In einem aufwändigen Testverfahren, das auch im Forum Fletcher’s Corner beschrieben ist, wurden elf verschiedene Arten von Oberflächenbehandlungen auf Wasserschutz getestet. Die y-Skala bezeichnet die Wasseraufnahme in Prozent in Verhältnis zum Unbehandelten Stück:
Getestet wurde wie folgt:
- Die verwendeten Holzstücke besitzen alle in etwa die selben Abmessungen und das selbe Gewicht und sind aus dem selben Brett (alles Kernholz oder alles Splintholz) gleich zugeschnitten worden (gleicher Anteil an Hirnholz, das heisst Schnitte quer zur Faser; dort ist Holz deutlich schwieriger zu versiegeln). Die Kanten müssen gebrochen werden, damit dort keine Schwachstellen entstehen.
- Im ersten Testlauf werden alle Stücke unbehandelt ins Wasser gelegt und das Gewicht regelmässig mit einer genauen Briefwaage (± 0.1 g) gemessen. Da Holz kein homogenes Material ist, nimmt jedes Stück wieder eine unterschiedliche Menge Wasser auf, es macht daher keinen Sinn, das Finish anhand der Wasseraufnahme in Gramm zu testen. Deshalb wird die Wasseraufnahme des behandelten Teststücks in Relation zur Wasseraufnahme des selben unbehandelten Stückes berechnet. So ist die Verbesserung durch das Finish direkt ersichtlich.
- Nachdem die Teststücke wieder getrocknet sind, werden sie behandelt und wieder vollständig getrocknet; Dies kann zum Beispiel bei Ölen längere Zeit dauern.
- Der eigentliche Test mit den nun behandelten Stücken verläuft gleich, die Stücke werden wieder ins Wasser gelegt und das Gewicht regelmässig gemessen.
Wasseraufnahme und weitere Eigenschaften von Oberflächenbehandlungen
BearbeitenLeinöl
BearbeitenLeinöl mit 4 Anstrichen, Trockenzeit 24 Stunden pro Anstrich. Fühlt sich immer noch wie Holz an (wie bei allen Ölen; die Holzfasern wurden ja nicht mit einer Schicht bedeckt). Seidenmatt. Ich habe Leinölfirnis verwendet; Leinöl alleine würde sehr langsam «trocknen» — genau genommen trocknet es nicht, sondern es findet eine Polymerisation statt, d.h. das Öl verändert sich chemisch. Dieser Vorgang benötigt Sauerstoff und ist langsam, darum fügt man dem Leinöl Sikkative zu: Trockenbeschleuniger, meist einfach Schwermetalle. Weil der Vorgang Sauerstoff benötigt, ist auch klar, warum man a) den Deckel wieder dicht schliessen sollte und b) zwei dünne Anstriche schneller polymerisieren als ein dicker!
Schellack
BearbeitenSchellack, hier die orange Variante (die farblose färbt natürlich weniger), Trockenzeit jeweils mindestens so lange, bis die Oberfläche nicht mehr klebte. Das dauert beim ersten Anstrich ein paar Sekunden, weil alles gleich einzieht, beim letzten kann es sich schon um ein, zwei Stunden handeln. Es wurden so viele Anstriche aufgetragen, bis die Oberfläche geschlossen war. Die Schicht ist trotzdem noch wesentlich dünner als bei den lösungsmittelbasierten Lacken.
Schellack wird von Lackschildläusen gewonnen und löst sich in Alkohol (Brennspiritus zum Beispiel). Man bekommt ihn in trockener Form (manchmal auch flüssig, wobei man sagt, dass flüssiger Schellack, wenn zu lange gelagert, schlecht wird). Mehr dazu unter Materialien: Schellack.
Carnaubawachs mit Bienenwachs
BearbeitenBienenwachs mit Carnaubawachs (im Verhältnis 2:1) in Terpentinöl gelöst und so aufgetragen. Unter dem Mikroskop sieht man, dass die Oberfläche sehr unregelmässig und durchlöchert ist (auch durch das verdunstete Terpentinöl), ganz anders als beim über der Flamme geschmolzenen Wachs, diese ist durchgehend geschlossen. Fühlt sich angenehm und leicht weich an.
