltung dargestellten Entscheidungsgründe den gesetzlichen Vorgaben, könnten wichtige Aspekte fehlen, Gründe unsachlich sein, werden besondere Gewichtungen vorausgesetzt? Gibt es Auffälligkeiten im Entscheidungsprozess? Eine Durchdringung der entsprechenden Rechtsmaterie (in Klausursituationen durch den Prüfungsstoff begrenzt) ist hierfür oftmals unerlässlich.

801 Verwertbare Vorgaben zu den inneren Grenzen des Spielraums sind oftmals nur durch eine anspruchsvolle systematisch-teleologische Auslegung zu erkennen. Eine besondere Rolle spielen hierbei Regelungen zu den Gesetzeszwecken, die sich im besonderen Verwaltungsrecht häufig ausdrücklich finden (z.B. § 1 EnWG) oder aus bestimmten Normen herleiten lassen (z.B. § 9 BauGB).

802 Ob und inwieweit die inneren Grenzen eingehalten wurden, ergibt sich im Regelfall aus der Begründung des Verwaltungsakts. Dessen Angaben sind also, soweit sich keine anderweitigen Anhaltspunkte geben, unter die inneren Grenzen zu subsumieren. Ist dies mangels entsprechender Angaben in der Begründung nicht möglich, so ist die Begründung unvollständig und der Verwaltungsakt schon formell rechtswidrig (s. Rn. 743). Allerdings kann die Begründung auch ausdrücklich oder implizit auf den gesetzlichen Hintergrund verweisen, der dann ebenfalls miteinzubeziehen ist; insbesondere bei intendiertem Ermessen sind die Anforderungen an die Begründung nicht zu überspannen (s. Rn. 732).

e) Der Aufbau der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit

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Daniel Benrath

803 Der Aufbau einer juristischen Prüfung muss zwar das juristische Prüfungsprogramm vollständig abdecken, ist in diesem Rahmen jedoch ausgesprochen flexibel und vielgestaltig. Die Freiheit und Vielfalt der Aufbaumöglichkeiten ist gerade im Bereich der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung eines Verwaltungsakts besonders ausgeprägt. Die Vielfalt betrifft nicht nur die Struktur und Reihenfolge der Prüfung, sondern auch den Umfang der unter die materielle Rechtmäßigkeit gefassten Prüfung.

804 Examenswissen: Maßgeblich für den Aufbau der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit ist, dass sie alle rechtlichen Aspekte erfasst und in sich stimmig und ohne Widerspruch ist. Dementsprechend sollte das Prüfungsschema auch die grundlegende Unterscheidung der rechtlichen Kontrollmaßstäbe (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) abbilden. Zudem sollen die Schemata sinnvoll für die Aneignung in der Ausbildung und praktikabel in der tatsächlichen Anwendung sein. Ein gutes Schema spiegelt die Grundstrukturen des Prüfungsgegenstands wider, ist einfach zu erlernen und verzichtet in der Anwendung auf künstliche Unterscheidungen, unnötige Abgrenzungen oder sinnlose Wiederholungen. Die Diskussion abstrakter Prüfungsschemata im Rahmen des allgemeinen Verwaltungsrechts ist dabei notwendigerweise grob; sie dient allenfalls als Grundlage für die Weiterentwicklung des Prüfungsaufbaus im besonderen Verwaltungsrecht oder als Anknüpfungspunkt für die Entwicklung eines Prüfungsaufbaus in unbekannten Rechtsbereichen oder Prüfungssituationen.

805 Examenswissen: Erfahrungsgemäß ergeben sich aus der Auseinandersetzung mit den üblichen Schemata für die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung der äußerlich weitgehend einheitlichen Lehrbuchliteratur zum allgemeinen Verwaltungsrecht vielfältige Unsicherheiten und Missverständnisse bei Studierenden und darüber hinaus, die bis auf das materielle Verständnis des Verwaltungsrechts durchschlagen können. Insbesondere kleinere Variationen in der Definition einzelner Prüfungspunkte können deutliche Folgen für den Aufbau haben, ohne dass dies immer klar wird. Gerade für fortgeschrittene Studierende des Verwaltungsrechts bedarf es daher einer fundierten Reflexion zum Aufbau der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung und seines rechtlichen und tatsächlichen Rahmens. Nur wer den Prüfungsaufbau in seinen Varianten kritisch nachvollziehen kann, kann sich Schemata informiert aneignen, aus diesen in der Prüfung die wesentlichen rechtlichen Maßstäbe entnehmen und eigenständig für eine konkrete Prüfung einen praktikablen Aufbau wählen. Die weiteren Ausführungen zum Prüfungsaufbau an dieser Stelle sind in diesem Sinne bei weitem nicht umfassend, haben aber den Anspruch, ausreichend erkenntnisreich zu sein, um eine eigenständige Arbeit mit dem Prüfungsaufbau zu unterstützen.

aa) Verhältnis zu anderen Teilen der Prüfung

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Daniel Benrath

806 Schon der Umfang der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit ist mangels legaldefinierter Abgrenzung nicht klar und variiert in unterschiedlichen Ansätzen zum Aufbau. Da gleichwohl der Umfang der gesamten Rechtmäßigkeitsprüfung rechtlich vorgegeben ist, ergeben sich aus diesen Variationen unterschiedliche Verhältnisse zu anderen Prüfungspunkten. Bei der Auswahl eines Prüfungsschemas ist auch insofern auf Stringenz zu achten; Redundanzen und Lücken sind zu vermeiden. Insbesondere das Verhältnis der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit zur Prüfung der Rechtsgrundlage kann sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. So sind alle Tatbestandsmerkmale und rechtsfolgenseitigen Vorgaben, die im Rahmen der Rechtsgrundlage zur Abgrenzung bereits geprüft wurden (s. Rn. 521, 573 ff.), im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit nicht wieder aufzugreifen. Andersherum können Aspekte der Rechtsgrundlage eigenständig in die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit integriert werden.[238] Die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts (s. Rn. 706 ff.) wird mitunter als allgemeiner Grundsatz im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit geprüft,[239] während die Prüfung von Ermessensfehlern teilweise als eigener Punkt außerhalb der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung angesprochen wird.

bb) Dimensionen, Perspektiven und Herausforderungen des Prüfungsaufbaus

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Daniel Benrath

807 Abgesehen von den rechtlichen Vorgaben und deren Verhältnis zueinander, sind bei der Entwicklung und Auswahl eines angemessenen Prüfungsaufbaus verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. So stellt sich zunächst die Frage, nach welchen Dimensionen sich die verschiedenen Prüfungspunkte überhaupt ordnen lassen. Zudem ist zu berücksichtigen, welche Fallfrage aus welcher Perspektive bearbeitet wird und wie sich die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung hierein einbettet. Entscheidend für einen sinnvollen Aufbau ist nicht zuletzt, welche Ziele das Prüfungsschema verfolgen soll, wie es zur Erreichung dieser Ziele beitragen kann und welche konkreten Herausforderungen in der Prüfung es durch das Schema zu bewältigen gilt.

808 Examenswissen: Jeder Versuch, alle möglichen Ordnungsdimensionen der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung in ihren vielfältigen Verästelungen im besonderen Verwaltungsrecht zu erfassen, ist zum Scheitern verurteilt. Gleichwohl lassen sich zentrale Aspekte nennen, die eine besondere Rolle bei der Strukturierung des Aufbaus spielen können. Zunächst lässt sich auch für den Prüfungsaufbau zwischen der grundlegenden Unterscheidung zwischen Gesetzesbindung und Verwaltungsspielraum anknüpfen: Während sich bei gebundenen Entscheidungen hieraus naturgemäß keine Ordnung ergibt, kann man bei Entscheidungen mit Spielraum einerseits zwischen den gesetzlichen Vorgaben außerhalb des Spielraums (also etwa den Tatbestandsvoraussetzungen beim Ermessen) und den Fehlern bei der Inanspruchnahme des Spielraums und andererseits zwischen den äußeren Grenzen und den inneren Grenzen (also den spezifischen Ermessens-, Beurteilungs- und Bewertungsfehlern) des Spielraums unterscheiden. Auf einer ganz anderen Ebene lässt sich an die Allgemeinheit der Prüfungspunkte anknüpfen: Die allgemeinen Grundsätze, die ohne Blick auf das jeweilige Rechtsgebiet stets oder regelmäßig zu berücksichtigen sind, lassen sich mit vielfältigen Zwischenstufen von allgemeinen Vorgaben des jeweiligen Rechtsgebiets oder Verwaltungsakttyps und den besonderen Vorgaben der Rechtsgrundlage für die spezielle Maßnahme unterscheiden, während sonstige gesetzliche Vorgaben je nach Situation eher den allgemeinen oder den besonderen Prüfungspunkten nahestehen können. Eine grundlegende Unterscheidung lässt sich auch zwischen den Tatbestandsvoraussetzungen und der Rechtsfolge machen (vgl. Rn. 553, 715). Daneben finden sich weitere thematisch abgrenzbare Bereiche, so etwa die Betrachtung der Adressatenauswahl in Abgrenzung zum Inhalt der Maßnahme. Keine dieser Ordnungsdimensionen ist zwingend relevant oder hilfreich, mitunter kann eine Abgrenzung schwerfallen oder sich der Trennschärfe entziehen.

