Innere Medizin kk: Parathormon

Zurück zur Übersicht

Parathormon

Allgemeines

Bearbeiten

Das   Parathormon, auch PTH abgekürzt, ist ein Peptidhormon, bestehend aus 84   Aminosäuren, welches in den Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen) gebildet wird. Die Hauptfunktion des Parathormons ist die Erhöhung der   Calcium-Konzentration im Blut.

Ist der Calciumspiegel im Blut erniedrigt, schüttet die Nebenschilddrüse vermehrt Parathormon aus.

Biosynthese

Bearbeiten

Das Parathormon wird als Vorstufe 1 ( sogenanntes PräPro-Hormon (115 Aminosäuren)) in den Zellen der Nebenschilddrüse an membrangebundenen   Ribosomen zusammengebaut.

Dann wird wieder ein Teil der Kette abgespalten, so dass eine Vorstufe 2 (Pro-Parathormon (90 Aminosäuren)) entsteht.

Durch Weiterverarbeitung im   Golgi-Apparat entsteht das fertige Parathormon mit 84 Aminosäuren..

Das Parathormon besitzt nur eine   Halbwertzeit von wenigen Minuten und wird sowohl in den Epithelkörperchen selbst, als auch in der Leber und der Niere abgebaut. Da nur ein sehr kleiner Anteil des Parathormons für die biologische Aktivität verantwortlich ist, entstehen bei der Proteolyse teilweise Zwischenprodukte, die noch biologische Aktivität aufweisen und im Blut nachweisbar sind.

Mechanismus und Steuerung der Sekretion

Bearbeiten

Die PTH-Sekretion wird in Abhängigkeit von der Plasma-Calcium-Konzentration reguliert. Ein Anstieg über den Normalwert hemmt die PTH-Sekretion (negative Rückkopplung).

Bei einer erniedrigten Konzentration von 1 mmol/l ionisiertem Plasma-Calcium wird die maximale PTH-Ausschüttung erreicht und bei 1,25 mmol/l eine minimale Sekretionsrate von 10 %. Ein Anstieg über 1,25 mmol/l führt also zu keiner weiteren Senkung der PTH-Sekretionsrate. Es bleibt also eine basale Sekretionsaktivität erhalten.

Für diesen Regulationsmechanismus ist der 1993 entdeckte   Calciumsensitive Rezeptor verantwortlich. Dabei handelt es sich um einen Rezeptor, der bei Aktivierung durch eine hohe Calcium-Konzentration verschiedene intrazelluläre Mechanismen in Gang setzt. Über den   Inositolphosphatweg kommt es zur Erhöhung der   cytoplasmatischen   Inositoltriphosphat- und   Diacylglycerin-Konzentration. Wahrscheinlich hemmt Inositoltriphosphat die   Adenylylcyclase, so dass die cytoplasmatische   cAMP-Konzentration abfällt und dadurch die Sekretion von Parathormon sinkt.

Wirkungen

Bearbeiten

Induktion der Osteolyse ( Förderung des Knochenabbaus)

Bearbeiten

PTH führt indirekt zur Reifung und Aktivierung der   Osteoklasten ( knochenabbauende Zellen) und damit zu einer Calcium-Phosphat-Freisetzung aus dem Knochengewebe.

Die   Osteoblasten und die   Stromazellen des Knochens besitzen auch PTH-Rezeptoren. Bei Bindung von Parathormon an den Rezeptoren wird u. a. der Osteoklasten-differenzierende Faktor (  ODF, engl.: Osteoclast differentiating factor) in die Plasmamembran der Osteoblasten eingebaut. ODF interagiert mit   RANK (Receptor aktivator of nuclear factor κB), einem Membranrezeptor, der von Osteoklasten exponiert wird und bei Aktivierung die Osteoklastogenese fördert. Eine negative Kalziumbilanz des Knochens tritt jedoch nur bei pathologisch erhöhten PTH-Konzentrationen auf.

