Wenn die Daten nicht komplett auf ein einziges Medium passen, wird eine Vollsicherung derart aufwändig, dass sie viel zu selten durchgeführt wird. Eigentlich ist es ja Unsinn, Dateien erneut zu sichern, von denen es bereits eine Kopie gibt. Führt man die Datensicherung täglich durch, beträgt der Unterschied zweier aufeinander folgender Datensicherungen nur wenige Prozente. Liegt ein Abstand von 30 Tagen zwischen zwei Sicherungen, steigt der Unterschied keinesfalls auf das dreißigfache, weil viele Dateien täglich verändert werden.

Welche Möglichkeiten gibt es, die veränderten unter der Masse der unveränderten Dateien herauszusuchen? Wenn man nur wenige Dateien zu sichern hat, kann man mit ein paar Mausklicks auswählen, was gesichert werden soll. Unter zehntausenden Dateien die zu sichernden Dateien herausfinden ist allerdings viel zu aufwändig und fehlerträchtig. Das „Heraussuchen“ muss automatisierbar sein. Zum Glück haben die Programmierer rechtzeitig daran gedacht und das „Archivbit“ vorgesehen.

Das Archivbit

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Jede Datei hat in zahlreiche Eigenschaften: Name, Typ, Länge, Datum und Uhrzeit. Zusätzlich verfügt jede Datei über einige Attribute, von denen das „Read Only“ („Nur Lesen“) das bekannteste ist. Ein weiteres Attribut ist das „Archivattribut“. Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf eine beliebige Datei und dann mit der linken Maustaste auf „Einstellungen“. In der rechten unteren Ecke finden Sie das Dateiattribut „Archiv“. Normalerweise ist dort immer ein Haken zu sehen. Das Betriebssystem setzt den Haken jedesmal, wenn die Datei verändert, umbenannt oder in ein anderes Verzeichnis verschoben wird. Jede neu erstellte Datei erhält ebenfalls den Haken. Dieses Kennzeichen zeigt den Datensicherungsprogrammen, dass die Datei gesichert werden muss.

Jedes Datensicherungsprogramm kann dieses Bit auswerten. Je nach Voreinstellungen kann ein Backup-Programm das Bit zurücksetzen (den Haken entfernen) oder belassen.

Wie benutzen Datensicherungsprogramme dieses Attribut?

Inkrementelle Sicherung

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Bei einer vorangehenden Vollsicherung werden alle kopierten Dateien als gesichert gekennzeichnet, indem das „Archiv“- Attribut zurückgesetzt (gelöscht) wird. Bei einer inkrementelle Sicherung werden nur diejenigen Dateien gesichert, die seit der letzten Vollsicherung oder einer vorhergehenden inkrementellen Sicherung erstellt oder geändert worden sind. Während der inkrementellen Sicherung wird das Attribut-Archiv deaktiviert (entfernt).

Wenn beispielsweise am Montag eine Vollsicherung erfolgte, werden am Dienstag die seit Montag geänderten Dateien gesichert. Am Mittwoch werden die seit Dienstag geänderten Dateien gesichert usw.

Vorteil: Zeit- und Platzbedarf für die Sicherung ist gering.
Nachteil: Hoher Wiederherstellungsaufwand, denn im Katastrophenfall müssen zuerst die letzte Vollsicherung und anschließend alle nachfolgenden inkrementellen Sicherungen zurückkopiert werden.

Differenzielle Sicherung

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Bei einer vorangehenden Vollsicherung müssen alle kopierten Dateien als gesichert gekennzeichnet werden, indem das „Archiv“- Attribut zurückgesetzt (gelöscht) wird. Alle Dateien, die nach dem Zeitpunkt der letzten Vollsicherung erstellt bzw. geändert werden, bekommen vom Betriebssystem das Archiv-Attribut gesetzt. Die Anzahl der gekennzeichneten Dateien wächst von Tag zu Tag. Die differenzielle Sicherung erfasst alle Dateien mit Archivattribut, ändert aber das Archivbit nicht.

Wenn beispielsweise am Montag eine Vollsicherung erfolgte, werden am Dienstag die Veränderungen seit Montag gesichert, am Mittwoch die Änderungen von Montag bis Mittwoch usw.

Vorteil: Der Zeit- und Platzbedarf für die Sicherung ist anfangs gering. Für eine Wiederherstellung werden nur die letzte Vollsicherung und die letzte Differentialsicherung benötigt.
Nachteil: Der Zeit- und Platzbedarf für die Sicherung wächst jeden Tag mehr. Je nach Umfang der täglichen Änderungen wird immer wieder mal eine Vollsicherung notwendig.

Inkrementell oder differenziell - welche ist vorzuziehen?

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Das ist ganz klar die differenzielle Sicherung.

  • Bei einer Wiederherstellung nach einem Totalverlust ist der Aufwand an Zeit und Nerven geringer.
  • Wenn man eine einzelne verlorene Datei sucht, muss man nur auf zwei Medien nachsehen.
  • Wenn man mehrfach beschreibbare Medien verwendet, braucht man weniger davon. Zwei abwechselnd verwendete DVD-RW genügen. Wenn die Wiederherstellung älterer Revisionen von Dateien wichtig ist, nimmt man drei Bänder oder geht zur Drei-Generationen-Sicherung über (Erläuterung folgt).

Unter welchen Bedingungen ist ein Wechsel zur inkrementellen Sicherung sinnvoll?

  • Wenn die Änderungen nicht mehr auf ein einzelnes Medium passen.
  • Wenn der wachsende Zeitaufwand für die Sicherung unzumutbar wird.

Unter welchen Bedingungen ist die inkrementelle Sicherung von Anfang an besser?

  • Man möchte viele Revisionen der Dateien gespeichert haben.
  • Die verwendeten Medien sind teuer und nur einmal verwendbar, deshalb soll die zu sichernde Datenmenge klein sein.

Gemischte Verwendung

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Falls Sie es schaffen, dabei die Übersicht zu behalten, ist folgendes Vorgehen sinnvoll:

  • Beginn mit einer vollständigen Sicherung.
  • Differenzielle Sicherungen durchführen, solange die Änderungen auf ein einzelnes Medium passen.
  • Eine inkrementelle Sicherung einschieben. Sicherheitshalber sollten Sie diese Zwischenstand-Sicherung zweimal durchführen, um bei zufälligen Schäden am Datenträger nicht ohne Daten dazustehen.
  • Ab dem Datum der inkrementellen Sicherung wird, ausgehend vom erreichten Stand, wieder differenziell gesichert.
  • Von Zeit zu Zeit eine Vollsicherung, z. B. zum Jahresende.

Beispiel

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Die Medien könnten folgendermaßen beschriftet sein:

Nr Typ Beschriftung
1 Voll Vollsicherung vom 1.1.2010
2 Diff Änderungen seit 1.1.2010 (bis tt.mm.jjjj)
3 Ink Änderungen vom 1.1.2010 bis 1.4.2010
4 Diff Änderungen seit 1.4.2010 (bis tt.mm.jjjj)
5 Ink Änderungen vom 1.4.2010 bis 1.7.2010
6 Diff Änderungen seit 1.7.2010 (bis tt.mm.jjjj)
7 Ink Änderungen vom 1.7.2010 bis 1.10.2010
8 Diff Änderungen seit 1.10.2010 (bis tt.mm.jjjj)
9 Ink Änderungen vom 1.10.2010 bis 1.1.2011
10 Voll Vollsicherung vom 1.1.2011
11 Diff Änderungen seit 1.1.2011 (bis tt.mm.jjjj)

Die in den Schritten 1, 3, 5, 7 und 9 benutzten Medien müssen mindestens so lange aufbewahrt werden, bis wieder einmal eine Vollsicherung durchgeführt wird. Wenn auch nur eins dieser Medien fehlerhaft ist, lassen sich Ihre Daten nicht vollständig wiederherstellen. Deshalb sollten Sie jedes dieser Medien sicherheitshalber doppelt haben oder eine Kopie davon auf eine externe Festplatte schreiben.

Die in den Schritten 2, 4, 6, 8 und 11 verwendeten Medien werden vor jeder Benutzung gelöscht. Sie könnten mit einer einzigen DVD-RW auskommen, die Sie das ganze Jahr täglich benutzen. Besser und nicht viel teurer wäre es, 5 DVD-RW zu verwenden, die mit Mo, Di, Mi, Do, Fr beschriftet werden und am jeweiligen Wochentag zum Einsatz kommen.

Angenommen, am 3.10.2010 geht die Festplatte kaputt. Auf die neue Festplatte müssten Sie die Daten in folgender Reihenfolge aufspielen: 1, 3, 5, 7, 8.

Angenommen, am 3.1.2011 geht die Festplatte kaputt. Auf die neue Festplatte müssten Sie die Daten in folgender Reihenfolge aufspielen: 10, 11. Falls das Medium mit der Vollsicherung vom 1.1.2011 defekt ist, könnten Sie notfalls 1, 3, 5, 7, 9, 11 aufspielen. Das dauert zwar länger, doch das Resultat ist das gleiche.

Durchführung

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Sie müssen die „Eingabeaufforderung“ starten und die Befehle eintippen.

