Dieses Buch steht im Regal Informationswissenschaft.

Der Begriff Open Science (Offene Wissenschaft) bündelt Strategien und Verfahren, die darauf abzielen, die Chancen der Digitalisierung konsequent zu nutzen, um alle Bestandteile des wissenschaftlichen Prozesses über das Internet offen zugänglich, nachvollziehbar und nachnutzbar zu machen. Damit sollen Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft neue Möglichkeiten im Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen eröffnet werden.

Fellow-Programm Freies Wissen (Bild: Markus Büsges, leomaria designbüro, Logo Fellowprogramm quer, CC BY-SA 4.0)
Fellow-Programm Freies Wissen (Bild: Markus Büsges, leomaria designbüro, Logo Fellowprogramm quer, CC BY-SA 4.0)

Die Handreichung Open Science entsteht im Rahmen des Wikimedia Fellowprogramms Freies Wissen. Die Handreichung richtet sich an WissenschaftlerInnen und Interessierte, die sich für Verfahren und Strategien von Offener Wissenschaft interessieren. Es gibt einen Einblick Strategien und Verfahren von Open Science, Beispiele aus verschiedenen Fächern, sowie weiterführende Links zur Vertiefung. Die Handreichung ist als Living Book konzipiert und wird von der Community stetig erweitert. Ziel ist es, eine praxisnahe Einführung zu Open Science anhand von aktuellen Beispielen und Links vorzustellen.

Autorinnen und Autoren

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Hinweis zu Bildern

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Damit die Bilder in anderen Open Science-Projekten weiterverwendet werden können, sollten sie möglichst unter der Lizenz CC0 und als Vektorgrafik gespeichert sein. Danke!

Grundlage für die erste Fassung sind die Texte der AG Open Science. TeilnehmerInnen des Fellow-Programms Freies Wissen und weitere Interessierte sind herzlich willkommen, sich bei dem Projekt zu beteiligen und die Inhalte zu erweitern.

Die Texte und Bilder dieser Handreichung stehen, sofern in der Bildunterschrift nicht anders gekennzeichnet, unter der Lizenz CC-BY 4.0.

Rechtliche Voraussetzungen für Open Science

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Die technischen Gegebenheiten sind heute für Open Science so günstig wie noch nie. Die Digitalisierung hat Wissen von seinem körperlichen Trägermedium (zB Papier) gelöst. Informationen sind heute zu sehr geringen Grenzkosten kopierbar. Das Internet ermöglicht außerdem einen sehr günstigen Vertrieb.

Dennoch geschieht Open Science nicht von selbst. Harte Arbeit ist nötig, um vorstellbare offene Lösungen auch praktisch zu implementieren. Viel ist möglich, viel ist noch zu tun. Die folgenden Abschnitte beleuchten die zahlreichen Facetten der Praxis in und mit offener Wissenschaft.

Open Science kennt aber nicht nur praktische Hürden wie die Notwendigkeit der Einrichtung und Pflege offener Repositorien oder den Mangel an offenen Standards. Die Öffnung muss nicht nur möglich sein, sondern auch erlaubt. Häufig sind es weniger technische als vielmehr rechtliche Bedingungen, die das Teilen von Wissen verhindern. Damit Nutzung und Nachnutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse möglich sind, müssen rechtliche Verbote lizenzvertraglich abgegolten werden.

Verschließung von Wissen durch Immaterialgüterrechte

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Jeder Text, der ein wissenschaftliches Forschungsergebnis beschreibt, ist mit einem Urheberrecht belegt, welches es verbietet, das Werk ohne Genehmigung der Urheber zu vervielfältigen, es zu bearbeiten − das schließt Übersetzungen ein − und es öffentlich zugänglich zu machen. Gleiches gilt für Zeichnungen, Pläne, Computerprogramme. Fotos oder Videos können mit Urheberrechten belegt sein; für sie und für Tonaufnahmen gelten aber auf jeden Fall Leistungsschutzrechte.[1] In der EU existiert seit 1996 außerdem ein Schutzrecht für Datenbanken. Dieses soll kein Monopol am einzelnen Datum begründen, sondern an der Struktur der Datenbank selbst. Die Abgrenzung kann aber schwierig sein.

