Teilchenphysik: BSM - Erweiternde Theorien
Auch wenn das jetzige Standardmodell eine sehr lange Zeit als ein fast „perfektes Modell“ galt, so häufen sich heute die Vermutungen, dass einige grundlegende Aspekte möglicherweise falsch sind. Denn zum einen scheinen viele Phänomene nicht erklärbar und zum anderen stoßen die Teilchenphysiker immer häufiger auf unüberwindbare Probleme beim Versuch zwei Theorien zu vereinigen. Dabei handelt es sich beispielsweise häufig um unsinnige Unendlichkeitswerte. Für etliche dieser Probleme existieren bereits (meist unfertige) Lösungen, für andere nicht. Solche Theorien nennt man Beyond the Standard Model-Theorien.
Im Folgenden wollen wir die wichtigsten Probleme kurz erklären und - soweit vorhanden - auch auf mögliche Lösungen eingehen. Wir werden sie jedoch nicht ausführlich erklären können (das würde den Rahmen diese Buches sprengen) - dafür werden wir Hinweise auf Bücher (sowohl Wikibooks-Bücher als auch gedruckte) und Links zu Internet-Seiten listen.
Der Protonenzerfall
BearbeitenWie wir schon im Kapitel zu den Erhaltungssätzen gesehen haben, ist das Proton aufgrund der Baryonenzahlerhaltung stabil. Viele Physiker sind heute jedoch der Ansicht, dass die Baryonenzahl veränderlich ist, was zur Folge hat, dass das Proton nicht stabil ist, sondern nur eine sehr hohe Lebensdauer besitzt.
Lassen sie uns die Gründe zu dieser Annahme erörtern. Die anderen Erhaltungsgrößen wie Energie oder Ladung haben alle eine unmittelbare, beobachtbare physikalische Bedeutung. So erzeugen beispielsweise elektrische Ladungen ein magnetisches Feld, welches selbst wieder auf andere elektrische Ladungen wirkt. Die Baryonenzahl wurde jedoch nur dafür eingeführt, um das scheinbare Nichtauftreten von Reaktionen wie dem Protonenzerfall zu erklären. Es gibt kein uns bekanntes Phänomen, welches die Baryonenzahl benötigt. Auch die Erhaltung der Ladung ist nicht grundlos, denn auf ihr beruhen die Theorien zur Beschreibung des Elektromagnetismus, ohne die Ladungserhaltung würden diese Theorien ihren Sinn verlieren. Für die Erhaltung der Baryonenzahl gibt es jedoch keine vergleichbare Begründung. Man könnte jetzt annehmen, dass es ein weiteres uns noch unbekanntes Feld gibt - wir nennen es im Folgenden barytropisches Feld. Mit einem solchem Feld wäre natürlich auch eine Kraft verbunden - es gäbe also zu den vier uns bekannten Kräften noch eine weitere noch nicht entdeckte. Doch die Erde zum Beispiel besteht aus Milliarden von Baryonen - ihre Baryonenzahl ist also extrem stark positiv und würde alles ihn ihrer Nähe - also auch uns - anziehen oder abstoßen. Der Unterschied zur Gravitation wäre jedoch, dass die Schwerkraft proportional zur Masse - die barytropische Kraft jedoch proportional zur Baryonenzahl ist. Man kann also durch Untersuchung von Objekten, welche unterschiedliche Baryonenzahl aber gleiche Masse haben, bestimmen, wie stark eine solche Kraft maximal sein dürfte. Durch Untersuchungen wissen wir heute, dass die Anziehung nahezu exakt proportional zur Masse ist, die barytropische Kraft muss also um viele Größenordnungen schwächer sein, als die Gravitation es ist. Und wenn Sie sich zurückerinnern: Wir haben gesagt, dass die Gravitation schon - für teilchenphysikalische Verhältnisse - sehr schwach ist. Die Existenz einer solchen Kraft ist daher eher unwahrscheinlich.