809 Examenswissen: Ein sinnvoller Aufbau kann zudem von der übergeordneten Fallfrage abhängen. Dabei ist insbesondere zwischen den verschiedenen Prüfungsperspektiven zu unterscheiden. Die klassische juristische Prüfungsperspektive ist die Perspektive der kontrollierenden Instanz. Diese Perspektive blickt allein auf die Rechtmäßigkeit der konkreten Maßnahme. Insbesondere das Verwaltungsgericht in der Anfechtungsklage nimmt diese Perspektive ein, aber auch die Widerspruchsbehörde oder die Verwaltung bei der letzten Rechtskontrolle vor Erlass des konkreten Verwaltungsakts. Eine andere Perspektive blickt auf die erreichbaren Ziele in Bezug auf den Verwaltungsakt, so etwa aus der Sicht eines beratenden Anwalts. Diese Folgenperspektive blickt auf die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts nicht als Selbstzweck, sondern zur Erreichung anderweitiger Ziele. Auch wenn die Rechtmäßigkeit auch insoweit oftmals entscheidend ist, kann diese Perspektive weitergehende Differenzierungen, die im Hinblick auf weitere Folgen relevant sind, verlangen oder aber auf genauere Abgrenzungen verzichten, wenn diese für die Rechtmäßigkeit, nicht aber für die Zielerreichung relevant sind. Eine weitere wichtige Perspektive ist die Auswahlperspektive. Dies ist insbesondere die Perspektive der Verwaltung, die einen Verwaltungsakt erlassen möchte. Aus dieser Perspektive grenzt die Rechtmäßigkeitsprüfung den möglichen Handlungsspielraum ein, während der konkrete erlassene Verwaltungsakt als Bezugspunkt der Prüfung ausfällt.

810 Examenswissen: Zudem stellt sich die Frage, welche Ziele der Aufbau erreichen und welche Herausforderungen er konkret bewältigen soll. Die unterschiedlichen Aufbaumöglichkeiten sprechen die Ziele und Herausforderungen in unterschiedlicher Weise an. Je nachdem, welche Ziele für den jeweiligen Rechtsanwender im Vordergrund stehen und welche speziellen Probleme gerade zu bewältigen sind, kann der Aufbau der Prüfung also sehr unterschiedlich ausfallen. Bei der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit sind dabei neben allgemeinen Zielen jeder Schemabildung (klare, leicht zu erlernende Struktur mit deutlichen Hinweisen auf die Prüfungsinhalte; Bezug zu den maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben; Informationsgehalt und Flexibilität des Schemas) und den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets auch übergreifende Herausforderungen des Verwaltungsrechts zu berücksichtigen, insbesondere das Verhältnis zwischen den Ermessensgrenzen und anderen rechtlichen Bindungen und deren mitunter klare Abgrenzung sowie die Vielfalt möglicher Anknüpfungspunkte für die Prüfung von (Ermessens‑)Fehlern. Insbesondere im Rahmen der Ausbildung sollten Schemata vermieden werden, die Missverständnisse hinsichtlich der Struktur der materiellen Rechtsmäßigkeit eines Verwaltungsakts und seiner Rechtskontrolle fördern.

cc) Schema-Angebote und deren Vor- und Nachteile

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Daniel Benrath

811 Um die Verortung einzelner rechtlicher Vorgaben im Prüfungsaufbau zu verorten, sich die Vielfalt der Aufbaumöglichkeiten vor Augen zu führen und die Unterschiede reflektieren zu können, ist es sinnvoll verschiede Schema-Angebote zu vergleichen. Während Anfänger im Verwaltungsrecht in Prüfungsschemata im Wesentlichen Anleitungen zur Ordnung des Gelernten und seiner Anwendung in einem stringenten gutachterlichen Gedankengang suchen, müssen geübte Rechtsanwender ihren Prüfungsaufbau reflektieren können, um ihn sinnvoll zu entwickeln und an den Fall anzupassen. Selbst wenn für Anfänger eine breite Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Aufbauansätzen eher verwirrend und kontraproduktiv sein kann, ist auch für sie das Wissen um unterschiedliche Aufbaumöglichkeiten wichtig, da sonst bloße Variationen im Aufbau, auf die sie unvermeidbar treffen, schnell als widersprüchlich oder gänzlich neue Lernmasse missverstanden werden.

812 Vor diesem Hintergrund werden hier als Alternativen zum hier zu Grunde gelegten Aufbau einige typische Aufbauschemata für die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit dargestellt, einschließlich kurzer Reflexionen zu den Vorteilen, Nachteilen und Gefahren bei der Verwendung gerade dieser Strukturierungen. Nicht hingegen sollen die folgenden Darstellungen eine klare Orientierung anhand klarer Vorgaben vermitteln; bei einer Auseinandersetzung mit diesem Ziel hätten die folgenden Ausführungen wohl eher (kontraproduktiv) erschlagende Wirkung.[240] Angesichts des Variantenreichtums gerade im Hinblick auf das besondere Verwaltungsrecht kann diese Darstellung natürlich nicht vollständig sein. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird auf alle Schemata verzichtet, die die Grenze der materiellen Rechtmäßigkeit anders ziehen (weder die Bestimmtheit noch die gesetzliche Grundlage werden daher hier erfasst, während die Ermessensfehler in die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung integriert sind). Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Verortung der Verhältnismäßigkeit, der Fehlerlehre und der Verwaltungsaktbefugnis, mit der viele Rechtsanwender besondere Schwierigkeiten haben.

813 Die Vorstellung der Aufbauvarianten folgt dabei den grundsätzlichen Unterscheidungen zwischen Voraussetzung und Rechtsfolge einerseits und zwischen inhaltlichen Vorgaben und spezifischen Fehlern andererseits. In der ersten Gruppe, die zwischen den Voraussetzungen des Erlasses des Verwaltungsakts und den Rechtsfolgen trennt, wird dabei mit Blick auf § 114 Satz 1 VwGO die Ermessensfehlerlehre den Rechtsfolgen zugeordnet.

814 Wird die Trennung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen dem Aufbau zu Grunde gelegt, bedarf es keiner Abgrenzung zwischen verschiedenen Arten von Ermessensfehlern, was die Prüfung entlastet. Auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist den Rechtsfolgen zuzuordnen, da sie nur mit Blick auf den konkreten Inhalt des Verwaltungsakts erfolgen kann. Andererseits verlangen entsprechende Ansätze die Abgrenzung zwischen Tatbestandsmerkmalen und rechtsfolgenbezogenen Regelungen, was mit eigenen Schwierigkeiten verbunden sein kann und vor dem Hintergrund anderweitiger Abgrenzungsbedürfnisse und Ordnungsüberlegungen nicht immer übersichtlich und mitunter auch nicht völlig stringent umzusetzen ist. Aus der (Auswahl‑)Perspektive der Verwaltung ist ein solcher Ansatz insbesondere im Zusammenhang mit Ermessensspielräumen geboten, da für sie die Prüfung der Erlassvoraussetzungen und die Betrachtung der Grenzen möglicher Ausgestaltungen des Verwaltungsakts gänzlich unterschiedliche Operationen sind.

815 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Voraussetzungen (inkl. Tatbestandsmerkmale, weitere Vorgaben)
b) Rechtsfolgen (inkl. Verwaltungsaktbefugnis, Ermessensfehler, weitere Vorgaben)

Die einfachste Art, die Trennung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen in einem Prüfungsschema umzusetzen, ist die Gliederung allein nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen, wobei alle zu prüfenden Prüfungspunkte einem der beiden Gliederungspunkte zuzuordnen sind. In die Voraussetzungen fallen dann die Tatbestandsmerkmale der Rechtsgrundlage sowie alle weiteren Prüfungspunkte, die den Erlass des Verwaltungsakts betreffen. Den Rechtsfolgen sind neben den gesetzlich angeordneten Rechtsfolgen bzw. den Ermessensfehlern weitere gesetzliche Vorgaben, die die konkrete Rechtsfolge betreffen, zuzuordnen. Der Vorteil dieses Schemas ist offensichtlich seine klare Struktur. Weitere Anpassungen lassen sich dann für spezielle Rechtsgebiete und Maßnahmen vornehmen. Der Nachteil ist offensichtlich, dass es kaum zusätzliche Strukturen oder Informationen vermittelt. Zudem ist – insbesondere im Hinblick auf die außerhalb der Rechtsgrundlage liegenden rechtlichen Vorgaben – nicht immer klar, ob einzelne Prüfungspunkte zu den Voraussetzungen oder den Rechtsfolgen gehören; die entsprechenden Abgrenzungen und Zuordnungen können daher trotz geringen Gewinns sehr aufwendig sein bzw. willkürlich erscheinen.

