Innere Medizin kk: Hypocalcemie
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Das Wichtigste
Bearbeiten- Unter einer Hypokalziämie versteht man einen niedrigen Calciumspiegel im Blut.
- Die akute Hypokalziämie ist leicht an ihren Symptomen zu erkennen: Tetanische Krämpfe, Trousseau Zeichen, Chvostek Zeichen
- Die chronische Hypokalziämie wird oft nur zufällig durch die Laboruntersuchungen erkannt.
- Zur Diagnostik empfiehlt sich die Abnahme des Ca-, des Phosphat-, des Magnesium- und des Parathormonspiegels.
- Bei primärem Hypopara kann man den Calciumspiegel gut mit VitD3 Analoga, Calciumcarbonat und Magnesium anheben.
Titel Krankheitsnummer ( ICD )
BearbeitenE20.- Hypoparathyreoidismus Exkl.:Di-George-Syndrom (D82.1) Hypoparathyreoidismus nach medizinischen Maßnahmen (E89.2) Tetanie o.n.A. (R29.0) Transitorischer Hypoparathyreoidismus beim Neugeborenen (P71.4) E20.0 Idiopathischer Hypoparathyreoidismus E20.1 Pseudohypoparathyreoidismus E20.8 Sonstiger Hypoparathyreoidismus E20.9 Hypoparathyreoidismus, nicht näher bezeichnet E89.2 Hypoparathyreoidismus nach medizinischen Maßnahmen Parathyreoprive Tetanie D82.1 Di-George-Syndrom K90.0 Zöliakie Einheimische (nichttropische) Sprue Gluten-sensitive Enteropathie Idiopathische Steatorrhoe E58 Diätetische Hypokalzämie E58 Hypokalzämie chronisch konstitutionell E58 Kalziummangel E64.8 Folgen von Kalziummangel E83.58 Hypokalzämie E83.58 Hypokalzämie postoperativ P71.0 Kuhmilch-Hypokalzämie beim Neugeborenen P71.1 Hypokalzämie beim Neugeborenen P71.8 Hypokalzämie und Magnesiummangel (Neugeborenes) Q78.1 Albright-Syndrom
Definition engl Bezeichnung + Abkürzungen
BearbeitenEinteilungen
BearbeitenAkut - chronisch
Bearbeiten- Akut
- Hypocalcämie bei akuter Pankreatitis
- Hypocalcämie nach SD-Operation und Entfernung der Nebenschilddrüse
- Chronisch
- Hypocalcämie bei Hypopara ohne SD-Operation
Mit tetanischen Anfällen - ohne tetanische Anfälle
BearbeitenMit niedrigem oder hohem Phosphatspiegel
BearbeitenÄtiologie Ursachen
Bearbeiten- Unterfunktion der Nebenschilddrüse und damit Mangel an Parathormon (Hypoparathyreoidismus)
- verminderte Wirkung des Parathormon, der sogenannten Pseudohypoparathyreoidismus
- erhöhter Calciumbedarf in der Schwangerschaft/Trächtigkeit und Laktation (Milchfieber)
- Calciummangel oder Phosphorüberschuss in der Nahrung (sekundärer Parathyreoidismus)
- Mangelhafte Aufnahme von Kalzium und/oder Vitamin D durch den Darm
- entzündliche Darmerkrankungenn (Durchfall, Colitis Ulzerosa, Morbus Crohn).
- Zöliakie (mangelhafte Calciumresorption)
- erhöhter Calciumverlust über die Nieren bei Niereninsuffizienz
- Störungen beim Bau der Zwischenstufen des Vitamin D 3 bei Niereninsuffizienz.
- Hypomagnesiämie
- Vergiftungen mit Ethylenglykol
- Pankreatitis
- Mangel an Albumin (ein Bluteiweiß) (Hypoalbuminämie)
- Überfunktion der C-Zellen der Schilddrüse (Hyperkalzitonismus)
- Gastrinom
- Bulimie
- Hyperventilation (eigentlich ist das eine Pseudo-Hypokalzämie: Durch die Mehratmung steigt der pH-Wert des Blutes, die Calciumbindung an Albumin ist dadurch erhöht und damit steht im Blut weniger freies Calcium zur Verfügung)
- Osteoblastische Metastasen (z. B. Prostatakrebs oder Brustkrebs)
- Antiepileptika können ebenfalls eine Hypokalzämie auslösen.
Epidemiologie Statistik Kosten
BearbeitenPathologie Pathophysiologie
BearbeitenDas wichtige Calcium im Blut ist das ionisierte Kalzium. Es macht unter normalen Bedingungen etwa 50% des Gesamtkalziums aus. Das nichtionisierte Calcium ist an Albumin( circa 45 %) oder an Bikarbonat, Phosphat und Citrat ( circa 5 % ) gebunden.
