Physik Oberstufe/ Elektrizitätslehre/ Grundbegriffe und -wissen

Ladung Bearbeiten

 
NE-2 Glimmlampe, Betrieb an Gleichspannung unterschiedlicher Polarität (links und Mitte) und an Wechselspannung (rechts)

Experiment: Alufolie auf Schaumstoff, Schallplatte wird darauf bewegt, dann entfernt.
Beobachtung: Die Schallplatte zieht die Alufolie an. Berührt man mit einer Glimmlampe Alufolie und/oder Schallplatte, so leuchtet jeweils eine andere Elektrode der Glimmlampe auf: Bei der Alufolie leuchtet die abgewandte, bei der Schallplatte die zugewandte Elektrode.
Erklärung: Durch die Reibung zwischen Schallplatte und Alufolie werden Ladungen getrennt, d.h. sowohl Schallplatte als auch Alufolie werden entgegengesetzt geladen. Nachweis mit Glimmlampe: Die negative Elektrode leuchtet jeweils, d.h. die Alufolie ist positiv geladen, die Schallplatte negativ.


Experiment: Ein Luftballon wird an einer Schnur aufgehängt und mit einem Seidentuch gerieben. Dann bringt man einen Glas- bzw. Kunststoffstab in die Nähe, die jeweils mit Leder bzw. Seidentuch gerieben wurden.
Beobachtung: Der Glasstab zieht den Luftballon an, der Kunststoffstab stößt ihn ab.
Erklärung: Durch das Reiben werden Luftballon und Stäbe aufgeladen, der Glasstab im Vergleich zum Luftballon mit entgegengesetzter Ladung.

Die Ladung   ist eine Eigenschaft der Materie vergleichbar mit der Masse  .

Einheit der Ladung:

 

Im Gegensatz zur Masse   gibt es zwei verschiedene Ladungen, positive   und negative  . Gleichnamige Ladungen stoßen sich ab, verschiedennamige ziehen sich an. Für Ladungen gilt der Erhaltungssatz:

In einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtladung (positive abzüglich negativer Ladungen) erhalten.

Strom und Spannung Bearbeiten

Elektrische Stromstärke Bearbeiten

 
Elektrischer Strom  : Die elektrische Stromstärke ist die pro Zeiteinheit   einen Leiterquerschnitt passierende Ladungsmenge  . Die Richtung des elektrischen Stroms ist die Bewegungsrichtung der Ladungsträger multipliziert mit dem Vorzeichen der jeweils transportierten Ladung. Der elektrische Strom fließt vom Plus- zum Minuspol.

Ladung, die sich bewegt, bezeichnet man als elektrischen Strom. Die elektrische Stromstärke   ist definiert durch die pro Zeiteinheit   einen Leiterquerschnitt passierende Ladungsmenge  :

 

Einheit der Stromstärke  :

  (benannt nach André-Marie Ampère)

Als Richtung des elektrischen Stroms[1] definiert man die Bewegungsrichtung   positiver Ladungsträger  :

 .

In Metallen sind negativ geladene Elektronen die Träger der Ladung, sie bewegen sich entgegengesetzt zur Richtung des elektrischen Stroms, und damit gilt:  .
Positive Ladung, die sich von   nach   bewegt stellt also den gleichen (elektrischen) Strom dar wie negative Ladung, die in entgegengesetzter Richtung von   nach   fließt.

Elektrische Spannung Bearbeiten

Wird beim Transport einer Ladung geeigneten Vorzeichens zwischen zwei Punkten Energie frei, so besteht zwischen diesen Punkten eine elektrische Spannung.
Die elektrisch Spannung   zwischen zwei Punkten   und   ist ein Maß für die pro Ladung   freiwerdende bzw. erforderliche Arbeit  , wenn die Ladung   von   nach   transportiert wird:

 

Man bezeichnet die elektrische Spannung   auch als elektrische Potentialdifferenz.
Einheit der Spannung  :

 

Ladung, Spannung und Strom im Experiment
Aufbau: Ein Aluminiumkügelchen hängt an einer Schnur zwischen zwei verschiedennamig geladenen Kugeln   und  .

Durchführung: Man berührt mit dem Kügelchen eine der geladenen Kugeln und lässt es los.