Um Open Science zu ermöglichen, könnte man nun Ausnahmen von all diesen Rechten ins Urheberrechtsgesetz schreiben, die eine Nutzung und Nachnutzung zu Wissenschaftszwecken erlauben. Eine solche „harte Wissenschaftsschranke“ würde vieles vereinfachen und wäre zu begrüßen, ist jedoch derzeit politisch nicht machbar. Zu mächtig sind die Interessen, die ihr entgegenstehen. Außerdem soll Wissenschaft international funktionieren, was eine Angleichung aller Urheberrechts- und Copyrightgesetze der Welt notwendig machen würde.

Offene Lizenzierung

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Open Science bedient sich daher einer eleganteren Lösung, nämlich der offenen Lizenzierung. Urheber (oder Leistungsschutzberechtigte) erklären, dass sie die freie Verfügbarkeit und Nachnutzung der von ihnen erarbeiteten Texte, Programme, Videos etc. gestatten.

Eine der ersten Lizenzen dieser Art war die GNU General Public License (GPL) für Freie Software[2]. Sie modifiziert das Urheberrecht/Copyright so, dass GPL-lizenzierte Programme vervielfältigt, bearbeitet und zugänglich gemacht werden dürfen. Da für ihre Schöpfer die Freiheit und Offenheit von Code ethische Fragen waren, zielt die GPL zudem darauf ab, das Modell der Freien Software weiter zu verbreiten. Eine ihrer Klauseln, das sog. „Copyleft“, verpflichtet daher die Nutzer, modifizierte Versionen GPL-lizenzierter Programme ihrerseits wieder frei zu lizenzieren.

Aufbauend auf diesen Ideen entwickelte das Creative Commons-Projekt eine Reihe eigener Lizenzen, die sich für andere Werkarten als Software mittlerweile zum Standard etabliert haben. Die CC-Lizenzen sind modularisiert; Urheber können beispielsweise nur die Vervielfältigung erlauben, für Bearbeitungen ein Copyleft anordnen oder die Nutzung zu kommerziellen Zwecken untersagen.

Durch die Lizenzierung machen Kreative und Wissenschaftler sich vom geltenden Urheberrechtsregime unabhängig. Sie haben es selbst in der Hand, Nutzung und Nachnutzung ihrer Werke und Forschungsergebnisse zu gestatten und so neue Lösungen von kollaborativen Projekten bis hin zu weitreichenden Meta-Analysen zu ermöglichen.

Strategien und Verfahren von Open Science

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Open Access

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Vereinfacht gesagt bedeutet Open Access, dass der Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln und anderen Materialien (z. B. Forschungsdaten) im Internet kostenfrei und weitgehend hürdenlos möglich ist.

Die Forderung nach dem freien Zugang zu Artikeln begründet sich darin, dass der wesentliche Teil des Publizierens, etwa die Verschriftlichung und Einreichung eines Artikels, die Auswahl von Artikeln und die Peer-Review-Verfahren, von Wissenschaftlern selbst getragen wird. Die Befürworter von Open Access kritisieren daher (zurecht), dass ein Großteil der – meist steuermittelfinanzierten – Forschung nicht kostenfrei online zugänglich ist. Hinzu kommt, dass die hohen Lizenzgebühren für Fachzeitschriften und Paketdeals eine große Bürde und finanzielle Herausforderung für Universitäts- und Forschungsbibliotheken zu schaffen machen darstellen (auch hier), während Wissenschaftsverlage wie Elsevier, Wiley oder Springer aber seit Jahren auf Kosten der akademischen Wissenschaft und damit auch der öffentlichen Wissenschaftsförderung stattliche Gewinne einfahren. Der Steuerzahler bezahlt so quasi doppelt: Einmal für die Erstellung der Artikel und einmal dafür, dass die Bibliotheken sich wieder den Zugang zu den Artikeln erkaufen müssen, diesen aber zugleich hinter Zugangsschranken für Bibliotheks- oder Universitätsmitglieder wieder beschränken müssen. Die Diskussion um freien Zugang ist also verständlicherweise auch eine emotionale.

