Quantenmechanik/ Mathematisches

Allgemeiner Rahmen Bearbeiten


Wie jede physikalische Theorie hat auch die Quantentheorie die Aufgabe, das Ergebnis von Experimenten vorherzusagen und in das existierende Weltbild einzubinden. Die Mathematik dient gerade in der Quantenphysik als wichtiges Hilfsmittel Zusammenhänge, jenseits der alltäglichen Erfahrung, zu erfassen und zu verstehen. Der Rahmen der sich hierbei für die Quantentheorie bewährt hat, ist die Theorie des Hilbert-Raumes und die Wahrscheinlichkeitstheorie. Der Zusammenhang zwischen den mathematischen Größen und der physikalischen Realität wird in den folgenden verschiedenen Kapiteln deutlich, immer wenn die Theorie quantitativ richtige Vorhersagen trifft.

Das Unterkapitel zu mathematischen Hilfsmitteln ist eher zum Nachschlagen als zum geradlinigen Lesen ausgelegt und soll später mit Sammlungen von Formeln ergänzt werden.

Lineare Algebra Bearbeiten

Die Quantenmechanik wirft ausgiebig herum mit Begriffen und Methoden aus der Linearen Algebra, die leider beim Leser hier vorausgesetzt werden. Eine kurze, motivierende Erinnerung an einige Dinge, ohne einen gepflegten Steilkurs ersetzen zu wollen.

Vektorräume sind zum Beispiel:

  • die Menge   aller Dreiervektoren im Raum, dargestellt als Triplets  
  • die Menge   aller Vierervektoren   des Raum-Zeit-Kontinuums
  • die Menge   aller n-tupel  , die typisch in einem linearen Gleichungssystem mit n Unbekannten auftauchen.
  • die Menge   aller Abbildungen   von einer ganz beliebigen Menge   in einen Körper der Zahlen.

Die Vorherigen sind die Spezialfälle  .

Vektoren können addiert und subtrahiert und mit Zahlenfaktoren skaliert werden; alles geht komponentweise. Eine komponentweise Multiplikation, die wieder ein Vektor wäre, wird seltener gebraucht. Aber die skalarwertige Multiplikation, für die alle Komponenten-Produkte addiert werden, hat extreme Bedeutung: ein Skalarprodukt. Es erlaubt, die Längen und Winkel von Vektoren zu messen. Auf dem Raum der reellwertigen Funktionen   der reellen Geraden ist die Produktsumme natürlich ein Integral, Skalarprodukt  . Analog für Funktionen von mehreren Variablen, definiert in der Raumzeit. Gutartige Vektorräume haben Orthonormalsysteme. Das sind endliche oder abzählbar unendliche Mengen von Vektoren, deren gegenseitiges Skalarprodukt verschwindet (sie stehen senkrecht aufeinander) und deren Skalarprodukt mit sich selbst Eins ergibt (sie sind normiert). Jeder beliebige Vektor F kann als Linearkombination der Elemente einer solchen orthonormalen Basis   dargestellt werden,  . Die Koeffizienten sind einfach zu berechnen, es sind die Skalarprodukte  , bildlich die Projektionen des Vektors auf die gewählten Achsen.

Die linearen Transformationen, oder linearen Abbildungen, auf Vektorräumen V kommen immer wieder vor. Es sind die Transformationen  , bei denen die Vektoraddition und die Skalar-Vektor-Multiplikation überleben. Für n-tupel werden sie als Matrizen dargestellt  . Auf Funktionenräumen heißen sie lineare Operatoren. Zum Beispiel sind es Integralkerne, aufs Kontinuum verallgemeinerte Matrizen:  . Aber auch jede Art von Differenzialrechnung gibt Operatoren ab. Alles, solange es linear bleibt.

Man stößt schnell auf Unmengen von praxisrelevanten Gleichungen, bei denen nur eine einzige reelle Variable z nichtlinear auftaucht und alle anderen linear sind, also als Tupel oder Funktion F zu einem Vektorraum gehören. Die Gleichungen haben die Form   mit einer linearen Transformation T. Eine Lösung z heißt ein Eigenwert, der zugehörige Vektor ein Eigenvektor. Die Eigenschwingungen von Saiten, Trompeten, Glocken und alle Art von Resonanzen kommen aus solchen Systemen heraus. Viel wichtiger für uns, auch die Energieniveaus des Wasserstoffatoms. Die Menge der Eigenwerte heißt das Spektrum des Operators T. Ist T gutmütig und symmetrisch genug in Bezug auf ein Skalarprodukt, dann bilden die Eigenvektoren sogar ein Orthonormalsystem.

