Um das elektromagnetische Strahlungsfeld einer bewegten Ladung zu
bestimmen, haben wir bereits alle notwendigen Mittel bereit gestellt:
die retardierte Greensfunktion, um zu einer gegebenen Ladungs- und
Stromverteilung (hier also zu einer bewegten Punktladung gehörend)
das elektromagnetische Viererpotential zu errechnen. Zunächst machen
wir uns aber Gedanken darüber, ob sich die Viererstromdichte und die
retardierte Greensfunktion relativistisch kovariant formulieren lassen.
Der Vektor
ist bereits ein Vierervektor. Denn wenn die Ladungsdichte
und
sind, dann gilt ,
wobei ein Vierervektor und
relativistisch invariant ist: Sei
z.B. mit einem Lorentz-Boost entlang der x-Achse. Dann gilt
mit der Jacobi-Determinante
,
d.h. .
Die Ladungsdichte für eine Punktladung ist
.
Die Stromdichte lässt sich wie folgt relativistisch kovariant schreiben:
.
Denn auch das Deltafunktional
ist relativistisch invariant:
,
d.h. ,
weil ja gilt.
Die retardierte Greensfunktion
lässt sich gleichermaßen relativistisch kovariant schreiben mittels
wegen der folgenden Eigenschaft des Deltafunktionals:
,
wobei n die Nullstellen von
durchnumeriert: ,
wenn darin
gesetzt wird, sodass
mit der Lösung
für und
und .
Der letzte Summand im Ausdruck für
kann wegen , d.h.
, weggelassen werden.
Für die retardierte Greensfunktion ergibt sich somit
.
Für eine bewegte Punktladung lässt sich jetzt das Vektorpotential
(in Lorentz-Eichung) bestimmen:
.
In letztere Gleichung werden
und
eingesetzt:
.
Entsprechend der Regel ,
wobei n die Nullstellen von
durchnumeriert: , erhalten wir
für
,
sodass aus
die Nullstellen
folgen und
mit gilt. Aufgrund
von ,
d.h. wegen ,
ist nur
möglich.
Das Vierpotential wird daher
,
wobei ja über
definiert ist.
Mit ,
d.h. ,
,
folgt
wegen .
Skalar- und Vektorpotential ergeben sich daher zu
bzw.
mit der Abkürzung .
Diese Potentiale sind in der physikalischen Literatur nach Liénard
und Wiechert benannt.
Hieraus können die Felder
und berechnet werden,
was aber wegen der Retardierung keine leichte Aufgabe ist. Denn die
»Zeit« ist wegen
eine Funktion der »retardierten Zeit«
(und umgekehrt). Den Ortsvektor
werden wir wieder (wie dies eingangs beim Umschreiben der Stromdichte
in eine manifest kovariante Form ja auch bereits geschehen ist) als
Funktion der retardierten Zeit ansehen: .
Entsprechend verfahren wir mit der Geschwindigkeit :
.
Für die zuvor eingeführte Größe erhalten wir somit:
.
Die Ableitung z.B. des Vektorpotentials nach der Zeit ergibt sich
dann wegen
zu
.
Mit dem Index an der partiellen Ableitung
drücken wir die Tatsache explizit aus, dass bei Letzterer
konstant gehalten wird. Wir benötigen also den Term :
wegen .
Diese Gleichung lösen wir nach
auf:
.
Aus
resultiert:
.
Für erhalten wir
somit:
.
Den Term
können wir natürlich auch noch ausrechnen:
.
Die partielle Ableitung des Skalarpotentials nach
ist gleichermaßen »verwickelt«:
.
Wir benötigen daher u.a. noch den Term :
.
Diese Gleichung können wir nach
auflösen:
.
Die partielle Ableitung des Skalarpotentials wird daher
,
wobei
,
mit
sind. Während wir hierin
zuvor bereits berechnet haben, müssen wir noch
bestimmen:
.
Für erhalten wir somit schließlich:
.
Das elektrische Feld nimmt somit folgende Gestalt an:
.
Drücken wir dies mittels aus
und setzen
ein, dann ergibt sich
.
Mit folgt .
Mit der Umformung
erhalten wir für das elektrische Feld schließlich:
.
Dieses besitzt mit dem zweiten Summanden (in den eckigen Klammern)
einen Term, der von der Beschleunigung
abhängt. Er enthält im Nenner eine Potenz von R weniger als der
erste Summand, der von der Beschleunigung unabhängig ist.
Ganz analog zum elektrischen Feld lässt sich auch die magnetische
Flussdichte berechnen:
.
Hierin haben wir den Nabla-Operator eingesetzt, den wir bereits oben
auf haben wirken lassen. Wegen
erhalten wir
,
und
,
was in eingesetzt
ergibt. Mittels
resultiert hieraus durch Vergleich mit
,
d.h. Magnetfeld und elektrisches Feld stehen immer senkrecht aufeinander.
Für Große Abstände von der Ladung genügt es, in
nur den Term mit der Beschleunigung
zu betrachten, da dieser ja eine Potenz in R weniger im Nenner
enthält als der Summand in ohne Beschleunigungsterme:
.
Hieraus können wir mittels
den Poynting-Vektor ausrechnen:
.
Die Strahlungsleistung
hängt von der retardierten Zeit ab während der
Poynting-Vektor die Energiestromdichte zur Zeit
angibt. Um also die in ein Raumwinkelelement
abgestrahle Leistung zu bestimmen, müssen wir die Retardierung berücksichtigen:
,
woraus mittels
resultiert. An dieser Stelle werden in der physikalischen Literatur
gerne zwei Spezialfälle diskutiert: Zum einen den einer Beschleunigung
parallel zur Geschwindigkeit, d.h. ,
zum andern der Fall der Synchrotronstrahlung, bei der die Beschleunigung
senkrecht zur Geschwindigkeit steht, d.h. .
Der erstere Fall dient dabei der Illustration der sog. Bremsstrahlung,
bei der die Beschleunigung als konstant
angenommen wird.
Wir begnügen uns hier hingegen nur mit dem nicht relativistischen
Grenzfall :
,
wobei der Winkel zwischen
und bzw. ist. Integrieren
wir dies über den Raumwinkel, so erhalten wir für die gesamte Strahlungsleistung
die sog. Larmorformel:
.
Führen wir hierin das Dipolmoment ein, dann
gilt: .
Bei einer harmonischen Schwingung mit der Kreisfrequenz ,
d.h. beispielsweise ,
gilt .
Mitteln wir die Strahlungsleistung über eine Periode, so ergibt sich
.
In der Experimentalphysik wird jene Formel für die mittlere Strahlungsleistung
mit der -Abhängigkeit gerne herangezogen,
um z.B. das Himmelsblau, die Morgen- und Abendröte oder aber auch
die Synchrotronstrahlung (s. oben) in Elementarteilchenbeschleunigern
zu erklären. Vergleiche hierzu auch unser analoges Ergebnis aus dem
Kapitel über »Strahlungssysteme«.