In der Geschichte der Teilchenphysik ist man bereits einigen Größen begegnet, welche keine unmittelbare physikalische Bedeutung haben, jedoch trotzdem - zumindest unter bestimmten Bedingungen - einen Erhaltungssatz erfüllen. Ein Beispiel, welches wir bereits kennen gelernt haben, ist die Strangness, welche durch die Farbladung bei starken Wechselwirkungen erhalten wird. Alle diese Erhaltungsgrößen kann man jedoch mit einer Kraft in Verbindung bringen - nur die Baryonenzahl nicht.
Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Baryonenzahl nicht exakt gleich bleibt, liefert die Kosmologie. Man könnte eigentlich annehmen, dass am Anfang des Universums, also beim Urknall, dieses gleich viel Materie wie Antimaterie enthielt. Aber dann würden sich die Materieteilchen mit den Antimaterieteilchen immer wieder vernichten und dann wieder entstehen. Die uns umgebene Welt ist jedoch äußerst stabil und besteht so weit wir wissen nur aus Materie. Wäre dies nicht so, könnten wir nicht existieren und darüber nachdenken, warum dies so ist. Dieses Phänomen bezeichnet man als die Baryonenasymmetrie. Frühere Erklärungsversuche, dass das Universum in einigen Bereichen mit Materie, in anderen mit Antimaterie gefüllt sei, gelten heute als unwahrscheinlich. Denn in den Grenzgebieten müsste Annihilationsstrahlung entstehen, welche jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Man geht deshalb heute davon aus, dass von Anfang an eine winzige Differenz zwischen Materie und Antimaterie bestand und dadurch etwas an Materie übrig geblieben ist, während die andern Teilchen sich vernichteten. Eine alternative Erklärung ergibt sich wenn man die Baryonenzahl als nicht konstant ansieht. Wenn man annimmt, dass es am Anfang des Universums gleich viel Materie und Antimaterie gab, so war damals die gesamte Baryonenzahl des kompletten Universums genau null - während sie heute stark positiv ist. Das wäre ein Verstoß gegen die Baryonenzahlerhaltung - wenn die Baryonenzahl jedoch nicht unveränderlich ist, so wären Reaktionen vorstellbar, in denen mehr Materie als Antimaterie entsteht. Einen weiteren Hinweis auf Protonenzerfälle geben die Beobachtungen von Neutrino-Oszillationen. Auch sagen einige der Entwürfe für GUTs einen Protonenzerfall unmittelbar voraus.
Aber was würde es bedeuten wenn die Baryonenzahl keine Erhaltungsgröße ist? Nun, wie schon gesagt, würde ein Zerfall des Protons dadurch möglich. Ein möglicher Zerfall wäre: p → e+ + π0. Aber auch in Atomkernen gebundene Neutronen könnten zerfallen, unter der Annahme, dass die Baryonenzahl sich verändern kann. Das heißt wiederum, dass alle Atome - also alle Isotope aller chemischen Elemente - radioaktiv wären und mit der Zeit zerfallen würden. Doch wie lang ist dann die Lebensdauer des Protons und der gebunden Neutronen? Sie muss auf jeden Fall größer als 1016 Jahre sein, denn sonst würden von den in unserem Körper enthaltenen Protonen so viele zerfallen, dass wir durch unsere eigene Strahlung eine Gefahr für unsere Gesundheit wären. Neuere Experimente, bei denen viele Tonnen schwere Materialproben überwacht wurden, konnten diese Grenze weiter auf 1035 Jahre heben. Bisher wurde noch kein Protonenzerfall beobachtet, man sucht jedoch weiter danach.
Die Supersymmetrie
BearbeitenWie wir bereits erfahren haben, gibt es zwei unterschiedliche grundlegende Arten von Elementarteilchen: Fermionen und Bosonen. Fermionen haben einen halbzahligen Spin - Bosonen einen ganzzahligen. Die Supersymmetrie geht davon aus, dass man jedem Fermion einen Bosonen-Partner und jedem Boson einen Fermionen-Partner zuordnen kann. Die Elementarteilchen kommen also paarweise vor, bei denen eins einen ganzzahligen und eins einen halbzahligen Spin besitzt. Den Partner eines Teilchens nennt man Superpartner.