Hemmung der Phosphatresorption

Bearbeiten

PTH hemmt in der Niere die Phosphat-Reabsorption im proximalen Tubulus und erhöht die Calcium-Resorption im distalen Tubulus. Phosphat wird in erster Linie über einen Natrium-Phosphat-Kotransporter (NPT2) aus dem Primärharn zurück in die Nierenepithelzellen des proximalen Tubulus transportiert. Von dort gelangt Phosphat zurück ins Blut. Wenn über die Nahrung ausreichend Phosphat aufgenommen wird, hemmt Parathormon die Phosphatrückaufnahme in der Niere. Die Hemmung findet dadurch statt, dass unter der Parathormonwirkung der NPT2-Kotransporter internalisiert und in Lysosomen abgebaut wird. Dadurch wird die Zahl aktiver Transportmoleküle auf der Zelle stark reduziert.

Der Phosphatspiegel im Blut sinkt also, da mehr Phosphat mit dem Urin ausgeschieden wird. Dies ist durchaus sinnvoll, da dadurch im Blut wieder mehr freies ionisiertes Calcium vorliegen kann (das bei zu hoher Phosphatkonzentration mit diesem in der Niere einen schwerlöslichen Komplex bildet, der ausfällt und zur sogenannten Kalkniere führt).

Induktion der Biosynthese von Calcitriol

Bearbeiten

Des Weiteren stärkt PTH die Aktivität der   1α-Hydroxylase, dem Schlüsselenzym der   Calcitriol-Biosynthese, die vor allem in der Niere lokalisiert ist.

Blutwert (Normalwerte :

Parathormon im Serum:  12-72 ng/l  bzw.    1,5-6,0 pmol/l

Erhöhte Blutwerte (Hyperparathyreoidismus):

  • Entartete Epithelkörperchen (  Adenome oder selten [  Karzinome) unterliegen nicht mehr der kalziumabhängigen Sekretionssteuerung. Es kommt zur unkontrollierten Erhöhung des Parathormonspiegels (primärer Hyperparathyreoidismus) und dadurch zu einem zu hohen Calciumspiegel im Blut (  Hyperkalzämie).
  • Auf einen zu niedrigen Calciumspiegel im Blut (  Hypokalzämie infolge von Nieren- Leber- oder Darmerkrankungen reagiert der Körper mit einer verstärkten Sekretion von Parathormon (sekundärer Hyperparathyreoidismus) durch   Hyperplasie der Epithelkörperchen.
  • Wird die Ursache für einen sekundären Hyperparathyreoidismus plötzlich therapiert (z.B. Nierentransplantation) bleibt die Basalsekretion vom Parathormon aufgrund der reaktiven Epithelkörperchenhyperplasie erhöht (tertiärer Hyperparathyreoidismus). Folge ist eine Hyperkalzämie.

Erniedrigte Blutwerte (Hypoparathyreoidismus):

  • Nach Schilddrüsenoperationen, Epithelkörperchenadenomentfernung oder autoimmun kann ein Parathormonmangel entstehen. Es kommt zum Absinken des Kalziumspiegels und in der Folge zur hypokalzämischen   Tetanie. Die Konstellation Hypokalzämie,   Hypomagnesiämie und   Hyperphosphatämie bei normaler Nierenfunktion sowie Ausschluss einer   Malassimilation deutet auf eine Funktionsstörung der Epithelkörperchen hin. Ein erniedrigter Blutspiegel von Parathormon beweist die Diagnose Hypoparathyreoidismus.

Parathormon PTH Hinweise zur Blutabnahme:

Bearbeiten
  • Material: 1 ml Serum oder 1 ml EDTA Blut
  • Blutentnahme morgens nüchtern
  • schnelle Degradation durch Proteasen d.h schneller Abfall der PTH-Aktivität
    • Stabilität bei Raumtemperatur: 2 Stunden
    • Stabilität bei Kühlung (4°C): 8 Stunden
    • Bei längerer Transportdauer Serum tiefgefrieren (<20°C ) und tiefgefrorener Transport ins Labor

Fehleranfällige Bestimmung !