Fourier-Transformationen Bearbeiten

In der Quantenmechanik sind die Fourier-Transformationen ein wichtiges Hilfsmittel. Mit ihrer Hilfe lässt sich zwischen verschiedenen Räumen, z. B. dem Orts- und dem Impulsraum transformieren.

Definition: Fouriertransformation

Die Fouriertransformierte   einer Funktion   ist definiert durch:

 
Die Rücktransformation ist entsprechend:
 

Die Motivation der Transformation ist klar, wenn alle Integrale existieren: Es geht um die Entwicklung der Funktion f(x) in eine Summe aus Sinus-Cosinus-Schwingungen bzw.ebenen Wellen  , deren Koeffizienten   systematisch zu berechnen sind.

In Dirac-Sprache sind die   ein kontinuierliches orthonormales System von Funktionen von x, die Koeffizienten einer Entwicklung   sind die Skalarprodukte  .

Zunächst ist   nur definiert auf der Menge   der absolut integrierbaren Funktionen. Mathematik beweist, dass   stetig ist und gegen Unendlich verschwindet (Riemann-Lebesgue-Lemma). Wenn   selbst in   ist, dann beweist man streng die Umkehrformel (fast überall, und überall wenn f(x) stetig ist).

Die Physik-Didaktik umschreibt gern handwedelnd das Ergebnis  . Wird eine gutartige Funktion f mit immer schnelleren Schwingungen moduliert, verschwindet das Integral, weil die kürzeren Halbwellen sich immer besser auslöschen.

Der nicht-triviale Satz von Plancherel: Die Transformationen können eindeutig auf den Hilbert-Raum   der quadrat-integrierbaren Funktionen ausgeweitet werden (auch da, wo das Integral streng nicht existiert). Und sie sind dort beschränkte, unitäre, umkehrbare Operatoren.

Die lineare Abbildung   hat folgende Eigenschaften:

  •  
  •  
  •  
  •  
  •  

Die Transformation verwandelt Faltungen in Produkte (und umgekehrt), Verschiebung in Multiplikation mit Phasen, Ableitungen in Multiplikation mit Koordinaten.

  • Einige Fourier-Transformationen ( )
 
 
 
 

In allen Fällen ist das Produkt der 'Ausdehnungen'   von der Größenordung 1, im Einklang mit Heisenbergs Unschärferelation.

Die Fourier-Transformierte der Deltafunktion ist stur nach Regel die Konstante  . Eine Funktionenfolge, etwa eine mit den gerade angeführten Beispielen, die schwach gegen   bzw. f(x)=const geht, wird tatsächlich nach Transformation zu einer Folge mit schwacher Konvergenz gegen  .

In drei Dimensionen,  , gibt es folgende Formel, wenn f nur vom Radius   abhängt:

 

Hilbert-Raum der Vektoren Bearbeiten

Jedem quantenmechanischen Zustand wird im Allgemeinen ein Vektor zugeordnet, der nach der Diracschen Notation Ketvektor oder schlicht Ket genannt wird. Die Gesamtheit dieser Kets bildet einen d-dimensionalen Vektorraum, den sog. Hilbert-Raum.

Definition: Hilbert-Raum

Der d-dimensionale Hilbertraum   ist ein linearer Vektorraum über dem Körper der komplexen Zahlen  , auf dem ein hermitesches Skalarprodukt definiert ist.

Linearität: Mit   und   gilt:

 , dass   ist

Metrik: Zwei Vektoren   ist als Skalarprodukt (auch inneres Produkt) eine komplexe Zahl der Form   zugeordnet. Es besitzt folgende Eigenschaften:

  (Hermite-Symmetrie)
  Linear von rechts
  Antilinear von links
  genau wenn   Positiv definit

Die Zahl   heisst die Norm des Vektors. Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikibooks.org/v1/“:): {\displaystyle ||u\rangle - |v\rangle |} ist der Abstand zwischen Vektoren   und  .

Vollständigkeit: Eine Folge von Vektoren heißt Cauchy-Folge, wenn der Abstand von Nachbarn eine Nullfolge ist. Die Vollständigkeit des Hilbert-Raums fordert, dass jede unendliche Cauchy-Folge gegen ein Element des Raums konvergiert.

Beispiel: die reellen Zahlen sind vollständig, die rationalen Zahlen nicht. Die rationalen Zahlen liegen aber dicht in  .

Es gibt eine abzählbare orthonormale Basis  . Auf jeden Vektor   konvergiert eine Reihe  . Das heißt, der Abstand zwischen Teilsummen und   geht gegen null:

 .