Die Verlage halten dagegen, dass die Organisation des Peer-Review-Prozesses – die nicht selten ebenfalls von den Wissenschaftlern übernommen wird -, die redaktionelle Bearbeitung eines Textes und dessen Veröffentlichung Geld kosten. Zudem erfüllen ihre Fachzeitschriften eine wichtige kuratierende Funktion in einer zunehmend unübersichtlichen Publikationslandschaft. Der neueste Bericht der STM Association zählte mehr als 28.000 peer-reviewed Fachzeitschriften, die jährlich mehr als 2.5 Millionen Artikel veröffentlichen. Der Bericht stellt fest, dass die Anzahl der Artikel seit zwei Jahrhunderten stetig wächst. Für Forscher ist es schwer, in dieser Fülle an Information Qualität zu identifizieren. Etablierte Fachzeitschriften bieten hier eine Orientierung. Auch das ist sicherlich richtig.

Die Forderung nach dem freien Zugang zu Artikeln aus akademischer Forschung ist längst keine ideologische mehr. Forschungsförderer, Forschungsverbünde, Institute und Universitäten haben längst Open-Access-Strategien ausgearbeitet. Das Land Berlin etwa hat im Oktober 2014 eine eigene Open-Access-Strategie vorgestellt. Das Open Access Network Austria (OANA) fordert in seinen - unverbindlichen - Empfehlungen eine vollständige Umstellung der wiss. Publikationstätigkeit in Österreich auf Open Access bis zum Jahr 2025. Es tut sich etwas beim akademischen Publizieren, auch aus Sicht und mit Nachdruck der Politik. Mit den neuen Online-Distributionswegen für wissenschaftliche Ergebnisse steht also die traditionelle Vermittlerfunktion von wissenschaftlichen Verlagen zumindest zur Disposition.[3]

Ein weiterer Trend ist die wissenschaftliche Publikation auf pre-print Servern. Dabei wird ein Artikel direkt veröffentlicht, ohne den zeitaufwendigen Peer-Review Prozess zu durchlaufen und zugleich Kommentierungen zu ermöglichen. Diese Praxis hat eine lange Tradition in der Physik, bekommt aber auch Aufwind in anderen Fachbereichen. Bekannte pre-print Server sind arXiv, bioRxiv und PeerJ preprints. Viele Journale besitzen heutzutage eine pre-print oder post-print Richtlinie, um das Publizieren auf pre-print Servern zu erlauben.[4]

Open Access Gebühren

Bei der Veröffentlichung von Artikeln oder Monographien in Verlagen wird für die Zulassung einer offenen Lizenz eine sogenannte Open Access Gebühr verlangt. Häufig muss diese von den Forschenden selbst getragen werden. Teilweise werden mit der Forschungsförderung auch die Open Access Publikationskosten übernommen. Andernfalls müssen die Gebühren durch die Forschenden selbst aufgebracht werden. Wenn dies nicht möglich ist, können ebenfalls dezentral bei den jeweiligen Universitätsbibliotheken DFG-Mittel zur Finanzierung von derartigen Gebühren beantragt werden.

Eine fortlaufend aktualisierte Übersicht, welche Universitäten entsprechende Fördermittel anbieten, findet sich auf dieser Unterseite zu Fördermöglichkeiten Open Access Gebühren

Weblinks

Open Data

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Bei den meisten wissenschaftlichen Publikationen wird nur ein kleiner Teil der experimentellen während der Forschung erhobenen Daten in der finalen Publikation veröffentlicht. Allerdings kann die Wissenschaft davon profitieren, wenn die gesamten Daten eines Projektes im Manuskript öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Dabei sollten die Daten frei und ohne Beschränkungen im Internet unter einer geeigneten Public Domain Lizenz zugänglich sein, um sie für andere Zwecke wiederverwenden zu können (Panton Principles).[5]

Ein weiterer Schritt wäre es, Daten sofort zu veröffentlichen, sobald sie generiert wurden. Hierfür gibt es heutzutage mehrere Möglichkeiten: Der schnellste Weg ist, den Datensatz direkt in digitalen Lagerstätten (Repositories) zu hinterlegen. Bekannte Repositorien sind z.B. Dryad, Zenodo, Figshare. Eine Anlaufstelle für solche Repositories ist die Registry of Research Data Repositories.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, eine Datenpublikation zu veröffentlichen, die hauptsächlich aus dem Datensatz und dessen Beschreibung des Datensatzes besteht, im Besonderen mit Informationen dazu, wie und wo dieser erhoben wurde. Analysen bzw. Interpretation der Daten werden in diesen Publikationen nicht durchgeführt, können aber in einem nachfolgenden Manuskript veröffentlicht werden. Mehrere naturwissenschaftliche Journals bieten dazu Möglichkeiten, z.B. Scientific Data der Nature Publishing Group  oder GigaScience von BMC.