Als die Physiker Mitte der siebziger Jahre versuchten, die Supersymmetrie in das Standardmodell einzugliedern, mussten sie feststellen, dass anders als bisher vermutet, keines der bekannten Teilchen der Superpartner eines anderen bekannten Teilchens ist. Laut der Supersymmetrie verdoppelt sich die Anzahl der Elementarteilchen auf mindestens 38. Bis jetzt konnte man noch keines der Superteilchen finden, weshalb man annimmt, sie hätten deutlich höhere Massen.
Dunkle Materie
BearbeitenAls Astrophysiker die Umlaufgeschwindigkeiten von Sternen in Spiralgalaxien maßen, stellten sie fest, dass diese den mit Hilfe von Newtons Gravitationsgesetz berechneten Voraussagen widersprachen. Während man annahm, dass in den äußeren Regionen die Umlaufgeschwindigkeit abnimmt, beobachtete man dort eine Zunahme der Geschwindigkeiten. Um diesen Unterschied zwischen Berechnung und Wirklichkeit zu erklären, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man erklärt das Newtonsche Gesetz für ungültig, oder man nimmt an, dass es noch eine große Menge an Materie gibt, welche wir mit unseren Teleskopen nicht beobachten können. Da die meisten Physiker der Meinung sind, dass das Newtonsche Gesetz richtig ist, gehen die meisten Wissenschaftler von letzterem Fall aus. Auch wenn gewöhnliche Materie, welche einfach für unsere Teleskope zu schwach leuchtet (zum Beispiel Braune Zwerge, Schwarze Löcher, Neutronensterne oder kaltes Gas), einen Anteil der dunklen Materie ausmacht, so sind sich die meisten Forscher einig, dass dies nur ein relativ kleiner Anteil ist und es noch eine weitere Form von Materie gibt, welche wir noch überhaupt nicht kennen und welche nicht mit elektromagnetischen Wellen wechselwirkt. Diese Kalte Dunkle Materie besteht also aus Teilchen, welche die Teilchenphysik noch nicht kennt. Hier kommt die Supersymmetrie ins Spiel, denn sie sagt eine ganze Menge neuer Teilchen, mit größtenteils unbekannten Eigenschaften, voraus, von denen unter anderem der Superpartner des Photons, das Photino, in Frage kommen würde. Teilchen, welche nur der Gravitation und der schwachen Wechselwirkung unterliegen, nennt man WIMPS (Weakly Interacting Massive Particles, zu deutsch: Schwach wechselwirkende massive Teilchen).
Weitere Informationen zur Dunklen Materie finden Sie hier.
Das Hierarchieproblem
BearbeitenWie wir bereits gesehen haben, gehen wir davon aus, dass sich spätestens im Bereich der Planck-Energie die elektroschwache und die starke Kraft vereinigen und es zu einer GUT kommt. Dies würde bei ca. 1016 GeV (EGUT) - also weit jenseits jedes messbaren Bereichs - auftreten. Zu Zeiten kurz nach dem Urknall war das Universum jedoch noch so heiß, dass diese Energien herrschten und alle drei Kräfte ununterscheidbar waren. Erst als sich das Universum auf eine bestimmte Temperatur abgekühlt hatte, wurden sie zu unterschiedlichen Kräften. An diesem Punkt liegt somit ein spontaner Symmetriebruch vor. Als das Universum noch weiter abkühlte, kam es bei deutlich tieferen Energien (100 GeV) zu einem weiteren spontanen Symmetriebruch und die elektrische und die schwache Kraft trennten sich. Die Quantenfeldtheorie kann jedoch die Stabilität einer GUT nicht bewahren, wenn sie zwei spontane Symmetriebrüche bei unterschiedlicher Energie enthält. In solchen Fällen verschiebt ein Mechanismus der Quantenfeldtheorie die untere Brechung zu den Energien der oberen Brechung - was, wie wir gerade erläutert haben, nicht der Wirklichkeit entspricht.