Der Vater aller Hilbert-Räume ist der Vektorraum   der quadrat-integrierbaren Funktionen  . Das Skalarprodukt   existiert, denn ein Produkt   aus komplexen Zahlen   ist Linearkombination aus Betragsquadraten, zum Beispiel von

 .

Endlich-dimensionale Vektorräume sind auch Hilberträume und brauchen die Konvergenzeigenschaften nicht, im Gegensatz zu unendlich-dimensionalen Räumen von Funktionen. Damit die Mathematik ihre Spektraltheorien sauber und rigoros durchziehen kann, hat sie es nötig, dass die Vektoren überall dicht liegen und dass eine Folge, die normmäßig zusammenschrumpft, auch gegen etwas konvergiert. Die Physik hat etwas Narrenfreiheit mit ihren rechnerischen Schnellverfahren; sie quetscht ausgiebig sowas wie Deltafunktionen in den Hilbertraum, was bei den Puristen nicht vorkommt würde.

Die wichtigste Ungleichung in Sachen Skalarprodukt ist die von Cauchy-Schwarz, kurz Schwarzsche Ungleichung:

 

Betrachtet man das Skalarprodukt bei festgehaltenem ersten Argument, wirft es eine komplexwertige lineare Abbildung ab auf dem Hilbertraum H, also ein Funktional  
Dieses Funktional ist der Ungleichung zufolge beschränkt, das heißt, es gibt eine Konstante so dass  
Auf einem Hilbertraum ist eine beschränkte lineare Abbildung äquivalent zu einer stetigen Abbildung, in dem Sinn dass für jede konvergente Folge von Argumenten auch die Folge ihrer abgebildeten Werte konvergiert. Das gilt für Operatoren wie für Funktionale.

Die Menge aller stetigen Funktionale auf dem Hilbertraum bilden den dualen Vektorraum   zum Hilbertraum   Ein Darstellungssatz von Riesz besagt, dass sich für jedes Funktional f des Dualraums -- in Umkehrung der obigen Korrespondenz -- ein eindeutiger Hilbertvektor u findet, so dass   Der Dualraum ist äquivalent zum primären Raum. Diese Äquivalenz wird in Diracs Notation so formuliert, dass zu jedem Ket ein Bra gehört, welches technisch ein Element des Dualraums ist.

Schlechte Physikbücher verwechseln den Schwarz der Ungleichung mit dem Schwartz, der die Distributionenlehre gegründet hat. Und den Lorentz der Transformationen und der Kraft mit dem Lorenz der Eichung. Noch schlechtere schreiben auch Leibniz falsch. Vielleicht weil Newton den so hasste -- er erfand zeitgleich und pädagogisch besser aufbereitet die Differenzial- und Integralrechnung.

Distributionen Bearbeiten

Die Konvergenz gemäß der Metrik des Hilbert-Raums, also der Norm von Differenz-Vektoren, ist die stärkste Form, die bei Bedarf gefordert wird. Mit schwächeren Definiionen der Konvergenz manipuliert die Physik notgedrungen stark erweiterte Mengen von Objekten, darunter uneigentliche 'Hilbert'-Vektoren wie nicht-normierbare ebene Wellen, sowie Distributionen, die gar nicht mehr als Funktionen darstellbar sind.

Beispiel ist die Delta-'Funktion', genauer als Delta-Distribution bezeichnet. Der Ausdruck   ist keine Funktion von x, sondern ein Funktional auf einem Raum von Testfunktionen f(x). Das   soll aus jedem f den Wert an genau einem Punkt herausprojizieren, nämlich f(a). Die Anwendung des Delta-Funktionals auf f wird symbolisch als ein Faltungsintegral geschrieben:  . Dies suggeriert, dass über die Funktion f um den Punkt a herum mit einer Gewichtsverteilung gemittelt wird. Delta ist intuitiv eine unendlich hohe, unendlich schmale Verteilung, ein nadelförmiger Impuls.

Die rigorose Definition sagt:   ist ein schwacher Grenzwert einer Folge von Verteilungsfunktionen. Das heißt, obwohl die Folge am Punkt a divergiert, konvergiert das Resultat eines Faltungsintegrals im ganzen Raum der Testfunktionen f gegen f(a). Punktweise Konvergenz bleibt in der Menge gewöhnlicher Funktionen. Schwache Konvergenz führt aus dem Raum der Funktionen hinaus in einen Raum von Funktionalen, eben von Distributionen. Grenzbetrachtungen gelten dort nur nach Verschmierung, sprich Anwendung auf Testfunktionen. Den Raum der zulässigen Testfunktionen begrenzt man meist auf unendlich oft differenzierbare Funktionen, die außerhalb eines beschränkten Gebiets verschwinden (kompakter Träger). Daher sind viele Rechenschritte mit partieller Integration machbar, definierbar.

