Quantenmechanik/ Coulombpotenzial

Trennung von Variablen

Bearbeiten

Das Modell mit mehreren Teilchen ist eine Wellenfunktion, die gleichzeitig von allen Positionen   abhängt. Ihre zeitliche Änderung wird, solange das System ungestört bleibt, von einem Hamilton-Operator vorgeschrieben:

 

Alle Freiheitsgrade sind über diese Funktion gekoppelt. Die kinetischen Terme stehen in der Summe   Die Kräfte zwischen Teilchen finden sich in den Potenzialtermen von H. Sie hängen von mehreren Koordinaten ab und die Lösungen   lassen sich nicht einfach in ein Produkt von einfachen Wellen, eine pro Teilchen etwa, zerlegen.

Eine Trennung von Variablen ist möglich, wenn Symmetrien des Operators H ausgenutzt werden können. Die wichtigste, häufigste Symmetrie ist die Invarianz der Wechselwirkungen V unter der gleichzeitigen Verschiebung aller Ortskoordinaten. Oft ist der Potenzialanteil von H die Summe von Paarpotenzialen   worin die Ortsdifferenzen vorkommen.

Mit zwei Teilchen   und   hat der Hamilton-Operator dann den Beitrag   Man möchte eine komplementäre Koordinate   so finden, dass der kinetische Anteil des Hamilton-Operators

 

auch in den transformierten Koordinaten diagonal bleibt. Die Suche nach solchen u,v,m,M:

 

Es folgt  
  bekommt einen Mischterm der Form  
welcher verschwinden soll. Dimensionslose u,v ergeben sich mit folgenden Daten:

 

Nun definiert man die reduzierte Masse m durch   Der kinetische Term folgt wunschgemäß:

 

Ergebnis. Ein Hamilton-Operator für zwei Teilchen der Form

 

ist äquivalent zum Operator

 

Darin ist M die Summe der Massen, m die reduzierte Masse,   die Relativposition und   der Schwerpunkt. Zu diesem Operator H lassen sich Eigenfunktionen als Produkte schreiben:

 

Der erste Faktor genügt einer potenzialfreien Schrödinger-Gleichung und beschreibt die freie Bewegung des Schwerpunkts. Der zweite Faktor erfüllt eine Einteilchen-Gleichung mit dem Zentralpotenzial   und der reduzierten Masse m. Der gesamte Energie-Eigenwert ist die Summe aus der kinetischen Energie der Schwerpunktsbewegung und der (typischerweise negativen) Bindungsenergie der Relativbewegung.

Beispiele. Die Massen des Protons und des Elektrons sind 938 und 0,5 [MeV/c²]. Die reduzierte Masse   ist kaum verschieden von der des Elektrons. Deshalb wird bei der weiteren Berechnung des Wasserstoffatoms so getan, als sei das Elektron an ein festgenageltes Zentralpotenzial gebunden. Das Zweiteilchen-Problem ist effektiv auf ein Teilchen eingedampft worden. Im Fall des Elektrons und seines gleichschweren Antiteilchens ist die reduzierte Masse genau die Hälfte der Elektronenmasse. Die gebundenen Zustände des Positroniums werden dann auch die Hälfte der Bindungsenergie der Wasserstoff-Niveaus haben.

Als nächste Symmetrie wird ausgenutzt, dass das Coulomb-Potenzial   nur vom Betrag des Orts abhängt. Damit ist der Hamilton-Operator symmetrisch unter allen Drehungen, denn der Laplace-Operator   vertauscht mit Drehungen ums Zentrum und ihren Erzeugern, den Drehimpuls- Operatoren. Zu jedem Eigenwert (l(l+1)) des Operators   muss es also entartete Vektorräume der Dimension (2l+1) geben, die auf dem selben Energieniveau im Zentralpotenzial gebunden sind. In der Tat kommt bei den folgenden Berechnungen heraus, dass man die winkelabhängigen Kugelfunktionen   abspalten kann und nur noch eindimensionale Schrödinger-Gleichungen für den Radius   zu lösen sind.