Um dem Problem auszuweichen, kann man jedem Teilchen einen Partner zuordnen, der (bei größeren Energien) genau die gleichen Eigenschaften hat. Eine Lösung wäre damit die Supersymmetrie die jedem Fermion einen Bosonischen Partner zuordnet. Eine andere Möglichkeit wäre, dass es zwei Higgsbosonen gibt und mindestens eines davon ein zusammengesetztes Teilchen ist. Dieses Higgs-Teilchen, wäre aus uns unbekannten Bausteinen - welche Techniteilchen genannt werden - zusammengesetzt und sie würden durch die Technifarbe zusammengehalten.
Der Weg zur Weltformel
BearbeitenBereits oben haben wir den Weg zur Weltformel beschrieben - hier wollen wir lediglich die wichtigsten Kandidaten für eine GUT oder TOE vorstellen.
Die Große Vereinheitlichte Theorie
BearbeitenEs gibt bereits eine große Anzahl von Kandidaten für eine große Vereinheitlichung. Diese GUTs sagen verschiedene Erscheinungen voraus, nach denen man experimentell suchen kann. So sagen etliche der GUTs die Instabilität des Protons, und seine Lebensdauer, voraus. Die einfachste GUT, die als „minimale SU(5)“ bezeichnet wird, wurde bereits vor längerem verworfen, da sie eine Lebensdauer von 2,5 · 1031 Jahren für das Proton voraussagt - was, wie oben erklärt, nicht zutreffen kann. Es gibt andere GUTs, welche sehr viel längere Protonen-Lebensdauern vorhersagen, diese werden schwer zu überprüfen sein. GUTs, welche die Supersymmetrie miteinbeziehen, nennt man Super-GUTs oder SUSY-GUTs. So gibt es beispielsweise eine SUSY-GUT, die als „minimales supersymmetrisches großvereinheitlichtes Modell“ (kurz: MSGM) bezeichnet wird und bisher jeder theoretischen Prüfung standhielt. Für die experimentelle Bestätigung einer solcher SUSY-GUT werden wir voraussichtlich auf Beschleuniger warten müssen, welche genügend hohe Energie aufbringen können, um s-Teilchen zu erzeugen.
Einer der vielversprechendsten Kandidaten ist SO(10) (SO: Spezielle Orthogonale Gruppe). Sie enthält im Gegensatz zu anderen GUTs keine exotischen, unbekannten Fermionen. Eine Reihe von weiteren GUTs basieren auf Untergruppen der SO(10): minimales Links-Rechts Modell, SU(5), Flipped SU(5) und das Pati-Salam-Modell; auch die GUT mit dem Namen „E6“ basiert auf SO(10). Daneben gibt es noch etliche andere Kandidaten einer GUT.
Die Weltformel
BearbeitenIm Moment gibt es zwei potentielle Kandidaten zur einheitlichen Beschreibung der vier Grundkräfte: Die Stringtheorie und die Loop-Quantengravitation. Wobei Vertreter beider Theorien betonen, dass die bestehenden Theorien unvollständig sind, und dass zur Formulierung einer endgültigen Theorie noch wesentliche Probleme gelöst werden müssen. Auf die Stringtheorie werden wir weiter unten eingehen, da sie es vermag noch weitere Fragen zu beantworten.
Schleifenquantengravitation
BearbeitenDie Schleifenquantengravitation - oft auch Loop-Quantengravitation genannt - ist ein Ansatz um die Probleme, welche auftreten, wenn man die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantengravitation zusammen anwendet, lösen kann. Sie geht davon aus, dass die Raumzeit kein teilnahmsloser Behälter für das in ihm eingebettete Geschehen, sondern selbst ein den Gesetzen der Quantenmechanik gehorchendes, dynamisches Objekt ist. Die Raumzeit wird in ihr als ein Netzwerk von Knoten beschrieben, welche mit Linien verbunden sind. Die Knotenabstände entsprechen der Planck-Länge (10-35 m) beziehungsweise der Planck-Zeit (10-43 s). Somit quantisieren sie die Raumzeit. Das heißt Längen unterhalb der Planck-Länge und Zeitdauern unterhalb der Planck-Zeit sind nicht möglich! Damit enthält ein Kubikzentimeter ganze 1099 Knoten. Ein Elementarteilchen entspricht in dieser Theorie einem Netzknoten mit bestimmten Eigenschaften. Die Bewegung von Teilchen entspricht dabei einer Verschiebung entsprechender Knotentypen im Netz. Wichtig ist hierbei, dass man sich dieses Netz nicht in oder auf einem Raum während eines Zeitpunktes vorstellen darf, dieses Netz ist selbst Raum und Zeit. Ein Raum als Behälter für das Netz existiert nicht. Zwischen den Netzknoten befindet sich also kein Raum. Ihren Namen hat die Theorie daher, da in ihr schleifenförmige Strukturen (engl. loop = Schleife) in der Raumzeit eine wichtige Rolle spielen.
