Innere Medizin kk: Obstipation

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Das Wichtigste Bearbeiten

  •   Obstipation (Verstopfung) ist ein wichtiges Krankheitssymptom, das fast jeden Menschen einmal betrifft.
  • Der Dickdarm ist voll mit oft eingedicktem Stuhlgang und entleert sich nicht oder zu wenig.
  • Die Diagnose ergibt sich oft schon aus den geschilderten Beschwerden und kann durch eine Rectale Untersuchung, durch den Ultraschall und die Röntgen Abomenübersicht erhärtet werden.
  • Die Behandlung der Obstipation ist meist einfach und kann zum Beispiel in einem Einlauf mit warem Wasser, in einem Suppositorium mit stuhlaufweichender Wirkung oder einem Laxans bestehen.
  • Wichtige Differentialdiagnosen sind die mechanische Engstelle und der komplette Darmverschluß ( Ileus)

Krankheitsnummer ICD Klassifikation Bearbeiten

Definition, englische Bezeichnung und Abkürzungen Bearbeiten

Einteilungen Bearbeiten

Einteilung Bearbeiten

Funktionelle Obstipation (extrakolonische Ursache) Bearbeiten

  • Habituelle Obstipation
    • Zu wenig Ballaststoff- und Flüssigkeitszufuhr
    • Bewegungsmangel, Immobilisation
    • Falsche Ernährung
    • Unterdrückung von Stuhldrang
  • Neurologische Erkrankungen
    • Zentral:
      • Tumor,
      • Morbus Parkinson,
      • Trauma,
      • Multiple Sklerose,
      • Tabes dor salis,
      • Meningozele,
      • Cauda equina Tumor
    • Peripher:
      • Innervationsstörung, Neuropathie,
  • Psychiatrische Erkrankungen
    • Depression
    • Andere Psychosen
    • Anorexia nervosa
  • Endokrine Erkrankungen
    • Hypothyreose
    • Hyperparathyreoidismus
    • Hypercalcämie
  • Metabolische Veränderungen
    • Diabetes mellitus
    • Exsikkose
    • Niereninsuffizienz
    • Amyloidose
    • Hypokaliämie
  • Medikamente
    • Opiate
    • Antacida,
    • Anticholinergika,
    • Antihypertensiva ( Catapressan, Calciumantagonisten)
    • Diuretika,
    • Parasympatholytika

Slow-Transit Obstipation Bearbeiten

  • Störungen des Enterischen Nervensystems
    • Angeborene Aganglionose (hoher Hirschsprung)
    • Erworbene Aganglionose (Chagas)
    • Intestinale neuronale Dysplasie
    • Dysganglionose (Hypoganglionose, Heterotopie)
    • Intestinale Myopathie
    • Desmosis coli
  • Idiopathisches Megakolon/Megarektum
  • Chronische intestinale Pseudoobstruktion
  • Idiopathische Inertia coli

Entleerungsstörungen (Outlet-Obstipation) Bearbeiten

  • Funktionelle Störung:
    • Beckenboden
      • Fehlkoordination
      • Anismus
      • Spastik
      • Psychogene Ursache
    • Kolon und Rektum
      • Idiopathische Inertia recti
      • Gestörte autonome Innervation
  • Morphologisch-organische Störung
    • Beckenboden
      • vererbliche Myopathie des Spinkter Internus
      • Internushypertrophie
      • Dornale Sphinkterdysplasie
      • Anorektale Stenose
      • Analfissur
    • Kolon und Rektum
      • Postoperative Interia recti
      • Dysganglionose
      • Mangelhafte Internusrelaxation
      • Morbus Hirschsprung
      • Enterozele
      • Rektozele
      • Rektumprolaps
      • Reduzierte Rektumcompliance
      • Obstruierender Tumor

Ätiologie Ursachen Bearbeiten

Epidemiologie Statistik Kosten Bearbeiten

Pathologie Pathophysiologie Bearbeiten

Symptome und Klinik Bearbeiten

  • seltener Stuhlgang
  • harter Stuhl
  • starkes Pressen bei der   Darmentleerung
  • Gefühl der unvollständigen Darmentleerung
  • schmerzhafter Stuhlgang