Zentralsymmetrisches Potenzial

Bearbeiten

Bevor das konkrete Problem des Wasserstoffatoms gelöst werden kann, müssen zunächst ein paar allgemeine Betrachtungen zu kugelsymmetrischen Potenzialen durchgeführt werden. Analog zur klassischen Mechanik wird sich eine Drehimpulserhaltung feststellen und das Problem auf die eindimensionale Bewegung eines Teilchens in einem effektiven Potenzial zurückführen lassen.

Klassisch lässt sich das Impulsquadrat in einen Dreh- und Radialimpulsanteil zerlegen

 

Bei der Übertragung dieser Zerlegung auf die Quantenmechanik ist eine Symmetrisierung zu beachten

 

Nach weiteren Umformungen erhält man für den Radialimpulsoperator

 

was in der Ortsdarstellung folgende Gestalt annimmt

 
 

Der Hamiltonoperator eines kugelsymmetrischen Potenzials lässt sich hiermit nun folgendermaßen Formulieren

 

Bereits mit dem Wissen, dass die Ortseigenfunktionen des  -Operators die Kugelflächenfunktionen   sind

 

bietet sich folgender Separationsansatz für die Ortswellenfunktion an

 

Setzt man dies nun in die stationäre Schrödingergleichung   ein folgt für den Radialanteil

 

Setzt man nun noch die Ortsdarstellung des Radialimpulsoperators ein ergibt sich die Radialgleichung

 

welche formal identisch ist mit der Schrödingergleichung eines Teilchens im effektiven Potenzial

 

Dieses enthält analog wie in der klassischen Mechanik einen Drehimpuls-abhängigen repulsiven Zentrifugalterm.

 
Stehende Schrödingerwellen im Coulomb-Potenzial, indiziert mit den drei Quantenzahlen (n,l,m).

Dimensionslose radiale Bewegungsgleichung

Bearbeiten

Nach diesen allgemeinen Vorüberlegungen kann nun das konkrete Wasserstoffproblem angegangen werden. Im cgs-System ist das Coulomb-Potenzial des Wasserstoffkerns

 

Sinnvollerweise geht man bei der Lösung zu einem dem Problem angepassten Einheitensystem über und macht die Differenzialgleichung dimensionslos über

 

mit dem Bohrschen Radius

 

und der Ionisierungsenergie des Wasserstoffatoms

 

Nach Einsetzen ergibt sich damit die folgende Radialgleichung

 

Vorschau auf Systeme von Lösungen

Bearbeiten
 
Wasserstoff-Termschema für Hauptquantenzahlen (n -> m)

Im einfachsten Modell können die Energie-Niveaus unabhängig von den Quantenzahlen der Drehimpulse mit einer einzigen Hauptquantenzahl nummeriert werden. Das Coulombpotenzial hat eine "versteckte" Symmetrie (mit Lie-Algebra SO(4)), die eine solche Entartung bewirkt. Später im Text werden die relativistischen Korrekturen behandelt, die solche Entartungen aufheben und dem Spektrum eine Feinstruktur verschaffen.

Die folgenden Bilder geben einen Eindruck davon, wie orthonormale, stationäre Lösungen der Schrödinger-Gleichung des Wasserstoffatoms aussehen. Zum Beispiel ein 5f-Orbital als Zustand mit Quantenzahlen (n,l,m)=(5,3,-2). Gezeigt sind Flächen konstanter Amplitude, eingefärbt mit der Phase. An Stelle einer Basis von Eigenfunktionen zum Operator   gibt es auch äquivalente Basen, die sich aus irreduziblen Mengen von homogenen Polynomen in den drei Koordinaten xyz aufbauen.

 
Stationärer Zustand (n,l,m)=(5,3,-2)
 
Stationärer Zustand (n,l,m)=(6,4,1)
 
Zustandsbasis indiziert mit m-Quantenzahlen
 
Zustandsbasis mit Achsen-Orientierung