Sandwichsatz, Einschnürungssatz, Einschließungssatz – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“
Der Sandwichsatz ist ein mächtiges Werkzeug, um den Grenzwert einer Folge zu bestimmen. Dieser Satz ist insbesondere hilfreich bei Folgen mit einer komplexen Bildungsvorschrift, bei denen Grenzwertsätze nicht angewandt werden können und bei denen die Epsilon-Definiton der Konvergenz schwer nachgewiesen werden kann. In der Literatur gibt es für den Satz zahlreiche weitere Bezeichnungen, wie Sandwich-Theorem, Sandwich Lemma, Einschnürungssatz oder Einschließungsregel.
Die Aussage des Satzes ist recht einfach. Wir wollen die Konvergenz einer Folge untersuchen. Dies können wir allerdings nicht immer direkt machen, da sie eine komplizierte Bauart haben kann. Oft ist es jedoch möglich zwei einfacher strukturierte Folgen und zu finden, die von unten bzw. oben einschließen, d. h. es gilt für alle . Konvergieren diese beiden Folgen nun gegen denselben Grenzwert , so besagt der Sandwichsatz, dass auch unsere eingeschlossene Folge gegen konvergiert.
Aus der Funktionsweise erklärt sich der Name des Satzes von selbst: Die Folgen und schließen wie die Brötchen eines Sandwiches den Inhalt, also die Folge , ein. Wenn sich nun und immer näher kommen und gegen einen Wert konvergieren, dann muss auch die eingeschlossene Folge gegen diesen Wert konvergieren.
Sei eine beliebige Folge. Wenn es zwei Folgen und gibt, so dass für alle und für ein , dann konvergiert auch gegen .
Beweis (Sandwichsatz)
Seien und , sodass und für ein .
Wir müssen zeigen, d.h. zu jedem gibt es ein , so dass für alle gilt. Sei beliebig. Nach Voraussetzung ist zum einen und .
Daher gibt es und mit für alle und für alle . Zum anderen gilt für alle . Für jedes Folgenglied von kann nun oder gelten.
Für folgt
Andererseits folgt für
Wir wählen nun . Sei beliebig, daraus folgt sowohl als auch . Wenn ist, gilt somit
Im Fall ist
Also ist stets für alle .
Hinweis
Im Sandwichsatz muss die Ungleichung nicht notwendigerweise für alle erfüllt sein. Es genügt, wenn sie bis auf endlich viele Folgenglieder gilt, d.h. wenn es ein gibt, so dass für alle gilt.
Beispiel
Wir wollen zeigen, dass für eine beliebige, aber feste Konstante .
Hierzu wollen wir den Sandwichsatz verwenden. Wir unterscheiden zwei Fälle:
Fall 1:
Wir wählen , so dass . Dann gilt für alle mit wegen , dass . Andererseits gilt wegen , dass für alle .
Da, wie wir bereits in einem vorherigen Kapitel gezeigt haben, , gilt nach dem Sandwichsatz .
Fall 2:
In diesem Fall gilt , also können wir den ersten Fall auf anwenden. Also gilt und mit der Quotientenregel folgt:
Ein Spezialfall, den man in Anwendungsbeispielen oft benutzen kann ist
Satz (Spezialfall des Sandwichsatz)
Sei eine Nullfolge und für alle . Dann gilt .
Beweis (Spezialfall des Sandwichsatz)
Wir setzen . Für die konstante Folge ist . Wegen folgt aus dem Sandwichsatz, dass auch ist. Damit ist eine Nullfolge, was gleichbedeutend damit ist, dass gegen konvergiert.
Hinweis
In dieser Form wird der Sandwichsatz manchmal auch als Majorantenkriterium für Folgen bezeichnet.
Beispiel
Dieses Mal wollen wir zeigen, dass . Hierzu verwenden wir den Spezialfall des Sandwichsatzes. Hierfür wollen wir für alle zeigen, dass:
Dazu bemerken wir als erstes, dass wegen auch und somit gilt.
Nun formen wir um:
Da die letzte Formel offensichtlich für alle wahr ist, haben wir gezeigt, dass:
Da eine Nullfolge ist, haben wir unsere Behauptung gezeigt.
Wenn wir die Bildungsvorschrift genau ansehen, oder uns die ersten Folgenglieder aufschreiben ist klar, dass die Glieder von unten bzw. oben gegen null konvergieren. Setzen wir und , so gilt wegen die Ungleichung für alle .
Außerdem ist . Mit dem Sandwichsatz gilt somit auch .
Verständnisfrage: Gib zwei weitere Folgen und an, mit denen sich der Sandwichsatz beim obigen Beispiel anwenden lässt.
Beispielsweise und . Dann gilt ebenfalls und .
Aufgabe (Sandwichsatz 1)
Untersuche die Folge mit Hilfe des Sandwichsatz auf Konvergenz, wobei
mit
Lösung (Sandwichsatz 1)
Zu gibt es ein mit . Wegen der Monotonie der Potenzfunktion folgt damit
Die Abschätzung nach unten ist hier sehr einfach. Da Zähler und Nenner der Folge nicht negativ sind, gilt für alle . Eine passende Abschätzung nach oben finden wir, wenn wir und in „Pünktchenschreibweise“ darstellen:
Da offensichtlich ist, gilt mit dem Sandwichsatz auch .
Aufgabe (Sandwichsatz 2)
Zeige mit Hilfe des Sandwichsatzes, dass die Folgen und mit
Nullfolgen sind.
Lösung (Sandwichsatz 2)
Teilaufgabe 1:
Es gilt
Wegen folgt mit dem Sandwichsatz .
