Innere Medizin kk: Flecainid
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Das Wichtigste
Bearbeiten- Flecainid ist ein stark und gut wirksames Medikament zur Behandlung von tachykarden Herzrhythmusstörungen.
- Es ist ein 1C Antiarrhythmikum, d.h. ein Natriumkanalblocker.
- Es wirkt sowohl am Vorhof als auch an der Kammer.
- Es wird bei Vorhofflimmern, Vorhofflattern und bei therapieresistentem Kammertachykardien eingesetzt.
- Es ist intravenös und oral verfügbar.
- Flecainid sollte auf leeren Magen oder mindestens eine Stunde vor einer Mahlzeit eingenommen werden.
- Die CAST Studie über Flecainid war eine wegweisende Studie in der Nachbehandlung von Herzinfarktpatienten.
- Die Sterblichkeit in der Flecainidgruppe war größer als in der nicht behandelten Gruppe.
- CAVE: Bei Nichtbeachtung der Kontraindikationen für Flecainid sind Todesfälle möglich und beschrieben.
Wirkstoff
BearbeitenZusammensetzung
BearbeitenTablette
Bearbeiten- 100 mg pro Tablette
- Aktiver Wirkstoff:
- Flecainid acetat (100 mg pro Stück)
- Flecainid (87.34 mg pro Stück)
- halbierbar
Ampulle
Bearbeiten- Zusammensetzung von TAMBOCOR Ampullen
- 5ml Lösung enthält
- Wirkstoffe
- 43.67 mg Flecainid entsprechend 50 mg Flecainid acetat
- Hilfsstoffe
- Wasser für Injektionszwecke
- Essigsäure 99%
- Natriumacetat
- Wirkstoffe
- 5ml Lösung enthält
Vorsicht die Ampullengröße hat sich geändert , früher gab es 1 Ampulle Inj Lös 150 mg/15ml Flecainid
Wirkungsweise
Bearbeiten1C Antiarrhythmicum , stark wirksamer Natriumkanalblocker
Indikation
Bearbeiten- Supraventrikuläre Tachykardien wenn sie symptomatisch und behandlungsbedürftig sind.
- AV-junktionale Tachykardien,
- supraventrikuläre Tachykardien bei WPW-Syndrom,
- paroxysmales Vorhofflimmern
- Lebensbedrohliche ventrikuläre Tachykardien.
Alternativen
Bearbeiten- Metoprolol
- elektrische Kardioversion
- Amiodaron
- Gilurytmal
- elektrophysiologische Ablation
- Verapamil
- Dronedaron
Art der Anwendung Dosierung
BearbeitenÜbersicht
Bearbeiten- iv
- oral nach Kardioversion von VHF
- pill in the pocket
intravenös
BearbeitenAnwendung in der Akutmedizin und Intensivmedizin als Alternative zu einer elektrischen Kardioversion bei Vorhofflimmern/Tachyarrhythmie oder als letzte Alternative bei sonst therapieresistenten anhaltenden Kammertachykardien. siehe Fall 1 und Fall 2 weiter unten.
oral nach Vorhofflimmern
Bearbeitensiehe Flec SL Studie
- Für Erwachsene
- supraventrikuläre Rhythmusstörungen
- Initialdosis und Erhaltungsdosis:
- 2× ½ Tablette täglich (2× 50 mg täglich).
- Maximale Tagesdosis: 2× 1½ Tabletten täglich (2× 150 mg täglich).
Pill in the Pocket Anfallsbehandlung des Vorhofflimmerns , keine Dauerbehandlung
BearbeitenVoraussetzungen
Bearbeiten- herzgesunde Patienten unter 75 Jahren
- ohne Bradykardie
- ohne Erregungsleitungsstörungen
- ohne Nieren- und Leberfunktionsschwäche
- ohne Kaliummangel
- ohne Schwangerschaft
- ohne Kontraindikationen gegen Flecainid
- Anfälle treten nicht zu oft auf
- max. 2- bis 3-mal im Monat
- Anfälle verursachen ausgeprägte Beschwerden
Dosis
Bearbeiten- Orale Einzeldosis von
- 300 mg bei Körpergewicht ≥ 70 kg
- 3 Tabletten Tambocor 100 mg
- 200 mg bei < 70 kg.
- 2 Tabletten Tambocor 100 mg
- 300 mg bei Körpergewicht ≥ 70 kg
- erste Anwendung muss in einer Klinik oder Praxis überwacht werden
- der Patient darf die Dosis nicht ändern
- der Patient sollte nach Tabletteneinnahme mehrere Stunden ruhen
Weiteres Vorgehen
Bearbeiten- Der Patient muß ins Krankenhaus
- wenn das Vorhofflimmern nach 6 - 8 Stunden trotz der Tabletteneinnahme nicht umspringt
- oder wenn gravierende Nebenwirkungen auftreten wie
- bedrohliche Pulsverlangsamung
- bedrohliche Pulsbeschleunigung, Schwindel, Bewusstlosigkeit
Literatur
Bearbeiten- Alboni P, Botto GL, Baldi N et al. (2004)
- Outpatient treatment of recent-onset atrial fibrillation with the „pill-in-the-pocket“ approach.
- N Engl J Med 351(23): 2384–2391
- Outpatient treatment of recent-onset atrial fibrillation with the „pill-in-the-pocket“ approach.
Vorsichtsmaßnahmen für die Verwendung
BearbeitenFlecainid hat einen sehr engen therapeutischen Bereich zwischen 0,2 - 1,0 μg/ml im Serum. Der toxische Bereich beginnt bereits ab Serumspiegeln von 1,5 μg/ml. Überdosierungen zb bei Niereninsuffizienz müssen vermieden werden.
Gegenanzeigen
Bearbeiten- Patienten mit Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe
- 3 Monate nach Myokardinfarkt
- dekompensierte Herzinsuffizienz
- bedeutsame Elektrolytstörungen
- ausgeprägte Hypotonie
- Kardiogener Schock.
- schwere Bradykardie
- bradykarde Rhythmusstörungen
- Sinusknotendysfunktion,
- atriale Reizleitungsstörungen,
- AV-Block 2. und 3. Grades,
- vollständiger Schenkelblock
- keine Reanimationsmöglichkeit und kein Monitoring
- dann keine intravenöse Gabe
- permanentes Vorhofflimmern, welches nicht zur Kardioversion vorgesehen ist
- hämodynamisch wirksame bedeutsame Herzklappenfehler.
- bekanntes Brugada Syndrom.
- Bei eingeschränkter Pumpfunktion des Herzens (Auswurffraktion < 35 %) darf es nur im Fall lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhyhtmien eingesetzt werden.
Bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion muss die Dosis angepasst werden.
Unter der Therapie muß
- die Nierenfunktion
- die Breite des QRS-Komplexes im Ruhe-EKG überwacht werden.
Nebenwirkungen
BearbeitenProarrhythmie
BearbeitenWie andere Antiarrhythmika kann Flecainid Arrhythmien auslösen. Bestehende Arrhythmien können sich verschlechtern oder neue Arrhythmien auftreten. Das Risiko proarrhythmischer Wirkungen ist bei Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen und/oder signifikanter Einschränkung der Herzpumpfunktion am größten.
sonstige kardiale Nebenwirkungen
Bearbeiten- Erniedrigung oder Erhöhung der Herzfrequenz (Bradykardie, Tachykardie),
- Herzrasen (Palpitationen),
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Brustschmerzen, Herzinfarkt und Erniedrigung des Blutdrucks (Hypotonie).
Sehr häufige Nebenwirkungen mehr als 1 von 10 Behandelten
Bearbeiten- Atemnot,
- Schwindel, Benommenheit,
- Probleme mit dem Sehen,
- wie z.B. Doppeltsehen,Verschwommensehen und Schwierigkeiten, scharf zu sehen.
Häufig
BearbeitenÜbelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Durchfall, Dyspepsie (Schmerzen im Oberbauch, Völlegefühl), Prickeln der Haut ("wie wenn Ameisen darüber laufen"), Koordinationsprobleme, Schwierigkeiten bei Bewegungen (Muskelzuckung), vermindertes Berührungsgefühl, vermehrtes Schwitzen, vorübergehender Bewusstseinsverlust, Klingeln in den Ohren, Zittern, Schwindelgefühl (Vertigo), Gesichtsröte, Schläfrigkeit, schwere Depression, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwäche, Müdigkeit (Fatigue), Fieber, Flüssigkeitseinlagerung im Gewebe (Ödeme) und allgemeines Unwohlsein.
Gelegentlich
BearbeitenLungenentzündung, Blähungen, nervöse Störungen, z.B. in den Armen und Beinen, Krämpfe, Verminderung der roten und weißen Blutkörperchen und der Blutplättchen, Verwirrtheit, Sehen von Gegenständen, die nicht vorhanden sind (Halluzinationen), Gedächtnislücken, allergische Hautreaktionen, wie z.B. Hautausschlag, Haarausfall und Nesselsucht, Mundtrockenheit, Geschmacksstörungen.
Selten
Bearbeitenerhöhte Leberenzymwerte, die nach Behandlungsende abklingen.
Sehr selten
Bearbeitenerhöhte Konzentrationen bestimmter Antikörper, Hornhauteinlagerungen.
Wechselwirkungen
BearbeitenPackungsgröße
BearbeitenVerfallsdatum und Lagerung
BearbeitenKosten
BearbeitenFall
BearbeitenFall 1 Durchfall, schlechte EF , 2 * ICD Auslösung wegen Kammerflimmern , anhaltende Kammertachykardie ( VT ) mit Frequenz 150
BearbeitenEin schlanker, sportlicher Patient, circa 70 Jahre alt, mit bekannter dilatativer Kardiomyopathie und ICD kommt zur stationären Aufnahme wegen
- 2 maliger Auslösung seines ICDs
- seit 2 Tagen anhaltendem Durchfall.
Vorgehen
BearbeitenDer Patient wird auf Intensiv aufgenommen. isoliert. Flüssigkeit und Salze ersetzt. In der ICD Abfrage zeigt sich eine anhaltende Kammertachykardie mit einer Hf von circa 140 / min. Eine NIPS ( Nicht invasive programmierte Stimulation ) über den Defi ist nicht erfolgreich. Eine Ampulle Flecainid iv führt zu einer dauerhaften Beseitigung der VT.
Fall 2 Sepsis Tachyarrhythmie
BearbeitenEin Patient mit schwerer Urosepsis bekommt bei Temperatur 40 ein Vorhofflimmern und eine Tachyarrhythmie bis 170. Trotz reichlicher iv Flüssigkeitsgabe, Fiebersenkung bis 37, Sauerstoffgabe und hochdosierter Mehrfach iv Antibiose springt er nicht in einen Sinusrhythmus um. Im Echo gute LV Funktion, keine Klappenprobleme. Nach 2 Ampullen Flecainid entsprechend 100 mg Flecainidacetat springt die Herzfrequenz innerhalb einer halben Stunde von Vorhofflimmern und einer Tachyarrhythmie von 130 auf einen Sinusrhythmus von 85 / min um.
Fall 3 persistierendes Vorhofflimmern bei guter Links EF und keinen Klappenproblemen
BearbeitenEin 61 jähriger Patient ohne wesentliche Risikofaktoren kommt mit Tachyarrhythmie und Vorhofflimmern zur Aufnahme. Es erfolgt eine TEE und elektrische Kardioversion in den Sinusrhythmus. Die Koronardiagnostik ist unauffällig. Im Echo zeigt sich ein leicht vergrößerter linker Vorhof und eine beginnende diastolische Dysfunktion. Sonst ist das Echo unauffällig. Der Patient wird mit Betablocker und Antikoagulation beschwerdefrei entlassen. Eine Woche später ist er wieder da mit einer TAA ( TAA = Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern = Herzrasen bei Vorhofflimmern). Er wird wieder elektrisch kardiovertiert und heimgeschickt. Eine Woche später ist er wieder da mit TAA. Jetzt wird er mit 75 mg Flecainid intravenös kardiovertiert. Außerdem wird eine Dauertherapie mit 2 * 50 mg Flecainid oral eingeleitet. Nach 4 Tagen wird ein BelastungsEKG durchgeführt, um eine belastungsinduzierte Proarrhythmie auszuschließen. Außerdem wird ein Termin für eine PVI vereinbart.
Firma
BearbeitenMeda Pharma GmbH
- Bad Homburg
Fragen
BearbeitenStudien
BearbeitenFlec-SL – AFNET 3
Bearbeiten- Flec-SL – AFNET 3 Studie: Antiarrhythmika Therapie nach Kardioversion
- Vergleich der Effektivität einer gezielten pharmakologischen Umkehr des elektrischen Remodeling und konventioneller Langzeit-Antiarrhythmika-Therapie nach Kardioversion von persistierendem Vorhofflimmern; randomisierte kontrollierte klinische Studie
- Wissenschaftliche Leitung: Prof. Paulus Kirchhof, Birmingham / Münster
- Apostolakis S, Haeusler KG, Oeff M, Treszl A, Andresen D, Borggrefe M, Lip GY, Meinertz T, Parade U, Samol A, Steinbeck G, Wegscheider K, Breithardt G, Kirchhof P. Low stroke risk after elective cardioversion of atrial fibrillation: An analysis of the Flec-SL trial. Int J Cardiol. 2013 Jul 17. doi: 10.1016/j.ijcard.2013.06.090
- Kirchhof P et al: Short-term versus long-term antiarrhythmic drug treatment after cardioversion of atrial fibrillation (Flec-SL): a prospective, randomised, open-label, blinded endpoint assessment trial. Lancet 18.06.2012, doi:10.1016/S0140-6736(12)60570-4
CAST Studie : Cardiac Arrhythmia Suppression Trial (CAST) Investigators (1989)
BearbeitenBahnbrechende Studie der Antiarrhythmika Therapie des akuten Myokardinfarktes. Die Sterblichkeit in der behandelten Gruppe war höher als in der nicht behandelten Gruppe. Pflichtlektüre für jeden Kardiologen und Intensivmediziner.
Literatur
Bearbeiten- http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/aktuelles/2012/06/2299.php
- Flec-SL Studie belegt Wirksamkeit von antiarrhythmischer Kurzzeitbehandlung
- Kirchhof P et al: Short-term versus long-term antiarrhythmic drug treatment after cardioversion of atrial fibrillation (Flec-SL): a prospective, randomised, open-label, blinded endpoint assessment trial.
- Lancet 18.06.2012, doi:10.1016/S0140-6736(12)60570-4
- Kirchhof P et al: Short-term versus long-term antiarrhythmic drug treatment after cardioversion of atrial fibrillation (Flec-SL): a prospective, randomised, open-label, blinded endpoint assessment trial.
- Flec-SL Studie belegt Wirksamkeit von antiarrhythmischer Kurzzeitbehandlung
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Links
Bearbeiten- http://en.wikipedia.org/wiki/Flecainide
- Der englische Wikipedia Artikel ist viel besser als der deutsche.
- http://compendium.ch/mpro/mnr/3269/html/de
- Fachinformation