Topographische Anatomie: Anatomische Propädeutik: Grundlagen der Histologie: Muskelgewebe

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Allgemeines

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Kontraktionsmechanismus. Die Köpfe des Myosins (gelb) führen Nickbewegungen durch, so dass das mit ihnen assoziierte Aktin (hellrot) verschoben wird.

Muskelzellen sind Zellen, die sich kontrahieren können. Man unterscheidet zwei Arten von Muskelzellen:

  • quergestreifte Muskelzellen (Skelettmuskulatur, Herzmuskulatur),
  • glatte Muskelzellen (Muskulatur innerer Organe).

Der Kontraktionsmechanismus ist bei den verschiedenartigen Muskelzellen gleich. Was auf makroskopischer Ebene als Verkürzung erscheint, ist auf molekularer Ebene eine geordnete Verschiebung von bestimmten Proteinen mit Hilfe anderer Proteine: Myosin, bestehend aus Stiel und Kopf, befördert durch Nickbewegungen des Kopfes das Aktin weiter; eine große Zahl an aktiven Myosin-Proteinen kann somit schnelle makroskopische Kontraktionen bewirken.

Skelettmuskelzellen

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Aufbau von Skelettmuskelzellbündel

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Hierarchische Gliederung des Skelettmuskels. Ein Muskel besteht aus Bündeln von Muskelfasern (hier wurde ein Primärbündel (oben Mitte) herausgegriffen). Die kontraktilen Elemente der Muskelfaser sind die Myofibrillen, die aus repetitiven Grundeinheiten (Sarkomere) bestehen. Die Bestandteile der Sarkomere, die Proteine Aktin, Myosin und Titin (und noch einige weitere Proteine), bilden eine hochgeordnete Struktur.

Fast alle Skelettmuskelzellen gehen aus dem Mesoderm der dreiblättrigen Keimscheibe hervor: Myoblasten reihen sich aneinander und verschmelzen zu einer vielkernigen Riesenzelle (Syncytium; Durchmesser etwa 50 µm, Länge bis zu 10 cm).

Die Muskelfasern lagern sich zu hierarchischen Bündeln (Primärbündel, Sekundärbündel) zusammen, dazwischen befindet sich Bindegewebe:

  • Endomysium zwischen eng benachbarten Muskelfasern.
  • Perimysium internum zwischen Primärbündeln (zusammengelagerte Muskelfasern)
  • Perimysium externum zwischen Sekundärbündeln (zusammengelagerte Primärbündel)

Den Gesamtmuskel umgibt die Faszie (Epimysium).

Sarkolemm

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Der Zellmembran von Muskelfasern (Sarkolemm) schließt sich nach außen hin eine Basalmembran an (bestehend aus Basallamina und Lamina fibroreticularis [retikuläre Fasern des Endomysiums]).

Das Sarkolemm besitzt röhrenförmigen Einstülpungen (T-Tubuli, transversale Tubuli), an denen das Aktionspotential bei Erregung der Muskelzelle entlangläuft.

Zellorganellen

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Im Inneren der Muskelfaser befinden sich längliche kontraktile Elemente (Myofibrillen), die parallel nebeneinander liegen (dank dem Intermediärfilament Desmin, das sich wie ein Gürtel um die Z-Scheiben [siehe unten] verschiedener Myofibrillen legt und von Costameren im Sarkolemm befestigt wird), eine hochgeordnete Feinstruktur aufweisen und die übrigen Organellen (Zellkern, Mitochondrien, Golgi-Apparat) an die Peripherie der Zelle verdrängen.

