Das 1,6-Diaminohexan-Verfahren ist ein semiquantitativer nasschemischer Nachweis von  Lactose,  Maltose und weiteren  Disacchariden mit 1,4-Verknüpfung, der zur Anwendung in Schulen und Hochschulen empfohlen wird. Es ist eine Weiterentwicklung der  Wöhlk-Reaktion und von  Fearon’s Test. Weiterhin kann es beim Kohlenhydratnachweis ältere Verfahren wie z. B. die Fehling-Probe, die  Benedict-Reaktion und andere Verfahren, die auf der Reduktion von Kupfer(II)-Ionen basieren, ersetzen.[1] Vorteile bestehen

  1. in der Vermeidung von  Ammoniak-Exposition (Wöhlk-Reaktion) – gemäß  RiSU ist das weniger gefährliche Verfahren anzuwenden,
  2. in der Verwendung einer schulüblichen Chemikalie (1,6-Diaminohexan alias  Hexamethylendiamin wird zur Nylon-Herstellung verwendet[2]),
  3. in der Vermeidung von kupferhaltigen Abfällen (RiSU) und
  4. in der Möglichkeit, drei (anstatt zwei) Aussagen über das untersuchte  Kohlenhydrat zu treffen: a) rot für Lactose, Maltose und weitere 1,4-verknüpfte Disaccharide, b) gelb für reduzierende Monosaccharide ( Glucose,  Fructose,  Galactose …) und c) farblos für nicht-reduzierende Zucker ( Saccharose).

Durchführung

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Zur Durchführung im Chemieunterricht oder im Praktikum stehen zwei Methoden zur Wahl:

  • Reagenzglasversuche im Wasserbad (T=65 °C), Zeitdauer ca. 10 min.,
  • bis zu vier baugleiche Bechergläser, Füllmenge je 10 mL, in einer Inverter-Mikrowelle mit Drehteller, Einstellung 400 W (Zeitdauer 60 Sekunden).[3]

Für die Anwendung im Wasserbad werden die Reagenzgläser jeweils mit 2 mL Fertiglösung (s. u.) und 2 mL Probensubstanz befüllt (  Vollmilch, lactosefreie Milch,   Joghurt,   Kefir …. bzw. 0,1%ige bis 5%ige Zuckerlösungen) und anschließend für 10 Minuten in das vorgeheizte Wasserbad (T = 65 °C) gestellt. Für die Anwendung in der Inverter-Mikrowelle werden vier baugleiche Bechergläser mit jeweils 5 ml Fertiglösung und 5 ml Probenlösung befüllt und mit der Einstellung 400 W für 60 Sekunden kontinuierlich erhitzt.

Bei der Verwendung von reinen Zuckerlösungen kann der Farbstoff mit   UV/Vis-Spektroskopie untersucht werden; es bildet sich ein Maximum bei 550 nm und ein zweites, ca. 20-fach höheres bei 310 nm.[1]

Die vorherige Herstellung einer Fertiglösung empfiehlt sich, da die Vorratsflaschen von 1,6-Diaminohexan üblicherweise einen stark verklumpten Zustand aufweisen[3].

Herstellung einer 1,6-Diaminohexan-Fertiglösung für den Experimentalunterricht

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Unter dem Abzug wird die Vorratsflasche mit dem üblicherweise verklumpten 1,6-Diaminohexan für ca. 1/2 Stunde in ein genügend großes   Becherglas mit ca. 60 °C heißem Wasser gestellt, ähnlich wie man es auch bei auskristallisiertem Honig durchführt. Dabei wird ein Teil des Feststoffes flüssig. Mit einer Plastikspritze oder Einmalpipette zieht man ca. 2 mL der noch warmen Flüssigkeit auf und gibt sofort 1,46 g in eine austarierte 500 mL-Braunglasflasche (Schraubdeckelverschluss), die nebenan auf einer Laborwaage steht. Anschließend gibt man 500 mL Natronlauge (c = 0,1 mol/L) hinzu, verschließt die Flasche mit dem Schraubdeckel und vermischt vorsichtig und gründlich. Die Lösung ist ca. ein halbes Jahr haltbar; der Verfall kündigt sich durch Ausflockungen an. Das Etikett ist mit dem   GHS-Piktogramm GHS05 (metallkorrosiv), H290, dem Signalwort „Achtung“ und dem Herstellungsdatum zu versehen.[1]

Einzelnachweise

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  1. 1,0 1,1 1,2 Klaus Ruppersberg: Nachweis von Lactose (und Maltose) im Kontext Schule (Dissertation, Europa-Universität Flensburg), Zentrale Hochschulbibliothek Flensburg (ZHB)
  2. Making nylon: the ‘nylon rope trick’
  3. 3,0 3,1 Ruppersberg, Klaus, Klemeyer, Horst: Lactose-Schnelltest: Wie kann man in 60 Sekunden Milchzucker nachweisen?. (DOI:10.25656/01:21549) (https://www.pedocs.de/frontdoor.php?source_opus=21549).