Examensrepetitorium Jura: Gesellschaftsrecht: KG


Gesetzliche Systematik Bearbeiten

Die KG ist in §§ 161 - 177a HGB geregelt. Bei der KG handelt es sich um eine Handelsgesellschaft, bei der - im Gegensatz zur OHG - nicht alle Gesellschafter unbeschränkt haften (Komplementäre). Ein Großteil der Vorschriften befasst sich daher mit den beschränkt haftenden Gesellschaftern (Kommanditisten). Subsidiär gilt das Recht der OHG, auf das § 161 Abs. 2 HGB verweist. Wiederum subsidiär gilt auch das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), zu dem man über die Verweisungskette in §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB gelangt.

Die Entstehung der KG Bearbeiten

Die KG entsteht durch Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zwischen mindestens zwei Gesellschaftern (mindestens ein Komplementär und ein Kommanditist) und der Eintragung in das Handelsregister (§§ 161 Abs. 1, 2, 123 Abs. 1 HGB, 705 BGB). Mit der Eintragung besteht die KG auch im Verhältnis zu Dritten, kann also eigene Rechte und Pflichten begründen (§§ 161 Abs. 2, 124 HGB).

Ausnahmsweise kann die KG auch schon vor der Handelsregistereintragung gegenüber Dritten entstehen. Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre Geschäfte im Einverständnis aller Gesellschafter schon vor der Eintragung beginnt, und dass die Geschäfte nach Art und Umfang i. S. v. § 1 Abs. 2 HGB einen kaufmännisch eingerichteten Betrieb erfordern (§§ 161 Abs. 2, 123 Abs. 2 HGB; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 123 Rn. 12).

Vertretung Bearbeiten

Die KG wird durch den oder die persönlich haftenden Gesellschafter vertreten (§§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1 HGB, 714 BGB), also durch den oder die Komplementäre. Beschränkungen in der Vertretungsmacht sind Dritten gegenüber unwirksam (§§ 161 Abs. 2, 126 Abs. 2 HGB) - eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn Vertreter und Dritter kollusiv zusammenwirken (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 126 Rn. 11). Bei der GmbH & Co. KG ist der Komplementär die GmbH; diese vertritt die KG und wird wiederum von ihrem Geschäftsführer vertreten (§ 35 Abs. 1 GmbHG).

Die Kommanditisten sind von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen (§ 170 HGB). Sie können jedoch durch Rechtsgeschäft bevollmächtigt werden.

Haftung der KG gegenüber Dritten Bearbeiten

Die KG ist wie die OHG teilrechtsfähig und daher befähigt, eigene Rechte und Pflichten zu begründen (§§ 161 Abs. 2, 124 HGB).

Haftung der KG-Gesellschafter gegenüber Dritten Bearbeiten

Haftung der Komplementäre Bearbeiten

Der Komplementär haftet wie ein OHG-Gesellschafter unmittelbar und unbeschränkt mit seinem gesamten Privatvermögen (§§ 161 Abs. 2, 128 HGB).

Bei der GmbH & Co. KG haftet nur die GmbH als Komplementärin unbeschränkt. Deren Haftung ist jedoch wiederum auf ihr Gesellschaftsvermögen beschränkt (§ 13 Abs. 2 GmbHG - nur ausnahmsweise gibt es einen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter), so dass de facto eine Personengesellschaft mit beschränkter Haftung besteht. Diese Typenvermischung aus zwei Gesellschaftsformen wird jedoch von Rechtsprechung und Lehre akzeptiert.

Haftung der Kommanditisten Bearbeiten

Für die Haftung der Kommanditisten gilt folgendes:

  • Sie haften nur bis zur Höhe ihrer Einlage, allerdings nur solange die Einlage noch nicht geleistet ist (§ 171 HGB). Die Haftung lebt wieder auf, wenn der Kommanditist seine Einlage zurückerhält (§ 172 Abs. 4 HGB); gleichgestellt ist der Fall, dass der ausscheidende Kommanditist eine Abfindung nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB erhält.
  • Der neu eintretende Kommanditist haftet in gleicher Weise für Verbindlichkeiten der KG, die vor seinem Eintritt entstanden sind (§ 173 Abs. 1 HGB).
  • Aus Geschäften vor der Handelsregistereintragung (s. o.), haftet jeder Gesellschafter, der der Geschäftsaufnahme zugestimmt hat, wie ein Komplementär - es sei denn, dem Gläubiger war die Stellung als Kommanditist bekannt (§ 176 HGB). Bei Geschäftsaufnahme einer GmbH & Co. KG ist umstritten, ob der Gläubiger i. S. v. § 176 Abs. 1 S. 1 HGB weiß, dass die beteiligten natürlichen Personen in aller Regel Kommanditisten sind: Dafür spricht die allgemeine Bekanntheit dieser Rechtsform (Mand, JuS 2006, 330 [334]), dagegen jedoch, dass die Norm eine positive Kenntnis voraussetzt und kein Wissen-müssen. - Die Haftung aus § 176 HGB lässt sich grundsätzlich dadurch ausschalten, dass im Gesellschaftsvertrag vereinbart wird, die Kommanditistenstellung erst mit Eintragung im Handelsregister entstehen zu lassen (aufschiebende Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 176 Rn. 1); allerdings kann sich in dem Fall eine Haftung aus §§ 173 Abs. 1, 171 Abs. 1 HGB ergeben (vgl. Mand, JuS 2006, 330 [332]).
  • Nach dem Ausscheiden haftet ein Gesellschafter nur innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren für bis dahin begründete Verbindlichkeiten(§§ 161 Abs. 2, 160 HGB).

Regressanspruch Bearbeiten

Der persönlich in Anspruch genommene Gesellschafter hat einen Regressanspruch gegen die Gesellschaft aus §§ 161 Abs. 2, 110 Abs. 1 HGB. Daneben findet kein Ausgleich nach § 426 BGB statt, denn Gesellschafter und Gesellschaft haften nicht als Gesamtschuldner: Es besteht keine Gleichstufigkeit i. S. v. § 421 BGB.

Subsidiär kann der persönlich in Anspruch genommene Gesellschafter auch Regress von den Mitgesellschaftern verlangen. Es muss zunächst versucht werden, bei der KG Ersatz zu erlangen. Die Gesellschafter untereinander sind Gesamtschuldner gem. §§ 421, 426 BGB. Die Mitgesellschafter haften jedoch nur in Höhe ihrer Verlustbeteiligung (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 110 Rn. 21, 27); Kommanditisten haften nur bis zum Betrag ihrer Kapitalanteile und noch rückständiger Einlagen (§ 167 Abs. 3 HGB).

Beachte: Im Innenverhältnis haften die Gesellschafter nicht für Sozialverpflichtungen der Gesellschaft über §§ 161 Abs. 2, 128 HGB akzessorisch, denn ansonsten läge ein Vestoß gegen das Verbot der Einlagenerhöhung (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 707 BGB) vor (Mand, JuS 2006, 330 [335]).

Ausscheiden eines Gesellschafters Bearbeiten

Folgende Gründe für das Ausscheiden eines Gesellschafters sind denkbar:

  • Ordentliche Kündigung. Ist kein Kündigungsrecht im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben und die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann gesetzlich mit sechsmonatiger Frist zum Schluss des Geschäftsjahres gekündigt werden (§§ 161 Abs. 2, 132 HGB). Ein außerordentliches Kündigungsrecht gibt es übrigens nicht; stattdessen muss bei Vorliegen eines wichtigen Grundes Auflösungsklage erhoben werden (§§ 161 Abs. 2, 133 HGB).
  • Austrittsvereinbarung durch Gesellschafterbeschluss (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 6 HGB).
  • Ausschließungsklage der übrigen Gesellschafter (§§ 161 Abs. 2, 140, 133 Abs. 2 HGB). Voraussetzung ist das Vorliegen eines "wichtigen Grunds", d. h. eines Umstands, der das Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszwecks beeinträchtigt und den Klägern die Fortsetzung der KG unzumutbar macht (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 133 Rn. 5).
  • Hinauskündigung. Eine "Hinauskündigungsklausel" darf im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden (vgl. §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB). Sie ist allerdings nur wirksam, wenn die Hinauskündigung von einem wichtigen Grund i. S. v. § 133 HGB abhängig gemacht wird; ansonsten ist die Klausel sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB). Zur Begründung führt die Rspr. an, dass die Kündigung nicht wie ein "Damokles-Schwert" über dem Gesellschafter hängen soll (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 140 Rn. 31).
  • Weitere Gründe für das Ausscheiden (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB), z. B. Alter, Arbeitsunfähigkeit, Wiederverheiratung.
  • Über das Vermögen eines Gesellschafters wird das Insolvenzverfahren eröffnet (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB).
  • Privatgläubigerkündigung (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 HGB), wenn der Privatgläubiger des Gesellschafters dessen Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben pfändet und auf sich überweisen lässt (§ 135 HGB i. V. m. den Regeln über die Forderungspfändung gem. §§ 859, 857, 829, 835 ZPO).