816 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Tatbestand
b) Rechtsfolgen (inkl. Verwaltungsaktbefugnis, Ermessensfehler)
c) Sonstiges Recht

Statt allein zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen zu trennen, lassen sich zunächst der Tatbestand und die Rechtsfolge der Rechtsgrundlage prüfen, bevor weitere rechtliche Vorgaben in den Blick genommen werden. Auch dieses Grundschema hat eine klare Struktur, die zudem stärker an den rechtlichen Regelungen orientiert ist. Gleichzeitig bedarf es nicht der Zuordnung sonstiger rechtlicher Vorgaben zu Voraussetzungen oder Rechtsfolgen. Nicht umsonst ist diese Aufbauvariante sehr verbreitet (vgl. Rn. 533). Allerdings bleiben Abgrenzungs- bzw. Zuordnungsprobleme bestehen. Denn nicht bei allen Prüfungspunkten liegt eine Zuordnung zu den Vorgaben der Rechtsgrundlage und dem sonstigen Recht auf der Hand. Insbesondere allgemeine Grundsätze, lassen sich mitunter als (ggf. ungeschriebener) Teilaspekt der Rechtsgrundlage oder aber als sonstiges Recht verstehen. Eine spezialgesetzliche Positivierung der Verhältnismäßigkeit (wie etwa im Polizei- und Ordnungsrecht) erscheint eher als Regelung der Rechtsfolge, während das Aufgreifen von Grundrechten in der Verhältnismäßigkeitsprüfung eher auf das sonstige Recht verweist, ohne dass eine Differenzierung hinsichtlich des Prüfungsaufbaus gewinnbringend erscheint. Ferner ist es möglich, die Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Ermessensüberschreitung zu prüfen. Zudem ergibt sich ein Stringenzproblem, wenn im Rahmen der Rechtsfolgen die Ermessensüberschreitung abschließend geprüft wird, äußere Grenzen des Ermessens sich aber auch aus dem sonstigen Recht ergeben können. Insgesamt lädt dieser Aufbau im Detail zu manchen Missverständnissen und Verwirrungen ein, gerade bei Studierenden, die gerade beginnen, sich vertieft mit dem Verwaltungsrecht auseinanderzusetzen. Und schließlich bleibt gerade der klare Aufbau so generell, dass in ihm wichtige Prüfungspunkte, insbesondere wenn sie weder klar den Tatbestandsmerkmalen noch den sonstigen Vorgaben zuzuordnen sind, leicht vergessen werden.

817 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Tatbestand
b) Sonstiges Recht
c) Rechtsfolgen (inkl. Verwaltungsaktbefugnis, Ermessensfehler)

Zum Teil lassen sich die Probleme der letzten Aufbauvariante beheben, indem das sonstige Recht noch vor den Rechtsfolgen der Rechtsgrundlage angesprochen wird. Zuvorderst wird die Stringenz der Prüfung unterstützt, wenn im Rahmen der Ermessensüberschreitung nur noch Punkte angesprochen werden müssen, die nicht bereits im Rahmen des sonstigen Rechts abschließend geprüft wurden bzw. die Prüfung der Ermessensfehler auf alle noch ausstehenden äußeren und inneren Grenzen ausgedehnt werden kann, um die Prüfung umfassend abschließen zu können. Dieser Aufbau spiegelt die dogmatische Struktur der Prüfung auch deutlich besser wider. Das Vorgehen ist in der praktischen Prüfung jedoch oftmals mit erheblichen Nachteilen verbunden, während der Gewinn an Stringenz kaum Vorteile in der Prüfungspraxis vermittelt: Tatbestand und Rechtsfolge der Rechtsgrundlage sind häufig eng miteinander verzahnt und die Prüfung der Rechtsfolge ist regelmäßig auf enge inhaltliche Verweise auf die Prüfung des Tatbestands angewiesen. Die Prüfung des sonstigen Rechts zwischen Tatbestand und Rechtsfolge bricht diesen engen Zusammenhang sowohl in der Darstellung als auch der zu Grunde liegenden Gedankenführung auf, was zu Verwirrungen und einem Qualitätsverlust in der rechtlichen Argumentation führen kann.

818 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Tatbestand
b) Rechtsfolgen in Bezug auf äußere Grenzen (inkl. Verwaltungsaktbefugnis, Ermessensüberschreitung, weitere Vorgaben)
c) Rechtsfolgen in Bezug auf innere Grenzen (inkl. Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch)

Eine weitere Variation der Untergliederung in Voraussetzungen und Rechtsfolgen ist die Trennung zwischen Tatbestand der Rechtsgrundlage, den äußeren Grenzen des Ermessens und den inneren Grenzen des Ermessens. Erlassvoraussetzungen, die nicht dem Tatbestand zuzuordnen sind, können in diesem Schema als äußere Grenze des Ermessens geprüft werden. Innerhalb der Prüfung der äußeren Ermessensgrenzen können die einzelnen Prüfungsaspekte jenseits des Tatbestands flexibel geordnet werden. Dieser Aufbau folgt relativ klaren Abgrenzungslinien, ohne dass Abgrenzungsfehler schwerwiegende Folgen zeitigen oder Missverständnisse provozieren. Gleichzeitig spiegelt er auch überzeugend die unterschiedlichen Kontrollstufen wider. Der aus theoretischer Sicht sinnvolle Aufbau, ist in der praktischen Anwendung jedoch unnötig kompliziert. Jedenfalls aus Kontrollsicht erscheinen die Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Gliederungspunkten unnötig. Und innerhalb der Gliederungspunkte kann der Aufbau die Prüfung nicht weiter anleiten. Gerade für Anfänger scheint der Ansatz auch weniger geeignet, weil er bereits ein vertieftes Verständnis der dogmatischen Struktur der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung voraussetzt.

819 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Verwaltungsaktbefugnis
b) Tatbestand
c) Adressat
d) Rechtsfolgen (inkl. Ermessensfehler)
e) Sonstiges Recht (inkl. allgemeine Grundsätze)

Dem geringen Informationsgehalt der groben Schemata kann entgegengewirkt werden, indem einzelne Punkte aus den allgemeineren Prüfungspunkten ausgegliedert werden bzw. einzelne Punkte schon im Schema fest bestimmten Gliederungspunkten zugeordnet werden. Die Prüfung gewinnt an Ordnung und der Aufbau sichert ab, dass wesentliche Punkte auch erfasst werden. Dementsprechend folgen die meisten üblichen Schema-Angebote (für die hier nur ein Beispiel angegeben wird) diesem Pfad. Der Gewinn an Kontur ist jedoch auch mit Gefahren verbunden: Je mehr Punkte im Schema explizit angesprochen werden, desto eher werden ungenannte (seltene) Punkte in der Prüfung übersehen; wird ein detailliertes Schema angewandt, ohne es inhaltlich zu verstehen, können die entsprechenden Missverständnisse schnell auf das inhaltliche Verständnis durchschlagen (etwa wenn die klare Zuordnung der Verhältnismäßigkeit in der Gliederung als materielle Einordnung verstanden wird); der Aufwand für die Aneignung erhöht sich; die Flexibilität insbesondere im Hinblick auf die besonderen Anforderungen bestimmter Rechtsgebiete nimmt ab, was dann die zusätzliche Aneignung weitere Ausnahmen und Spezialfälle verlangt. Und schließlich ist jede Entscheidung für die Gliederung des Schemas im Detail mit den gleichen Problemen wie die entsprechende Grobgliederung verbunden.

820 Schemata, die die Differenzierung zwischen inhaltlichen Vorgaben und spezifischen Fehlern bei der Inanspruchnahme von Verwaltungsspielräumen in den Vordergrund rücken, können alle äußeren Grenzen des Verwaltungsakts einheitlich behandeln, während eine Abgrenzung zwischen (Ermessens‑)Spielraumüberschreitungen und spezifischen Fehlern nötig wird. Der Wegfall der Unterscheidung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen entlastet die Prüfung hinsichtlich der Abgrenzung einschließlich möglicher Abgrenzungsfehler und Missverständnisse. So lässt sich die Verhältnismäßigkeit umstandslos eigenständig prüfen, ohne dass ein Bedürfnis nach einer verwirrenden Zuordnung besteht. Zudem wird die Prüfung direkt flexibler und erlaubt es situationsbezogen bestimmte Prüfungspunkte zusammenzustellen oder zu differenzieren; nicht zuletzt deshalb liegt ein entsprechender Ansatz gerade vielen Prüfungsschemata im besonderen Verwaltungsrecht zu Grunde. Die klare Ausrichtung am Kontrollmaßstab entspricht außerdem der dogmatischen Struktur der Rechtmäßigkeitsprüfung. Für die Auswahlperspektive der Verwaltung ist dieser Aufbauansatz hingegen ungeeignet, da es das Vorgehen der Behörde nicht vernünftig abbilden kann. Schon allein deshalb sind entsprechende Schemata unpassend, wenn man einen einheitlichen Aufbau für unterschiedliche Perspektiven vorzieht.