Das endoplasmatische Retikulum (im Skelettmuskel "sarkoplasmatisches Retikulum"), dient als Calcium-Speicher (Calcium wird für den Kontraktionsvorgang benötigt; siehe unten) und ist weitgehend frei von Ribosomen; die Schläuche des sarkoplasmatischen Retikulums ("L-Tubuli" [longitudinale Tubuli]) liegen parallel zu den Myofibrillen und treten an die T-Tubuli des Sarkolemms heran, mit denen sie Triaden bilden (d. h. Komplexe aus einem T-Tubulus und zwei L-Tubuli zu beiden Seiten; die L-Tubuli sind dabei zu Terminalzisternen erweitert). Diese Triaden sind für die Kontraktion von entscheidender Bedeutung, weil erst durch die enge Beziehung zwischen Sarkolemm und sarkoplasmatischem Retikulum das für die Kontraktion benötigte Calcium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum freigesetzt werden kann.

Myofibrillen und Sarkomere

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Myofibrillen als Reihen von Sarkomeren. Die Sarkomere (kontraktile Grundbausteine) besitzen ein typisches Bandenmuster aus Z-Scheibe (schwarz), I- (hell) und A-Bande (dunkel); die H-Zone mit ihrer M-Linie ist die Symmetrieachse eines Sarkomers.

Die kontraktilen Elemente einer Muskelzelle (Myofibrillen) bestehen aus aneinandergereihten kontraktilen Elementareinheiten, den Sarkomeren. Diese besitzen ein charakteristisches Bandenmuster, das durch die Anordnung der an der Kontraktion beteiligten Proteine bedingt ist. Die beiden Ränder eines Sarkomers bilden die Z-Scheiben (bestehend aus Gerüstproteinen), an die Aktinfilamente angeheftet sind. In der Mitte des Sarkomers liegen Bündel von Myosin-Molekülen, die sich zu den Rändern hin erstrecken.

Das Bandenmuster kommt nun durch die Überlappung von Aktin und Myosin zustande:

  • I-Bande ("I", da isotrop, d. h. nicht doppelbrechend): nur Aktin,
  • A-Bande (anisotrop, doppelbrechend): Myosin, wobei
    • in einem breiten peripheren Bereich sich Aktin- und Myosin-Moleküle überlappen,
    • in einem zentralen Bereich (H-Zone) sich nur Myosin befindet; die Mitte dieser Zone bildet die M-Linie (Gerüstprotein).

Aufgrund dieses charakteristischen Bandenmusters erscheint die Muskulatur quergestreift. Wenn sich der Muskel kontrahiert, verkürzen sich I-Bande und die H-Zone, nicht aber die A-Bande.

Feinstruktur der Sarkomere: Interaktion von Myosin und Aktin

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Verzahnung von Aktin und Myosin. Diese Verzahnung erklärt auch das Bandenmuster des Sarkomers: in der I-Bande befindet sich Aktin (dünne Filamente), die A-Bande definiert das Ausbreitungsgebiet des Myosins. Bereiche, in denen sich Myosin und Aktin überlappen, erscheinen dunkler, Bereiche, wo nur eines der beiden Proteine vorkommt, erscheinen heller.

Sarkomere bestehen im Wesentlichen aus den beiden Proteinen Aktin und Myosin, die in eine hochgeordnete Beziehung zueinander treten; außerdem gibt es das Protein Titin.

  • Myosin ist ein Protein, das sich aus zwei schweren Ketten zusammensetzt, wobei jede schwere Kette einer ATP-spaltenden Kopfdomäne besteht, einem flexiblen Hals und einem Schwanz, der sich mit dem Schwanz der anderen schweren Kette zu einer Helix verdrillt. Im Sarkomer sind Hunderte von Myosinmolekülen zu Bündeln zusammengefasst ("dicke Filamente").
  • Aktin ist ein fadenförmiges Protein aus Monomeren (globuline Aktine, G-Aktine), die sich zu einem doppelhelikalen Polymer zusammenlagern (F-Aktin, fibrilläres Aktin; "dünne Filamente"). Die F-Aktine sind in der Z-Scheibe durch das Protein Nebulin starr verankert.
    Ein dickes Filament (Myosinbündel) wird von sechs dünnen Filamenten (F-Aktin) hexagonal umgeben (im Querschnitt als Conheim-Felderung erkennbar) und verzahnt sich mit diesen.
  • Titin (das größte Protein des menschlichen Organismus) stabilisiert die Myosinbündel, indem es sich sowohl mit der Z-Scheibe als auch mit der M-Scheibe verbindet und die Myosine als eine Art Leitschiene in Position hält.

