SHK-Handwerk in Sachsen: Über Zünfte und Zunfthandwerker: ... nicht nur Kurioses

... nicht nur Kurioses Bearbeiten

Es ist verständlich, dass Waldenburger Steingutwaren auch am kurfürstlichen Hof in Dresden genutzt wurden, vor allem durch den experimentierfreudigen Kurfürsten August (1553-1586) und seine nicht minder praktisch veranlagte Frau, die Kurfürstin Anna, die nicht nur Tiegel und Mörser in ihrer Hausapotheke nutzte, sondern auch verschenkte. Bekanntschaft mit dem Waldenburger Steingut scheint die Kurfürstin selbst durch ein Geschenk des Wolf von Schönberg gemacht zu haben, denn 1560/61 erhielt ein Waldenburger Töpfermeister ein schock (Groschen) vor ein kam voller allerley gevheß, die sein gnädiger Herr gen Dresden geschankt hatte. Damit verbindet sich auch ein Stück Kulturgeschichte. Die Kurfürstin Anna schickte nämlich von 1573 bis 1585 ihrer Freundin Anna, der Gemahlin Herzog Albrechts V. von Bayern jedes Jahr einen ganzen Karren mit allerley Waldenburgische erdene Gefehß. Darunter befanden sich auch Bierkrüge, wie aus einem Brief der Kurfürstin vom 1. Juni 1576 nach München hervorgeht, in dem es heißt: Euer Liebden schicke ich meinem bisher gehaltenen Gebrauch nach abermals etzliche Walden-burgische Gefeeß, darunter auch etzliche steinerne Krüge mit Zyn beschlagen, daraus man hier zu Lande Sommerzeit pfleget das Bier zu trinken. Denn weil Euer Liebden geliebter Herr und Gemahl itzo auch bißweilen Bier trincket und das Bier fein frisch bleibet habe ich gedacht, sie werden Seiner Liebden nicht unangenehm sein.

Aus dieser Briefstelle ist zu schließen: Erstens, dass Waldenburger Bierkrüge in Sachsen seit längerem einfache Gebrauchsgüter waren, sich aber auch als fürstliche Geschenke eigneten; zweitens, dass man selbst am herzoglichen Hof in München tönerne Bierkrüge aus einheimischer Produktion nicht kannte, sonst hätte die sächsische Kurfürstin nicht jährlich größere Mengen derartiger Krüge nach Bayern geschickt und drittens, dass der bayrische Bierkrug seinen Ursprung in Sachsen hat.[1]

Am 7. Oktober 1639 stellten die Obermeister und andere Meister des Töpferhandwerks in Leipzig an den Bürgermeister der Stadt den Antrag, den Töpfergesellen Christof Thielemann aus Pegau unter bestimmten Voraussetzungen in die Zunft aufnehmen zu dürfen, obwohl der sich vor keinen Töpfer, sondern vor einen Künstler ausgiebt. Beigefügt ist ein Verzeichnis der Figuren und Formen, die Thielemann machen kann und will: 1.Kachelformen, 2. allerley Marzepan-, spanische Dorten-, Pasteten-, Pefferkuchen- und dergleiche Formen, 3. Brustbilder, große und kleine, in Heuser und Stuben zur Zierde zu setzen, auch ind den Gärten zur Lust, oben und an allen Orten Blumen, Kreuter und was einer begertin dieselben zu setzen und zu pflanzen, 4. . ailerley Thiere, große und kleine und hernacher in gestalt eines jeden Begeren zu bringen, wie er sie haben will, 5. allerley lustige Trinckgeschirr von heimlichen Orten darein gemacht ist, daß man nicht weiß, wo man zu Trincken anfahen soll, 6. allerley possierliche Würtzgärdten, 7. das Kleine-Kind-Zeugel.