Citizen Science

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Bei Citizen Science werden Personen in den wissenschaftlichen Prozess eingebunden, die nicht beruflich in dem Wissenschaftsbereich arbeiten. Die “Bürger” in Citizen Science sind hierbei z.T. Laien, aber viele sind auch professionelle Amateure in ihrem Feld. 1  Dabei kann die Einbindung verschiedene Formen annehmen. Beim Crowdsourcing oder verteilten Rechnen stellen  Bürgerinnen und Bürger ihre Rechnerkapazität zur Verfügung. Die Projekte SETI.Germany oder yoyo@home sind hier gute Beispiele. Häufiger sind dagegen Vorhaben, worin Bürgerinnen und Bürger bei der Datensammlung involviert sind, z.B. durch Beobachtungen von der Umwelt und Artenvielfalt oder Digitalisierung von historischen Daten. Solche Projekte werden nicht nur von der Wissenschaft angestoßen (wie im Fall der Projekte Roadkill oder Mückenatlas, sondern können auch von wissenschaftlichen Vereinen oder Verbänden koordiniert werden, wie beispielsweise das Projekt Wildkatzensprung von BUND oder das Daten-Eingabe-System (DES) vom Verein für Computergenealogie.

Citizen Science kann aber auch bedeuten, Bürgerforscher in die Entwicklung von Fragestellungen oder die Auswertung von Daten einzubeziehen. Hierfür ist es wichtig, sie auch in die entsprechenden Methodiken einzuweisen. Citizen Science kann dann als Form des lebenslangen Lernens und der Wissenschaftskommunikation verstanden werden. Öffentliche Daten und Protokolle, aber auch frei zugängliches Lehrmaterial spielen hier eine wichtige Rolle, da von Bürgern freiwillig gesammelte Daten und die daraus entstandenen Forschungsprojekte den Bürgern stets auch zugänglich sein sollten.

So ist es heutzutage möglich, genetische Manipulationen an Bakterien im kleineren Maßstab in Gemeinschaftslabors, außerhalb von etablierten Laboren, durchzuführen. Ein Beispiel ist das offene Insulin-Projekt. Auch ist es möglich für Wissenschaftler, Teilnehmer der Öffentlichkeit für Projekte zu rekrutieren, die geeignet sind, in einer größeren Gruppe gelöst zu werden. So können wissenschaftliche Laien dazu genutzt werden, 3D Proteinstrukturen mithilfe des Onlinespiels Foldit2 zu lösen. Auch archäologische Daten können von Bürgern “auf dem Feld” gesammelt, Archivmaterialien gesichtet, historische Quellen transkribiert oder Fachdatenbanken mit Metadaten verschlagwortet werden.

Das am längsten laufende Citizen Science-Projekt ist die Audubon Weihnachtsvogelzählung, die ohne die Mithilfe von Bürgerforschern nicht durchgeführt werden könnte. In Deutschland gibt es ähnliche Projekte wie Stunde der Wintervögel und Stunde der Gartenvögel, welche bereits seit 10 Jahren durchgeführt werden.

Open Educational Resources

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Open Science verfolgt das Ziel, dass alle wissenschaftlichen Leistungen öffentlich und frei im Internet verfügbar sind. Dies trifft auch für Materialien zu, die für die Ausbildung und Lehre des Nachwuchses verwendet wird.

Besonders im Bereich Bioinformatik, aber auch in anderen Fachbereichen, gibt es mittlerweile eine große Zahl an verfügbaren Lehrmaterial im Internet. Dazu zählen Bücher bei Wikibooks, das Material für Workshops, um Datenanalyse zu vermitteln (Software Carpentry oder Data Carpentry), oder öffentliches Vorlesungsmaterial von Universitäten wie z.B. MIT OpenCourseWare.

Auch das Angebot von öffentlichen Kursen/ Vorlesung von Universitäten (Massively Open Online Courses, MOOCs) wächst beständig. Allerdings folgen diese Kurse nicht immer Open Science Prinzipien. Als Beispiel sind hier zu nennen Udacity, edX und Coursera.