821 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Themenkomplex A
aa) Inhaltliche Vorgaben
bb) Spezifische Ermessensfehler
b) Themenkomplex B (z.B. Adressaten)
aa) Inhaltliche Vorgaben
bb) Spezifische Ermessensfehler

Die Flexibilität eines Aufbaus ohne grundlegende Unterscheidung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen wird deutlich, wenn die Struktur auf der ersten Gliederungsebene bestimmten Themenkomplexen folgt und erst hierunter zwischen der Prüfung der inhaltlichen Vorgaben und den spezifischen Fehlern bei der Inanspruchnahme eines Spielraums unterschieden wird. Die so möglichen thematischen Bündelungen erlauben es, die Prüfung der spezifischen Fehler eng auf die damit verbundenen inhaltlichen Prüfungspunkte zu beziehen. Die Vorteile eines solchen Vorgehens werden etwa im Hinblick auf die Adressatenauswahl deutlich; die Prüfung möglicher Fehler bei der Adressatenauswahl künstlich zwischen rechtlichen Vorgaben zur Adressatenauswahl und möglichen Fehlern beim Ermessen aufzuteilen erscheint aufwendig und eher verwirrend. Eine thematische Gliederung ist jedoch nicht immer sinnvoll. Und es ist auch überdeutlich, dass dieses sehr abstrakte Schema kaum mit weiterer Kontur oder eigenen Lerneffekten verbunden ist. Als Schema erscheint dieser Aufbau weniger geeignet; er erscheint vielmehr als abstrakter Rahmen zur Schemabildung (etwa im besonderen Verwaltungsrecht).

822 Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Allgemeine Vorgaben des Gesetzes
b) Spezielle Vorgaben der Rechtsgrundlage
c) Allgemeine Grundsätze und sonstiges Recht
d) Spezifische Ermessensfehler

Ein anderer Ausdruck der Flexibilität, der sich daraus ergibt, die Unterscheidung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht in den Vordergrund des Aufbaus zu stellen, ist die konsequente Entwicklung des Aufbaus entlang der Allgemeinheit der rechtlichen Vorgaben. Dabei kann grob – und im Detail flexibel variierbar – zwischen den speziellen inhaltlichen Vorgaben der jeweiligen Rechtsgrundlage, den allgemeinen Vorgaben zum jeweiligen Rechtsgebiet (also insbesondere des allgemeinen Teils des entsprechenden Gesetzes) sowie den allgemeinen Grundsätzen und sonstigen rechtlichen Vorgaben unterschieden werden. Dabei können sich die inhaltlichen Vorgaben jeweils sowohl auf den Tatbestand bzw. die Erlassvoraussetzungen als auch die äußeren Grenzen des Ermessens richten. Dieser Aufbau ermöglicht es, für bestimmte Rechtsgebiete einen einheitlichen Aufbautorso zu entwickeln, der für die konkrete Rechtsgrundlage ergänzt wird, gleichzeitig aber auch sonstige rechtliche Regelungen und insbesondere die allgemeinen Rechtsgrundsätze umstandslos integrieren kann. Die Prüfung spezifischer Fehler lässt sich dann am Schluss mit beliebigem Bezug zu den vorherigen Prüfungen für die verschiedenen Spielräume nacheinander durchführen. Auch dieser Aufbau bleibt jedoch ohne konkreten Bezug zu einem konkreten Rechtsgebiet sehr abstrakt und stellt wenige Informationen zu konkreten Prüfungspunkten zur Verfügung; er stellt also ebenfalls eher einen Rahmen zur Schemabildung als ein eigenes Schema dar.

823 Wie bei der grundsätzlichen Gliederung nach Voraussetzungen und Rechtsfolge, kann auch ein Aufbau ohne diese Unterscheidung im weiten Umfang einzelne Punkte besonders betonen oder eigenständig ansprechen; dem folgt auch der hier zu Grunde gelegte Aufbau. Da eine sinnvolle Gliederung jedoch wesentlich von den konkreten Umständen der Prüfungssituation und insbesondere dem jeweiligen Rechtsgebiet des besonderen Verwaltungsrechts abhängt, ist auf der allgemeinen Ebene kaum ein universell überzeugendes Schema zu entwickeln. Wichtiger ist es, ein grundlegendes Prüfungsschema zu finden, dessen Grundlage man auch dogmatisch nachvollziehen kann und das dabei einerseits so offen formuliert ist, dass es für speziellere Situationen weiterentwickelt werden kann, und andererseits wesentliche Prüfungspunkte, die sonst leicht übersehen werden könnten, betont. Wichtiger noch als ein sinnvolles und gut erlernbares Prüfungsschema bleibt ohnehin, die einzelnen Prüfungspunkte sauber aus den rechtlichen Vorgaben zu entwickeln und stringent aufeinander zu beziehen. Insbesondere in Bezug auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist weniger die Verortung (in den allgemeinen Grundsätzen, den Ermessensgrenzen, dem Tatbestand etc.) als vielmehr die saubere, strukturierte Prüfung mit klarem Bezug zur rechtlichen Grundlage ausschlaggebend.

824 Besonders herausfordernd wird der Prüfungsaufbau, wenn auch ein Beurteilungsspielraum (oder gar ein Bewertungsspielraum) mitzuberücksichtigen ist. Insbesondere auf Grundlage eines Schemas, das die Voraussetzungen von den Rechtsfolgen trennt, ist hier erhöhte Wachsamkeit geboten. Denn während die Fehlerprüfung hier im Normalfall im Rahmen der Rechtsfolgen erfolgt, bezieht sich die Beurteilung und damit auch mögliche Beurteilungsfehler auf die Voraussetzungen. Dies lässt sich dadurch auffangen, dass mögliche Beurteilungsfehler im Rahmen des jeweiligen Tatbestandsmerkmals angesprochen werden (das bei Beurteilungsfehlern eben nicht der weiteren Prüfung zu Grunde gelegt werden kann). Dieses Vorgehen führt jedoch zu einer komplizierten Inzidentprüfung und ist nur schwer stringent zu formulieren. Alternativ lässt sich die Beurteilung bei der Prüfung des Tatbestands voraussetzen, um etwaige Beurteilungsfehler eigenständig zu einem späteren Zeitpunkt (insbesondere nach der Prüfung der Rechtsfolgen) zu prüfen. Dieser Aufbau sichert Stringenz und Übersichtlichkeit, erscheint aber kontraintuitiv. Verzichtet man auf die Trennung zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen, mildert dies die Schwierigkeiten im Aufbau ab. Die Prüfung von Beurteilungsfehlern im Rahmen des Tatbestandsmerkmals ist ebenso möglich wie als eigenständiger spezifischer Fehler (wie hier).

f) Maßgeblicher Zeitpunkt der Rechtmäßigkeitsprüfung

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825 Verwaltung und Rechtsprechung sind an das geltende Recht gebunden. Es ist also stets das zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung geltende Recht anzuwenden. Aus der Verwaltungsperspektive ist die maßgebliche Entscheidung der Erlass des Verwaltungsakts. In der Anfechtungsklage ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Urteils (grundsätzlich also das Ende der letzten mündlichen Verhandlung, vgl. §§ 101, 116 VwGO) maßgeblich.[241]

826 Davon zu unterscheiden ist die Frage, auf welche Sach- und Rechtslage sich die gerichtliche Rechtskontrolle bezieht (s. hierzu ausführlicher Rn. 539 ff.).[242] Dies ist eine inhaltliche Rechtsfrage, die gegebenenfalls durch Auslegung aus dem geltenden materiellen Recht herzuleiten ist.[243] Da die Gerichte die behördliche Tätigkeit kontrollieren, kommt es zur Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts regelmäßig auf das maßgebliche Recht zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (bei einem Vorverfahren also auf die Bekanntgabe des Widerspruchs) an.[244] Hierzu können sich jedoch Ausnahmen ergeben, insbesondere wenn nachträgliche Gesetze eine Rückwirkung anordnen, vermögensrechtliche Zuordnungen durch das aktuelle Gesetz abschließend geklärt werden sollen[245] oder wenn sich ein Verwaltungsakt auf die Gestaltung von Rechtsbeziehungen (auch) in der Zukunft richtete (insbesondere Dauerverwaltungsakte[246]) und diese Ausgestaltung durch erhebliche Veränderungen nachträglich rechtswidrig wurde.

