Mathe für Nicht-Freaks: Buchanfang Maßtheorie by Richard4321/ Quader- und Rechtecksfiguren
Wiederholung
BearbeitenUm den Inhalt einer Fläche zu bestimmen, können wir diese von innen und von außen mit Rechtecken ausschöpfen bzw. überdecken:
-
Ausschöpfung eines Kreises mit Rechtecken
-
Überdeckung eines Kreises mit Rechtecken
Der Flächeninhalt jeder Ausschöpfung und Überdeckung ergibt sich aus den Flächeninhalten der jeweiligen Quaderfiguren. Dabei ist jede Ausschöpfung eine Abschätzung des tatsächlichen Flächeninhalts nach unten und jede Überdeckung eine Abschätzung nach oben. Kommt im Grenzwert bei der Ausschöpfung und der Überdeckung dasselbe heraus, so nennen wir diesen Grenzwert den Flächeninhalt.
In diesem Kapitel müssen wir die Eigenschaften der Quaderfiguren genauer betrachten, um den Jordan-Inhalt definieren zu können.
Quaderfiguren
BearbeitenDefinition
Die Quaderfiguren definieren wir uns als endliche disjunkte Vereinigung von halboffenen Quadern.
Inhaltsfunktion
BearbeitenNaheliegend ist, dass sie einer Quaderfigur (siehe das Bild)
die Summe der Flächen der Einzelquader zuordnet. Unsere Hoffnung ist, dass die Funktion wieder additiv wird, das ist ja die Zieleigenschaft für den Peano-Jordan-Inhalt..
Satz
ist wohldefiniert und additiv.
Beweis
1.) Unabhängigkeit von der Darstellung: Wir müssen zeigen, dass die Abbildung wohldefiniert ist, d.h. wenn eine Quaderfigutr anders dargestellt wird durch (durch mehr oder weniger Unterteilungen oder durch anders gewählte Unterteilungen, siehe das Bild), darf sich der Wert der Summe nicht ändern.
Das führen wir darauf zurück, dass wir die gemeinsame Verfeinerung der Unterteilungen betrachten
und die Gleichheit der Summe dazu nachrechnen: Da der Schnitt zweier Quader wieder ein Quader ist Mathe für Nicht-Freaks: Buchanfang Maßtheorie by Richard4321/ Intervalle, Rechtecke und Quader gilt
Nun wenden wir das auf den Quadern additive an und erhalten
Aufsummiert über alle folgt
Ganz analog wenden wir auf den einzelnen Quader
das auf additive an und erhalten
Aufsummiert über folgt
Die rechte Seite kennen wir aber schon von oben und somit folgt
Damit ist die Summe unabhängig von der Darstellung von wohldefiniert.
2.) ist additiv: Die Summe ist gerade so konstruiert, dass additiv wird: Seien disjunkt. Einsetzen in ergibt
Differenz von Quaderfiguren ist eine Quaderfigur
BearbeitenWir wollen Quaderfiguren vereinigen. Ggf. überschneiden sich dann die Figuren. Wir wollen die Vereinigung darstellen als disjunkte Vereinigung, weil nur für disjunkte Vereinigungen unser Inhalt additiv ist. Dafür benötigen wir die Differenz.
Satz
Die Differenz zweier Quaderfiguren ist eine Quaderfigur: Mit gilt auch .
Beweis
Wir formen die Differenz um, um den letzten Satz des vorherigen Kapitels Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Intervalle,_Rechtecke_und_Quader#Mehrfache_Differenz_von_Quadern anwenden zu können, den wir nur für diesen Zweck bewiesen haben und zwar
Jetzt wissen wir, dass die Elemente gemäß dem letzten Kapitel eine endliche disjunkte Vereinigung von Quadern sind, d.h. es gibt sodass
und damit erhalten wir, dass ein Element aus ist.
Vereinigung zweier Quaderfiguren ist eine Quaderfigur
BearbeitenWir müssen die Vereinigung zweier Quaderfiguren darstellen als disjunkte Vereinigung von Quadern, dazu benötigen wir den letzten Satz über die Differenz von Quaderfiguren.
Satz
Die Vereinigung zweier Quaderfiguren ist eine Quaderfigur: Mit gilt auch .
Beweis
Wir müssen als disjunkte Vereinigung von endlich vielen Quaderns schreiben, dazu formen wir um zu
Mit dem Satz darüber erhalten wir
und haben die gewünschte Darstellung.
Folgerungen für den Inhaltsbegriff
BearbeitenAdditivität des Inhalts
Aus diesen Erkenntnissen können wir Eigenschaften unserer Inhaltsfunktion auf Quaderfiguren folgern, welche sich mit unserem intuitiven Begriff eines Inhalts decken:
- Der Inhalt ist monoton: Ist eine Menge A Teilmenge einer anderen Menge B, so muss der Inhalt von A kleiner oder gleich dem Inhalt von B sein.
- Der Inhalt ist subadditiv: Bei Überschneidung von zwei Flächen A und B ist die Gesamtfläche kleiner als die Summe der Einzelflächen.
Monotonie des Inhaltes auf Quaderfiguren
BearbeitenJetzt können wir ganz einfach die Monotonie des Inhaltes auf den Quaderfiuguren beweisen.
Satz
Seien . Dann gilt: ordnet größeren Mengen einen größeren Wert zu (Monotonie):
Beweis
Die Menge lässt sich darstellen, als der Teil in und der Teil außerhalb von . Wir erhalten eine disjunkte Vereinigung
Darauf angewendet ergibt mit der Additivität
Subadditivität des Inhalts auf Quaderfiguren
BearbeitenWir wollen erreichen, dass unser Peano-Jordan-Inhalt additiv wird. Dafür benötigen wir folgende Ungleichung.
Satz (Eigenschaften von Inhalten: Subadditivität)
Seien mit und ein Inhalt. Dann gilt: Die Fläche einer endlichen Vereinigung von Quaderfiguren ist kleiner gleich der Summe der Einzelflächen:
Beweis (Eigenschaften von Inhalten: Subadditivität)
Um die Additivität von ausnutzen zu können, machen wir die Vereinigung künstlich disjunkt und verwenden dann die Monotonie:
Die zweifache Vereinigung lässt sich darstellen als die Elemente, die in sind und die Elemente, die in , aber nicht sind. Man erhält eine disjunkte Vereinigung:
Die dreifache Vereinigung lässt sich darstellen als die Elemente, die in sind, als die Elemente, die in , aber nicht sind und als die Elemente, die in , aber nicht in oder sind. Man erhält eine disjunkte Vereinigung:
Die -fache Vereinigung lässt sich dann als disjunkte Vereinigung darstellen durch
Nun lässt sich anwenden und die Additivität ausnutzen:
Wegen folgt mit der Monotonie für
Ausblick
BearbeitenSowohl die endliche Differenz von Quaderfiguren als auch ihre endliche Vereinigung sind wiederum Quaderfiguren. In einem späteren Abschnitt werden wir sehen, dass das Mengensystem der Quaderfiguren einen Ring bildet.