Offenes Lehrmaterial kann in der Form von   Book Sprints erarbeitet werden. Dabei werden Bücher über ein Spezialgebiet innerhalb eines kürzeren Zeitraums von einer Gruppe von Experten in Kollektivarbeit erstellt. Diese Bücher sind ein gutes Mittel, Wissen einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Zudem ermöglichen es offene Lernmaterialien, die klassische Trennung von Lernenden und Lehrenden aufzuweichen zugunsten dialogischerer Formate, bei denen auch die Studenten ihre Ideen und neue Ansätze und Forschungsfragen einbringen können.

Weitere Ideen zu diesem Thema werden vorläufig hier gesammelt: Handbuch_Open_Science/_Open_Educational_Ressources und anschließend in das Kapitel übertragen.

Open Methodology

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Oftmals führen Seiten- oder Wortbeschränkungen in wissenschaftlichen Publikationen zu sehr abgekürzten Textabschnitten. Eine ausführliche Beschreibung ist jedoch besonders im Methodenteil einer Publikation notwendig, der die Fragestellung, die Methodik, ggf. die Durchführung der Experimente und die Datenanalyse beschreibt. Falls dies nicht der Fall ist, kann jedoch eine Reproduzierbarkeit oder Wiederverwendung der Ergebnisse nicht gewährleistet werden.

Ein Weg, wiederum aus den Naturwissenschaften, dies zu formalisieren, ist die Research Resource Identification Initiative (RRI), die eindeutige Kennungen für Antikörper, Modellorganismen oder wissenschaftliche Werkzeuge (Software, Datenbanken etc.) vergibt, um eine bessere Reproduzierbarkeit zu ermöglichen. Mit Projekten wie IANUS des Deutschen Archäologischen Institutes wird auch für die Geisteswissenschaften eine Einheitlichkeit der Datenaufnahme, -speicherung und der Darstellung der Methodik hinter einem Forschungsprojekt angestrebt.

Open Notebook Science

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In den Lebenswissenschaften ist es Vorschrift, ein Laborbuch zu führen, in welchem der Wissenschaftler den Ablauf der Experimente dokumentiert. Dies ist traditionell ein Buch, in welches handschriftlich geschrieben wird und Bilder eingeklebt werden. Im digitalen Zeitalter sind jedoch die Möglichkeiten vielfältiger. Daraus hat sich eine Disziplin entwickelt, bei der Wissenschaftler im Internet zugängliche Methoden präsentieren oder sogar ihr gesamtes Laborbuch öffentlich führen.

Dr. Rosemary Redfield führt ein offenes Laborbuch, in dem sie unter anderem die umstrittenen wissenschaftlichen Interpretationen der Arsen-Bakterium Publikation[6] wiederlegen konnte.[7]

Eine Programmiersprachen-übergreifende Plattform, die gut für offene Datenanalyse geeignet ist, ist das Projekt Jupyter. Hier wird das Prinzip   literarisches Programmieren ausgenutzt.

Auch Doktorarbeiten können in Ihrer Gänze öffentlich verfasst werden. Ein schönes Beispiel ist die offene Doktorarbeit von Christian Heise.

Open Source

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Open Source hat eine lange Tradition in und außerhalb der Wissenschaft in der Softwareentwicklung. Hierbei ist der Quellcode von Software frei verfügbar und darf unter einer geeigneten Lizenz weiterverwendet werden. Der Vorteil liegt darin, dass der Algorithmus eines Programmes genau nachverfolgt werden kann und Fehler ausgebessert werden können. Deshalb spielt in der Wissenschaft Open Source eine große Rolle, besonders bei Software für die Datenanalyse.

Open Source kann auch dazu verwendet werden die Prozessierung von Daten genau zu dokumentieren, indem der Workflow öffentlich beschrieben ist (z.b. in shell Skripten oder make Dateien). Dies ist auch ein wichtiger Teil der open methodology.

Für open source gibt es mehrere bekannte Lagerstätten (Repositories) z.b. GitHub, Bitbucket oder SourceForge.

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einem open source Projekt  einen digital object identifier (DOI) zuzuweisen, um mit diesem das Projekt zitierbar zu machen. Dazu kann beispielsweise Zenodoverwendet werden.

Open Science Hardware

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Open Science Hardware beschreibt technisches Equipment, Werkszeuge, Experimentalvorrichtungen und andere physische Bestandteile wissenschaftlichen Arbeitens, die durch öffentliche Baupläne und Designs zugänglich gemacht werden.