g) Literaturhinweise

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Daniel Benrath

827 Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 9. Aufl. 2015, §§ 4, 16, 29; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, 17. Aufl. 2019, §§ 6, 8, 10; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozess- und Staatshaftungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14; Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht: Lehrbuch, Entscheidungen, Gesetzestexte, 12. Aufl. 2018, §§ 7, 8, 13

Lehrvideo: Fannipour/Schmidt/Schneider, Peer2Peer-Lehrvideo Ermessen: Ausübung und Fehler


Fußnoten

  1. BVerfG, Urt. v. 14.7.1998, Az.: 1 BvR 1640/97 = BVerfGE 98, 218 (251).
  2. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 80 (Stand: August 2018).
  3. Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 28; Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 20 Rn. 174 (Stand: November 2018).
  4. Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Kommentar, Band II, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 105.
  5. Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 20 Rn. 173 (Stand: November 2018).
  6. BVerfG, Beschl. v. 28.10.1975, Az.: 2 BvR 883/73 = BVerfGE 40, 237 (248); Beschl. v. 8.8.1978, Az.: 2 BvL 8/77 = BVerfGE 49, 89 (126); Beschl. v. 10.5.1988, Az.: 1 BvR 482/84 = BVerfGE 78, 179 (197); vgl. auch Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 114. S. auch Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 25. Eine unmittelbare Verankerung in Art. 20 III GG kann dagegen nicht begründet werden, s. hierzu Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 20 Rn. 173.1 (Stand: November 2018).
  7. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 86 (Stand: August 2018); Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 11 f.
  8. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 49 ff.
  9. So etwa Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 113.
  10. BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002, Az.: 1 BvR 670/91 = BVerfGE 105, 279 (303 ff.); Urt. v. 14.2.2012, Az.: 2 BvL 4/10 = BVerfGE 130, 263 (299); Beschl. v. 17.12.2013, Az.: 1 BvL 6/10 = BVerfGE 135, 48 (78); Beschl. v. 21.4.2015, Az.: 2 BvR 1322/12 = BVerfGE 139, 19 (47); Beschl. v. 17.2.2016, Az.: 1 BvL 8/10 = BVerfGE 141, 143 (164).
  11. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 77 (Stand: August 2018).
  12. Lerche, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Band III, 2009, § 62 Rn. 22 ff.; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 77 (Stand: August 2018).
  13. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 18. Vgl. auch Lerche, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Band III, 2009, § 62 Rn. 24; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 78 (Stand: August 2018).
  14. So etwa Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Band II, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 107.
  15. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 77 (Stand: August 2018).
  16. Dazu auch Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 21.
  17. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 111 (Stand: August 2018).
  18. Sachs, in: ders., GG, 8. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 114; vgl. auch Degenhart, Staatrecht I. Staatsorganisationsrecht, 34. Aufl. 2018, Rn. 314 ff.
  19. Zu den konkreten Bestimmtheitsanforderungen nach Art. 80 I 2 GG siehe Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 17 Rn. 43 f.
  20. BVerfG, Beschl. v. 27.1.1976, Az.: 1 BvR 2325/73 = BVerfGE 41, 251 (265 f.); Beschl. v. 19.4.1978, Az.: 2 BvL 2/75 = BVerfGE 48, 210 (221 ff.); Beschl. v. 20.10.1981, Az.: 1 BvR 640/80 = BVerfGE 58, 257 (278); Beschl. v. 21.4.2015, Az.: 2 BvR 1322/12 = BVerfGE 139, 19 (47); Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 30; vgl. auch Sachs, in: ders., GG, 8. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 118; Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 26.
  21. Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 115.
  22. S. etwa BVerfG, Beschl. v. 6.5.1958, Az.: 2 BvL 37/56 = BVerfGE 8, 155 (167).
  23. Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 2 Rn. 21; Ehlers, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2015, § 1 Rn. 55.
  24. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 117 (Stand: August 2018).
  25. Vgl. dazu Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Band II, 3. Aufl. 2015, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 108.
  26. Zur Ablehnung eines Totalvorbehalts grundlegend BVerfG, Urt. v. 18.12.1984, Az.: 2 BvE 13/83 = BVerfGE 68, 1 (109) – Nato-Doppelbeschluss.
  27. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 25.
  28. Degenhart, Staatrecht I. Staatsorganisationsrecht, 34. Aufl. 2018, Rn. 325; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 25; Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 29.
  29. von Arnim, DVBl. 1986, 1241 (1242).
  30. Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 30.
  31. Spellbrink, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 31 SGB I Rn. 2 (Stand: Sepmteber 2018).
  32. Grundlegend dazu BVerwG, Urt. v. 26.4.1979, Az.: 3 C 111/79 = BVerwGE 58, 45 (48). S. hierzu Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl. 2015, § 9 Rn. 785 ff.; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 26 f. Ein ausführliches Modell zur Bestimmung der möglichen Regelungsinhalte des Haushaltsplans bei Etatzuwendungen bietet Kluckert, Zuwendung und Gesetz, 2018, S. 458 ff.
  33. Ablehnend von Arnim, DVBl. 1987, 1241 (1246 f.); bejahend Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 17. Aufl. 2011, S. 52. Vgl. dazu Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 27.
  34. S. etwa zur Förderung von Religionsgemeinschaften BVerwG, Urt. v. 27.3.1992, Az.: 7 C 21/90 = BVerwGE 90, 112 (Rn. 40); OVG Münster, Urt. v. 23.3.1990, Az.: 5 A 584/86 = NVwZ 1991, 174 (175). Vgl. auch Degenhart, Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht, 34. Aufl. 2018, Rn. 326.
  35. So auch Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 17. Aufl. 2011, S. 52.
  36. Zu deren Betonung in der gewandelten Auffassung des Staatsrechts BVerfG, Beschl. v. 8.8.1978, Az.: 2 BvL 8/77 = BVerfGE 49, 89 (126). Vgl. auch Lerche, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Band III, 2009, § 62 Rn. 25.
  37. BVerfG, Urt. v. 6.12.1972, Az.: 1 BvR 230/70 = BVerfGE 34, 165 (192 f.); Beschl. v. 28.10.1975, Az.: 2 BvR 883/73 = BVerfGE 40, 237 (249 f.); Beschl. v. 8.8.1978, Az.: 2 BvL 8/77 = BVerfGE 49, 89 (126 f.); Beschl. v. 29.10.1987, Az.: 2 BvR 624/83 = BVerfGE 77, 170 (230 f.); Urt. v. 14.7.1998, Az.: 1 BvR 1640/97 = BVerfGE 98, 218 (251 f.); Urt. v. 6.7.1999, Az.: 2 BvF 3/90 = BVerfGE 101, 1 (34); Urt. v. 24.9.2003, Az.: 2 BvR 1436/02 = BVerfGE 108, 282 (312).
  38. Zum Erfordernis bereichsspezifischer Konkretisierungen Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 104 (Stand: Dezember 2007).
  39. Sommermann, in: von Mangold/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 20 III Rn. 275.
  40. BVerfG, Beschl. v. 21.12.1977, Az.: 1 BvL 1/75 = BVerfGE 47, 46 (79); Beschl. v. 27.11.1990, Az.: 1 BvR 402/87 = BVerfGE 83, 130 (142).
  41. BVerfG, Beschl. v. 21.12.1977, Az.: 1 BvL 1/75 = BVerfGE 47, 46 (79).
  42. S. zu den Sonderstatusverhältnissen unter dem Grundgesetz ausführlich Peine, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Band III, 2009, § 65 Rn. 30 ff.
  43. Lerche, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Band III, 2009, § 62 Rn. 54 f.
  44. Vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.1972, Az.: 1 BvR 230/70 = BVerfGE 34, 165 (192 f.); Beschl. v. 27.1.1976, Az.: 1 BvR 2325/73 = BVerfGE 41, 251 (259 f.); Beschl. v. 22.6.1977, Az.: 1 BvR 799/76 = BVerfGE 45, 400 (417 f.); Beschl. v. 21.12.1977, Az.: 1 BvL 1/75 = BVerfGE 47, 46 (79); Beschl. v. 20.10.1981, Az.: 1 BvR 640/80 = BVerfGE 58, 257 (268 ff.).
  45. BVerfG, Beschl. v. 21.10.1981, Az.: 1 BvR 52/81 = BVerfGE 58, 358 (366 f.).
  46. So etwa Sommermann, in: von Mangold/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 20 III Rn. 279 unter Bezugnahme auf den Facharzt-Beschluss des BVerfG v. 9.5.1972, Az.: 1 BvR 518/62 = BVerfGE 33, 125 (160).
  47. BVerfG, Urt. v. 14.7.1998, Az.: 1 BvR 1640/97 = BVerfGE 98, 218 (251); S. auch Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 24 Rn. 28.
  48. BVerfG, Urt. v. 14.7.1998, Az.: 1 BvR 1640/97 = BVerfGE 98, 218 (251 f.); Beschl. v. 21.4.2015, Az.: 2 BvR 1322/12 = BVerfGE 139, 19 (46) – jeweils ohne die Hervorhebung.