Zwar hat es die Loop-Quantengravitation bisher noch nicht geschafft alle vier Grundkräfte zu vereinigen, jedoch sind ihre Anhänger zuversichtlich, dass dies früher oder später möglich sein wird. Ein weiteres Problem ist, dass es noch nicht gelang die allgemeine Relativitätstheorie direkt aus der Schleifenquantengravitation abzuleiten.
Weitere Informationen zur Schleifenquantengravitation finden Sie hier.
Das Graviton
BearbeitenVielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir von der Gravitation nicht einmal das zugehörige Eichboson kennen - und das obwohl sie die am längsten bekannte der Grundkräfte ist.
Für dieses noch unentdeckte Teilchen hat man sich schon einen Namen ausgedacht: Graviton. Auch einige der Eigenschaften des Gravitons hat man bereits vorhersagen können - Sie finden diese in Tabelle 5.
Die Superstringtheorie & M-Theorie
BearbeitenViele Physiker (und vielleicht auch Sie?) fragen sich, warum es genau drei Teilchen-Generationen gibt. Warum nicht nur eine oder zwei - oder aber auch vier oder mehr? Und warum haben die Teilchen genau die Eigenschaften, welche wir messen können? Welchen Grund hat es, dass Neutronen und Protonen fast gleich schwer sind - aber nicht ganz? Viele (Teilchen-)Physiker fragen sich, ob man wirklich all diese Daten nur durch Messen herausfinden kann. Wäre es nicht denkbar, dass man diese Daten ebenfalls aus einer Theorie ableiten kann? Ist es möglich, eine Theorie zu erschaffen, welche gänzlich ohne „Input“, also ohne Messdaten, auskommt?
Die Anhänger der Superstringtheorie (oft auch nur Stringtheorie) sagen ja! Die Stringtheorie soll nicht nur in der Lage sein, diese Fragen zu beantworten, sie soll auch eine Weltformel (TOE) sein, denn sie löst die Konflikte zwischen der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Diese beiden Theorien beschreiben ihr jeweiliges Gebiet, den Makro- bzw. den Mikrokosmos zwar sehr genau, sie lassen sich jedoch nicht auf Bereiche anwenden, die eine Beschreibung beider Theorien verlangen. Solche Punkte im Universum, die z.B. im Zentrum Schwarzer Löcher oder zu Beginn des Universums vorkommen, nennt man Singularitäten.
Die Superstringtheorie basiert auf der Annahme, dass die Elementarteilchen nicht wie bisher angenommen Punktteilchen ohne Ausdehnung sind, sondern dass sie extrem kleine schwingende eindimensionale Fäden - welche man Strings nennt - sind. Die Schwingungsmuster die ein String ausführt, bestimmen die Eigenschaften des durch ihn verkörperten Teilchens. So bedeutet z.B. eine höhere Anzahl von Wellenbergen und -tälern eine höhere Energie (ähnlich wie bei einer Gitarrensaite) und somit nach Einsteins berühmter Formel E=mc² auch eine höhere Masse des Strings. Aus etwas komplizierteren Überlegungen folgen die anderen Eigenschaften des Teilchens. Das „Super“ in Superstringtheorie deutet darauf hin, dass die Superstringtheorie die Supersymmetrie fast mit einschließt.