Beispiel: Die Gauss-Verteilungen mit der Dichtefunktion

 

mitteln um den Punkt a herum mit der Streubreite s. Mit einer Folge  , die nach Null konvergiert, divergieren die Funktionen   am Punkt x=a. Aber alle Integrale über Testfunktionen f konvergieren zu f(a). Diese Folge der Verteilungen hat als schwachen Grenzwert die Delta-Distribution.

Regularisierung

Familien von Funktionen, deren schwacher Grenzwert eine Distribution ist, werden eine Regularisierung dieser Distribution genannt und in der Rechenpraxis benutzt.

Einige Familien und Folgen von Funktionen, deren schwacher Grenzwert die Deltafunktion (Delta-Distribution) \delta(x) ist. Familien mit reellem  ; für Folgen sind ganze Zahlen N zu setzen,  :

 
 
 
 
 
 
 

Uneigentliche Vektoren, kontinuierliche Spektren Bearbeiten

Das häufigste mathematische Modell eines Hilbert-Raums H ist eine Menge   von komplexwertigen, quadrat-integrierbaren Funktionen auf einem Definitionsbereich D. D ist mit einem Borel-Lebesgue-Maß ausgestattet, das Integral muss nach Lebesgue definiert sein, und ein Element von H ist streng genommen die Äquivalenzklasse aller Funktionen, die sich auf Mengen vom Maß Null unterscheiden können. Solche Feinheiten sind wichtig für die rigorose Beweistechnik der Mathematik, werden in der Physik nur im Notfall erwähnt.

Die Operatoren der Physik sind meistens keine Abbildungen von H in H, sondern nur auf Teilmengen von H so definiert, dass auch der Wert in H liegt. Auf der anderen Seite geht oft der natürliche Definitionsbereich eines Operators weit über H hinaus.

Nur die gutartigsten Operatoren B haben ganz H als Definitionsbereich und sind sogar beschränkt; sie haben dann eine Norm |B|, so dass für alle   gilt:  . Die Menge all dieser Musterexemplare bleibt bei Addition und Multiplikation unter sich und bildet eine normierte Algebra. Sie sind immer stetig, was Konvergenz anbetrifft.

Ein Multiplikations-Operator   geht durch für alle Funktionen. Er kann aber auf H Ergebnisse liefern, die nicht quadrat- integrierbar sind. Die Teilmenge   der  , für die   auch in H liegt, sollte aber dicht in H sein. Jedes   hat dann Folgen von   die gegen   konvergieren, während Folge   munter divergiert, deren Norm geht nach Unendlich.

Ein Wellenzahl-Operator   ist nur definiert auf der Teilmenge der differenzierbaren Funktionen  . Auch er kann unbeschränkte Folgen   für Hilbert-konvergente   auswerfen.

Ein linearer Operator A mit Definitionsbereich   ordnet allen Paaren   über das Skalarprodukt den Wert   zu. Für jedes h ist dies ein lineares Funktional (bzw eine Linearform) auf D. Existiert nun ein Hilbert-Vektor g, so dass diese Form mit   auf D identisch ist, dann setzt man   und sagt, h liegt im Definitionsbereich des hermitesch adjungierten Operators:  .

Zum Beispiel auf dem Raum   ist A eine (n x n)-Matrix, es gibt keine eingeschränkten Definitionsbereiche, und die adjungierte Matrix ist die Transponierte und komplex Konjugierte von A.

Ein Operator, der mit seinem Adjungierten vertauschbar ist, heißt normal. Gilt sogar   und ist D(A) eine Teilmenge des Definitionsbereichs von  , dann heißt A ein Hermitescher Operator. Gilt noch strenger, dass beiden Definitionsbereiche gleich sind, bekommt der Operator A die Eigenschaft Selbstadjungiert. Hat A Eigenwerte, sind sie reell, und Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal.

Uneigentliche Vektoren über dem Hilbert-Raum   sind ähnlich wie Distributionen definiert: als lineare Funktionale, die als Partner für das Skalarprodukt eingespannt werden, obwohl sie keine quadrat-integrierbaren Hilbert-Vektoren sind. Das heisst, u ist ein uneigentlicher Vektor, wenn auf einer dichten Teilmenge von Elementen   die komplexwertige Paarung   definiert ist, und zwar linear in h und antilinear in u. Zum Beispiel sind die ebenen Wellen   uneigentliche Vektoren, denn   ist für absolut-integrierbare   definiert. Der Durchschnitt   ist eine dichte Teilmenge der quadrat-integrierbaren Funktionen. Ebenso ist die Delta-Distibution   ein uneigentlicher Vektor,   projiziert punktweise Funktionswerte aus den Hilbert-Vektoren. Die Diracschen Mengen von 'Bras' und 'Kets' umfassen die Hilbert-Vektoren, erweitert um die Menge der uneigentlichen Vektoren.