Kontraktionsmechanismus

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Kontraktionszyklus. Die erhöhte Calcium-Konzentration beendet die Tropomyosin-Blockade des Aktins (oben rechts). ATP-beladenes Myosin kann nun mit Aktin interagieren: die Spaltung des ATP in ADP und Pi bewirkt eine Anlagerung des Myosinkopfs an Aktin, die Freisetzung von Pi hat zur Folge, dass sich der Myosin-"Hals" verlagert - und somit das Aktin weiterbefördert wird. Myosin bleibt nun so lange mit dem Aktin verbunden, bis das ADP durch ATP ersetzt wird.

Bei der Kontraktion verschieben Myosinmoleküle die mit ihnen assoziierten Aktinfilamente. Hierzu werden Calcium und ATP benötigt: Calcium ist die Voraussetzung für eine Interaktion von Myosin und Aktin, ATP ist für den eigentlichen Kontraktionsprozess erforderlich.

Calcium – Voraussetzung für die Aktin-Myosin-Bindung

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Die elektrische Erregung des Sarkolemms führt zu einer Ausschüttung von Calcium, welches wiederum die Kontraktion vorbereitet:

  1. Nach nervaler Stimulation läuft das Aktionspotential am Sarkomer entlang und in die T-Tubuli hinein. Dort veranlasst es bestimmte Rezeptoren zu Konformationsänderungen, die sich direkt auf die Calcium-Kanäle des Sarkoplasmatischen Retikulums übertragen.
  2. Hierdurch öffnen sich diese Calcium-Kanäle, so dass die intrazelluläre Calcium-Konzentration um den Faktor 102 ansteigt.
  3. Calcium gelangt zu dem aus drei Proteinen (Troponin C, I und T) bestehenden Troponin-Komplex und bindet an Troponin C (calciumbindendes Troponin), wodurch eine Konformationsänderung induziert wird, die sich über Troponin I (intermediäres Troponin) auf Troponin T überträgt. Troponin T ist mit Tropomyosin verbunden, das sich um die Aktinfilamente windet und die Bindungsstellen für das Myosin versperrt. Durch die Konformationsänderung des Troponin T wird Tropomysin von seinem Ort wegbewegt und die Myosin-Bindungsstelle am Aktin frei. Calcium schafft also die Voraussetzung für eine Interaktion von Aktin und Myosin.

ATP – Konformationsänderung des Myosins

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Myosin kann ATP binden und in ADP und Orthophosphat (Pi) spalten. Sowohl die Konformation des Myosins selbst als auch seine Affinität zu Aktin hängen davon ab, ob es ADP oder ATP gebunden hat: bei ADP-Bindung ist die Affinität des Myosins zum Aktin hoch, bei ATP-Bindung dagegen gering, wobei es sich dann auch noch in einer anderen Konformation befindet. Der Kontraktionszyklus läuft folgendermaßen ab:

  1. Mit ADP beladenes Myosin ist fest mit Aktin verbunden (Rigorkomplex, die molekulare Grundlage der Totenstarre).
  2. Wird das ADP durch ATP ersetzt, dissoziiert Myosin vom Aktin ab und nimmt seine Ausgangsstellung ein.
  3. Nun spaltet Myosin das ATP in ADP und Pi, wobei beide Moleküle zunächst am Myosin verbleiben. Weil infolge der ATP-Spaltung nun ADP vorliegt, erhöht sich die Affinität des Myosins zum Aktin; es bindet an Aktin und bildet somit eine sogenannte Querbrücke (weshalb man den Kontraktionszyklus auch als Querbrückenzyklus bezeichnet).
  4. Wird nun Pi freigesetzt, verstärkt sich einerseits die Myosin-Aktin-Bindung. Andererseits kommt es zu einer Konformationsänderung des Myosins: der Hals des Myosins kippt um etwa 60°, so dass der Myosin-Kopf und das mit ihm verbundene Aktinfilament zur Sarkomermitte hin verschoben werden.