  49. BVerfG, Beschl. v. 21.4.2015, Az.: 2 BvR 1322/12 = BVerfGE 139, 19 (47); Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 8. Aufl. 2018, § 24 Rn. 29; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 30. Vgl. auch Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 III Rn. 75 (Stand: August 2018). Zur praktischen Bedeutung des Delegationsverbotes für die untergesetzliche Normsetzung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss s. Sodan/Hadank, NZS 2018, 804 f.
  50. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Band V, 3. Aufl. 2007, § 101 Rn. 14.
  51. Ehlers, in: Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 22 Rn. 71.
  52. So auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 11. Aufl. 2019, § 25 Rn. 12.
  53. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 11. Aufl. 2019, § 25 Rn. 13.
  54. Decker, in: Posser/Wolff, VwGO, 49. Ed., Stand: 1.4.2019, § 113 Rn. 13. Vgl. dazu auch Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 28.
  55. Ehlers, in: Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 22 Rn. 71.
  56. Collin/Fügemann, JuS 2005, 694 (699), m.w.N.
  57. Collin/Fügemann, JuS 2005, 694 (698 f.).
  58. Collin/Fügemann, JuS 2005, 694 (699), m.w.N.
  59. Erbguth, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 30, Rn. 7, m.w.N.
  60. Als Bundesgesetze im Sinne der Art. 83 ff. gelten das GG selbst, Gesetze im formellen Sinne, Rechtsverordnungen sowie unmittelbar geltende Normen des Rechts der Europäischen Union, auf die die Art. 83 ff. GG analog angewendet werden, Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 15. Aufl. 2018, Art. 83, Rn. 5.
  61. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961, Az.: 2 BvG 1/60, 2 BvG 2/60 = BVerfGE 12, 205 (221); BVerfG, Beschl. v. 11.4.1967, Az.: 2 BvG 1/62 = BVerfGE 21, 312 (325 ff.).
  62. BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az.: 2 BvF 3/77 = BVerfGE 55, 274 (318); s. auch BVerfG, Beschl. v. 25.06.1974, Az.: 2 BvF 2/73, 2 BvF 3/73 = BVerfGE 37, 363 (385); BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987, Az.: 2 BvR 909/82 u.a. = BVerfGE 75, 108 (150).
  63. Ipsen, Staatsrecht I, Staatsorganisationsrecht, 22. Aufl., 2010, Rn. 616.
  64. Vgl. Art. 90 II GG, Art 104a III 2 GG und Art 108 II 1 GG.
  65. Vgl. Art 87b II 1 GG, Art 87c GG, Art 87d II GG, Art 89 II 3 und 4 GG sowie Art 120a I 1 GG.
  66. BVerfG, Urt. v. 22.05.1990, Az.: 2 BvG 1/88 = BVerfGE 81, 310 (331).
  67. Darüber hinaus sind hierzu die Regelungen zur Länderverwaltung im Zusammenwirken mit dem Bund (Art. 91a – 91e GG) und zur alleinigen Verwaltung durch die Gemeinden (Art. 91e II GG) zu zählen.
  68. Z.B. Art. 87 I 1 GG, Art. 87 I 1 GG oder auch Art. 87 d I 1 GG.
  69. Z.B. Art. 87 I 2 GG oder Art. 87 b I 3 und II 1 GG.
  70. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 22, Rn. 35.
  71. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 21, Rn. 9. Zur Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung im Allgemeinen s. Hellermann, in: Epping/Hillgruber, GG, 39. Ed., Stand: 15.11.2018, Art. 28, Rn. 20 ff.; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 28, Rn. 126 ff.; Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 28, Rn. 35 ff.
  72. Weitere Beispiele sind etwa das Bundesverwaltungsamt und das Bundeskartellamt.
  73. Clodius, in: Hofmann, Kommentar Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 5 AsylG, Rn. 1.
  74. Auch bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts genannt, vgl. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 9. Aufl. 2015, § 3, Rn. 114. Beispielsweise angeführt werden können die in Art. 87 II GG genannten Sozialversicherungsträger (als Körperschaften).
  75. Zur praktischen Sichtweise hinsichtlich der Notwendigkeit der Mittelinstanzen in Flächenstaaten s. Twenhoven, Die Mittelinstanz im Verwaltungsaufbau, in: Ipsen, Verwaltungsorganisation in Flächenstaaten – 18. Bad Iburger Gespräche, 2008, der sich hierzu positiv ausspricht.
  76. Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben indes keine dezentrale Struktur, sondern ein landesweit zuständiges „Landesverwaltungsamt“. Ähnliche zentrale Strukturen finden sich in Rheinland-Pfalz und dem Saarland, wobei hier die zentralen Einheiten auf der Oberebene angesiedelt sind. S. zu alledem Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, § 9, Rn. 16 m.w.N.
  77. Im Gegensatz zu den Bundesoberbehörden können die Landesoberbehörden jedoch über „untere Sonderbehörden“ verfügen, s. Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, § 9, Rn. 15.
  78. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 9. Aufl. 2015, § 3, Rn. 117.
  79. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 9. Aufl. 2015, § 3, Rn. 119; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, § 9, Rn. 17.
  80. Die kreisfreien Städte sind keinem Kreis zugeordnet und haben staatliche und kommunale Aufgaben wahrzunehmen. Zur der Sonderstellung der großen Kreisstädte s. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 22, Rn. 27.
  81. Landkreise sind Gemeindeverbände im Sinne des Art. 28 II 2 GG (Mitglieder sind die kreisangehörigen Gemeinden) und als solche Gebietskörperschaften (insofern sind Mitglieder nicht die kreisangehörigen Gemeinden, sondern die Bewohner des Kreises), welchen generell die Aufgabe zukommt, die Gemeinden bei der Erledigung ihrer Aufgaben von überörtlicher Bedeutung zu unterstützen.
  82. Sog. Vollkommunalisierung.
  83. Landrät*innen sind die Hauptorgane und Hauptverwaltungsbeamt*innen der Landkreise.
  84. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 22, Rn. 23 f.; Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, § 9, Rn. 17.
  85. Gemäß Art. 83 GG führen sie die Bundesgesetze in diesem Sinne „als eigene Angelegenheit aus“.
  86. Collin/Fügemann, JuS 2005, 694 (698).
  87. v. 2.2.1987 (GV. NRW. S. 62), zuletzt geändert durch Verordnung v. 9.9.2014 (GV. NRW. S. 500).
  88. § 1 der Verordnung ermächtigt im Hinblick auf die meisten Eingriffsbefugnisse die Kreispolizeibehörden.
  89. Also Gemeinden, Kreise, sonstige kommunale Selbstverwaltungskörperschaften, sonstige kommunale Zweckverbände, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, die berufsständischen Kammern für Ärzt*innen, Apotheker*innen, Rechtsanwält*innen, Architekt*innen, Universitäten und sonstige selbstverwaltete Körperschaften, Hüttenbrink, in: Posser/Wolff, VwGO, 49. Ed., Stand: 1.4.2018, § 73, Rn. 5.
  90. Auftragsangelegenheiten sind staatliche Aufgaben, die den Gemeinden zur Erledigung übertragen worden sind, wie z.B. das Pass- und Meldewesen und die Bauaufsicht, Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 23, Rn. 19.
  91. BVerfG, Beschl. v. 23.11.1988, Az.: 2 BvR 1619, 1628/83 = BVerfGE 79, 127 (151 f.); so auch BVerwG, Urt. v. 14.12.1990, Az.: 7 C 37.89 = BVerwGE 87, 228 (231 f.).
  92. Von § 73 I 2 VwGO abweichende Regelungen getroffen haben Bremen (Art. 9 BremAGVwGO), Hamburg (§ 7 HmbAGVwGO) und das Saarland (§§ 7 bis 17 SaarlAGVwGO).
  93. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl. 2016, § 25, Rn. 4.
  94. Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 44. Ed., Stand: 1.7.2019, § 44, Rn. 25 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 22.3. 1974, Az.: IV C 42/73 = NJW NJW 1974, 1961 (1963); OVG Münster, Urt. v. 27.06.2014, Az.: 16 D 31/13.AK = BeckRS 2014, 53467.
  95. Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 44. Ed., Stand: 1.7.2019, § 44, Rn. 25 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 14.11.1975, Az.: IV C 2.74 = BVerwGE 49, 365 (371).
  96. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 46, Rn. 43; Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 43. Ed., Stand: 1.4.2019, § 46, Rn. 32.
  97. BVerwG, Urt. v. 29.9.1982, Az.: 8 C 138.81 = BVerwGE 66, 178 (183). Eine entsprechende Norm stellt beispielsweise Art. 53 II 5 BayBO dar.
  98. Die Länder Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz verweisen in ihren Verwaltungsverfahrensgesetzen auf das VwVfG des Bundes („Verweisungsgesetze"). In den folgenden Ländern finden sich ausformulierte Verwaltungsverfahrensgesetze („Vollgesetze") und entsprechend eigene Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit: Baden-Württemberg (§ 3 LVwVfG), Bayern (Art. 3 BayVwVfG), Bremen (§ 3 BremVwVfG), Hamburg (§ 3 HmbVwVfG), Hessen (§ 3 HVwVfG), Mecklenburg-Vorpommern (§ 3 VwVfG M-V), Nordrhein-Westfalen (§ 3 VwVfG NRW), Saarland (§ 3 SVwVfG), Schleswig-Holstein (§§ 29 bis 31 LVwG) und Thüringen (§ 3 ThürVwVfG).