Open Peer Review

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Peer-Review ist die klassische Qualitätskontrolle in der Wissenschaft. Dabei wird ein Manuskript bei einem Journal eingereicht und der Editor schickt dieses an zwei bis drei Reviewer weiter. Reviewer sind Fachkollegen (Peers) der Manuskriptautoren und bewerten den Artikel anhand der Fragestellung, zugrunde liegenden Theorien, der korrekten Durchführung der Experimente, Methodik und Analyse. Auch wird die Neuigkeit und die Bedeutung für das wissenschaftliche Feld eingeschätzt. Die Berichte der Reviewer werden an den Editor zurückgleitet, der eine Entscheidung darüber trifft, ob das Manuskript direkt akzeptiert wird, anhand der Berichte verbessert werden muss oder abgelehnt wird. Zum einen kann dieser Prozess über mehrere Runden laufen und eine sehr lange Zeit beanspruchen, zum anderen beginnt er wieder von vorn los, falls das Manuskript abgelehnt, aber bei einem anderen Journal wieder eingereicht wird.

Traditionell verläuft der Peer-Review blind, d.h. die Reviewer erfahren die Namen der Autoren, aber nicht umgekehrt. Dies kann zu Problemen führen, wenn Reviewer sich hinter ihrer Anonymität verstecken und Manuskripte unfair beurteilen. Der Extremfall ist das “scoopen”, bei dem ein Reviewer die Publikation eines Konkurrenten im Reviewprozess hinauszögert, um die Idee des Manuskriptes für eigene Arbeiten zu verwenden. Auch kann es Probleme geben, wenn Reviewer ein Manuskript zu positiv bewerten, um sich einen Vorteil für ein zukünftiges eigenes Paper zu verschaffen, falls die Autoren diese Publikation reviewen sollten.

Eine andere Möglichkeit ist das doppelt blind-Verfahren, wobei weder Reviewer noch Autoren die Namen erfahren. Allerdings ist dies in übersichtlichen wissenschaftlichen Felder nur von kleinen Nutzen, da das Arbeitsfeld einer Arbeitsgruppe gut bekannt ist.

Open science setzt diesem das open Peer-Review entgegen, bei dem der gesamte Prozess öffentlich sein sollte, um eine offene Kommunikation in ethischer und offener Weise zu gewährleisten. Dabei wissen alle Beteiligten die Namen der Akteure. Reviewer-Berichte werden mit der Publikation im Internet veröffentlicht und können optional von den Reviewern unterschrieben sein. Dies hat zur Folge, daß Peer-Review zu einem gemeinschaftlichen Prozess zwischen Autoren und Reviewern wird, um konstruktive Kritik zu gewährleisten.

Mehrere Journals haben bereits ein offenes Peer-Review implementiert, dazu gehören das EMBO Journal (http://emboj.embopress.org/), GigaScience (http://www.gigasciencejournal.com/) und PeerJ (https://peerj.com/). Einen Schritt weiter gehen Journals wie F1000 Research (http://f1000research.com/) oder ScienceOpen (https://www.scienceopen.com/), die ein post-publication review System implementiert haben. Dabei werden Manuskript wie bei pre-prints sofort öffentlich gestellt, bevor ein Peer-Review erfolgt. F1000 Research lädt dann Reviewer ein, die öffentlich die Arbeit reviewen, und die Berichte werden neben dem Artikel hochgeladen. Bei ScienceOpen können aktive Wissenschaftler selbständig und ohne Einladung Manuskripte reviewen.

Der Peer-Review.Prozess, als klassische wissenschaftliche Qualitätskontrolle, kann auch dazu genutzt werden, die Open Science-Prinzipien zu verbreiten und Autoren in diesem Prozess konstruktiv zur Seite zu stehen (Aleksic et al. 2015) Aleksic J, Alexa A, Attwood TK et al. An Open Science Peer Review Oath [v2; ref status: indexed, http://f1000r.es/4wf] F1000Research 2015, 3:271 (doi: 10.12688/f1000research.5686.2).