Während das Myosinbündel also in seiner Position verharrt, gleiten die Aktinfilamente zu beiden Seiten der M-Linie in Richtung Sarkomermitte, wodurch sich der Überlappungsbereich von Aktin und Myosin vergrößert, und sich folglich sowohl die I-Bande als auch die H-Zone der A-Bande verkleinern. Die erstaunliche Geschwindigkeit der Muskelkotraktion kommt dadurch zustande, dass ein Sarkomer Hunderte von Myosinmolekülen enthält und deren Köpfe unabhängig voneinander arbeiten, d. h. sich zeitlich autonom mit den Aktinmolekülen verbinden und sich von ihnen lösen.

Stoffwechsel verschiedener Muskelfaser-Typen

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Muskelzellen sind auf verschiedene Aufgaben spezialisiert und passen ihren Stoffwechsel entsprechend an. Die Art der Spezialisierung lässt sich an der Farbe des Muskels erkennen:

  • Weiße Muskelfasern sind auf schnelle, kurze Bewegungen ausgerichtet und gewinnen ATP durch die rasch ablaufende anaerobe Verwertung von Zucker (Glykolyse).
  • Rote Muskelfasern verrichten hingegen langsame, kontinuierliche Haltearbeit und gewinnen ATP auf aerobem Weg, d. h. mittels oxidativer Phosphorylierung. Daher enthalten sie auch Myoglobine (sauerstoffbindende Proteine) und erscheinen infolgedessen rot (deshalb rote Muskelfaser).
  • Rosa Muskelfasern nehmen sowohl funktionell als auch hinisichtlich des Stoffwechsels eine Zwischenstellung zwischen roten und weißen Fasern ein.

Herzmuskelzellen

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Unterschiede zwischen Herzmuskelfasern und Skelettmuskelfasern

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Die Muskulatur des Herzens ist quergestreifte Muskulatur, weist aber gegenüber Skelettmuskelfasern einige Besonderheiten auf:

  • Während Skelettmuskelzellen mehrkernige Syncytien sind, deren Myofibrillen die Zellorganellen an den Rand drängen, besitzen Herzmuskelzellen nur meist nur einen einzigen Zellkern, der mitsamt den übrigen Organellen in der Zellmitte lokalisiert ist.
  • Oft verzweigen sich die Herzmuskelzellen.
  • Die T-Tubuli sind breiter und korrespondieren wie beim Skelettmuskel mit der Querstreifung der Myofibrillen, befinden sich allerdings nicht an den Übergängen von A- zu I-Bande, sondern an den Z-Streifen.
  • Das sarkoplasmatische Retikulum tritt hier nicht wie bei den Skelettmuskelzellen über massive Zisternen mit den T-Tubuli in engen Kontakt, die Zisternen sind hier vielmehr klein und weiter von den T-Tubuli entfernt, was Einfluss auf die Kontraktionsauslösung hat (siehe unten). Es existieren in Herzmuskelzellen keine Triaden, sondern nur Dyaden, da nicht zwei, sondern nur eine Zisterne mit dem T-Tubulus in Kontakt tritt.

Elektrische Koppelung von Herzmuskelzellen

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Koppelung von Herzmuskelzellen. Die Herzmuskelzellen treten an Glanzstreifen (Ausschnitt) miteinander in Kontakt und sind auf diese Weise sowohl mechanisch als auch elektrisch gekoppelt.

Wenn das Herz an einem Ort elektrisch erregt wird, wird das ganze Herz erregt und kontrahiert sich. Der Grund hierfür liegt in der Kopplung der Herzmuskelfasern in Form von Glanzstreifen. Diese sind gestuft, wobei sich am transversalen Stufenabschnitt die für den mechanischen Zusammenhalt verantwortlichen Zellkontakte befinden (Adhärenskontakt und Desmosom), an den longitudinalen Stufenabschnitten Gap Junctions, die für die elektrische Kopplung der Zellen sorgen. Aufgrund dieser Kopplung bezeichnet man das Herz auch als "funktionelles Syncytium".

