Innere Medizin kk: Hyperpara

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Ultraschallbild eines Adenoms der Nebenschilddrüse

Das Wichtigste

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  • Der primärer Hyperparathyreodismus (pHPT) ist eine seltene Krankheit der Nebenschilddrüse.
  • Der Name wird umgangssprachlich mit Hyperpara oder HPT abgekürzt und bedeutet eine Überfunktion der Nebenschilddrüse.
  • Es wird zuviel   Parathormon gebildet oder das Hormon wirkt zu stark oder es wird zu wenig abgebaut.

Krankheitsnummer ICD Klassifikation

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E21.0 = Primärer Hyperparathyreoidismus
E21.1 = Sekundärer Hyperparathyreoidismus
E21.2 = Tertiärer, quartärer oder quintärer Hyperparathyreoidismus

Definition, englische Bezeichnung und Abkürzungen

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Definition

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Überproduktion von Parathormon

Einteilungen

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  • leicht oder schwer
  • sporadisch oder familiär
  • symptomatisch oder asymptomatisch
  • Adenom - Hyperplasie - Karzinom
  • Men 1 oder 2a
  • primär,sekundär,tertiär, quartärer und quintärer HPT

Einteilung des HPT

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Art       Wo liegt die Ursache ?                                Krankheit                                    
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Primär    die Ursache liegt in der Nebenschilddrüse selbst      Adenom oder Hyperplasie
Sekundär  Hypocalciämie durch Niere, Darm oder Leber            Niereninsuffizienz, Malassimilation, Leberzirrhose
Tertiär   Niere und Nebenschilddrüse                            Niereninsuffizienz und  gleichzeitig 
                                                                Autonomie der Nebenschilddrüse

Primärer Hyperparathyreoidismus

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Gewebsbild eines Nebenschilddrüsenadenoms
 
Weiteres Bild des Nebenschilddrüsenadenoms

Die Ursache ist eine zu hohe Produktion und   Sekretion (Abgabe ins Blut) von Parathormon, ausgelöst durch ein   Adenom oder eine   Hyperplasie einer oder mehrerer Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen). Adenome sind gutarige Tumoren der Nebenschilddrüse. Der erhöhte Parathormonspiegel führt zu einem gesteigerten Knochenabbau und damit zu einer erhöhten Calcium-Konzentration im Blut. Der Knochen wird demineralisiert. Knochenschmerzen können auftreten. In der Niere sorgt das Parathormon für eine verminderte Calciumausscheidung mit dem Urin, so dass die Calciummenge im Blut zusätzlich ansteigt. Durch die Rückresorption von Calcium aus dem Urin, kann das Löslichkeitsprodukt überschritten werden. In der Folge entstehen Nierensteine. Außerdem können Gallensteine und Entzündungen der Bauchspeicheldrüse auftreten. Die Beschwerden des Hyperparathyreoidismus werden gerne mit den drei Worten Stein-, Bein- und Magenpein umschrieben.

Bei familiär gehäuften Fällen von Hyperparathyreoidismus ist auch an das Vorliegen einer   multiplen endokrinen Neoplasie zu denken.

Sekundärer Hyperparathyreoidismus

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Ursache ist eine verstärkte Hormonproduktion als Reaktion auf einen erhöhten Calciumverlust des Körpers und Absinken des Calcium - Blutspiegels (  Hypocalciämie). Die Nebenschilddrüse versucht dies durch die kompensatorisch vermehrte Parathormonproduktion auszugleichen. Deswegen kann die Calcium-Konzentration im Blut auch noch im unteren Normalbereich liegen.

Zugrunde liegende Erkrankungen des sekundären Hyperparathyreoidismus:

  • Chronische Niereninsuffizienz (typisch: Calciumspiegel niedrig, Phosphatspiegel zu hoch)
  • Malassimilationssyndrom: Störung der Calcium-Aufnahme im Darm.
  •   Leberzirrhose: Gestörte Umwandlung von Vitamin D3 (Cholecalciferol) in 25-Hydroxycholecalciferol in der Leber. Durch das fehlende aktive Vitamin D3 wird im Darm weniger Calcium aufgenommen und in der Niere weniger Calcium reabsorbiert.
  •   Cholestase (Aufstau der Galle): Durch den Mangel an   Gallensäuren ist die Resorption von Vitamin D3 aus der Nahrung gestört.
  • Fehlende Sonnenlichtexposition: In der Haut kann Vitamin D3 nicht mehr aus Cholesterin (bzw. 7-Dehydro-Cholesterin) gebildet werden.

Tertiärer Hyperparathyreoidismus

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Wenn über einen längeren Zeitraum ein sekundärer Hyperparathyreoidismus besteht, wird außer der Funktion der Nebenschilddrüsen auch deren Wachstum stimuliert, so dass es schließlich zu einer autonomen Überproduktion in den Epithelkörperchen kommen kann. Wie beim primären Hyperparathyreoidismus ist der Regelkreis an der Stelle der Nebenschilddrüsen aufgetrennt.

Quartärer und quintärer Hyperparathyreoidismus

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Selten sind quartäre und quintäre Formen eines Hyperparathyreoidismus. Als quartärer Hyperparathyreoidismus wird ein sekundärer Hyperparathyreoidismus auf dem Boden einer Nierenschädigung bezeichnet, wenn die Nierenschädigung ihrerseits durch einen primären Hyperparathyreoidismus verursacht worden war. Als quintär wird ein Hyperparathyreoidismus bezeichnet, wenn die Entkoppelung der Parathormonsekretion aus einem oder mehreren verbliebenen Epithelkörperchen auf einem langjährigen quartären Hyperparathyreoidismus beruht.

Ätiologie Ursachen

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Primärer HPT

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  • Nebenschilddrüsen-Adenom (80 %)
  • Nebenschilddrüsen-Hyperplasie (20 %)
  • Nebenschilddrüsenkarzinom (selten)
  • Assoziation mit MEN I oder IIa

Epidemiologie Statistik Kosten

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Pathologie Pathophysiologie

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Symptome und Klinik

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  • Merkspruch: Stein, Bein und Magenpein
  • Hyperkalzämie
  • Niere
    • Kalzium-Nephrolithiasis, Nephrokalzinose, chronische Niereninsuffizienz
    • Polyurie, Polydipsie,
  • Magen
    • therapierefraktäre Magen-Darm-Ulzera
    • Anorexie,
  • Knochen
    • Osteopathie (Osteodystrophia fibrosa cystica Recklinghausen)
    • subperiostale Resorption (Finger, Schlüsselbein)
    • Spongiosierung der Kortikalis
    • Knochenzysten
    • braune Tumoren
    • gelegentlich generalisierte Skelettentkalkung in Form einer Osteoporose
  • ZNS
  • organisches Psychosondrom (Apathie, Depression, Verwirrtheit)
  • Adynamie, Areflexie
  • hyperkalzämische Krise
    • Psychosyndrom,
    • Erbrechen,
    • Polyurie, Exsikkose, Niereninsuffizienz,
    • bradykarde Rhythmusstörungen

Symptome des Hyperparathyreoidismus

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Die Symptome lassen sich in der Trias Stein-Bein-Magen-Pein zusammenfassen: Durch den erhöhten Parathormonspiegel wird Calcium aus den Knochen abgebaut, es kommt zur Osteoporose und Knochenbrüchen ohne klare erkennbare einwirkende Ursache   pathologischen Frakturen. Der erhöhte Calciumspiegel im Blut wiederum führt zum Ausfällen von Calciumsteinen in der Niere, Nierenkoliken und Weichteilverkalkungen. Als besonders gefährlich werden beim primären, tertiären und quintären Hyperparathyreoidismus Ablagerungen von Calcium in Blutgefäßen und an den Herzklappen angesehen. Außerdem wird die   Gastrinproduktion angeregt, so dass es zu einer Magenschleimhautentzündung kommen kann.

Neben diesen Beschwerden sind psychiatrische Erkrankungen wie schwere Depressionen und frühzeitige Demenz häufig erste aber in der Regel der Fälle verkannte Symptome.

Diagnostik

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Laborwerte

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Lokalisationsdiagnostik

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Abschätzung der Folgen

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Osteitis fibrosa cystica
  • Knochenuntersuchung
  • Nierenuntersuchung

Therapie

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  • operativ:
    • Entfernung des Adenoms
    • 3-½-Resektion (Belassen einer halben Nebenschilddrüse)
    • en-bloc-Resektion (Entfernung zusammen mit der Schilddrüse)
    • Neueinpflanzung einer Nebenschilddrüse am Unterarm
  • Punktion und lokale Zerstörung des Adenoms
    • beispielsweise mit hochkonzentriertem Alkohol
    • oder mit Stoßwellen Ultraschall
  • pharmakologisch

Therapie des primären Hyperparathyreoidismus

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Chirurgische Entfernung des (oder aller) vergrößerten Epithelkörperchens, da fast immer nur in einem eine Autonomie entsteht.

  • Operation:
    • Allgemeines: Die Operation ist die Therapie der Wahl bei einer im Labor gesicherten Überfunktion der Nebenschilddrüse. In der Hand von erfahrenen Chirurgen sollte diese eine primäre Erfolgsrate (definiert als normwertiges Calzium 6 Monate nach der Operation)über 95% haben.
    • Man unterscheidet verschiedene Operationsmethoden.
      • Die bilaterale Halsexploration: Hierbei werden über einen kleinen Schnitt alle 4 Nebenschilddrüsen dargestellt und exploriert. Eine bzw. mehrere Nebenschilddrüsen, die adenomartig verändert bzw. hyperplastisch sind, können entfernt werden. Hierzu benötigt man nicht zwingend eine Lokalisationsdiagnostik.
      • Die unilaterale Halsexploration: Hierbei werden auf einer Seite der Schilddrüse 2 Nebenschilddrüsen dargestellt und die veränderte entfernt.
      • Die fokussierte Parathyreoidektomie: Nach einem gesicherten Ergebnis in der Lokalisationsdiagnostik mit Angabe der Lokalisation wird nur die vergrösserte Nebenschilddrüse über einen kleinen Schnitt entfernt. Hierbei wenden einige Chirurgen zur Vergrösserung des Sichtfeldes eine videoassistierte Technik an (MIVAP).
  • lokale Alkoholinstillation bei sonografisch erkennbarem Adenom.
    • Sollte nur bei Patienten erfolgen, die inoperabel sind.
    • Bei einem Rezidiv wird die Operation durch Vernarbungen an dieser Stelle sehr schwierig.
    • Es werden angeblich Nebenschilddrüsenhormon-bildende Zellen am ganzen Hals verteilt.
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Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus

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Beseitigung der Grunderkrankung. Falls das nicht möglich (z. B. bei chronischem Nierenversagen), müssen alle 4 (bis 8) Epithelkörperchen entfernt und anschließend ein Teil eines Epithelkörperchens in den Unterarm autotransplantiert werden, da sonst gar keine Parathormonbildung mehr stattfinden könnte. Der sekundäre Hyperparathyreoidismus wird außerdem mit Vitamin-D-Gabe und Phosphatbindern behandelt. Ohne Therapie ist ein Übergang in einen tertiären Hyperparathyreoidismus wahrscheinlich.

Therapie des tertiären Hyperparathyreoidismus

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Wie beim sekundären, allerdings mit geringerer Erfolgswahrscheinlichkeit.

Neueste Methoden

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Seit 2004 sind Calcimimetika (z. B.   Cinacalcet) verfügbar, die am   calciumsensitiven Rezeptor der Nebenschilddrüsenzelle angreifen und somit direkt die Parathormonausscheidung hemmen.

Verlauf und Prognose

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Fall 1 primärer HPT bei einer jungen Frau

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Eine 23 jährige junge Frau kommt mit einer pathologischen Schenkelhalsfraktur ins KH. Es finden sich im CT weitere Osteolyseherde Im Becken und in beiden Oberschenkelknochen.

  • Calcium 3,7 mmol/L d.h stark erhöht normal 2,1 - 2,55 mmol/L
  • Phosphat 2.3 mg/dL; normal , 2.5-4.9 mg/dL
  • Kreatinin normal
  • Hämoglobin, 7.8 g/dL; normal 11.3-15.2 g/dL
  • PTH 1492 pg/mL; normal 12-90 pg/mL d.h stark erhöhter Wert
  • 1,25-dihydroxyvitamin D 97 pg/mL; normal 18-72 pg/mL leicht erhöht

2,2 cm grosser echoarmer Knoten neben der linken Schilddrüse

Diagnose

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autonomes Adenom der Nebenschilddrüse mit schwerem primären Hyperpara

Therapie

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Entfernung des Adenoms, Versorgung der Schenkelhalsfraktur

Siehe http://jama.ama-assn.org/content/306/21/2385.full

Geschichte der Krankheit

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Experten und Krankenhäuser

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Suche in der Weissen Liste

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Gibt man in der Weissen Liste bei Krankenhaussuche die Diagnose Sonstige Operation an Schilddrüse bzw. Nebenschilddrüsenein und läßt die Suche bundesweit laufen, dann findet man die Krankenhäuser mit der größten Erfahrung bei Operationen der Nebenschilddrüse. siehe https://www.weisse-liste.de/de/krankenhaus/krankenhaussuche/

Selbsthilfegruppen

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Fragen und Anmerkungen

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Literatur

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  • Henning Dralle (Hrsg.): Endokrine Chirurgie. Schattauerverlag, Stuttgart 2014, 478 Seiten, gebunden, 149,99 Euro
 
Nebenschilddrüsen-Adenom