Diagnostik Bearbeiten

Anamnesefragen bei Obstipation= Bearbeiten

  • Wie oft hatten Sie in den letzten Wochen Stuhlgang ?
  • Haben Sie Schmerzen beim Stuhlgang ?
  • Haben Sie ein Gefühl der unvollständigen Entleerung ?
  • Müssen Sie zur Stuhlentleerung kräftig pressen?
  • Haben Sie Bauchschmerzen ?
  • Wieviel Zeit brauchen Sie auf der Toilette ?
  • Müssen Sie Ihre Stuhlentleerung unterstützen ?
    • Abführmittel
    • Einlauf
  • Wie oft gehen Sie pro Tag ohne Erfolg zur Toilette ?
  • Wieviel Zeit liegt zwischen den einzelnen Entleerungen ?
  • Wie lange leiden Sie schon an chronischer Verstopfung ?

Basisdiagnostik Bearbeiten

  • Anamnese
  • Inspektion
  • Rectale Untersuchung
  • Procto- Recto- Sigmoidoskopie
  • Sonografie
  • Labor
    • Kalium
    • Calcium
    • Schilddrüsenwerte
    • Parathormonspiegel

Weiterführende Diagnostik Bearbeiten

  • Gastrografinschluck und Rö Abdomen im Stehen nach ca 1 -2 Stunden
  • Coloskopie
  • Gastrografineinlauf
  • CT - Abdomen + Becken

Spezialuntersuchungen Bearbeiten

  • Messung der Kolontransitzeit
  • Anorektale Manometrie
  • Defäkografie
  • Anale Endosonografie
  • Beckenboden-EMG
  • N.-pudendus-Latenzzeitmessung

Übersicht Bearbeiten

Rom-Kriterien Bearbeiten

  • Innerhalb der letzten 12 Monate müssen
    • in drei Monaten mindestens
      • zwei oder mehr der folgenden Kriterien zutreffen:
  • Pressen zur Stuhlentleerung (bei mindestens 25 % der Defäkationen)
  • harter Stuhlgang (bei mindestens 25 % der Defäkationen)
  • Gefühl der unvollständigen Entleerung (bei mindestens 25 % der Defäkationen)
  • Gefühl der anorektalen Blockierung ( bei mindestens 25 % der Defäkationen)
  • manuelle Unterstützung der Stuhlentleerungen (bei mindestens 25 % der Defäkationen)
  • weniger als 3 Stuhlentleerungen pro Woche.

Therapie Bearbeiten

Therapie Bearbeiten

Allgemeines Bearbeiten

  • Aufklärung über normale Stuhlfrequenz
  • Regelmäßiger Toilettengang (bevorzugt nach dem Frühstück)
  • Nüchtern ein Glas Wasser trinken
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (>1,5 l)
  • Faserreiche Kost (25–30 g)
  • Vermeiden von obstipierenden Nahrungsmitteln (Weißmehlprodukte)
  • Körperliche Aktivität (mindestens 15–20 min/ Tag)

Die besten Tipps Bearbeiten

  • Möchte man auf die ständige Einnahme von Medikamenten und Abführmitteln verzichten, so muss man dazu bereit sein, seinen Lebensstil an sein Leiden anzupassen.
  • Eine ballaststoffreiche Ernährung ist ein Muss und sollte viel Gemüse (am besten drei Portionen beziehungsweise 400 Gramm pro Tag), reichlich Obst (täglich zwei Portionen) und Vollkornprodukte umfassen.
  • Als chronisch verstopfter Mensch sollte man immer viel Wasser trinken, da dies eine anregende Wirkung auf den Darm hat.


Was essen bei Verstopfung? Bearbeiten

Das fragen sich viele Betroffene, wenn auf der Toilette nichts mehr geht. Denn die richtige Ernährung bei Verstopfung (Ballaststoffe!) ist eine wichtige Basismaßnahme, um den Darm wieder auf Trab zu bringen.