Kontraktionsmechanismus in Herzmuskelzellen: extrazellulärer Calcium-Einstrom

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Skelettmuskelzellen kontrahieren sich, wenn ein Aktionspotential in den T-Tubuli hinabläuft und an den Dihydropyridin-Rezeptoren Konformationsänderungen bewirkt, die sich unmittelbar auf Calcium-Kanäle des Sarkoplasmatischen Retikulums fortsetzen, so dass Calcium ins Cytosol strömt.

Bei Herzmuskelzellen finden im Prinzip die gleichen Prozesse statt. Allerdings stehen die Dihydropyridin-Rezeptoren nicht in mechanischem Kontakt zu den Kanälen am Sarkoplasmatischen Retikulum, sondern lassen bei Eintreffen des Aktionspotentials extrazelluläres Calcium in die Zelle einströmen. Dieses Calcium

  • löst zum einen eine Kontraktion aus,
  • bewirkt zum anderen eine Öffnung von Calcium-Kanälen am sarkoplasmatischen Retikulum ("calciuminduzierter Calciumfreisetzung"); hierdurch steigt die cytosolische Calcium-Konzentration schlagartig um den Faktor 102, so dass eine Kontraktion stattfinden kann.

Besondere Herzmuskelzellen

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Im Herzmuskel gibt es besondere Zellen, die auf andere Vorgänge als Kontraktion spezialisiert sind:

  • Die auf spontane Reizbildung und Reizweiterleitung spezialisierten Zellen (im Sinus-, Atrioventrikularknoten, His-Bündel, Purkinjefasern) benötigen keine Strukturen für die Kontraktionsbildung und besitzen daher kaum Myofibrillen, T-Tubuli fehlen, Glanzstreifen sind nicht zu erkennen; die Zellen stehen hauptsächlich über Gap Junctions miteinander in Kontakt, was auch die Grundlage für die schnelle Erregungsübertragung bildet.
  • Einige Herzmuskelzellen des Vorhofs (Herzohren) wirken als endokrine Organe: werden sie gedehnt, schütten sie ANP (atriales natriuretisches Peptid) aus, das in der Niere die Natrium-Rückresorption hemmt und dadurch die Wasserausscheidung steigert, so dass sich letztlich das Blutvolumen verringert.

Glatte Muskelzellen

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Zellorganellen

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Glatte Muskelzellen. Den glatten Muskelzellen fehlt die Querstreifung, weil die für die Kontraktion verantwortlichen Proteine nicht auf eine so hochgeordnete Weise angeordnet sind wie beispielsweise im Skelettmuskel. Der Zellkern liegt in der Mitte und besitzt je nach Kontraktionszustand der Zelle eine zigarren- oder korkenzieherförmige Gestalt.

Glatte Muskelfasern befinden sich in den Eingeweiden (z. B. Ösophagus, Darm, Harnleiter) und lagern sich dort (mittels Desmosomen) zu Bündeln oder Schichten zusammen. Sie haben folgende Charakteristika:

  • Glatte Muskelfasern haben meist eine schlanke, spindelförmige Gestalt (manchmal auch eine andere, z. B. sternförmige glatte Muskelzellen des Endokards [innere Wandschicht des Herzens]).
  • Der Zellkern liegt im Zentrum und erscheint je nach Kontraktionszustand der Zelle zigarrenförmig (unkontrahierte Zelle) oder korkenzieherförmig (kontrahierte Zelle).
  • Kontraktile Elemente verdrängen die Organellen zu den beiden Polen hin.
  • Das endoplasmatischen Retikulum (aufgrund des fehlenden Ribosomensatzes auch "glattes endoplasmatische Retikulum") dient auch in glatten Muskelzellen als Calciumspeicher.
  • Die Zellmembran ist an einigen Stellen zu kurzen Caveolae eingestülpt (entsprechen den T-Tubuli der quergestreiften Muskelzellen).