Das Internet und seine vielseitigen Kommunikationsmöglichkeiten sind ein ideales Mittel für offene Kommunikation. Auch die wissenschaftliche Kommunikation konnte so offenere Formen annehmen und Blogs z.B. Haldane’s Sieve, http://haldanessieve.org/ oder http://de.hypotheses.org, ein Fachportal für geisteswissenschaftliche Blogs oder die Kommentarsysteme vieler Journals spielen in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle, auch in der Veröffentlichung und Beurteilung von wissenschaftlichen Artikeln. Zwei Plattformen haben sich auf diesem Gebiet besonders hervorgetan. PubPeer ist eine Plattform auf der (optional anonym) wissenschaftliche Artikel beurteilt und diskutiert werden können. So konnte mithilfe dieser Plattform Ungereimtheiten in einigen Publikationen von Prof. Voinnet der ETH Zürich aufgedeckt werden Vgl. http://www.labtimes.org/editorial/e_624.lasso. RetractionWatch ist eine Webseite, die die immer häufiger auftretenden Wiederrufe (retractions) von wissenschaftlichen Artikeln dokumentiert, aber auch als Diskussionsplattform fungiert.

Peer-Review kann ein zeitaufwendiger Prozess sein, auch für die Reviewer, die kostenlos diesen Dienst für die Wissenschaft erbringen. Auch hier gibt es Fortschritte, wie z.B. die Plattform Publons, die es ermöglicht, die eigene Reviewtätigkeit zu dokumentieren oder gar Reviews zu veröffentlichen.

Open Science in verschiedenen Fächern

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Rechtswissenschaft

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Der Handbuchartikel "Open Science und Rechtswissenschaft" wird unter folgendem Link aktualisiert: Handbuch_Open_Science/_Rechtswissenschaft

Film- und Medienwissenschaft

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Einen Überblick über verschiedene Ansätze im Feld der Open Science und Film- und Medienwissenschaft bietet der Open-Media-Studies-Blog (ZfM). Er bietet ein öffentliches Forum für aktuelle Debatten rund um den Themenkomplex Transparenz, Offenheit und Zugang in Forschungs-, Lehr- und Publikationspraktiken.

Die 2018 gegründete Open Media Studies AG der Gesellschaft für Medienwissenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Medienwissenschaft für Open Science zu sensibilisieren und Arbeitsprozesse transparenter zu machen. Dafür will sie sich mit wissenschaftlichen Praktiken, Methoden und Ansätzen in der eigenen Disziplin kritisch auseinandersetzen und Best-Practice-Beispiele erarbeiten. Openness soll dabei sowohl als Chance als auch Herausforderung diskutiert werden.

Psychologie

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Hier entsteht der Handbuchartikel "Open Science in der Psychologie".

Open Science vor 2010

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Open Science seit 2010

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Die Open Science Bewegung erhielt erneuten Aufschwung durch eine Reihe schwerwiegender Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die in die sogenannte Reproduzierbarkeitskrise der Psychologie Replication Crisis mündeten. Zahlreiche Befunde, die in der psychologischen Fachliteratur veröffentlicht worden waren, wurden in Frage gestellt.

Bekannte Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens
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Ein bekannter Fall ist der des niederländischen Psychologen Diederik Stapel, dessen umfangreiches wissenschaftliches Fehlverhalt im September 2011 bekannt wurde. Stapel wurde beschuldigt, Experimentaldaten gefälscht zu haben. Eine Kommission, die sich mit den Arbeiten Stapels beschäftigte, deckte umfangreiche Datenfälschungen auf. [8] Stapel gab seinen Doktortitel zurück [9] und mehr als 50 wissenschaftliche Publikationen, an denen Stapel beteiligt war, wurden zurückgezogen. [10]

Ein weiterer Fall, der für Aufsehen sorgte, war der des deutschen Psychologen Jens Förster. Förster wurde vorgeworfen, Daten manipuliert zu haben. Eine Kommission kam zu dem Schluss, dass Datenmanipulationen vorlagen. [11] Förster verzichtete auf die Fördergelder im Rahmen der ihm ursprünglich zugesprochenen Alexander-von-Humboldt-Professur.[12] Mehrere wissenschaftliche Publikationen Försters wurden zurückgezogen. [13]

Evaluation der Häufigkeit fragwürdiger Forschungsmethoden
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Obgleich es einige spektakuläre Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens gab, wurde darüberhinaus vermutet, dass fragwürdige Forschungsmethoden auch unterhalb der Schwelle solcher öffentlichen Skandale auftreten könnten. Unter anderem zeigte eine Studie mit mehr als 2000 Psychologen, dass verschiedene problematische Praktiken im Umgang mit Daten (z.B. p-Hacking) und beim Berichten von Experimentaldesigns und -ergebnissen (z.B. HARKing) häufig zugegeben wurden. [14]

