Lehrbuch der Biochemie: Biomoleküle: Zucker

Zucker (Kohlenhydrate)

Zucker sind die häufigsten Verbindungen auf der Erde. Sie sind essentiell für das Leben.

Molekularer Aufbau von Kohlenhydraten

Kohlenhydrate werden als hydratisierter Kohlenstoff beschrieben. Demzufolge lautet die Summenformel Cn(H2O)n nach K. Schmitt (1844). Mit n=3 sind die kleinsten Monosaccharide Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton.

 
Aldehydgruppe
 
Ketogruppe

Es gibt verschiedene Systeme Kohlenhydrate einzuteilen. Eine Art der Einteilung besteht in der Bezeichnung der am höchsten oxidierten Gruppe. Einmal der Aldehydgruppe, diese Kohlenhydrate werden dann Aldosen genannt, und der Ketogruppe bei den Ketosen.

Eine weitere Unterteilung bildet die Differenzierung von D- und L-Zucker. Um dies zu erläutern, muss erwähnt werden, dass alle Zucker (mit Ausnahme von Dihydroxyaceton) ein oder mehrere asymmetrische C-Atome besitzen und somit eine gewisse Chiralität aufweisen. Bei der L- bzw. D-Konfiguration wird lediglich das am weitesten von der Keto- bzw. Aldehydgruppe befindliche C-Atom betrachtet. Dreht dieses C-Atom das polarisiertes Licht nach links, so liegt eine L-Konfiguration vor, dreht es nach rechts, eine D-Konfiguration. In der Natur bedeutsam sind lediglich die D-Zucker.

Die nächste Möglichkeit der Einteilung besteht in der Anzahl der vorhandenen C-Atome. So kann man Monosaccharide in Triosen, Tetrosen, Pentosen, Hexosen und so weiter untergliedern.

Ein Phänomen der Monosaccharide besteht darin, dass sie ringförmige Strukturen in wässriger Lösung bilden. Die damit einhergehende kontinuierliche Veränderung des Drehwinkels, mit dem die Lösung polarisiertes Licht dreht, nennt man Mutarotation.

Monosaccaride

 
Ribose
 
Fruchtzucker

Monosaccharide werden auch Einfachzucker genannt. Zu ihnen gehören unter anderem Glukose (Traubenzucker), Fruktose (Fruchtzucker), Galaktose und Ribose.
Sie sind die am einfachsten aufgebauten Zuckermoleküle. Monosaccharide können in wässriger Lösung entweder ketten- oder ringförmig (ab 5 Kohlenstoffatomen) auftreten. Dies nennt man Mutarotation. Bei diesem Phänomen reagiert die Carbonylgruppe (der doppelt gebundene Sauerstoff zum Kohlenstoff) mit einer Hydroxylgruppe unter Wasserabspaltung. Es entsteht ein intramolekulares Halbacetal bzw. Halbketal, je nachdem welches der Ausgangsstoff für die Reaktion ist: Aldose oder Ketose. Beispiele für ringförmige Monosaccharide sind unter anderem die in der Ribonukleinsäure (RNA) und Desoxyribonukleinsäure (DNA) enthaltene Ribose. Diese Pentose bildet einen fünfgliedrigen Ring, eine sogenannte Furanose. Die häufigste Ringstruktur ist jedoch der sechsgliedrige Ring (Pyranose), da hier die Ringspannung am geringsten und somit energetisch am günstigsten ist. Glukose kann zum Beispiel sowohl eine Furanose als auch eine Pyranose bilden. In einer wässrigen Glukoselösung jedoch herrscht unter Normalbedingungen die Pyranoseform vor der Furanose vor. Bei der Ringschließung entsteht ein neues asymmetrisches C-Atom, welches nun ein chirales Zentrum darstellt. Durch diese Tatsache kann man je Monosaccharid zwei verschiedene Furaose bzw. Pyranoseformen beobachten. Zum einen die α- und zum anderen die β-Form. Diese beiden Formen drehen linear polarisiertes Licht in unterschiedliche Richtungen. In wässriger Lösung liegen die α- und die β-Form im chemische Gleichgewicht vor, so dass stets das gleiche Verhältnis der beiden Formen vorhanden ist.
Die Triosen sind im als Stoffwechselprodukte bedeutsam. Tetrosen werden von Zellen auch als Stoffwechselzwischenprodukte gebildet, insbesondere D-Erythrose, D-Threose und D-Erythrulose. Vie Pentosen sind schon differenzierter. Lyxose wurde noch nicht in der Natur gefunden, kann aber technisch hergestellt werden. Die biologische Bedeutung von Ribose und dessen Derivat Desoxyribose wird im Vorkommen schon deutlich: Es ist Bestandteil der RNA bzw. der DNA. Ribulose und Xylulose, die neben Ribose zwei weitere Vertreter der Pentosen darstellen, sind Stoffwechselzwischenprodukte des Pentosephosphatweges. Glukose und Fruktose dienen dem Zellen als schnell zugänglicher Energielieferant und sind Ausgangsstoffe für die Glykolyse.

Oligosaccharide

Polysaccharide

Biologische Funktion

Kohlenhydrate sind in allen Lebewesen zu finden. Sie dienen hauptsächlich als Kohlenstoff- und Energiequelle. So werden sie durch die Zellatmung in Kohlenstoffdioxid und Wasser umgewandelt. Bei diesem Stoffwechsel wird Energie chemisch unter anderem in Form von ATP (Adenosintriphosphat) gespeichert. Bei zum Beispiel photoautotrophen Organismen, wie die Pflanzen es sind, werden Kohlenhydrate als Kohlenstoff- und Energiespeicher genutzt. Sie absorbieren die Energie des Lichtes und setzen dadurch Kohlendioxid und Wasser zu Kohlenhydraten um (Fotosynthese). Für die Verwendung von Kohlenhydraten als Gerüstsubstanzen gibt es in jedem Reich Beispiele:

  • die Cellulose bei Pflanzen,
  • Chitin bei Pilzen und Insekten,
  • Murein wird von Bakterien genutzt.

Wichtig sind Zucker und Abkömmlinge von ihnen, sogenannte Kohlenhydratderivate, zur Zell-Zell-Erkennung. Hierbei werden sie auf der äußeren Oberfläche der Zellen, der extrazellulären Matrix, präsentiert. Diese können durch andere Zellen erkannt werden, worauf diese reagieren können. Das spielt zum Beispiel ein Rolle in der Embryonalentwicklung und in der Zellteilung. Durch nachträgliches Anhängen von Zuckermolekülen an Proteinen, was Glykosylierung genannt wird, werden Protein modifiziert. Das ist wichtig für den Transport von Proteinen zu ihrem Bestimmungsort oder zum Teil auch für ihre Funktion. Fette können auch glykosyliert werden. Sie nennt man Glykolipide und sind nur in tierischem Gewebe zu finden. Eine Hauptfunktion bilden die Ribose und die Desoxyribose beim Aufbau der Nukleinsäuren, der RNA und DNA.

Zusammenfassung