Die Regulation der Calciumkonzentration erfolgt über folgende Faktoren
- Parathormon: Hormon der Nebenschilddrüse, es setzt Calcium aus dem Knochen frei durch Aktivierung der Osteoklasten
- Bei Parathormonmangel kommt es meist zu einer Hypokalzämie
- Vitamin D 3: Es fördert die Kalzium-Aufnahme aus dem Darm
- Bei Vitamin D3 Mangel kann es zu einer Hypokalzämie kommen.
- Calcitonin: Es wird in den C -Zellen der Schilddrüse gebildet. Es senkt den Kalziumspiegel durch Aktivierung der Osteoblasten.
- Niere
- Blutgase
- Atmung indirekt über Beeinflußung der Blutgase
- Darm
- Knochen : Osteoblasten und Osteoklasten
Symptome und Klinik
BearbeitenÜbersicht
Bearbeiten- gesteigerte neurale Erregbarkeit,
- Tetanie, Muskelkrämpfe bei erhaltenem Bewußtsein
- Chvostek-Zeichen, Trousseau-zeichen,
- Parästhesien, Muskelkrämpfe, Laryngospasmus, Bronchospasmus
- Adynamie,
- Kreislauf
- Hypotension, Herzinsuffizienz, Arrhythmie, Bradykardie
- EKG:
- QT- und ST-Verlängerungen;
Pfötchenstellung einige Minuten nach Anlegen und Aufpumpen einer Blutdruckmanschette am Arm. siehe
- Meininger ME, Kendler JS
- Images in clinical medicine. Trousseau's sign
- The New England Journal of Medicine volume=343 issue=25 Seite 1855 Jahrr=2000 December
- Images in clinical medicine. Trousseau's sign
- John Edwin Jesus, Alden Landry: Chvostek’s and Trousseau’s Signs. In: New England Journal of Medicine. 367, 2012, S. e15, doi:10.1056/NEJMicm1110569. (Video des Trousseau-Zeichens)
- Armand Trousseau: Clinique médicale de l’Hôtel-Dieu de Paris. Volume 2, Paris 1861, S. 112–114. (Erstbeschreibung)
Diagnostik
BearbeitenAnamnese
Bearbeiten- stattgehabte Schilddrüsen Operation ??
- Pankreatitis ?
- Niereninsuffizienz ?
- Tetanische Krämpfe ?
- chronischer Vitamin D Mangel ?
- Morbus Crohn ? Kurzdarmsyndrom ?
Labor
Bearbeiten- Kalzium im Serum: 2,20 bis 2,65 mmol/l (8,8 bis 10,6 mg/dl)
- ionisiertes Kalzium im Serum, pH-abhängig: 1,12 bis 1,32 mmol/l (4,5 bis 5,3 mg/dl)
- Phosphat im Serum
- Magnesium im Serum
- Albumin im Serum
- Blutgase
- Nierenwerte
EKG
Bearbeiten- QT Zeit ,
Neurologische Untersuchung
Bearbeiten- neurologische Übererregbarkeit
- Chvostekzeichen, Trousseauzeichen
selten bestimmt
- Kalzium im Urin: Männer weniger als 7,5 mmol im 24-Stunden-Urin (<300mg/24h)
- Kalzium im Urin: Frauen weniger als 6,2 mmol im 24-Stunden-Urin (<250mg/24h)
Therapie
Bearbeiten- akut durch die Gabe einer Kalzium-enthaltenden Infusion oder langsamer Gabe von Ca-gluconat intravenös
- chronisch durch Gabe von Kalzium- und Vitamin D-Präparaten
- Behandlung der Ursache (z. B. der Zöliakie oder der Niereninsuffizienz)
- Dihydrotachysterol oder Calcitriol sind Vitamin-D-Analoga, die sich zur Dauerbehandlung des primären Hypoparathyreodismus bewährt haben.
- Eine laufende Kontrolle des Calciumspiegels ist dabei notwendig.
Verlauf und Prognose
BearbeitenFälle
BearbeitenFall 1 Hypokalziämie, Osteomalazie, Vitamin D Mangel, Tertiärer HPT
Bearbeitensiehe http://www.kup.at/kup/pdf/6044.pdf
- Osteomalazie als Ursache für Sprunggelenksschmerzen: Fallbericht
- D. Krenbek, P. M. Bernecker*, P. Pietschmann
Fall 2 Hypoparathyreoidismus Unterfunktion der Nebenschilddrüse
Bearbeiten- Hämochromatose als Ursache des Hypoparathyreoidismus
- siehe http://www.praxis.ch/pdf/2002/51/PRX091512223.pdf
- Therapie:
- 1.5 g Kalziumkarbonat/Tag sowie 60 mval Magnesium2+/Tag
- zusätzlich Calcitriol 0.5 µg/Tag
- Hämochromatose: wöchentlichen Aderlässe (500 ml/Woche), bis zu einer leichten Hypoferritinämie
- siehe http://www.praxis.ch/pdf/2002/51/PRX091512223.pdf
Fall 3 Sekundärer HPT bei Niereninsuffizienz
Bearbeiten- Der sekundäre Hyperparathyreoidismus ist eine durch Hypokalzämie oder Vitamin D-Mangel ausgelöste Form des Hyperparathyreoidismus.