  99. Klausurrelevant sind insbesondere die besonderen Bestimmungen in den Landespolizeigesetzen.
  100. Ronellenfitsch, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 43. Ed., Stand: 1.4.2019, § 3, Rn. 5.
  101. Hiernach ist in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
  102. Reichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (BGBl. des Norddt. Bundes, 1869, S. 245).
  103. Bundesbaugesetz vom 23.06.1960 (BGBl. I 1960, S. 341).
  104. Vgl. etwa die „Bau-Ordnung für die Stadt Berlin“ vom 02.06.1871.
  105. Nicht umsonst hat sich der Begriff der „Baupolizei“ bzw. des „baupolizeilichen Verbots“ oder der „gewerbepolizeilichen Verfügung“ in Deutschland teils bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein erhalten und wird in Österreich nach wie vor offiziell verwendet.
  106. Wasserhaushaltsgesetz vom 27.07.1957 (BGBl. I 1957, S. 1110, 1386).
  107. Dagegen existierte für das Verfahren der Steuerbehörden mit der Reichsabgabenordnung vom 13.12.1919 (RGBl. S. 1993) bereits sehr früh eine eigene Kodifikation des Steuerverwaltungsverfahrens, die 1977 reformiert und an die Systematik des VwVfG angepasst wurde.
  108. Bundes-Verwaltungsverfahrensgesetz vom 25.05.1976, heutzutage in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I 2003, S. 202) und zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.07.2017 (BGBl. I 2017, 1745).
  109. Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 4, Rn. 102.
  110. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Thüringen, Sachsen, Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Saarland.
  111. Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz.
  112. Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 4, Rn. 104.
  113. Erbguth/Guckelberger, 9. Aufl. 2018, § 14, Rn. 13.
  114. Einzelne Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechts (Bauordnungsrecht, Immissionsschutzrecht) stellen punktuell Formerfordernisse auf, fordern etwa die Schriftform für Anträge oder Bescheide.
  115. Peine, Klausurenkurs im Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2016, Rn. 183.
  116. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2013, Az.: 6 B 40/12 = NVwZ 2013, 521, Rn. 22.
  117. BVerwG, Urt. v. 18.10.1988, Az.: 1 A 89/83 = BVerwGE 80, 299 = NJW 1989, 993; Urt. v. 13.04.1999, Az.: 1 A 3/94 = NVwZ-RR 2000, 70.
  118. VG Braunschweig, Urt. v. 06.11.2002, Az.: 6 A 22/02 = NZV 2003, 208; VG Bremen, B. v. 15.05.2013, Az.: 5 V 1986/12 = BeckRS 2013, 51135.
  119. BT-Drucks. 7/910, S. 52.
  120. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 28 VwVfG, Rn. 76.
  121. Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 65.
  122. Heßhaus, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 41. Ed., Stand: 01.10.2018, § 21 Rn. 7.
  123. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 21 Rn. 26.
  124. BVerwG, Urt. v. 01.07.1983, Az.: 2 C 42/82 = NVwZ 1984, 445, 446; OVG Koblenz, Urt. v. 02.10.1991, Az.: 7 A 10880/91 = NVwZ 1992, 384.
  125. Vgl. zum besonders relevanten Anspruch auf Umweltinformationen die Kommentierung von Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 88. EL Sept. 2018, § 3 UIG; außerdem vgl. zur Missbräuchlichkeit von Informationsanfragen und zum Schutz von Betriebsgeheimnissen Schnabel, ZUR 2019, 74.
  126. Peine, Klausurenkurs im Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2016, Rn. 185.
  127. Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 45 VwVfG, Rn. 108.
  128. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, Az.: 3 C 16/11 = BVerwGE 142, 205, 210.
  129. BVerwG, Urt. v. 17.08.1982, Az.: 1 C 22/81 = BVerwGE 66, 111, 114; OVG Münster, Urt. v. 20.06.1983, Az.: 1 A 1480/81 = NVwZ 1985, 133; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 45 VwVfG, Rn. 43.
  130. Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 14, Rn. 576; Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 6. Aufl. 2018, Rn. 956; Pünder, Jura 2015, 1307, 1310.
  131. Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 15, Rn. 17.
  132. Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 15, Rn. 17.
  133. BVerwG, Urt. v. 17.08.1982, Az.: 1 C 22/81 = BVerwGE 66, 111, 115.
  134. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, 3. Teil, Rn. 64.
  135. Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, § 14, Rn. 583; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 15, Rn. 20.
  136. Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14, Rn. 16.
  137. Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 43. Ed., Stand: 1.4.2019, § 75 VwVfG, Rn. 34.
  138. So etwa § 3 IV Nr. 3 Buchst. b) BlnJAO; § 3 IV Nr. 3 Buchst. b) BbgJAO; § 14 III Nr. 8 Buchst. b) SächsJAPO.
  139. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 41.
  140. Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 37 Rn. 115.
  141. BVerwG, Urt. v. 5.6.1974, Az.: VIII C 1.74 = BVerwGE 45, 189 (195).
  142. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 37 Rn. 33.
  143. OVG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2012, Az.: 1 L 20/12 = NVwZ-RR 2013, 131; ausführlich Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 104 f.
  144. BVerwG, Urt. v. 7.12.2016, Az. 6 C 12/15 = BayVBl 2017, 568; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14 Rn. 22.
  145. Ausführlich Schulz, in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 3a Rn. 55 ff.
  146. Ausführlich Kastner, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 3a VwVfG Rn. 10 ff.
  147. BR-Drucks. 171/12, S. 29.
  148. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 43.
  149. Vgl. Weiß, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 39 Rn. 29 ff.
  150. Zu den wenigen Ausnahmen aufgrund der Gesetzesformulierung als „Soll“-Vorschrift: Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 39 Rn. 65 ff.
  151. S. hierzu mit Rechtsprechungsnachweisen und unter zusätzlichem Verweis auf Grundrechte als Verfahrensrechte, das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 39 Rn. 5a.
  152. BVerfG, Beschl. v. 20.2.2002, Az.: 1 BvL 19/97 = NVwZ 2002, 1101 (1102).
  153. Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 6. Aufl. 2018, Rn. 960.
  154. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 45 Rn. 41.
  155. Ablehnend 3. Senat BVerwG, Urt. v. 14.10.1982, Az.: 3 C 46/81 = BVerwGE 66, 184 (187); Bejahend: 1. Senat BVerwG, Urt. v. 18.10.1983, Az.: 1 C 13/81 = NVwZ 1984, 578; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, Rn. 78.
  156. OVG Münster, Urt. v. 7.9.2010, Az.: 6 A 2077/08 = DVBl 2010, 1572.
  157. Das ist nicht der Fall, wenn die Widerspruchsbehörde lediglich die Rechtmäßigkeit überprüft; s. hierzu Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 68 Rn. 37.
  158. S. mit Rechtsprechungsnachweisen Decker, in: Posser/Wolff, VwGO, Stand 1.1.2019, § 114 Rn. 42 ff.
  159. Ausführliche Rechtsprechungsnachweise bei Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 46 VwVfG Rn. 20.
  160. Hierzu Emmenegger, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 46 Rn. 34 ff.
  161. Ausführlich Emmenegger, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 46 Rn. 102 ff.
  162. BVerwG, Urt. v. 24.6.2010, Az.: 3 C 14/09 = KommJur 2011, 97 (102).
  163. BVerwG, Urt. v. 24.6.2010, Az.: 3 C 14/09 = KommJur 2011, 97 (98); Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 6. Aufl. 2018, Rn. 989.
  164. OVG Münster, Urt. v. 22.3.1961, Az.: IV A 398/60 = OVGE MüLü 16, 263-271; BVerwG, Urt. v. 5.11.1968, Az.: I C 29.67 = BVerwGE 31, 15.
  165. BVerwG, Beschl. v. 25.3.1996, Az.: 8 B 48/96 = DVBl 1996, 1061.
  166. BVerwG, Urt. v. 27.6.2012, Az.: 9 C 7/11 = BVerwGE 143, 222.
  167. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 23.11.2006, Az.: OVG 5 B 11.05 = OVGE BE 27, 287.
  168. BVerwG, Urt. v. 29.3.1968, Az.: IV C 27/67 = NJW 1968, 1842; BVerwG, Urt. v.12.12.1996, Az.: 4 C 17/95 = NVwZ 1997, 902; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 1.
  169. OVG Weimar, Beschl. v. 28.1.2005, Az.: 4 ZKO 360/04 = LKV 2006, 281.
  170. BVerwG, Urt. v. 20.4.2005, Az.: 4 C 18/03 = NVwZ 2005, 933 (938).
  171. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 87. EL 2019, Art. 20 VI. Rn. 26.
  172. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 285 ff. m.w.N.
  173. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 307.
  174. Instruktiv u.a. Kment/Vorwalter, JuS 2015, 193.
  175. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn. 7, 17.
  176. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 87. EL 2019, Art. 20 I. Rn. 139.