Rechenprobleme bereiten die Operatoren mit kontinuierlichem Spektrum. Für den Energie-Operator des Oszillators gibt es ein rein diskretes Eigenwert- Spektrum mit abzählbarer vollständiger Folge von orthonormalen Eigenvektoren. Ein solches Bilderbuch-System ist eher die Ausnahme. Beim Wasserstoffatom spaltet sich der Hilbert-Raum der Wellenfunktionen in zwei orthogonale Teilräume,  , der erste mit den gebundenen Zuständen und dem diskreten Teil des Spektrums, der zweite mit dem kontinuierlichen Spektrum der ungebundenen Wellen. Im kontinuierlichen Spektrum von Operatoren sind Eigenvektoren uneigentlich. Streng normierbare Hilbert-Vektoren werden als Integral über eine Verteilung von uneigentlichen gebaut und sind nur näherungsweise Eigenvektoren.

Uneigentliche Eigenwerte/vektoren sind Grenzfälle der Heisenberg-Unschärfe. Eine Schwingung   mit punktgenau definierter Frequenz hat unendliche Zeit-Ausdehnung, sie ist nicht normierbar. Ein zeitbegrenztes Wellenpaket füllt gemäß Fourier-Analyse ein Frequenzband um die Trägerfrequenz herum. Bandbreiten mal Zeitintervall sind von der Größenordung Eins.

Wie werden kontinuierliche Spektren sauber behandelt? Was ist überhaupt das Spektrum? Ein Operator A hat Eigenwert z und Eigenvektor  , wenn   gilt. z gehört zum Punktspektrum. Hat ganz im Gegenteil der Operator (A-z) eine Umkehrung, ist also die Gleichung   für eine dichte Teilmenge   eindeutig nach h lösbar, dann gehört z zur Resolventen-Menge von A.

Alle Punkte z der komplexen Ebene, die weder zur einen noch zur anderen Menge zählen, werden zum kontinuierlichen Spektrum gerechnet. Bei selbstadungiertem A ist es auf der reellen Gerade zu Hause. Im Nicht-Punkt-Spektrum hat   keine Hilbert-Lösung. Trotzdem kann das ganze Spektrum charakterisiert werden, ohne uneigenliche Lösungen zu bemühen.

Die orthodoxe Methode erklärt uneigentliche Vektoren als nicht-existent und führt Projektions-Integrale auf einem Hilbert-Raum H ein. Dieses Schema funktioniert für selbstadjungierte Operatoren A. Es entspricht der Mathematik, möglichst allgemein zu bleiben und nicht ohne Not irgendwelche Zutaten äußerhalb von H zu postulieren.

Jeder abgeschlossene Teilraum   hat ein orthogonales Komplement  . Jedes   hat eine eindeutige Zerlegung:  

Die Orthogonal-Projektion P(G) ist der beschränkte, auf ganz H definierte Operator, der jedem Vektor   das g im Teilraum   zuordnet. Der Teil von h orthogonal zu G wird weggeworfen. Eine Projektion ist hermitesch, identisch zu ihrem Quadrat, und hat Eigenwerte 1 und 0 auf Eigenraum G bzw. auf dem orthogonalen Komplement von G. Projektionen haben eine Ordnungsrelation,   falls  . Die Differenz   ist dann auch eine Projektion, nämlich auf das orthogonale Komplement zu   in  . Die Matrixelemente der geordneten Projektionen sind geordnet:  .

Ein hermitescher Operator A mit diskretem Spektrum   lässt sich als (unendliche) Summe über die Orthogonal-Projektionen   auf die normierten Eigenvektoren   schreiben:  .

Für kontinuierliche und gemischte Spektren fand die Mathematik, dass es eine analoge Spektraldarstellung als Stieltjes-Integral gibt. Sei A selbstadungierter Operator, sei x im Definitionsbereich von A. Alle Matrixelemente von A haben dann eine Integraldarstellung

  Die reelle Variable a überdeckt das Spektrum.

Hier existiert  , eine zum Operator A gehörende Familie von aufsteigend geordneten Projektionen. Das heißt, alle Matrixelemente  , die als Maß dienen, sind Funktionen die von Null bis   variieren.

Die Funktion   hat beschränkte Variation, denn sie lässt sich als Linearkombination monoton steigender Betragsquadrate darstellen. Seien   und sei P eine Orthogonal-Projektion. Dann

 .

