Physik Oberstufe/ Schwingungen und Wellen/ Mechanische Schwingungen

Grundwissen mechanische Schwingungen

Bearbeiten

Merkmale eines Oszillators

Bearbeiten
  1. Der Oszillator besitzt eine Ruhe-/Gleichgewichtslage.
  2. Lenkt man den Oszillator aus der Ruhelage aus, so wirkt eine rücktreibende Kraft/Rückstellkraft.
  3. Aufgrund der Trägheit bewegt sich der Oszillator nach dem Loslassen unter Einfluss der Rückstellkraft durch die Ruhelage hindurch.

Begriffe

Bearbeiten
  • Auslenkung, Elongation  
  • Amplitude (maximale Auslenkung)  
  • Geschwindigkeit  
  • Beschleunigung  
  • Periodendauer  , verstreicht zwischen zwei aufeinander folgenden, gleichsinnigen Durchgängen des Oszillators an beliebigem Ort  .
  • Frequenz  
  • Kreisfrequenz  

Das Federpendel

Bearbeiten

Bestimmung der Rückstellkraft

Bearbeiten
 
Ein Federpendel in Ruhelage und ausgelenkt. → Animation

Wir wollen die Rückstellkraft abhängig von der Auslenkung   bestimmen. In der Ruhelage ist die Feder um   ausgelenkt. Die Kraft der Feder   kompensiert die Gewichtskraft  , es gilt also:

 

Für die Rückstellkraft   gilt:

 

und mit (1) folgt:

 .

Bestimmung der Funktion  

Bearbeiten

Die Rückstellkraft   wirkt auf die Masse   und beschleunigt diese in Richtung der Ruhelage, entgegengesetzt zur Auslenkung  .
Mit Newtons Gesetz:

 

ergibt sich:

 .

Setzen wir für die Beschleunigung   den Zusammenhang   ein, erhalten wir:

 

Umgestellt ergibt sich die

Differentialgleichung (DGL) des harmonischen Oszillators:
 

Gesucht ist eine Funktion  , die zwei mal abgeleitet bis auf den Faktor   sich selbst ergibt.
Wir machen einen Ansatz:

 
 
 

Eingesetzt in Die DGL ergibt sich:

 

Diese Gleichung ist für alle Zeiten   nur erfüllt, wenn die Klammer verschwindet, d.h.:

 
 
Schwingendes Federpendel.

Damit ist die allgemeine Lösung der Differentialgleichung des harmonischen Oszillators:

 

Die Amplitude   und die Phase   sind Integrationskonstanten, die durch die Anfangsbedingungen definiert werden.

Für die Schwingungsdauer   des das Federpendels gilt:
 

Merke:

Ein Oszillator ist genau dann harmonisch, wenn die Rückstellkraft   proportional zur Auslenkung   ist:
 

Die Schwingungsdauer   des harmonischen Oszillators ist unabhängig von seiner Schwingungsamplitude  .

Weitere Oszillatoren

Bearbeiten

Um Oszillatoren beschreiben zu können, benötigen wir immer die Rückstellkraft in Abhängigkeit der Auslenkung.

Fadenpendel

Bearbeiten
 
Rückstellkraft am Fadenpendel:  
 
Fadenpendel und Rückstellkraft.

Bestimmung der Rückstellkraft

Bearbeiten

Für das Fadenpendel können wir die Rückstellkraf durch Kräftezerlegung herleiten. Aus der Zerlegung (siehe Bild) findet man:

 .

Wenn wir den Winkel   im Bogenmaß verwenden, gilt die Beziehung  . Dabei ist   die Bogenlänge, d.h. die Auslenkung entlang der Kreisbahn. Eingesetzt und mit   ergibt sich:

 .

Offensichtlich ist die Rückstellkraft   nicht proportional zur Auslenkung. Im allgemeinen Fall ist das Fadenpendel also kein harmonischer Oszillator.

Näherung für kleine Auslenkungen  

Bearbeiten
 
Für hinreichend kleine Auslenkungen gilt:
 .
 
Trigonometrie an einem sehr spitzen, rechtwinkligen Dreieck:
 .

Für kleine Winkel   gilt im Bogenmaß:

 .

Eingesetzt in die Formel für die Rückstellkraft ergibt sich:

 .

Für hinreichend kleine Auslenkungen ist   also proportional zur Auslenkung, das Pendel führt in diesem Fall eine harmonische Schwingung aus.

Differentialgleichung der Schwingung für kleine Auslenkungen und Lösung

Bearbeiten

Als Bewegungsgleichung erhält man:

 .

Setzen wir für die Beschleunigung   den Zusammenhang   ein und kürzen   weg, so erhalten wir:

 

und es ergibt sich die

Differentialgleichung (DGL) des Fadenpendels für kleine Auslenkungen:
 

Vergleich mit der Differentialgleichung des harmonischen Oszillators zeigt, dass wir die selben Lösungen erhalten, wenn wir statt   einfach   setzen, also:

Allgemeine Lösung der Differentialgleichung des Fadenpendels für kleine Auslenkungen:
 

Die Amplitude   und die Phase   sind wieder Integrationskonstanten, die durch die Anfangsbedingungen definiert werden.

