Soziologische Klassiker/ Geschlechterforschung/ Carol Gilligan

Carol Gilligan

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Das Bewusstsein für Moral lässt sich im menschlichen Entwicklungsprozess nach dem kognitiven Entwicklungspsychologen Lawrence Kohlberg in sechs Stufen einteilen, wobei die höchste mit dem größten moralischen Grad an Reife verbunden ist. Gilligan verwies bei diesem Konzept auf die gefühlte Grundproblematik der Wissenschaft, einer, die sich selbst als geschlechtsneutral versteht, den Androzentrismus. Nach Kohlberg gelangen Frauen wesentlich seltener, ebenso wie Kinder, an den obersten Grad der Moral, der Gerechtigkeit, was er damit erklärt, dass Frauen in der Sozialisation Defizite aufweisen. Gilligan zeigt jedoch auf, dass das spezifisch männliche hierbei als Norm und allgemeingültig zu verstehen ist. Daraufhin stellt Gilligan in einer an Kohlberg anlehnenden Studie eine These auf, die zwei gleichberechtigte Formen moralischen Urteilens beinhaltet. Die für Männer spezifische Form der Moral orientiert sich an abstrakten Prinzipien (Fairness, Regeln und Rechte als Leitfaden), die für Frauen spezifischen hingegen an sozialen Prinzipien, wie Fürsorgen und Anteilnahme an anderen. Diese zwei Formen beinhalten einander widersprechende Verantwortlichkeiten, wobei beide nicht unbedingt typisch männlich oder weiblich sein müssen. Dennoch haben ihre Studien die Frau als warmes Wesen über den kalten Mann da stehen lassen. Frausein hat hier die Bedeutung von Bessersein gegenüber der bisher dominierenden Männerwelt. Gilligan traf mit ihren Studien einen empfindlichen Nerv der Zeit der 80er Jahren. Frauen waren bereit sich von alten Weiblichkeitsmuster zu lösen und ihr Leben eigenständig zu meistern. Dabei kamen Bedürfnisse und Sehnsüchte nach Autonomie und der Wunsch nach innerer Abgrenzung zum Vorschein.

Literatur

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  • Matina Löw und Bettina Mathes [Hrsg.] (2005)
    Schlüsselwerke der Geschlechterforschung'
    Erste Auflage
    VS Verlag für Sozialwissenschaften/ GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden