Einführung in die Imkerei/ Einführung


Einführung in die Imkerei


Verehrte Leserin, verehrter Leser,
dieses Buch soll Appetit auf eine der ältesten, süßesten und schönsten Arbeiten machen: Die Imkerei. Es ist ein Hobby, das eine perfekte Symbiose aus Natur, Technik, sozialem Engagement und ein wenig Kommerz bildet. Dazu sollen auch die positiven Auswirkungen auf den Imker nicht unterschlagen werden (bitte die folgenden Aussagen nicht allzu ernst nehmen):

  • Das Arbeiten an Bienen erfordert Ruhe und Gelassenheit, ist also fast ein kostenloser Yogakurs.
  • Auch ist es teilweise ein anstrengendes Hobby, was den Sportverein substituiert.
  • Es ist eines der wenigen Hobbys, mit dem man, wenn auch erst nach Jahren, Geld verdienen kann.
  • Ist es eine gute Krankheitsprävention (Stiche, Propolis).
  • Man ist meist draußen und muss eigentlich dauernd die Natur beobachten.


Die Imkerei in Deutschland hat leider massive Nachwuchsprobleme. Das Durchschnittsalter der Imker liegt bei über 60 Jahre. Es gibt immer weniger Imker mit immer weniger Völkern. Dies schafft massive Probleme in der Landwirtschaft, die auf die Bestäubung durch Bienen existenziell angewiesen ist. Deshalb gibt es mittlerweile ein Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, das prüfen soll, inwieweit die Rote Mauerbiene in der Lage ist, die immer geringer werdende Bestäubungsleistung durch die Imkerei zu kompensieren, was meiner Überzeugung nach allein schon aus mathematischen Überlegungen (Ein Bienenvolk hat ca. 50.000, Rote Mauerbiene ca. 100 Bienen) nicht funktionieren kann.

Also seien Sie guten Mutes. Ich hoffe, dass dieses Buch den einen oder anderen dazu animiert, mit der Imkerei zu beginnen. Freuen würde ich mich ebenfalls, wenn ich von Lesern Rückmeldungen jedweder Art (Korrekturen, Kommentare, Verbesserungsvorschläge, etc. ) bekommen würde.

Dezember 2006, Christof Hahn

Historische Entwicklung

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Honigjäger auf 6000 Jahre alter Höhlenmalerei bei Valencia (Spanien)

Bienenprodukte waren bereits in der Steinzeit begehrt. Die älteste bekannte Zeichnung eines Menschen, der einen Bienenstock räubert, ist über 9.000 Jahre alt. Diese Form der Honignutzung ist älter als der Ackerbau! In Entwicklungsländern und bei vielen Urvölkern wird Honiggewinnung, auf Deutsch Zeideln, auch heute noch in dieser Form betrieben.

Schon vor ca. 7.000 Jahren begann die gezielte Haltung von Bienen in Zentralanatolien. Seit 1000 v. Chr. wurden in Ägypten, wo Honig als Speise der Götter galt, Bienenkörbe benutzt. Auf dem Nil waren die ersten Wanderimker unterwegs. Die Griechen entdeckten die therapeutische und leistungssteigernde Wirkung der Bienenprodukte.

Der griechische Philosoph Aristoteles betrieb erste wissenschaftliche Studien an Bienen und legte seine Erkenntnisse in der Tierkunde nieder. Umfangreiche schriftliche Belege über die Imkerei sind aus der Zeit kurz vor Christi Geburt überliefert. 37 bis 29 v. Chr. verfasste der römische Epiker Vergil das Lehrgedicht Georgica (über den Landbau), in dessen 4. „Gesang“ er in 566 Versen die Haltung von Bienen in poetischer Form beschreibt.

 

Bereits im Frühmittelalter standen im Salischen Gesetz von 510 hohe Strafen auf den Diebstahl von Bienen und Honig. 643 verankerten die Westgoten den Wildbienenfang im Gesetz und führten bereits eine Haftpflicht bei Schäden durch Bienen ein. Eine Urkunde des Herzogs Odilo von Bayern belegt 748 erstmals die Waldbienenzucht, die als Zeidlerei bezeichnet wird. Dabei wurden zunächst Bienenvölker in hohlen Baumstämmen abgeerntet, später wurden die betreffenden Baumstücke herausgeschnitten und im Hausbereich der Zeidler aufgestellt - womit die sog. Klotzbeute geschaffen war. Um 800 befahl Karl der Große, Imkereien auf seinen Gütern einzurichten. Im 14. Jahrhundert entstand in Bayern die erste Imkerorganisation in Form der Zunft der Zeidler. Die Zunft war hoch angesehen, war sie doch einziger Lieferant für Bienenwachs, aus dem Kerzen hergestellt wurden. Dies ist auch mit ein Grund, warum in vielen mittelalterlichen Klosteranlagen Imkereien zu finden waren. Die Zunftangehörigen genossen zahlreiche Privilegien und hatten zwischen 1350 bis 1779 eine eigene Gerichtsbarkeit durch das Zeidelgericht in Feucht bei Nürnberg. Die Waldbienenzucht fand vorwiegend im Süden des heutigen Deutschlands, aber auch in ostdeutschen und baltischen Waldgebieten statt. Hier entstanden unter dem Deutschen Ritterorden „Beutner“-Dörfer, wobei „Beutner“ sich von dem bereits oben erklärten Begriff „Beute“ herleitet. Im Norden hatte sich die Korbimkerei etabliert, deren erste archäologische Zeugnisse von einem küstennahen Fundort (Feddersen Wierde) aus dem 1. Jahrhundert stammen. Dabei wurden Bienenvölker in Strohkörben, sogenannten Stülpern, gehalten. In der Lüneburger Heide mit ihren ausgedehnten Heideflächen gab es schon im 16. Jahrhundert eine berufsmäßige Imkerei, deren Zentrum Celle in der Südheide war. Da die Heide nur im Spätsommer Tracht bietet, wanderten die Imker immer zwischen den angrenzenden Gebieten (z. B. Hildesheim) im Frühjahr und der Heide im Hochsommer.

Bis zum Beginn der Neuzeit war Imker bzw. Zeidler einer der angesehensten Berufe. Auch viele Bauern hielten sich Bienen. In den meisten deutschen Ländern gab es für einige Berufsstände (z. B. Dorfschullehrer) die Auflage Bienen zu halten, denn Wachs und Honig waren unentbehrlich. Erst mit der Entwicklung der modernden Chemie und Physik und der Kolonialwirtschaft (Rohrzucker) wurden die Bienenprodukte zurückgedrängt.
Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche Imkervereinigungen und -zeitungen. Eine erste Imkervereinigung außerhalb des Zeidelwesens war die 1768 gegründete Fränkische Bienengesellschaft. Ein Jahr später richtete die österreichische Erzherzogin Maria Theresia in Wien die weltweit erste staatliche Imkerschule ein. Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr die Imkerei durch mehrere Neuerungen eine revolutionäre Veränderung. Das war zunächst die Erfindung von beweglichen Wabenrähmchen 1853 durch Baron August Freiherr von Berlepsch. 1858 führte Johannes Mehring die Mittelwand aus Bienenwachs ein, was den Bau von Bienenwaben beschleunigte. Die von Major Franz Edler von Hruschka 1865 vorgestellte Honigschleuder erleichterte die Gewinnung des Honigs.

Aber natürlich kann Industriezucker die geschmackliche und inhaltliche Komplexität von Honig nicht ersetzen. Auch Bienenwachs ist in einigen Einsatzgebieten, wie beispielsweise in der Kosmetik, immer noch unverzichtbar. In den letzten Jahren werden Bienenprodukte gerade in der Pharmazie wiederentdeckt. Die Entwicklung wird also auch in den nächsten Jahren spannend bleiben und in absehbarer Zeit wird es keinen Ersatz für Bienenprodukte geben.

Technik und Biologie

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Die technische Entwicklung der Bienenhaltung ging sehr langsam vor sich. Am Anfang stand der einfache Honigraub, wie er auch noch heute in vielen Entwicklungsländern betrieben wird. Man sucht sich ein Bienennest und bricht die Waben heraus. Die Waben werden anschließend gepresst, so dass der Honig heraus fließt. Dieser wird dann noch gefiltert.
Die erste Weiterentwicklung waren die Klotzbeuten. Das sind Baumstumpfstücke, die man aushöhlt und von oben wieder verschließt. Diese Art von Beuten findet man heute teilweise noch in abgelegenen Gegenden in Russland und der Mongolei. Eine andere Möglichkeit waren Bienenkörbe, die bereits im alten Ägypten Verwendung fanden. Diese wurden bis zum Anfang der Neuzeit auch in Deutschland verwendet.

Das 19. Jahrhundert brachte große Fortschritte in der Imkerei:

  • August Freiherr von Berlepsch genannt der "Bienenbaron", veröffentlichte mehrere, für seine Zeit fundamentale Lehrbücher. Er war ein Pionier und nachhaltiger Verfechter der Imkerei mit beweglichen Rähmchen.
  • Heinrich Freudenstein, der Zuckerpapst. Er erkannte durch Versuche an seinen eigenen Bienenständen, dass Bienen auf Zucker anstatt wie damals üblich auf Honig besser überwintern. Sein Verdienst ist, die Überwinterung der Bienenvölker auf Zucker, wenn nicht erfunden, so doch stark verbreitet zu haben. Sein "Lehrbuch der Bienenzucht" erschien in 6 Auflagen.
  • Karl von Frisch Im Zentrum seines Schaffens stand die Erforschung der Sinneswahrnehmungen der Honigbiene und der Art und Weise der Verständigung dieser Tiere untereinander. Er erhielt, zusammen mit Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen, für seine Arbeiten 1973 den Nobelpreis.
  • 1835 entdeckte Johann Dzierzon die eingeschlechtliche Fortpflanzung (Parthenogenese) bei Bienen.
  • 1851 entdeckte Reverent Lorenzo Lorrain Langstroth den Bienenabstand (bee space), ein Idealmaß des Abstands zwischen Waben und Beutenwand, mit dem sich Verbauungen verhindern lassen. 1853 stellte er einen später nach ihm benannten modularen Beutentyp in seinem Buch: "Langstroths Hive and the Honeybee" vor, der als Urform der modernen Magazin-Beute gilt und sich in Amerika rasch durchsetzte.
  • 1865 Der italienische Major Francesco de Hruschka entwickelt die Honigschleuder.

Der Aufbau des Buches

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Das Buch gliedert sich in drei Bereiche:

  1. Theorie:
    1. Einführung
    2. Bienenkunde
    3. Die Bienenhaltung
  2. Praxis:
    1. Wie fängt man mit der Imkerei an?
    2. Das Bienenjahr
    3. Eigenbau von Geräten, Magazinen, Waben
  3. Anhang
    1. Editorial
    2. Links und Literatur
    3. Quellen
    4. Index


Der theoretische Teil soll das Wissensgerüst für den nachfolgenden praktischen Teil legen, denn Bienenhaltung ist eine komplexe Angelegenheit. Keine Angst, Sie müssen das vermittelte Wissen nicht alles dauernd parat haben, aber es ist immer gut, auf solch einen Wissensschatz zurückgreifen zu können. {clear}