Für die Schwingungsdauer   des Fadenpendels gilt:
 

Es fällt auf, dass die Schwingungsdauer   nicht von der Masse  , sondern allein von der Erdbeschleunigung   und der Pendellänge   abhängt.


Aufgabe: Verkürzen eines Fadenpendels.


Schwingende Wassersäule

Bearbeiten
 
Ausgelenkte Wassersäule. → Animation

Wir starten wieder mit der Bestimmung der Rückstellkraft.

Bestimmung der Rückstellkraft

Bearbeiten

Wird die Wassersäule ausgelenkt, so führt das Ungleichgewicht der Wassersäulen zu einer Rückstellkraft. Wird die Wassersäule um   ausgelenkt drückt die Masse eines Zylinders der Höhe   gegen die Auslenkung (siehe Bild). Die Rückstellkraft ist damit:

 ,

wobei   die Dichte der Flüssigkeit und   den Rohrquerschnitt angibt. Die Rückstellkraft ist proportional zur Auslenkung und damit handelt es sich beim Wassersäulenpendel für Auslenkungen im geraden Rohrbereich um einen harmonischen Oszillator.

Differentialgleichung der Schwingung und Lösung

Bearbeiten

Setzen wir die Rückstellkraft   in die Newtonsche Bewegungsgleichung   ein, ergibt sich:

 .

Die Masse   ist die insgesamt beschleunigte Masse, also die Masse der gesamten Wassersäule. Mit der Länge   der Wassersäule erhält man:

 .

Eingesetzt in die Bewegungsgleichung und mit   ergibt sich:

 
Differentialgleichung einer schwingenden Wassersäule der Länge  :
 

Die Lösungen sind wieder harmonische Schwingungen, hier mit der Kreisfrequenz:

 .

Aufgabe: Ein Wassersäulenpendel wird weit ausgelenkt.


Die Energie harmonischer Oszillatoren

Bearbeiten

Potentielle Energie des Federpendels

Bearbeiten

Wir bestimmen die potentielle Energie   des Federpendels in Abhängigkeit der Zeit.

Lösungsweg 1: Es gilt mit der Spannenergie   und er Lageenergie   im Gravitationsfeld:

 .

Die Spannenergie   ist gegeben durch:

 

die Lageenergie   durch:

 

wobei   ein beliebig festzulegendes Nullniveau definiert. Wir wählen   so, dass in der Ruhelage   gilt:

 
 .

Für die potentielle Energie   des Federpendels in Abhängigkeit der Zeit erhalten wir damit:

 
 
 
 

Da   gilt, erhalten wir:

Potentielle Energie des Federpendels:
 

Lösungsweg 2: Wir integrieren die Rückstellkraft   aus der Ruhelage bis zur Position  :

 

Kinetische Energie des Federpendels

Bearbeiten
 
Einheitskreis und Satz des Pythagoras verdeutlichen:
 

Die kinetische Energie des Federpendels ist gegeben durch:

 

Aufgabe: Zeige, dass die Summe aus potentieller und kinetischer Energie zeitlich konstant ist. Verwende die Beziehung:  .

Der Oszillator wandelt periodisch potentielle Energie   in kinetische Energie   und umgekehrt um.
Die Summe der Energien ist stets konstant.

Phasendifferenz zwischen zwei Oszillatoren

Bearbeiten
 
Rechts: Zwei Schwingungen, die sich im Phasenwinkel um Δφ unterscheiden. Die blaue Schwingung eilt der roten um 60° voraus. Links: Zwei rotierende Zeiger mit demselben Unterschied im Phasenwinkel.
 
Zueinander phasenverschoben schwingende Oszillatoren.

Gegeben sind zwei Oszillatoren gleicher Frequenz. Die Schwingungen werden beschrieben durch:
Oszillator 1:

 

Oszillator 2:

 

Man bezeichnet   als Phasendifferenz zwischen den Oszillatoren.

Spezialfälle:

  •    → Die Oszillatoren schwingen „gleichphasig“/„in Phase“.
  •   → Die Oszillatoren schwingen „gegenphasig“.
  •   → Oszillator 2 hinkt Oszillator 1 um   hinterher oder Oszillator 1 eilt Oszillator 2 um   voraus.

Erzwungene Schwingung und Resonanz

Bearbeiten
 
Amplitudengang des harmonischen Oszillators für verschieden starke Dämpfung D aufgetragen gegen das Frequenzverhältnis  .
 
Identische Pendel bei verschiedenen Anregungsfrequenzen.

Experiment: Ein Oszillator der Eigen(kreis)frequenz   wird periodisch mit der Kreisfrequenz   angeregt.
Beobachtung: Nach einer Einschwingphase macht der Oszillator eine erzwungene Schwingung mit der Anregungsfrequenz   des Erregers. Für   sind Erreger und Oszillator in Phase, für   sind Erreger und Oszillator gegenphasig. Im Resonanzfall   beträgt die Phasendifferenz  , die Anregung eilt dem Oszillator um eine Viertelperiode voraus. Die Schwingungsamplitude hängt von der Erregerfrequenz   ab. Im Resonanzfall   treten sehr große Amplituden auf.