Bei Ausscheiden erhält der Gesellschafter einen Anspruch auf Ausgleich des Liquidationswertes, der bei Auflösung der KG zu ersetzen wäre (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1. S. 2 BGB). Das umfasst auch die stillen Reserven, d. h. Wertsteigerungen von Grundstücken, Wertpapieren u. ä. Die Gesellschaft hat jedoch ein Interesse daran, dass ihr Weiterbestand nicht durch übermäßigen Kapitalabzug gefährdet wird. Daher kann der Gesellschaftsvertrag eine sog. Buchwertklausel enthalten, wonach der Ausgleichsanspruch aufgrund der Buchwerte und nicht der tatsächlichen Werte berechnet wird. Eine solche Klausel ist grundsätzlich zulässig, kann jedoch sittenwidrig sein, wenn die Diskrepanz zwischen Buch- und Verkehrswert zu groß ist. Zu beachten ist, dass dies für die Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB schon zum Zeitpunkt des Vertragschlusses der Fall sein muss; nachträgliche Wertsteigerungen führen nicht zur Sittenwidrigkeit. Ebensowenig kann sich in dem Fall die Sittenwidrigkeit aus dem Gesichtspunkt einer Beschränkung des Kündigungsrechts entgegen §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3, 723 Abs. 3 BGB ergeben, denn auch hier ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Bei nachträglichen Wertsteigerungen kann jedoch eine Abwägung nach § 242 BGB vorgenommen werden: Danach können Wertsteigerungen berücksichtigt werden; ggfs. sind aber Kürzungen vorzunehmen, wenn der ausscheidende Gesellschafter z. B. Anlass für seine Hinauskündigung (s. o.) gegeben hat (zum Ganzen vgl. Mand, JuS 2006, 330 [337]).

Der Ausgleichsnspruch gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB umfasst auch die Befreiung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten (und wandelt sich bei erfolgter Zahlung an den Dritten in einen Erstattungsanspruch).


Einen Sonderfall bildet das gleichzeitige Ausscheiden und der Neueintritt eines Kommanditisten. Denkbar sind folgende Konstruktionen:

  • Ein- und Austritt geschehen separat. Das hat zur Folge, dass der ausscheidende Kommanditist abgefunden wird und seine persönliche Haftung gegenüber Dritten wieder auflebt (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB - s. o.). Der neu Eintretende erlangt die Kommanditistenstellung und haftet gem. § 171 HGB.
  • Die KG-Anteile werden auf den neu Eintretenden mit Zustimmung aller Gesellschafter übertragen. Hierbei ist fraglich, ob sich der Ausscheidende gegenüber Dritten auf die geleistete Einlage berufen kann oder ob § 172 Abs. 4 HGB analog anzuwenden ist. Zur Lösung wird der Gesichtspunkt des Rechtsscheins herangezogen: Die Eintragung eines Rechtsnachfolgevermerks im Handelsregister kann die Analogie ausschließen (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 173 Rn. 13); teils wird dagegen auf den allgemeinen Rechtsscheinsgrundsatz gem. § 242 BGB abgestellt, d. h. § 172 Abs. 4 HGB soll nur dann analog gelten, wenn der Gläubiger den Gesellschafterwechsel nicht kennt oder kennen musste, sondern von einer Verdoppelung der Haftungsmasse ausgehen durfte (Mand, JuS 2006, 330 [333]). - Beachte: auf § 15 Abs. 1 HGB kann eine Rechtsscheinhaftung nicht gestützt werden (§ 162 Abs. 2 Halbs. 2 HGB).

Wird der ausgeschiedene Gesellschafter nach seinem Ausscheiden von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen, kann er Regress bei der KG nehmen (dazu s. o.). Als Anspruchsgrundlage kann §§ 161 Abs. 2, 110 Abs. 1 HGB analog oder § 670 BGB herangezogen werden.