Das Beispiel geht von folgenden Annahmen aus:

  • Das zu sichende Verzeichnis oder Laufwerk wird mit QUELLE bezeichnet. Ersetzen Sie QUELLE beispielsweise durch "C:", "C:\USERS", "C:\Dokumente und Einstellungen" o. ä.
  • Mit ZIEL wird der Datenträger bezeichnet, auf den die Sicherung erfolgt. Das kann ein Stick, eine externe Festplatte oder ein Laufwerk mit DVD-RAM sein. Ersetzen Sie ZIEL beispielsweise durch "R:", "R:\2010", "R:\2010-11" o. ä.

Erläuterungen zu den Befehlen:

  • Für eine Vollsicherung müssen nacheinander zwei Befehle ausgeführt werden: Der Befehl ATTRIB setzt das Archivbit für alle Dateien, dadurch lässt der anschließende XCOPY-Befehl keine Datei aus.
  • Die Parameter /S /C bewirken, dass Unterverzeichnisse kopiert werden und bei Fehlern der Kopiervorgang nicht abgebrochen wird.
  • /M bedeutet: Alle Dateien mit gesetztem Archivbit kopieren, anschließend das Archivbit zurücksetzen.
  • /A bedeutet: Alle Dateien mit gesetztem Archivbit kopieren, das Archivbit nicht verändern.
  • Wenn ein Dateiname Leerzeichen enthält bzw. enthalten kann, muss er von Anführungszeichen eingeschlossen werden.
Variante mit XCOPY-Befehl
Nr Befehl
1,10 ATTRIB "QUELLE\*.*" +A
XCOPY "QUELLE*.*" ZIEL*.* /S /C /M
2,4,6,8,11 XCOPY "QUELLE*.*" ZIEL*.* /S /C /A
3,5,7,9 XCOPY "QUELLE*.*" ZIEL*.* /S /C /M
  • /MIR bedeutet, dass alle Unterverzeichnisse im Ziel in exakte Übereinstimmung mit der Quelle gebracht werden.
  • /R:1 /W:1 bedeutet, dass bei Fehlern nach einer Wartezeit von 1 Sekunde ein Wiederholungsversuch (Retry) unternommen wird.
Variante mit ROBOCOPY-Befehl
Nr Befehl
1,10 ATTRIB "QUELLE\*.*" +A
ROBOCOPY "QUELLE*.*" ZIEL*.* /MIR /R:1 /W:1 /M
2,4,6,8,11 ROBOCOPY "QUELLE*.*" ZIEL*.* /MIR /R:1 /W:1 /A
3,5,7,9 ROBOCOPY "QUELLE*.*" ZIEL*.* /MIR /R:1 /W:1 /M

Sicherung außer der Reihe

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Wenn wegen einer bevorstehenden Installation sicherheitshalber eine außerplanmäßige (Voll-)Sicherung gemacht werden soll, kann man die Daten auf eine externe Festplatte kopieren. Das geht wesentlich schneller als eine Sicherung auf Magnetband oder gar auf DVD. Dabei darf aber das Archivbit nicht verändert werden, sonst gerät die reguläre Datensicherung durcheinander.

Allgemeine Empfehlungen

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  • Notieren Sie, welche Sicherungen welcher Art wann auf welchen Datenträger gespeichert worden sind. Am besten auf Papier. Wenn Sie das in eine Datei schreiben, sollten Sie dafür sorgen, dass diese Datei auf keiner Sicherheitskopie fehlt.
  • Kontrollieren Sie von Zeit zu Zeit, ob immer noch alle wichtigen Daten gesichert werden. Passen Sie Ihre Datensicherung an neue Programme und andere Veränderungen an.
  • Testen Sie zumindest auszugsweise, ob die Daten auf dem Sicherungsmedium tatsächlich fehlerfrei lesbar sind.
  • Vertrauen Sie Ihrer Datensicherung nie zu 100%. Bänder oder DVDs können sich als nicht lesbar herausstellen.

Es gibt keine allgemeingültigen Empfehlungen, wie häufig und wie umfangreich eine Datensicherung sein sollte. Es ist wie bei der Kasko-Versicherung vom Auto: Möglicherweise zahlen Sie viele Jahre ein, ohne etwas herauszubekommen. Vielleicht kommt aber morgen ein Hagelschlag ...

Letztlich kann man eine Datensicherung wie eine Versicherung betrachten: Sie investieren jahrelang Zeit und Geld in der Hoffnung, dass der Schaden nie eintritt. Bisher hatten Sie Glück, vielleicht bleibt es eine lange Zeit so, aber gewiss nicht für immer. Vergleichen Sie den Aufwand zwischen den Kosten (materiellen und ideellen) des seltenen Ereignisses „Datenverlust“ und dem regelmäßigen vorbeugenden Aufwand und entscheiden Sie dann über Umfang und Häufigkeit.