MathGymOS/ Analysis/ Ganzrationale Funktionen


Ganzrationale Funktionen bilden die wichtigste Klasse von Funktionen im Schulunterricht (und darüber hinaus). Sie sind über dem gesamten reellen Zahlenbereich stetig, besitzen keine Definitionslücken oder Ähnliches, sodass eine Kurvendiskussion relativ einfach ist. Ferner können andere Funktionen mit Hilfe von Polynomen approximiert werden (Siehe das Kapitel über Taylorreihen).

Definition

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Eine ganzrationale Funktion, oder auch Polynom genannt, ist eine endliche Summe von Monomen, also Ausdrücken der Form  , wobei   und  . Den höchsten Exponenten eines Polynoms nennt man auch den Grad des Polynoms. Ein Polynom vom Grad   hat demnach stets die Form:

 

wobei   beliebig für alle   und   (dies sagt einfach nur aus, dass der Vorfaktor vor dem Monom, was den Grad angibt, nicht Null sein darf, da das Polynom sonst einen geringeren Grad hätte).

Gilt  , so nennt man das Polynom auch normiert. Diese Normierung wird meistens nur benutzt, um eine Eindeutigkeit herzustellen.

Eigenschaften

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Wie oben schon angedeutet ist ein Polynom stets stetig über dem gesamten Definitionsbereich und damit sehr gutmütig, was Rechnungen angeht. Diese Eigenschaft rechtfertigt den Namen ganzrationale Funktion Unendlichkeiten treten nur an den Rändern des Wertebereis auf und auch die Ableitungen (im Vorgriff auf das nächste Thema) sind stets wieder stetige Polynome.

Ferner sind Polynome immer symmetrisch, aber nicht unbedingt bezüglich dem Koordinatenursprung oder der y-Achse.

Die für uns relevanteste Eigenschaft eines Polynoms ist die Zahl und Lage seiner Nullstellen. Diese wollen wir im Folgenden betrachten.

Nullstellen von Polynomen

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Hier ist eine ganzrationale Funktion fünften Grades abgebildet. Diese Funktion hat hier nur drei Nullstellen, man erkennt aber, dass man durch verschieben des Graphen bis zu fünf Nullstellen haben kann.

Für Funktionen ersten nullten (konstante Funktionen), ersten (Geraden) und zweiten Grades (Parabeln) haben wir die Zahl und Lage der Nullstellen bereits diskutiert. Mit unserer Definition des Grades eines Polynoms können wir nun feststellen, dass ein Polynom immer höchstens so viele Nullstellen haben kann, wie sein Grad angibt. Über die Mindestzahl von Nullstellen haben wir leider wesentlich weniger Informationen: Eine Parabel muss überhaupt keine Nullstelle besitzen und gleiches gilt für jede ganzrationale Funktion mit einem geraden Grad, während ein Polynom ungeraden Grades immer zumindest eine Nullstelle besitzt.

Im Bereich der reellen Zahlen können wir dieses Kriterium auch leider nicht verbessern. Gehen wir zu den komplexen Zahlen über, so gibt es einen sehr schönen Satz von Carl Friedrich Gauß, der besagt, dass jedes Polynom im Komplexen genauso viele Nullstellen hat, wie sein Grad (man sagt: Der Körper der komplexen Zahlen ist algebraisch abgeschlossen. Wir verweisen an dieser Stelle auf die Literatur, da dies nicht mehr in der Schule behandelt wird).

Neben der Anzahl von Nullstellen ist es weiterhin interessant, wo diese Nullstellen liegen. Für Funktionen ersten und zweiten Grades hatten wir dort Formeln gegeben (z.B. die p/q-Formel). Wie sieht es mit höherem Grad aus? In der Tat gibt es für Funktionen dritten und vierten Grades ebensolche Formeln, die Cardanischen Formeln, allerdings sind diese sehr kompliziert und ohne Wissen über die komplexen Zahlen nur schwer verständlich. Für Polynome vom Grad fünf oder höher gibt es dagegen keine solche Formeln. Tatsächlich haben der französische Mathematiker   Évariste Galois und der norwegische Mathematiker   Niels Henrik Abel gezeigt, dass es keine solche Formeln geben kann. Wir müssen uns daher etwas anderes überlegen.

Nullstellenraten und Polynomdivision

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Die einzige Möglichkeit für uns, Nullstellen von Polynomen mit Grad größer als drei zu finden, ohne diese zu approximieren (siehe spätere Kapitel) ist das Raten von Nullstellen. Man muss allerdings Glück haben, solche Nullstellen zu finden, denn nicht jedes Polynom hat auch Nullstellen in den natürlichen Zahlen - und komplizierte Wurzelfunktionen kann man schwerlich raten.

Hat man eine Nullstelle gefunden, so kann man den vorhandenen Ausdruck mittels Polynomdivision reduzieren. Das Verfahren wird im Kapitel Kurvendiskussionen erläutert.

Linearfaktorzerlegung

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Hat ein Polynom  -ten Grades   reelle Nullstellen, so zerfällt es in Linearfaktoren, d.h. in Faktoren der Form  , wobei   stets. Man kann dann das Polynom auch in seiner Linearfaktorzerlegung angeben. Dies hat verschiedene Vorteile, für die Schule ist allerdings nur wichtig, dass damit die Nullstellen sofort ablesbar sind.

Sind weniger als   relle Nullstellen, so lässt sich das Polynom nichtsdestotrotz in Teilpolynome abspalten, die entweder Linearfaktoren sind, oder Polynome 2. Grades. Allerdings hat diese Darstellung - bis auf die Abspaltung der Linearfaktoren - in der Schule eher geringen Nutzen.