Das Stieltjes-Integral über eine Funktion f(a), bezüglich einer Maß-Verteilung g(a), ist ein Grenzwert über immer feinere Intervall-Raster:

 .

Die Variable a geht über ein reelles Intervall, oder auch die ganze Achse. Alle Intervalle   gehen gegen Null. Funktion g(a) ist entweder monoton oder von beschränkter Variation.

Man kann die Konvergenz des Stieltjes-Integrals direkt auf die Hilbert-Vektoren oder sogar die Projektionen übertragen, die alle zu normierten Vektorräumen gehören und eine Metrik und 'Topologie' besitzen. Dann gelten die Darstellungen:

 
 

Der Ausdruck   bezeichnet Differenzen in der aufsteigenden Familie von Projektionen,  . Mit diesen werden im Grenzfall immer kleinere orthogonale Stücke aus dem Vektor x herausgelöst. Der Vektor x selbst hat diese Darstellung als kontinuierliche Summe seiner Projektionen:

 
 

Die für A maßgebende Abbildung der reellen Zahlen auf Projektionen,  , heißt auch die Spektralschar des Operators A.

  • Wo die Schar E(a) sprunghaft ansteigt, erfasst der Formalismus die
diskreten Linien im Spektrum von A, also die echten Hilbert-Eigenvektoren.
  • Wo die Schar E(a) in einem offenen Intervall um a konstant ist, gehört a
nicht zum Spektrum, sondern zu den Resolventen von A.
  • Wo die Schar E(a) stetig ansteigt, schneidet für kleine Intervalle

  die Differenz-Projektion   aus Vektoren x sozusagen Stücke heraus, die 'verschwommene' Eigenvektoren mit angenäherten Eigenwerten zwischen a und b sind. Ein Grenzwert a=b existiert nicht als Hilbert-Vektor, höchstens als uneigentlicher Vektor.

Jede stetige reellwertige Funktion f(a) auf dem Spektrum kann zu einer Operator-Abbildung erweitert werden, mit der Definition als Integral:

  ist ein hermitescher Operator.

Die weniger strenge Dirac-Notation schreibt das Projektions-Maß als Projektor auf die uneigentlichen Eigenvektoren:

 .

Die Zerlegung von x wird zur Vollständigkeitsrelation für die kontinuierliche Familie der Kets:

 .

Die operator-wertigen Operator-Funktionen sehen so aus:

 .

Unitarität: Ein Operator U ist isometrisch, wenn das Skalarprodukt invariant bleibt,  . Ist U auf dem ganzen Raum H definiert und umkehrbar, heißt er unitär. Es gilt dann  . Eigenwerte unitärer Operatoren sind komplexe Zahlen vom Betrag 1. Ein unitärer Operator hat eine Spektraldarstellung auf dem Einheitskreis. In der strengen Formulierung als Stieltjes-Integral mit einer monotonen Projektions-Schar:

 .

Stetige Funktionen   erzeugen Operator-Funktionen  .

Liouville-Raum der Operatoren Bearbeiten

Definition: Liouville-Raum:

Der Liouville-Raum   ist ein linearer Vektorraum über dem Körper der komplexen Zahlen  , dessen Elemente   die linearen Operatoren auf einem Hilbert-Raum   sind.

Ein reiner Zustand oder Hilbert-Vektor   hat mit dem hermiteschen Operator A den Erwartungswert  . Wenn nicht genug Information da ist, um von Anfang an ein Experiment mit dem reinen Vektor zu beschreiben, wird ein Gemisch angesetzt. Das ist eine Folge   von normierten Hilbert-Vektoren, versehen mit positiven Wahrscheinlichkeiten  . Der Erwartungswert von A wird  . Mit einem vollständigen Orthonormalsystem   sei   und  .

 
 

Der Ausdruck ist die Spur Sp() eines Matrixprodukts, aus der so definierten Dichtematrix W des Gemisches und der Matrix des Operators A. Er ist unabhängig von der Wahl des Orthonormalsystems, so dass besser direkt von der Spur von Operatoren und Operator-Produkten gesprochen wird.

Statistischer Operator  
Normierung von W :  
Erwartungswerte von Operatoren:  

Die Spur ist invariant bei Vertauschung. Jeder unzureichend bekannte Quantenzustand wird als Statistischer Operator W charakterisiert, so dass die Spuren von Produkten WA die Erwartungswerte von Observablen A liefern.

Ein Gemisch ist inkohärent, die Phasen zwischen den Komponenten   sind unbekannt. Ein reiner Zustand ist dagegen kohärent, geschrieben mit genau definierten komplexen Koeffizienten nach dem Superpositionsprinzip in einem Orthonormalsystem.