Evaluation der Reproduzierbarkeit psychologischer Forschung
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Vor diesem Hintergrund ergab sich die Frage, wie belastbar die in der psychologischen Fachliteratur veröffentlichten Befunde waren. Zunächst begannen Wissenschaftler, Ergebnisse ihrer Studien, die einen publizierten Befund nicht noch einmal fanden (d.h., nicht replizierten) im Onlinearchive PsychFileDrawer zu sammeln.

Darüberhinaus entstand das Reproduzierbarkeitsprojekt Psychologie, [15] das in einem kontrollierten und koordinierten Prozess 100 publizierte psychologische Befunde aus dem Jahr 2008 zu replizieren versuchte. Von den tatsächlich durchgeführten 97 Replikationsversuchen waren nur 35 (36.1%) erfolgreich (d.h., sie zeigten einen statistisch signifikanten Effekt in derselben Richtung wie die Originalstudie).

Weitere großangelegte Replikationsversuche wie das Many Labs 1 [LINK] und das Many Labs 2 [LINK] Projekt zeigten ähnlich geringe Replikationserfolge (jeweils xxx% und xxx%).

Veränderungen der wissenschaftlichen Arbeitsweise in der Psychologie
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Um die Belastbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Psychologie zu erhöhen, werden eine Reihe von Maßnahmen propagiert. Dazu gehört die Präregistrierung, bei der in Onlinearchiven vor der Erhebung von Experimentaldaten hinterlegt wird, wie die Studie durchgeführt werden soll, welche und wie viele Daten erhoben werden, sowie welche konfirmatorischen Analysen durchgeführt werden sollen. Weiterhin wird vorgeschlagen, Forschungsdaten in anonymisierter Form, Analyseskripte und andere Materialien, die für die Durchführung von Studien und deren Nachvollziehen notwendig sind, öffentlich zugänglich zu machen.

Experimentelle Philosophie

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Hier entsteht der Handbuchartikel "Open Science in der experimentellen Philosophie".

Weitere Materialien zu Open Science

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CoScience – Gemeinsam forschen und publizieren mit dem Netz

AG Open Science der Open Knowledge Foundation

OpenScience Q&A – Fragen und Antworten zur offenen Wissenschaft

Open Science Framework – kostenlose Plattform, um den eigenen Forschungsprozess transparenter zu machen und mit anderen gemeinsam zu arbeiten

Einzelnachweise

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  1. Für Näheres zum Unterschied wischen Urheberrechten und Leistungsschutzrechten siehe hier
  2. Zum Unterschied zwischen Free Software und Open Source Software siehe hier
  3. Quelle (ergänzt): Benedikt Fecher, Das Momentum nutzen – denken wir bei Open Access weit genug? (Auszug) Lizenz: CC-BY-SA
  4. Vgl. die Plattform rchiveit
  5. Panton Principles, Principles for open data in science. Murray-Rust, Peter; Neylon, Cameron; Pollock, Rufus; Wilbanks, John; (19 Feb 2010). Retrieved [24 Nov 2015] from http://pantonprinciples.org/
  6. Wolfe-Simon, F. et al. Science 332, 1163-1166 (2010).
  7. Vgl. http://www.nature.com/news/study-challenges-existence-of-arsenic-based-life-1.9861 und Reaves ML. et al. (2012) “Absence of detectable arsenate in DNA from arsenate-grown GFAJ-1 cells.” Science 337(6093): 470-473.)
  8. Abschlussbericht der Untersuchungskommission zum Fehlverhalten Diedrick Stapels
  9. Pressemitteilung der Universiteit Amsterdam zur Rückgabe des Doktortitels von Diederick Stapel
  10. Retraction Watch Artikel über zurückgezogene Publikationen, an denen Diederik Stapel mitwirkte
  11. Bericht der Kommission über die fraglichen Studien Försters
  12. Pressebericht über den Verzicht auf die Alexander-von-Humboldt-Professur
  13. Retraction Watch Sammlung über zurückgezogene Publikationen, an denen Jens Förster beteiligt war
  14. LINKTEXT
  15. LINKTEXT