Normalbereich

10-65 pg/ml oder  1,48 - 7,63 pmol/l

Regulation der PTH Ausschüttung durch das ionisierte Calcium im Blut

Bearbeiten

Die PTH-Abgabe der Nebenschilddrüse wird hauptsächlich durch die Konzentration des ionisierten Calziums reguliert:

  • bei sinkendem oder zu niedrigem Calciumspiegel steigt die PTH ausschüttung
  • bei steigendem oder zu hohem Calciumspiegel sinkt die PTH ausschüttung
  • bei hohem 1,25(OH)-Vitamin D3 spiegel sinkt die PTH ausschüttung

Die Halbwertszeit des PTHs im Blut ist kleiner als 2 Minuten!

Parathormon erhöht

Bearbeiten

und Calciumspiegel erhöht

Bearbeiten
  • primärer Hyperparathyreoidismus
    • Adenom
    • Hyperplasie
    • Karzinom

und Calciumspiegel erniedrigt

Bearbeiten
  • sekundärer Hyperparathyreoidismus
    • Magen-Darm-Erkrankungen zb Sprue
    • Vitamin D-Mangel
    • Niereninsuffizienz
  • Pseudo-Hypoparathyreoidismus:
    • PTH-Rezeptor-Defekt (Endorgan-Resistenz)
    • Hypocalciämie und Hyperphoshatämie
  • Vit. D-Mangel, Rachitis, Osteomalazie
  • ektope Parathormonbildung von Tumoren (selten)

Parathormon erniedrigt

Bearbeiten

und Calciumspiegel normal

Bearbeiten
  • Wahrscheinlich Fehlbestimmung
  • Abnahme wiederholen und auf schnelle Verarbeitung achten, evt tiefgefrieren

und Calciumspiegel erniedrigt

Bearbeiten
  • Hypoparathyreoidismus

und Calciumspiegel erhöht

Bearbeiten
  • tumorbedingte Hypercalciämie
  • Sarkoidose (M. Boeck)
  • Vitamin D-Überdosierung
  • Hyperthyreose
  • Milch-Alkali-Syndrom

Untersuchung der Nebenschilddrüsen

Bearbeiten

Um die Funktion der Nebenschilddrüse zu messen bestimmt man folgende Werte :

  • Parathormon im Blut.
  • Calcium im Blut,
  • Phosphat im Blut,

Weitere Untersuchungsmöglichkeiten

Bearbeiten
  • Ultraschall
  • Calcium im Sammelurin
  • Nebenschilddrüsenszintigrafie mit Methoxy-isobutyl-isonitril (MIBI)
  • Computertomografie CT
  • Kernspintomografie MRT
  • stufenweise Blutabnahme aus der Vena jugularis interna
  • Antikörper gegen die Nebenschilddrüse

Entwicklung der Nebenschilddrüse

Bearbeiten

Kiemenbögen von der Seite

Entwicklung der Epithelkörperchen aus den Schlundtaschen 3 und 4

 

Parathyreoids = Epithelkörperchen = Nebenschilddrüsen

Rachen mit Kiemenbögen bei einem 26 Tage alten Embryo


Literatur

Bearbeiten
  • Rainer Klinke, Stefan Silbernagl (Hrsg.): Lehrbuch der Physiologie. 4. korrigierte Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-796004-5
  • Attila Fonyó, M.D., D.Sc. (Hrsg.): Principles of Medical Physiology (engl.). 1. Aufl., Medicina Publishing House Co., Budapest 2002, ISBN 9-63-242726-2

Wo findet man Literatur zum Thema Nebenschilddrüse und Parathormon

Bearbeiten

Wo findet man aktuelle Neuigkeiten und Infos über die Nebenschilddrüse  ?

  • Suchen in der Medical Library of North America PubMed mit dem Stichwort parathyroid gland bzw. parathyroid hormone
    • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?DB=pubmed
    • Suchen in Pubmed Stichwort: parathyroid gland deutsche medizinische wochenschrift
    • Suchen in Pubmed Stichwort: parathyroid gland and new england journal of medicine
    • Suchen in Pubmed Stichwort: parathyroid gland and lancet