  177. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 264 ff.
  178. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013, Az.: 8 CN 1/12 = BVerwGE 148, 133 (Rn. 21).
  179. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 326.
  180. Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 113 Rn. 34.
  181. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 314 f.
  182. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 318.
  183. OVG Lüneburg, Urt. v. 9.3.2012, Az.: 1 LA 352/07 (Rn. 70).
  184. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 600; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 322 f.; Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, Rn. 220.
  185. BVerwG, Urt. v. 23.5.1996, Az.: 3 C 13/94, Rn. 51; BVerwG, Urt. v. 16.6.1997, 3 C 22/96 = BVerwGE 105, 55, Rn. 14; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 323.
  186. Kluth, in: Wolff/Bachof u.a., Verwaltungsrecht I, 13. Aufl. 2017, § 31 Rn. 43.
  187. Brenndörfer/Trockels, in: Schweickhardt/Vondung, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 205.
  188. BVerwG, Urt. v. 18.12.2014, Az.: 4 C 36/13 = BVerwGE 151, 138, Rn. 40.
  189. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn. 34.
  190. Jacob/Lau, NVwZ 2015, 241 (242 f.).
  191. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 376; Jacob/Lau, NVwZ 2015, 241 (243 ff.). Vgl. hierzu Hwang, VerwArch 103, 356; Winkler, DVBl 2013, 156.
  192. BVerwG, Urt. v. 26.11.1992, Az.: 7 C 20/92 = BVerwGE 91, 211; BVerwG, Urt. v. 16.5.2007, Az.: 3 C 8/06 = BVerwGE 129, 27 (Rn. 27) m.w.N.; Kluth, in: Wolff/Bachof u.a., Verwaltungsrecht I, 13. Aufl. 2017, § 31 Rn. 26.
  193. Vgl. BVerwG, Urt. v. 16.5.2007, Az.: 3 C 8/06 = BVerwGE 129, 27 (Rn. 26) m.w.N.
  194. Jestaedt, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, § 11 Rn. 28.
  195. Vgl. BVerwG, Urt. v. 16.5.2007, Az.: 3 C 8/06 = BVerwGE 129, 27 (Rn. 29 ff., 34).
  196. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 362 ff.; Kluth, in: Wolff/Bachof u.a., Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2017, § 31 Rn. 23 ff.
  197. BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, Az.: 1 BvR 419/81 = BVerfGE 84, 34 (Rn. 55).
  198. BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, Az.: 1 BvR 419/81 = BVerfGE 84, 34 (Rn. 55).
  199. Hierzu etwa Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn. 48 ff.; Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, Rn. 225 ff.
  200. Hierzu etwa Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 601 ff.; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn. 63 Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, Rn. 222 f.
  201. Hierzu etwa Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 608a; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn. 64 ff.; Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, Rn. 224.
  202. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 387; Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, Rn. 221.
  203. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 650; Peine/Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2018, Rn. 513.
  204. Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 39 VwVfG Rn. 29.
  205. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, Az.: 1 BvR 419/81 = BVerfGE 84, 34 (Rn. 54, 58).
  206. OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.3.2008, Az.: 2 ME 83/08 (Rn. 16).
  207. Vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 374 ff.
  208. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 214.
  209. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 354.
  210. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 32 ff. Zurückhaltender Korte, in: Wolff/Bachof u.a., Verwaltungsrecht I, 13. Aufl. 2017, § 45 Rn. 15 ff.
  211. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 50.
  212. Statt aller Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 51.
  213. Hierzu Barczak, VerwArch 105, 142; Mehde, DÖV 2014, 541; Naumann, DÖV 2011, 96; Westerhoff, Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen gebundener Entscheidungen, 2016.
  214. BVerfG, Beschl. v. 10.8.2007, Az.: 2 BvR 535/06 = NVwZ 2007, 1300 (Rn. 19); BVerwG, Urt. v. 21.3.2012, Az.: 6 C 19/11 = NVwZ 2012, 1188; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 50.
  215. Barczak, VerwArch 105, 142; Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 152a; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 606.
  216. Vgl. Barczak, VerwArch 105, 142 (174, 179).
  217. Vgl. mit entgegenstehenden Schlussfolgerungen Barczak, in: Mülder/Drechsler u.a., Richterliche Abhängigkeit, 2018, 333 (350 ff.).
  218. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.8.2007, Az.: 2 BvR 535/06 = NVwZ 2007, 1300 (Rn. 18); BVerwG, Urt. v. 21.3.2012, Az.: 6 C 19/11 = NVwZ 2012, 1188, Rn. 20 ff.
  219. So im Wesentlichen bereits z.B. BVerfG, Beschl. v. 10.8.2007, Az.: 2 BvR 535/06 = NVwZ 2007, 1300, Rn. 18; BVerwG, Urt. v. 21.3.2012, Az.: 6 C 19/11 = NVwZ 2012, 1188, Rn. 20 ff.
  220. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2006, Az.: 2 BvL 2/99 = BVerfGE 116, 164, Rn. 69; Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 141.
  221. Hierzu etwa Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 233 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 103 ff.
  222. Vgl. Aschke, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 44. Ed., Stand: 1.7.2019, § 40 Rn. 66 ff.
  223. Aschke, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 44. Ed., Stand: 1.7.2019, § 40 Rn. 68.
  224. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 119.
  225. Brenndörfer/Trockels, in: Schweickhardt/Vondung, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 198 f.
  226. Brenndörfer/Trockels, in: Schweickhardt/Vondung, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 196.
  227. Brenndörfer/Trockels, in: Schweickhardt/Vondung, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 198.
  228. Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 53.
  229. Vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 17.11.2015, Az.: 1 MB 25/15, Rn. 20; VG Saarlouis, Urt. v. 19.11.2014, Az.: 5 K 451/13, Rn. 43 f.
  230. U.a. VGH München, Beschl. v. 18.9.2017, Az.: 15 CS 17.1675; OVG Münster, Beschl. v. 24.11.1988, Az.: 7 B 2677/88; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.5.1999, Az.: 2 W 3/99; OVG Schleswig, Beschl. v. 17.11.2015, Az.: 1 MB 25/15.
  231. Vgl. u.a. Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 2017, Rn. 134 ff.
  232. Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14 Rn. 55.
  233. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 114 Rn. 12c.
  234. Vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 114 Rn. 12a.
  235. Decker, in: Posser/Wolff, VwGO, 50. Ed., Stand: 1.7.2019, § 114 Rn. 41 ff. m.w.N.
  236. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 114 Rn. 12f.
  237. BVerwG, Urt. v. 23.5.1996, Az.: 3 C 13/94, Rn. 51; BVerwG, Urt. v. 16.6.1997, 3 C 22/96 = BVerwGE 105, 55, Rn. 14; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 323.
  238. So etwa Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 588 ff.; Zimmermann-Kreher/Büchner, in: Schweickhardt/Vondung, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 353.
  239. So etwa Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2019, Rn. 607; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2018, § 14 Rn. 56; Korte, in: Wolff/Bachof u.a., Verwaltungsrecht I, 13. Aufl. 2017, § 48 Rn. 74 ff.; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 10 Rn. 52; Zimmermann-Kreher/Büchner, in: Schweickhardt/Vondung, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 353.
  240. Für eine klare Orientierung lässt sich besser an dem hier zu Grunde gelegten Aufbau oder an die vielfältigen anderweitigen Angebote anknüpfen.
  241. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 113 Rn. 236.
  242. Instruktiv Baumeister, Jura 2005, 655; Gärditz/Orth, Jura 2013, 1100.
  243. BVerwG, Urt. v. 31.3.2004, Az.: 8 C 5/03 = BVerwGE 120, 246, Rn. 35 m.w.N.; Decker, in: Posser/Wolff, VwGO, 50. Ed., Stand: 1.7.2019, § 113 Rn. 21 m.w.N. Kritisch hierzu Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 11. Aufl. 2019, § 24 Rn. 7.
  244. Decker, in: Posser/Wolff, VwGO, 50. Ed., Stand: 1.7.2019, § 113 Rn. 22 m.w.N.
  245. Vgl. BVerwG, Urt. v. 31.3.2004, Az.: 8 C 5/03 = BVerwGE 120, 246, Rn. 36 ff.
  246. Decker, in: Posser/Wolff, VwGO, 50. Ed., Stand: 1.7.2019, § 113 Rn. 22.9 m.w.N.