Die Menge aller statistischen Operatoren über dem Hilbert-Raum H heißt der Liouville-Raum. Er kann aus folgendem Axiom hergeleitet werden: Der Liouville-'Raum' ist die Menge aller linearen Funktionale E(), genannt Erwartungswerte, auf dem Raum der beschränkten selbstadjungierten Operatoren, für die gilt:

  für alle Projektions-Operatoren P.

(Wegen der Normierung auf 1 ist die Menge kein linearer Raum.)

Für jedes derartige Funktional E() existiert eine Darstellung als selbstadjungierter, positiv definiter Operator W mit Spur 1, so dass E(A)= Sp(WA) für alle beschränkten Operatoren A gilt.

Statt auf dem Raum H der Zustände kann die Quantenmechanik direkt auf der Menge der statistischen Operatoren aufgebaut werden, von denen die reinen Zustände nur Spezialfälle sind. Aus der Schrödinger-Gleichung mit dem Hamilton-Operator  , folgt die Bewegungsgleichung für statistische Operatoren:  .

Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie Bearbeiten

Zur Vorhersage der Häufigkeit von Ereignisen, speziell von Messwerten, nutzt die Physik klassisch wie quantentheoretisch Wahrscheinlichkeits-Verteilungen. Genügend große, statistisch signifikante Versuchsreihen an gleichartig vorbereiteten Objekten sollen eine Verteilung (und die Theorie dahinter) bestätigen oder widerlegen. Zum Beispiel: Da ist ein Higgs-ähnliches Teilchen an der Reaktion beteiligt. Die Chancen, dass es nur ein Ausreißer im Grundrauschen ist, stehen derzeit 1 zu eine Million.

Klassische Wahrscheinlichkeit Bearbeiten

Klassisch ist die Wahrscheinlichkeit eine aufgebohrte Mengenlehre. Ereignisse formen eine Menge E; nennen wir sie einen Wahrscheinlichkeitsraum. Schon die elementarsten Ereignisse gehen mit einem positivem Gewicht ein. Alle gutartig messbaren Teilmengen T von E haben ein positives Maß von Wahrscheinlichkeit m(T). Das Gesamte ist auf Eins normiert: m(E)=1. Maße verhalten sich wie Volumen oder Massen von Objekten im Raum: additiv für disjunkte Mengen,  . Andernfalls die Summe minus Maß des Durchschnitts:  . Technische Axiome vom Stil der Sigma-Additivität wurden geschmiedet, um Grenzwertsätze sauber zu beweisen; dazu wird auf die Mathe-Abteilung des Verlags verwiesen.

Für physikalische Werte gibt es allerhand reelle Funktionen A auf der Ereignismenge, genannt Zufallsvariablen. A ist also eine Abbildung   sei das Urbild des Intervalls, Teilmenge von E. Die Wahrscheinlichkeit W[a,b], dass Variable A Werte im Intervall abkriegt, ist dann natürlich m(T). Das Maß m wird herübertransportiert auf alle Zufallsvariablen, welche dadurch Verteilungsfunktionen wie w(a) abbekommen.  . Haben wir es mit n Zufallsvariablen gleichzeitig zu tun, dann ist die Verteilung   auf dem   definiert. Zum Beispiel für 3 Zufallsvariablen X,Y,Z gibt es ein  , so dass das Integral von w über Teilgebiete deren Wahrscheinlichkeit abgibt. Die Verteilung jeder Komponente bekommt man als Randverteilung, indem man die anderen ausintegriert:  . Verteilungen sind auf 1 normiert.

Diskret und gemischt kontinuierlich-diskret verteilte Variablen gibt es auch. Sie lassen sich im Integralschema behandeln, wenn das Maß w(x) dx zu einem Stieltjes-Maß ds(x) auffrisiert wird. Hier ist s(x) eine monoton steigende Fuktion, von 0 bei minus Unendlich nach 1 bei plus Unendlich. Das Riemann-Integral von f(x) war der Grenzwert für alle Intervalle gegen 0:

Integral = Limes von  

Im Stieltjes-Integral   werden die Intervalle variabel bewertet:

Integral = Limes von  

Hat s(x) nun Stufen, kommen die diskret bewerteten Ziehungen von Ereignissen heraus. Ist dagegen s(x) differenzierbar, dann gibt es nichts Neues:  . Schon lange, und in der Physik zuerst, hat man Stufenfunktionen für differenzierbar erklärt zu Deltafunktionen. Maße wie   sind also eine Alternativ-Methode, um diskrete Verteilungen einzubauen.