  • Ballaststoffreiche Lebensmittel bei Verstopfung
    • Ballaststoffe sind unverdaulich und bringen so den Darm in Bewegung.
    • Ballaststoffe sind Pflanzenfasern und daher in praktisch allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.

In bestimmten Nahrungsmitteln stecken jedoch besonders viele Ballaststoffe – daher sollten sie möglichst oft auf den Teller kommen.

Gute Ballaststoffquellen sind z. B.: Bearbeiten

  • Vollkornprodukte (z. B. Roggen-Vollkornbrot, Vollkorn-Nudeln, Vollkorn-Haferflocken)
  • Hülsenfrüchte (z. B. Erbsen, Bohnen, Linsen)
  • Gemüse (z. B. Kohl- und Zwiebelgemüse)
  • Obst (z. B. Trockenfrüchte, Beeren, Birnen, Äpfel)
  • Nüsse und Samen (z. B. Mandeln, Haselnusskerne, Sonnenblumenkerne)

Vorsicht: Nüsse, Samen und Trockenobst haben viele Kalorien – wer ein paar Kilos zu viel auf den Hüften hat, sollte hier maßvoll zugreifen.


Trinken Sie ausreichend! Bearbeiten

  • Ohne Flüssigkeit können Ballaststoffe nicht quellen – daher ist es wichtig, viel zu trinken.
  • Erwachsene sollten insgesamt rund 2 Liter Flüssigkeit pro Tag aufnehmen.
  • Mindestens 1,5 Liter davon sollten durch Getränke gedeckt werden – ideal sind Wasser und ungesüßte Kräutertees.
  • Einen wichtigen Beitrag leisten auch feste Lebensmittel mit hohem Wasseranteil wie z. B. Gemüse, Obst oder Suppen.
  • Um auf die empfohlene Trinkmenge zu kommen, empfiehlt es sich, zu jeder Hauptmahlzeit mindestens ein Glas Wasser zu trinken und auch am Arbeitsplatz immer eine Flasche Wasser griffbereit zu haben.

Körperliche Bewegung Bearbeiten

Der träge Mensch hat nicht selten auch einen trägen Darm.

  • Spaziergänge, Ausdauersport wie Walken und Joggen (täglich!) sind am besten geeignet den Darm in Schwung zu halten und helfen auch bei Blähungen.

Bauchmassagen Bearbeiten

Bei Menschen die keinen Ausdauersport mehr machen können, sind Bauchmassagen empfehlenswert. Mit kreisenden Bewegungen im Uhrzeigersinn kann der Dickdarminhalt vorwärts bewegt werden.

Nahrungsmittel bei Verstopfung: Clever austauschen Bearbeiten

  • Statt Cornflakes: Müsli mit Früchten
  • Statt Toastbrot: Vollkorn-Sandwich
  • Statt Gulaschsuppe: Linseneintopf
  • Statt Pommes frites: Kartoffelecken mit Brokkoligemüse
  • Statt Spaghetti Carbonara: Chili con Carne
  • Statt Gummibärchen: Rote Grütze
  • Statt Butterkekse: Vollkorn-Keks


Diese Veränderungen in puncto Ernährung sind zwar grundlegend wichtig, aber alleine oftmals nicht ausreichend, um die Verstopfung wirksam zu lösen. Dann ist professionelle Hilfe gefragt.

Ernährung Bearbeiten

  • Vermeiden obstipationsfördernder Nahrungsmittel
    • Schokolade
    • Bananen,
    • schwarzer Tee
  • Vermehrte Ballaststoffeinnahme
    • Vollkornprodukte
    • Flohsamen
    • Makrogol ( Movicol )

Medikamente Zur Behandlung der Obstipation Bearbeiten

Ballaststoffe, Quellmittel Bearbeiten

  • Plantago ovata (indischer Flohsamen)
    • Mucofalk®,
      • Mucofalk® 3 Beutel/Tag
    • Agiocur®,
    • Flosa®