Beobachtung: Das Kügelchen springt anschließend mehrmals zwischen den Kugeln hin- und her.

Erklärung: Das Kügelchen wird beim Berühren z. B. der Kugel   positiv aufgeladen. Anschließend wird es abgestoßen und von der Kugel   angezogen. Beim Berühren der Kugel   gibt es seine positive Ladung ab und wird gleichzeitig negativ aufgeladen. Daraufhin wird es von   abgestoßen und von   angezogen: Das Kügelchen springt hin- und her.

Aufgabe: Wo findet man in diesem Experiment Spannung und Strom? Warum kommt die Bewegung nach einigen Perioden zum erliegen?

Schaltkreis und Ohmsches Gesetz Bearbeiten

 
Die elektrische Stromstärke   (große rote Pfeile) hat die selbe Bewegungsrichtung (kleine Pfeile) wie positive Ladungen, bzw. ist zur Bewegungsrichtung negativer Ladungen entgegengesetzte.

Konventionen Bearbeiten

 
Ein einfacher Schaltkreis aus Batterie und Widerstand, verbunden durch ideale Leiter.

Wir stellen elektrische Schaltungen schematisch dar. Für sämtliche Bauteile (Kabel, Widerstände, Spannungsquellen, Lampen, Motoren, Schalter, Spulen, Kondensatoren, …) hat man Symbole vereinbart. Diese erlauben, alle relevanten Informationen in einem Schaltplan abstrakt und übersichtlich darzustellen.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Angabe der Richtung von Spannungen und Strömen.
Wir definieren die Richtung des elektrischen Stroms:

Richtung des Stroms: Richtung, in die sich positive Ladungen bewegen (würden).

Bewegen sich mikroskopisch gesehen in Wirklichkeit negative Ladungen, dann in entgegengesetzter Richtung.
Für den Spannungspfeil vereinbaren wir:

Richtung des Spannungspfeils: Beim Transport positiver Ladung in Richtung des Pfeils wird Energie frei.

Verwenden wir die im Schaltkreis definierten Richtungen zur Berechnung von Größen, so bedeutet ein negatives Ergebnis, dass die berechnete Größe in Wirklichkeit die entgegengesetzte Richtung hat.

Ohmsches Gesetz Bearbeiten

Für viele Leiter ist der fließende Strom   (zumindest näherungsweise) proportional zur anliegenden Spannung   und es gilt die Beziehung:

 

mit der Kontanten  . Entsprechend ist der Ohmsche Widerstand eines Bauteils definiert durch:

 

Für die Einheit des Widerstands   gilt:

 

Kirchhoffsche Gesetze Bearbeiten

Knotenregel Bearbeiten

 
Ein Leitungsknoten. Die in den Knoten fließende Ladung muss auch wieder herausfließen, sonst würde im Knoten Ladung verschwinden oder entstehen.

Wir betrachten einen Knoten, eine Verzweigung von Leitungen. Da Ladungen weder verschwinden noch entstehen können, gilt die Knotenregel:

Die Summe aller Ströme an einem Knoten ist Null:

 

Alle zum Knoten fließenden Ladung muss auch wieder vom Knoten wegfließen.

Maschenregel Bearbeiten

 
Zwei Maschen in einem einfachen Schaltkreis. Beim Transport einer Ladung entlang einer Masche darf Energie in Summe weder gewonnen noch verloren gehen.

Wir betrachten eine Masche, eine geschlossene Leitungsschleife. Da beim Transport einer Ladung entlang einer Masche mit gleichem Start- und Endpunkt in Summe weder Energie gewonnen noch verloren gehen darf (Energieerhaltung), muss die Maschenregel gelten:

Die Summe aller Spannungen in einer Masche ist Null:

Masche  

Masche  

Anwendung: Grundschaltungen von Widerständen Bearbeiten

Mithilfe der Knoten– und der Maschenregel können wir den resultierenden Widerstand   beliebiger Kombinationen verschiedener Widerstände berechnen. Wir betrachten zwei Spezialfälle.