Anordnung der kontraktilen Einheiten

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Aktin und Myosin sind auch in den glatten Muskelzellen zu kontraktilen Einheiten zusammengefasst. Diese reihen sich jedoch nicht zu einer Myofibrille aneinander, sondern liegen unregelmäßig in der Zelle verteilt, weshalb auch keine Querstreifung zustande kommt (daher "glatte Muskelzellen"). Die Aktinfilamente der kontraktilen Einheiten laufen zu sogenannten Verdichtungszonen zusammen (entsprechen den Z-Scheiben der quergestreiften Muskelzellen), die von Intermediärfilamenten umspannt werden und in regelmäßiger Weise an die Zellmembran geknüpft sind (Anheftungsplaques; eine Reihe von Anheftungsplaques bildet ein Anheftungsband). Hierdurch kann die Zelle auf effektive Weise zusammengezogen werden.

Kontraktionsmechanismus: Aktivierung von Myosin

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Wie bei den quergestreiften Muskelzellen hängt auch die Kontraktion der glatten Muskelzellen entscheidend von der intrazellulären Calcium-Konzentration ab. Während aber bei quergestreifen Muskeln die erhöhte Calciumkonzentration zur Aktivierung von Aktin führt (Wegziehen des Tropomyosins von der Myosin-Bindungsstelle), dient es in glatten Muskelzellen der Aktivierung von Myosin. Dieses wird von einer calciumabhängigen Kinase (Myosin light chain kinase, MLC-Kinase) phosphoryliert und somit aktiviert. Das Protein Calmodulin vermittelt dabei die Wirkung des Calciums: Calmodulin wirkt als Calcium-Sensor und aktiviert die MLC-Kinase - somit ermöglicht Calmodulin analog zum Troponin-Komplex des quergestreiften Muskels die Interaktion von Aktin und Myosin und folglich die Kontraktion.

Zusammenfassung

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Muskelzellen kontrahieren sich, indem bestimmte Proteine von anderen Proteinen verschoben werden. Diese mikroskopischen Vorgänge manifestieren sich makroskopisch als Kontraktion. Man unterscheidet quergestreifte Muskelzellen (Skelettmuskelzellen, Herzmuskelzellen) und glatte Muskelzellen.

Skelettmuskelzellen lagern sich zu Bündeln zusammen, die durch Bindegewebe getrennt sind und sich aufsteigend zu Primär-, Sekundärbündel und Gesamtmuskel anordnen. Skelettmuskeln enthalten Myofibrillen, die aus aneinandergereihten Sarkomeren bestehen. Sarkomere sind die kontraktilen Einheiten; sie bestehen aus Aktin und Myosin und weisen eine charakteristische Querstreifung auf (I-Bande, A-Bande, in der Mitte die M-Linie, an den Rändern die Z-Scheiben); Myosin- und Aktinfilamente sind dabei miteinander verzahnt. Entscheidend für die Kontraktion ist die Assoziation von T-Tubuli (tiefe Einstülpungen des Sarkolemms) und sarkoplasmatischem Retikulum (Calcium-Speicher): wenn ein Aktionspotential eintrifft, wird über eine mechanische Rezeptor-Kopplung Calcium freigesetzt, welches bewirkt, dass die Myosin-Bindungsstellen des Aktins frei werden. Myosin bindet an das Aktin und vollzieht aufgrund der Spaltung von ATP einen Zyklus, bei dem das Aktinfilament in Richtung Sarkomermitte verschoben wird. Abhängig von ihrer Leistungsmöglichkeit und somit abhängig von ihrem Stoffwechsel werden Skelettmuskelfasern in weiße, rote und rosa Fasern eingeteilt.

Herzmuskelzellen sind Einzelzellen, die über Glanzstreifen aneinander gekoppelt sind, weshalb das Herz sowohl in elektrischer als auch in mechanischer Hinsicht ein funktionelles Syncytium bildet. Die Organellen befinden sich in der Zellmitte, T-Tubuli und sarkoplasmatisches Retikulum stehen in einer weniger engen Beziehung als in Skelettmuskelzellen. Die Kontraktion wird durch einen Calcium-Einstrom aus dem Extrazellulärraum initiiert. Manche Herzmuskelzellen können sich selbst spontan erregen und bilden somit die Grundlage für die eigentätigte Kontraktion des Herzens; andere Herzmuskelzellen wirken als endokrine Zellen regulierend auf das Blutvolumen ein (ANP).

Glatte Muskelzellen sind meist zu Bündeln oder Schichten organisiert. Die Zellen selbst haben eine schlanke Gestalt, das Aussehen des Zellkern ist auffällig. Aktin und Myosin sind zwar in kontraktilen Einheiten organisiert, die in gewisser Weise den Sarkomeren der quergestreiften Muskulatur ähneln, allerdings sind diese Einheiten recht unregelmäßig angeordnet und stehen meist mit der Zellmembran in direktem Kontakt. Der Kontraktionsmechanismus glatter Muskelzellen weicht entscheidend von dem der quergestreiften Muskeln ab: Zwar wird die Kontraktion ebenfalls durch Calcium induziert, jedoch wird nicht das Aktin, sondern das Myosin aktiviert (mit Hilfe einer speziellen Proteinkinase).

Schlüsselbegriffe: Syncytium, Sarkolemm, Triade, Myofibrille, Sarkomer, Myosin, Aktin, Titin, Troponin-Komplex, Dyade, Glanzstreifen, Atriales Natriuretisches Peptid, Caveola, Anheftungsplaque, myosin light chain kinase, Calmodulin

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Literatur

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  • Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L (2003) Biochemie. Heidelberg/Berlin, Spektrum: 1054-1059
  • Drenckhahn D (2003) Muskelgewebe. In: Benninghoff A, Drenckhahn D (Hg.) Anatomie, Band 1, München/Jena, Urban & Fischer: 149-170
  • Linke WA, Pfitzer G (2005) Kontraktionsmechanismen. In: Schmidt RF, Lang F, Thews G (Hg.) Physiologie des Menschen, Heidelberg, Springer: 116-143
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Aufgaben

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Wiederholungsfragen

  1. Wie entstehen Skelettmuskelzellen während der Embryogenese?
  2. Wie lässt sich ein Skelettmuskel hierarchisch untergliedern?
  3. Welche Besonderheiten weist die Zellmembran der Skelettmuskelzellen auf?
  4. Was sind Triaden und warum sind sie für die Kontraktion von Skelettmuskelfasen so bedeutend?
  5. Was ist die molekulare Grundlage für die Querstreifen der Sarkomere?
  6. Wie lässt sich das Querstreifen-Muster der Sarkomere untergliedern?
  7. Was ist die Bedeutung des Proteins Titin?
  8. Wie läuft die Interaktion der kontraktilen Proteine im Detail ab und wodurch wird sie initiiert?
  9. Wie und anhand welcher Kriterien teilt man die Skelettmuskelfasern ein?
  10. Worin unterscheiden sich Herzmuskelzellen von Skelettmuskelzellen in ihrem Aufbau?
  11. Welche Bedeutung haben die Glanzstreifen für das Kontraktionsverhalten des Herzens?
  12. Wie wird die Kontraktion des Herzens ausgelöst?
  13. Worin unterscheiden sich die Zellen des Erregungsbildungssystems von den herkömmlichen Herzmuskelzellen?
  14. Was bewirkt ANP und von welchen Zellen wird es freigesetzt?
  15. Was sind die gestaltlichen Charakteristika von glatten Muskelzellen?
  16. Inwiefern ähneln die kontraktilen Einheiten der glatten Muskelzellen denen der quergestreiften Muskulatur? Inwiefern unterscheiden sie sich von jenen?
  17. Was sind die Unterschiede zwischen Muskeln des Single- und solchen des Multi-Unit-Typs?
  18. Worin unterscheidet sich die Kontraktionsauslösung in glatten Muskelzellen von der in quergestreifen Muskelzellen?