Fall 4 Osteopathia antiepileptica Vit D Mangel unter Antiepileptikatherapie
Bearbeitensiehe http://www.springerlink.com/content/y7t628c0krd6pkll/
Fall 5 Beidseitiges Papillenödem als Erstmanifestation eines primären Hypopara.
Bearbeiten- T. Grasbon, C. Möhring, M. W. Ulbig
- siehe http://www.dog.org/1998/abstract98/380.html
- massive Hypokalzämie (Ca: 1,2 mmol/Liter; Norm 2,1-2,6 mmol/Liter)
- unter die Nachweisgrenze erniedrigter Parathormonspiegel
- erniedrigter Vitamin D-Spiegel
- Diagnose eines primären Hypoparathyreoidismus
- Therapie mit dem Parathormonanalogon AT10 und Calcium
- nach etwa 4 Wochen Calciumspiegel auf 2,45 mmol/Liter angestiegen
- siehe http://www.dog.org/1998/abstract98/380.html
Fall 6 Tetanie und Hypokalziämie nach Schilddrüsenoperation
BearbeitenFall 7 Deletion 22q11.2 und schizophrene Störung und Hypokalzämie
Bearbeitensiehe http://www.psycontent.com/content/060734517tx83868/
Fall 8 Hypokalzämiebedingte Herzinsuffizienz als erstes Symptom eines Hypoparathyreoidismus
Bearbeiten- ZEITSCHRIFT FÜR KARDIOLOGIE
- Volume 88, Number 1, 10-13, DOI: 10.1007/s003920050257
- Hypokalzämiebedingte Herzinsuffizienz als erstes Symptom eines Hypoparathyreoidismus
- A. Koch, M. Hofbeck, H.G. Dörr and H. Singer
- Hypokalzämiebedingte Herzinsuffizienz als erstes Symptom eines Hypoparathyreoidismus
- Volume 88, Number 1, 10-13, DOI: 10.1007/s003920050257
siehe http://www.springerlink.com/content/36kd5bjd15xpdxk9/
Fall 9 Hypokalziämie bei akuter Pankreatitis und akutem pankreoprivem Diabetes
BearbeitenTag Calcium Kreatinin CRP Lipase ------------------------------------------------------------------ 18.10 1,57 2,2 35 3932 19.10 1,51 1,2 20.10 2,04 0,9 32 21.10 2,00 0,7 27 22.10. 2,01 0,8 25 25.10 2,26 0,8 10
HbA1c 9,1
schnelle Normalisierung der Hypokalziämie ohne Calciumzufuhr.
Fall 10 Tetanischer Anfall bei Hypokalzämie infolge M.Crohn
BearbeitenFall 11 Niedriges Gesamtcalcium bei dekompensierter Leberzirrhose
BearbeitenGeschichte der Krankheit
Bearbeiten- Armand Trousseau: Clinique médicale de l’Hôtel-Dieu de Paris. Volume 2, Paris 1861, S. 112–114. (Erstbeschreibung des Trousseau schen Zeichens)
Experten + Krankenhaeuser
BearbeitenSelbsthilfegruppen
BearbeitenFragen,Anmerkungen
BearbeitenWarum bekommt ein Patient mit akuter Pankreatitis trotzer akuter ausgeprägter Hypocalzämie keine Tetanie ?
BearbeitenWoran stirbt man in der hypokalzämischen Krise ?
BearbeitenWelcher Zusammenhang besteht zwischen der Hypokalzämie und dem Morbus Fahr ? Warum kann es bei niedrigem Kazium zu Verkalkungen im Gehirn kommen ?
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Cooper, M. S, Gittoes, N. J L (2008). Diagnosis and management of hypocalcaemia. BMJ 336: 1298-1302
- April 30, 2009N Engl J Med 2009; 360:1912 - 1914
- CORRESPONDENCE Vitamin D Deficiency in Critically Ill Patients
- Vitamin D deficiency is rarely considered or treated in critically ill patients. However, we recently reported three cases of life-threatening hypocalcemia secondary to vitamin D deficiency,, highlighting potential acute complications. The prevalence of vitamin D deficiency and its significance in the…
- CORRESPONDENCE Vitamin D Deficiency in Critically Ill Patients
- Michael F. Holick, Vitamin D Deficiency N Engl J Med 2007;357:266-81
Links
Bearbeiten- http://www.eesom.com/go/8WG153CJM4RKATDK9W856B3E30P4B1GI
- gute Zusammenfassung über der Calciumstoffwechsel, Calciummangel und -überschuß
- http://www.pharmazie.com/graphic/A/23/1-18323.pdf
- Fachinformation für Calciumgluconat
- http://www.medizinfo.de/endokrinologie/schilddruese/hypoparathyreoidismus.htm
- Guter Artikel über den Hypoparathyreodismus
- http://www.insensu.de/Hyperparathyreoidismus/sHPT.html
- Gute Seite über den sekundären Hyperparathyreodismus