Der Erwartungswert ist der Mittelwert der Zufallsvariablen X:

 

Die Varianz ist der mittlere Abstand zum Erwartungswert, zum Quadrat:

 .

Die Größe   ist die Standardabweichung vom Mittelwert. Bei mehreren Variablen gibt es eine ganze Matrix von Korrelationen.

 .

Zwei Variablen X,Y heißen unabhängig, wenn ihre gemeinsame Verteilung in ein Produkt zerfällt:  . Es verschwindet die Korrelation   von X mit Y.

Quantenmechanische Wahrscheinlichkeit Bearbeiten

Die gewöhnliche Wahrscheinlichkeitsrechnung quantifiziert die Unkenntnis, den Mangel an Information des Zukunftsforschers. Hätte er mehr Informanten, bessere Roboter, Spione, Abhöranlagen, Insider-Wissen, mikroskopische Dämonen, dann könnte er die Kurse seines Aktienpakets zum Beispiel mit gößerer Präzision vorhersagen. Dagegen ist ein idealer Quantenzustand nach bestmöglicher Messung aller kommutierenden Observablen nicht weiter zu verfeinern. Aus prinzipiellen Gründen. Wird daran mit einem nicht vertauschenden Operator nachgemessen, streuen die Werte bei Versuchsreihen unweigerlich. Und lassen sich nicht durch mehr Statistik verbessern. Die Natur würfelt.

Wenn beides zusammen auftritt, die Informationslücke der Physikerin und die Quantenmechanik, geht sie von der Beschreibung eines reinen Zustands über zu der Interpretation als ein Gemisch. Technisch ist das Modell des reinen Zustands ein Strahl von Vektoren im Hilbert-Raum. Das Modell des Misch-Zustands is ein Operator. Er baut sich auf aus den Projektionen auf reine Zustände, bewertet mit einer klassischen Wahrscheinlichkeit. Dieses Zustandsmodell heißt Statistischer Operator oder auch Dichtematrix.

Die Stochastik der Quanten weicht von jedem klassischen Modell ab, weil die Vorhersagen nicht aus positiven Zahlen zusammengebaut werden, sondern mit dem Superpositionsprinzip aus komplexen Amplituden, deren Betragsquadrat dann die Wahrscheinlichkeit misst. Folgendes kann klassisch nie passieren:

  • Das Hinzufügen neuer Wege für ein Elektron, wie beim Doppelspalt, bewirkt eine auslöschende Interferenz.
  • Die Messungen einer Variablen streuen mit einer Breite, die nicht zu verbessern ist, nachdem eine andere Variable fixiert wurde (Heisenbergsche Unschärfe).
  • Die Korrelationen weit entfernter Ereignisse lassen sich nicht mittels lokal-kausal verursachter Verteilungen errechnen (Bell-Ungleichungen).

Kommutator und Antikommutator Bearbeiten

Der Kommutator zweier Operatoren ist definiert durch:   Entsprechend definiert man den Antikommutator  

Ein Raum von (hermiteschen) Operatoren, der mit jedem Paar X,Y auch den Kommutator -i[X,Y] enthält, ist eine Lie-Algebra. Die einfachste Lie-Algebra der Physik, die Heisenberg-Algebra, hat Dimension 3 mit Basis {Q,P,I} und [P,Q]= iI; [P,I]=[Q,I]=0. Sie enthält den kanonischen Kommutator von Ort- und Impuls-Operatoren; sie kann nicht-hermitesch aus 3x3-Matrizen

  gebaut werden.

Wird aber verlangt, dass die Algebra zur unitären Darstellung einer Gruppe gehört, dann ist nach dem Satz von Stone-von-Neumann der Darstellungsraum isomorph zum Hilbert-Raum   der Schrödinger-Gleichung, hat also die Dimension Unendlich. Die algebraische Quantenmechanik von Heisenberg und die Version mit der Differentialgleichung von Schrödinger sind äquivalent.

Das einfachste Operator-Paar mit einem Antikommutator, {P,Q}=I hat eine unitäre Darstellung in der Dimension 2 (mit Pauli-Matrizen). Diese beschreibt eine elementare Anregung vom Typ Fermion, oder allgemein ein Quantensystem mit 2 Niveaus.

Wichtige Operatoren und Kommutatoren Bearbeiten

Hier sind alle gebräuchlichen Operatoren aufgelistet.


Der Impulsoperator:

 

Der Impulsoperator in der relativistischen Quantenmechanik:  


Der Hamilton-Operator:

 

mit   (Laplace-Operator)


Der Energie-Operator:

 

In der Relativistischen Quantenmechanik gebräuchliche Operatoren sind:

Der Viererimpuls:  

Zeitentwicklungsoperator