Teilaufgabe 2:
Es gilt wieder . Nach oben ist die Abschätzung hier etwas schwieriger. Am besten benutzen wir die Ungleichung für alle . Diese lässt sich durch vollständige Induktion beweisen:
Konvergiert die Folge ? Wenn ja, gegen welchen Grenzwert? Beweise deine Behauptungen.
Wie kommt man auf den Beweis? (Sandwichsatz 5)
Ob die Folge konvergiert, lässt sich auf den ersten Blick nicht intuitiv entscheiden. Rechnen wir also ein paar Werte aus:
Dies lässt die Mutmaßung zu, dass gegen konvergiert. Diese Mutmaßung bestätigt sich, wenn wir uns die ersten zwanzig Folgenglieder in einen Diagramm anschauen:
Was einen Beweis mit bisherigen Mitteln kompliziert macht, ist das Vorkommen von im Exponenten der Folge. Dadurch können wir keine Grenzwertsätze anwenden und auch ein Epsilon-Beweis wird schwierig. Wir können aber die Bernoulli-Ungleichung verwenden, um eine Abschätzung nach unten zu erhalten. So bringen wir das vom Exponenten „nach unten“:
Wir können leicht beweisen, dass die Folge gegen den gewünschten Grenzwert konvergiert. So können wir setzen, welches wir für den Sandwichsatz brauchen. Nach der Bernoulli-Ungleichung wissen wir ja, dass für alle ist.
Es fehlt nun nur noch eine Abschätzung nach oben durch eine Folge, die auch gegen konvergiert. Aus der obigen Grafik sehen wir, dass die Folge stets kleiner als ist. Also sollte es möglich sein, die die Abschätzung nach oben konstant zu setzen.
Und tatsächlich: Es ist möglich zu beweisen, dass für alle die Ungleichung erfüllt ist. Es ist nämlich stets kleiner als 1. Damit muss aber auch jede Potenz von kleiner als sein. Insbesondere ist somit die Potenz kleiner als .
Es gilt somit für alle , dass . Wir haben also folgende Abschätzung für den Sandwichsatz:
Die untere und die obere Abschätzung hat den identischen Grenzwert (Es ist ). Nach dem Sandwichsatz muss also auch sein.
Beweis (Sandwichsatz 5)
Es ist nach der Bernoulli-Ungleichung
Außerdem ist
Damit ist
Wegen folgt aus dem Sandwichsatz, dass ist.
Hinweis
Sind die beiden Grenzwerte und bekannt, so kann man den Grenzwert auch folgendermaßen berechnen:
Aufgabe (Sandwichsatz 6)
Konvergiert die Folge ? Wenn ja, gegen welchen Grenzwert? Beweise deine Behauptungen.
Wie kommt man auf den Beweis? (Sandwichsatz 6)
Hier können wir die Bernoulli-Ungleichung für die Einschnürung der Folge nutzen. Jedoch können wir diese nicht direkt anwenden, da sonst das -Zeichen „falsch herum“ ist:
Jedoch haben wir mit bereits eine sinnvolle Abschätzung nach unten. Was wir benötigen, ist eine Abschätzung der Folge nach oben. Hier bilden wir zunächst den Kehrwert, bevor wir die Bernoulli-Ungleichung anwenden:
Dementsprechend ist . Mit den Grenzwertsätzen können wir beweisen, dass . So erhalten wir mit über den Sandwichtsatz, dass ist.
Beweis (Sandwichsatz 6)
Sei und . Es ist , denn
Es ist . Nach den Grenzwertsätzen folgt außerdem
Nach dem Sandwichsatz folgt wegen , dass ist.
Alternativer Beweis (Sandwichsatz 6)
Ist die -Reihe bekannt, so kann man die Folge auch mit Hilfe des Binomischen Lehrsatzes einschnüren. Zunächst wählt man wieder als untere Abschätzung. Für die obere Abschätzung wählt man mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes :
So erhalten wir die Abschätzung mit der wir wie im obigen Beweis zeigen können, das der Grenzwert von gleich ist.
Alternativer Beweis (Sandwichsatz 6)
Der Beweis kann auch mit Hilfe der Folge geführt werden: Es ist und damit gilt auch für die Teilfolge :
Daher gibt es ein , so dass ist für alle ist. Wegen folgt damit für alle :
Mit folgt erneut mit dem Sandwichsatz, das der Grenzwert von gleich ist.
Beispiele und Übungsaufgabe zum Spezialfall des Sandwichsatz
Dazu schätzen wir nach oben durch die Nullfolge wie folgt ab:
Wegen folgt somit aus dem Spezialfall zum Sandwichsatz die Behauptung .
Beispiel (Spezialfall des Sandwichsatz 2)
Als komplizierteres Anwendungsbeispiel zeigen wir für den Grenzwert . Dazu müssen wir nach oben durch eine Nullfolge abschätzen. Wir werden sehen, dass die Nullfolge eine passende Majorante ist. Zunächst finden wir mit Hilfe der Bernoulli-Ungleichung:
Aus dieser Ungleichung können wir nun folgern
Insgesamt erhalten wir
Nach dem Spezialfall zum Sandwichsatz ist daher .
Aufgabe (Spezialfall des Sandwichsatz)
Zeige den Grenzwert .
Lösung (Spezialfall des Sandwichsatz)
Nach dem Spezialfall zum Sandwichsatz müssen wir nach oben durch eine Nullfolge abschätzen. Zunächst finden wir mit Hilfe des Binomischen Lehrsatzes für :