Als Voraussetzungen, um Thielemann in die Zunft aufzunehmen, nannten die Meister, dass er erstens nur einen kleinen Ofen bauen darf, nicht größer als ein Bierfas, damit er seine Produkte darin brennen kann, zweitens darf er nur Kachelformen verfertigen, außerdem Brustbilder, da man aller-handt Blumen darein zu setzen pflegt, Männer auf die Kachelöfen und Pferde, Würzegarten-Schirbel und allerley künstliche Sachen daran und nicht gemeine, wie wir zu machen pflegen, Martzebanen Formen und derselben Geschirr, keines zu Gläsern, dann solches Töpfer-Arbeit ist. Verboten wird das Ofensetzen, vielweniger zu flicken oder zu ferben und sonstige Töpferarbeit. Offenbar hielt sich Thielemann nicht an diese Einschränkungen, denn die Zunftmeister beklagten sich wenige Wochen später darüber, dass er alles macht, was er nicht darf. Vor allem sei ein von ihm gesetzter Ofen zu groß. Eine Entscheidung über die Aufnahme in die Zunft fiel 1649 nicht, denn 1654 stellte dieser erneut einen Antrag zur Aufnahme, fand jedoch keine Unterstützung, weil er des Meisterrechts nicht fähig. Ob Thielemann dennoch weiter produziert hat, ist nicht bekannt.[2]

Im Jahre 1687 beklagte sich ein Professor Augustus Civinus beim Rat der Stadt, dass ein Klempner ein Häuschen an dem Brunnen nahe dem Pethner Collegio, d. h. in unmittelbarer Nachbarschaft des Gebäudes der juristischen Fakultät in der Petersstraße, erworben hatte, einen Laden anbauen ließ und darin offensichtlich seine Waren verkaufen wollte. Der Professor befürchtete nun, dass die Arbeit des Klempners mit grausamen Geschmittere verbunden sein werde und verlangte beim Rat im Vorhinein ein Verbot der Arbeit des Klempners bei hoher Strafe. Ein Ergebnis der Klage ist nicht bekannt.
Einige Jahre später (1754) beklagte sich abermals ein Angehöriger der Universität beim Rat der Stadt über einen Klempner aus gleichem Grunde. Es handelte sich um den später sehr bekannten, damals 37jährigen Professor der Dichtkunst Karl Andreas Bel, der seit 1743 in Leipzig tätig war und von 1753 bis 1781 die bedeutende Leipziger gelehrte Zeitung herausgab. Bei begründete seine Klage wesentlich ausführlicher als sein Kollege im Jahre 1687. Anlass war der Einzug des Klempners August Winter in ein Haus in der Burgstraße/Ecke Spohrergäßchen. Winter hatte seine Werkstatt - wohl weil seine Wohnung zu klein war - in einem auf die Gasse hinausgehenden Vorbau (Behältnis) eingerichtet. Bei beklagte nun, dass durch das beständige Gepoche, Gehämmere und Getöse bis spät in die Nacht nicht nur die Nachbarschaft incommodirt würde, sondern dass er selbst, im gegenüberliegenden Haus wohnend, an seinem Studiren und Meditationibus, auch Haltung Coilegionum gestöhret und beunruhigt würde, dass er es nicht länger aushalte. Er bat deshalb den Rat, August Winter zu veranlassen, sich eine neue Wohnung zu suchen. Als Rechtsgrundlage für sein Anliegen führte er ein (angebliches) Privileg der Professoren an, nach dem sie nicht gezwungen werden könnten zuzulassen, dass sich ein Handwerksmann in der Nachbarschaft einmiethe, welcher sie durch das mit seiner Arbeit verknüpfte Getöse und Gepoche beunruhige und in ihrer Beschäftigung stöhre. Dieses Privileg sollte vor allem dann wirksam werden, wenn die Professoren schon länger an einem Ort wohnten und die Handwerker erst zuzögen. Auch hier ist das Ergebnis nicht bekannt. Ein Lexikon vermerkt nur: Bei nahm sich am 5. April 1782 in einem Anfall von Schwermut selbst das Leben.[3]

Quellen Bearbeiten

  1. Berling, Kurfürstin Anna, S. 142-151; Schröder, 550 Jahre, S. 1-3; Buchwald, Absatzgebiete. S. 25-262.
  2. StAL, Tit. LXIV (F), Nr.306.
  3. StAL, Tit. LXIV (F), Nr. 77.