Aus der Stringtheorie folgen viele interessante neue Kenntnisse und Annahmen. So benötigt die Stringtheorie z.B. ein elfdimensionales (zehn Raumdimensionen und eine Zeitdimension) statt dem gewohnten vierdimensionalen (drei Raumdimensionen und eine Zeitdimension) Universum. Die sieben Zusatzdimensionen sind zu extrem kleinen Gebilden - Calabi-Yau-Räume - „zusammengeknüllt“, so dass wir sie nicht wahrnehmen, die Strings, die in etwa die gleiche Größe besitzen jedoch schon, was ihre Eigenschaften maßgeblich beeinflusst. Des Weiteren erlaubt die Stringtheorie die Existenz von exotischen Phänomenen, wie z.B. Elementarteilchen mit elektrischen Ladungen von beispielsweise 1/5, 1/11 oder 1/53 - um nur einige zu nennen – oder der Variation von Naturkonstanten, was in der klassischen Physik ausgeschlossen ist.
Bis vor einiger Zeit gab es fünf unterschiedliche, miteinander konkurrierende Stringtheorien, welche scheinbar sehr unterschiedlich waren. In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass diese Theorien nur Teile einer viel umfassenderen sind: der M-Theorie. In ihr kommen neben den klassischen eindimensionalen Strings auch Objekte mit bis zu neun Dimensionen vor, die als „Branen“ bezeichnet werden. Wie die theoretische Existenz dieser Objekte zu deuten ist, ist noch umstritten. So gibt es auch theoretische Modelle, die davon ausgehen, dass das bekannte vierdimensionale Universum, welches wir wahrnehmen, in Wirklichkeit eine riesige dreidimensionale Bran ist, die in die elfdimensionale Raumzeit eingebettet ist. Davon bekommen wir deshalb nichts mit, weil sich alle Teilchen bis auf das Graviton (das Teilchen, welches die Gravitation vermittelt) nur innerhalb sogenannter D-Branen bewegen können. Andere Modelle gehen hingegen davon aus, dass es sich bei den Elementarteilchen um Branen handelt.
Die Superstring- bzw. die M-Theorie schafft es zwar, einige der ungelösten Probleme des Standardmodells zu bewältigen, es gibt jedoch noch viele offenstehende Fragen, die sie nicht beantworten kann. Auch die mathematischen Gleichungen, die sie beschreiben, sind so komplex, dass sie bisher nur näherungsweise gelöst werden können. Ob die Superstringtheorie es also schafft eine Weltformel zu werden bleibt abzuwarten.
Weitere Informationen über die Stringtheorie finden Sie hier
Sind Quarks und Leptonen wirklich elementar?
BearbeitenIn der Vergangenheit hat man immer wieder festgestellt, dass die Gebilde, von denen man annahm sie seien elementar, doch nicht elementar sind. So war es mit den Molekülen, den Atomen, den Atomkernen und schließlich den Nukleonen. Eine der einfachsten Ideen auf welche man kommen kann, wenn man nach neuen Theorien sucht, ist die Frage ob wir mit dem Prozess des „Zwiebelschälens“ am Ende sind, oder ob wir nach den Bestandteilen der Quarks und Leptonen suchen sollen. Nach unseren derzeitigen experimentellen Erkenntnissen sind diese Teilchen wirklich elementar, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass es noch tiefere Strukturen gibt. Es wurden bereits einige Modelle vorgeschlagen, nach denen Quarks und Leptonen nicht elementar sind.
Eines dieser Modelle ist das 1979 vorgeschlagene Modell der Rischonen. Dabei gibt es nur zwei elementare Teilchen - Rischonen genannt - sowie deren Antiteilchen. Die beiden Rischonen wurden Tohu und Vohu (hebrä. „formlos“ bzw. „wüst“/„leer“; die Beschreibung des Universums in seinem Urzustand in der Schöpfungsgeschichte) genannt. Das T trägt die elektrische Ladung von +1/3, während das V elektrisch neutral ist. In diesem Modell können immer entweder drei Rischonen oder drei Antirischonen ein Teilchen bilden - Rischonen und Antirischonen können jedoch nicht miteinander kombiniert werden. Somit bauen sich die acht Quarks und Leptonen wie in der nebenstehenden Tabelle auf. Indem man den Rischonen Farben zuordnet, kann man erklären, warum Quarks eine Farbe haben - Leptonen jedoch nicht.