Reihenschaltung Bearbeiten

 
Reihenschaltung

In der Reihenschaltung gibt es keinen Knoten, bei dem sich der Strom aufteilen könnte. Darum fließt durch beide Widerstände derselbe Strom. Durch Anwendung der Maschenregel erhält man:

 

Der resultierende Widerstand   der Schaltung ist definiert durch  .

Man erhält:

 
 .

Der resultierende Widerstand   ist gleich der Summe der Einzelwiderstände.

Parallelschaltung Bearbeiten

 
Parallelschaltung

In der Parallelschaltung teilt sich der Strom an den Knoten auf. Aus der Knotenregel folgt:   die Anwendung der Maschenregel ergibt:   Mit dem resultierenden Widerstand der Schaltung definiert durch   erhält man:

 

da

 

Der Kehrbruch des resultierenden Widerstands   ist also gleich der Summe der Kehrbrüche der Einzelwiderstände  .

Merke:
  • Werden   Widerstände   in Reihe geschaltet, so gilt für den resultierenden Widerstand  :
 
Die Summe der Einzelwiderstände ergibt den resultierenden Widerstand  .   ist immer größer als der größte Einzelwiderstand  .
  • Werden   Widerstände   parallel geschaltet, so gilt für den Kehrbruch des resultierenden Widerstands  :
 
Der Kehrbruch des resultierenden Widerstands   ist gleich der Summe der Kehrbrüche der Einzelwiderstände  . Der resultierende Widerstand   ist immer kleiner als der kleinste Einzelwiderstand  .
  • Für zwei parallel geschaltete Widerstände gilt:  

Aufgabe: Drei parallel geschaltete Widerstände.
Aufgabe: Schaltungen von Widerständen.


Messtechnik Bearbeiten

Messung der Spannung Bearbeiten

 
Spannungsmessung parallel zum Bauteil.

Die Spannungsmessung ist eine Messung der Potentialdifferenz zwischen zwei beliebigen Punkten. Dabei kann kaum Schaden angerichtet werden, da der Innenwiderstand des Voltmeters sehr groß, und damit der durch das Messgerät fließende Strom sehr klein ist.

Die Spannung wird stets parallel zur Last „abgegriffen“ und hat die Einheit Volt (V). Messgeräte sollten nach Benutzung immer auf den größten Spannungsmessbereich eingestellt werden. So wird die Gefahr, am Messgerät oder an der zu messenden Schaltung Schäden zu verursachen, minimiert.

Messung der Stromstärke Bearbeiten

 
Stromstärkemessung in Reihe.

Die Messung der Stromstärke erfordert die Bestimmung der durch eine Leitung fließenden Ladung pro Zeit. Dazu muss die entsprechende Leitung aufgetrennt und das Ampèremeter in Reihe zur Last eingefügt werden. Das Ampèremeter hat einen sehr kleinen Innenwiderstand, da es ja selbst den fließenden Strom nicht behindern darf.

Der kleine Innenwiderstand des Ampèremeters hat zur Folge, dass ein fälschlicherweise wie ein Voltmeter angeschlossenes Ampèremeter zu extremen Stromstärken durch Messgerät und Schaltung führt, die beide Komponenten zerstören können.

 
Messung von Spannung und Strom.

Merke:

  • Spannungsmessung parallel zu Last oder Spannungsquelle, unkritisch wegen hohem Innenwiderstand des Voltmeters, aber dann falsche Messung.
  • Strommessung in Reihe zur Last durch Auftrennen einer Leitung, nie eine neue Verbindung durch das Messgerät schaffen, Kurzschlussgefahr!
  • Messgerät nach Gebrauch auf Spannungsmessung, höchster Messbereich, stellen.

Experimente zum Stromkreis
Messung von Spannung und Strom, Reihen- und Parallelschaltung vermessen, Kirchhoffsche Gesetze

Bemerkungen Bearbeiten

  1. Manche Lehrwerke unterscheiden zwischen „physikalischer“ und „technischer“ Stromrichtung. Dabei wird irreführend die „physikalische“ Stromrichtung als Richtung des Elektronenstroms bezeichnet. Dieser Elektronenstrom muss aber mit seiner negativen Ladung multipliziert werden, um den elektrischen Strom zu erhalten, und dieser fließt damit sowohl in der Physik als auch in der Technik in die gleiche Richtung.