Hydragoge Laxanzien Bearbeiten

  • Anthrachinone (Senna, Aloe) Regulax®
  • Diphenole (Bisacodyl) Dulcolax®
    • Bisacodyl 5–10 mg zur Nacht
      • Dulcolax® 1–2 Drg./Tag
  • Natriumpicosulfat Laxoberal®
    • Natriumpicosulfat 5–10 mg zur Nacht
      • Laxoberal® 10–18 Trpf. oder 1–2 Tabl
  • Ricinolsäure Laxopol®
  • Gastrografin
  • Golytly

Osmotische Laxanzien Bearbeiten

  • Salze
    • Magnesiumsulfat = Glaubersalz
    • Natriumsulfat = Bittersalz
      • F.X. Passage® Salz
  • Zucker
    • Laktulose, Laktitol)
      • Bifiteral®, Lactofalk®, Tulotrakt®
    • Alkohole (Sorbitol, Glyzerin, Mannitol) Yal-Lösung®
    • Polyethylenglycol (Macrogol) Movicol® Pulver, Laxofalk®, Isomol® Pulver
      • 3 Beutel Movicol / Tag

Lokale rektale Entleerungshilfen Bearbeiten

  • Alkohole (Glyzerin, Sorbitol) Milax® Zäpfchen, Glycilax® Microklist® Lösung
  • Diphenole (Bisacodyl) Dulcolax® Supp
  • CO2-Bildung (Natriumhydrogenphosphat, Natriumdihydrogenphosphat) Practo-Clyss® Klistier,

Prokinetika Bearbeiten

  • Prostaglandine (Misoprostol) Cytotec® (keine Zu lassung für Obstipa tion)
  • Serotoninagonisten (Tegaserod) Zelmac®

Probiotika Bearbeiten

  • E. coli Nissle 1917 Mutaflor®
  • Lactobacillus casei Shirota Yakult®

Gleitstoffe, Lubrikanzien Bearbeiten

  • Paraffinöl Obstinol®-M-Emulsion

Donnertropf Bearbeiten

Der Donnertropf wird bei therapierefraktärer postoperativer Darmatonie oder auch beim Ogilviesyndrom angewendet.

  • Der Donnertropf besteht aus den Bestandteilen
    • Metoclopramid (z.B. Paspertin 2ml/10mg Amp.)
    • Neostigmin (z.B. Prostigmin 1ml/0,5mg Amp.)
  • und eine entsprechende Trägerlösung (Ringer, physiologische Kochsalzlösung, G5%) mit einem Volumen von 500ml.

Zusammensetzung Der Donnertropf wird zusammengestellt aus jeweils 6 Ampullen der oben aufgeführten Bestandteile und der Trägerlösung.

Infusionsgeschwindigkeit: 40-80ml/h, (entsprechend ca. 6-13 Stunden)

Ziel: Der Darmtonus soll maximal angeregt werden

Medikamentöse Alternativen:

  • Ceruletid (Takus)
  • Erythromycin

Verlauf und Prognose Bearbeiten

Fälle Bearbeiten

Fall1 extreme Obstipation Bearbeiten

siehe http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ein-raetselhafter-patient-brutal-verstopft-a-1215622.html

Geschichte der Krankheit Bearbeiten

Experten und Krankenhäuser Bearbeiten

Selbsthilfe Bearbeiten

Was kann ich als Betroffener selber tun ? Bearbeiten

Selbsthilfegruppen Bearbeiten

Fragen und Anmerkungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Attar A, Lemann M, Ferguson A et al. (1999)
    • Comparison of a low dose polyethylene glycolelectrolyte solution with lactulose for treatment of chronic constipation. Gut 44: 226–230
  • Corazziari E, Badiali D, Bazzocchi G et al. (2000)
    • Long term efficacy, safety, and tolerability of low daily doses of isosmotic polyethyleneglycolelectrolyte balanced solution (PMF-100) in the treatment of functional chronic constipation. Gut 46: 522–526
  • Erckenbrecht JF (2000) Epidemiologie der Obstipation. Z Gastroenterologie (Suppl 1): 3–5

Links Bearbeiten

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