Autor:innen: Maria Musterfrau

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A. Staatszielbestimmungen Bearbeiten

Im Grundgesetz finden sich zahlreiche sog. Staatszielbestimmungen, die sich von den Staatsstrukturprinzipien in ihrer Wirkungsweise unterscheiden. Es handelt sich um Verfassungsnormen, die dem Staat die dauerhafte Beachtung oder Erfüllung bestimmter Aufgaben vorschreiben[2], etwa das Schaffen einer sozialen Ordnung (Art. 20 I GG), das Bewahren einer lebenswerten Umwelt (Art. 20a GG) oder die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG). Anders als die Staatsstrukturprinzipien, die die staatlichen Strukturen in ihrer Gesamtheit prägen, handelt es sich somit um politische Aufträge, die auf ihre Verwirklichung drängen.[3]

Staatszielbestimmungen richten sich in erster Linie an den Gesetzgeber.[4] Dieser steht in der Pflicht, die genannten Ziele durch entsprechende Rechtssetzung zu erreichen. Die Staatszielbestimmungen sind daher nicht als die Absicherung eines status quo, sondern als zukunftsgerichteter Appell an den Gesetzgeber zu verstehen.[5] Hierbei kommt dem Gesetzgeber aber ein erheblicher Spielraum zu.[6] Die Staatszielbestimmungen geben den Staatsorganen nur das „ob“ vor; die Frage des „wie“ hat weitestgehend der Gesetzgeber zu beantworten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Staatszielbestimmungen extrem unbestimmt und entwicklungsoffen formuliert sind.[7]

Beispiel: Art. 20 I GG gibt es dem Gesetzgeber auf, eine soziale Ordnung zu schaffen. Aber was bedeutet „sozial“? Hierüber besteht in einer pluralistischen Gesellschaft naturgemäß Streit. Darüber zu entscheiden steht nicht dem Bundesverfassungsgericht zu, sondern ist in erster Linie Aufgabe des plural besetzten Parlaments.

Mit dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers korrespondiert somit ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab der Gerichte.[8] Gleichwohl handelt es sich bei den Staatszielbestimmungen um voll verbindliche Verfassungsnormen (s.o.), die auch einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind.[9] Lässt der Gesetzgeber die Staatsziele gänzlich außer Betracht oder ist seine Umsetzung offensichtlich unzulänglich, so kann ein Verstoß gegen die Staatszielbestimmung festgestellt werden.[10] Das ist bislang freilich noch nie passiert.[11] Es bleibt somit bei dem Befund, dass eine Durchsetzung der Staatsziele gegen den Gesetzgeber wenig erfolgsversprechend ist.[12]

Der rechtspraktische Vorteil der Staatszielbestimmungen liegt daher auch anderswo: Es erfolgt eine verfassungsrechtliche Aufwertung politischer Ziele.[13] Durch die Aufnahme von Staatszielen in die Verfassung erlangen bestimmte politische Anliegen Verfassungsrang. Die Staatszielbestimmungen begründen dabei zwar keine klarbaren, subjektiven Rechte der Einzelnen (rein objektiv-rechtliche Verpflichtung des Staates).[14] Sie können aber die bestehenden subjektiven Rechtspositionen der Einzelnen verfassungsrechtlich verstärken.[15]

Beispiel: So wurde etwa aus dem Grundrecht auf Menschenwürde i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (!) ein Anspruch auf menschenwürdiges Existenzminimum hergeleitet.[16]

Vor allem aber schaffen die Staatszielbestimmungen in vielen Fällen erst die verfassungsrechtliche Grundlage dafür, grundrechtliche Freiheit zu beschränken, wo diese dem Ziel zuwiderläuft.[17]

Beispiel: Zirkusaufführungen sind selbst dann von der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geschützt, wenn das Tierwohl durch die Aufführung erheblich beeinträchtigt wird. Das Staatsziel Tierwohl (Art. 20a GG) liefert allerdings die verfassungsrechtliche Grundlage dafür, derlei Aufführungen zu verbieten.

Insoweit fordern die Staatszielbestimmungen vom Gesetzgeber nicht nur die Erfüllung der Ziele (oben Rn. ...). An vielen Stellen ermöglichen sie es dem Gesetzgeber erst, im Interesse des Staatsziels tätig zu werden. Das ist gerade deshalb wichtig, weil Privatpersonen nicht unmittelbar an die Staatsziele[18], wohl aber an die vom Parlament erlassenen Gesetze gebunden sind.

Für die übrigen Staatsgewalten sind die Staatszielbestimmungen von geringerer Bedeutung. Doch auch sie haben die Staatszielbestimmungen bei ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen. So haben die Gerichte bei der Auslegung des einfachen Rechts der Bedeutung der Staatsziele Rechnung zu tragen und die Exekutive hat die Staatsziele bei der Ausübung ihres gesetzlichen Spielraums einzubeziehen.[19]

Weiterführende Studienliteratur Bearbeiten

  • Schladebach, Staatszielbestimmungen im Verfassungsrecht, JuS 2018, 118 ff.

Zusammenfassung Bearbeiten

Staatszielbestimmungen sind bindende Verfassungsnormen, die dem Staat das verfolgen bestimmter Ziele vorgeben. Sie begründen zwar keine klagbaren Rechte der Einzelnen, können bestehende Rechtspositionen aber verstärken. Adressat der Staatszielbestimmungen ist in erster Linie der Gesetzgeber. Ihm kommt bei der Durchsetzung der Ziele aber ein erheblicher Spielraum zu, sodass aus den Staatszielbestimmungen i.d.R. keine konkreten Rechtsfolgen hergeleitet werden. Die Bestimmungen ermöglichen es dem Gesetzgeber aber, im Interesse des Staatsziels Grundrechte zu beschränken. Zudem verpflichten die Staatszielbestimmungen Gerichte und Verwaltungsbehörden, das Ziel im Rahmen der Gesetzesanwendung zu berücksichtigen.

  1. Die erste Fußnote
  2. Kahl/Gärditz, Umweltrecht, 11. Auflage 2019, § 3 Rn. 4.
  3. Gröpl, Staatsrecht I, 11. Auflage 2019, § 6 Rn. 243.
  4. Zu Art. 20a GG: BVerfG, B.v. 13.03.2007– 1 BvF 1/05 = BVerfGE 118, 79 (110); Schlacke, Umweltrecht, 8. Auflage 2021, § 4 Rn. 7.
  5. Gröpl, Staatsrecht I, 11. Auflage 2019, § 6 Rn. 145.
  6. tba
  7. Zu Art. 20a GG: Kloepfer, Umweltrecht, 4. Auflage 2016, § 3 Rn. 45.
  8. tba
  9. BVerfG, B.v. 24.03.2021 – 1 BvR 2656/18 = für BVerfGE vorgesehen.
  10. tba
  11. tba
  12. Für den Bereich des Umweltrechts: Kahl/Gärditz, Umweltrecht, 11. Auflage 2019, § ...
  13. tba
  14. Schladebach, JuS 2018, 118 (119).
  15. Zu Art. 20a GG: Kahl/Gärditz, Umweltrecht, 11. Auflage 2019, § 4 Rn. 5; Kloepfer, Umweltrecht, 4. Auflage 2016, § 3 Rn. 26.
  16. BVerfGE...
  17. tba
  18. Für Art. 20a GG: Kahl/Gärditz, Umweltrecht, 11. Auflage 2019, § 3 Rn. 4; Kloepfer, Umweltrecht, 4. Auflage 2016, § 3 Rn. 24; Schlacke, Umweltrecht, 8. Auflage 2021, § 4 Rn. 6.
  19. tba