Carnaubawachs wird häufig in der Lebensmittelindustrie eingesetzt, etwa als Beschichtung bei Orangen und anderen Citrusfrüchten, damit diese weniger schnell austrocknen. Es wird von Palmen gewonnen und ist härter als Bienenwachs, ein frisch aufgetragenes Gemisch fühlt sich auch weniger klebrig an als Bienenwachs alleine. Ein Rezept für ein Wachsbalsam mit Bienen- und Carnaubawachs ist auf wikidorf.de ganz unten zu finden. Dieses Balsam ist auch sehr schön auf Möbeln, sowohl optisch als auch haptisch. Mehr zu Bienenwachs unter Materialien: Bienenwachs.
Unbehandelt
BearbeitenUnbehandeltes Stück zum Farbvergleich und zum Überprüfen der Messwerte. Die Farbe ändert sich (hier bei hellem Holz) durch Wachse und den Parkettlack (enthält Additive, wahrscheinlich weisses Zinkoxid oder ähnliches) am wenigsten. Leinöl färbt leicht orange, Tungöl rötlich, die lösungsmittelbasierten Lacke eher grünlich und Wachs leicht weisslich.
Geschmolzenes Bienenwachs
BearbeitenBienenwachs geschmolzen zieht beim Schmelzen ins Holz ein, hier sind zwei Schichten Wachs aufgetragen. Das Wachs wurde zuerst in Bienenwachs gelöst, dann aufgetragen und über der Flamme geschmolzen. Glänzt etwas mehr als das ungeschmolzene Wachs oben, Aussehen und Haptik sind ansonsten praktisch gleich. Die Testergebnisse zeigen, dass sich zur Wasserimprägnierung das Schmelzen lohnt.
Schellack mit Leinölschicht
BearbeitenSchellack+Leinöl besteht aus zwei Schichten Schellack (also eine relativ dünne Schicht) und zwei Schichten Leinöl. Da das Leinöl nicht ins Holz einzieht, dauert es hier wesentlich länger, bis sich die Oberfläche trocken anfühlt, hier zwei Tage mit Leinölfirnis. Fühlt sich leicht klebrig an nach einer Weile im Wasser, ansonsten etwas weniger hart als Schellack und leicht ölig.
Acrylfarbe
BearbeitenAcrylfarbe, zwei Anstriche mit Zwischenschliff. Acrylfarbe kann mit Wasser verdünnt werden (was praktisch ist, wenn man den Pinsel reinigen will). Meine Farbe ist eher weich und fühlt sich leicht nach Plastik oder Gummi an, aber das kommt wohl stark auf die genauen Inhaltsstoffe an. Deckend.
PUR-Alkydharz-Lack
BearbeitenPUR-Alkydharz-Lack mit drei Anstrichen und jeweils Zwischenschliff mit 150er-Papier. Das ist notwendig, da die nächste Schicht sonst nicht hält. Glänzt sehr stark.
Dieser Lack ist nicht ein reiner PUR-Lack (Polyurethan-Lack); Diese sind Zweikomponentenlacke (die zweite Komponente ist der Härter) und sind oft chemikalienresistent und hart. Alkydharzlacke werden hart, wenn das Lösungsmittel verdunstet (hier benötigt man auch Pinselreiniger, um den Pinsel wieder sauber zu bekommen).
Bootslack
BearbeitenBootslack auch mit 3 Anstrichen und Zwischenschliff. Wie der vorherige trocknet er sehr langsam (viel langsamer als der Treppenlack zuunterst), bei stehenden Flächen können sich Tropfen bilden, weil der Lack doch noch ganz langsam nach unten gleitet. Glänzt stark, beide fühlen sich mit der glatten Oberfläche auch typisch nach Lack an.
Mein Bootslack ist auch ein PUR-Lack auf Alkydharzbasis. Allgemein sind diese Lacke meiner Meinung nach mühsam in der Handhabung, sie bleiben lange klebrig, der Pinsel muss sofort ausgewaschen werden (und zwar mit Pinselreiniger), und das gleich mehrere Male (drei Anstriche, plus kann man nicht den ganzen Bogen auf einmal lackieren, ausser man kann ihm das Schweben beibringen), und Hautkontakt sollte vermieden werden.
Tungöl
BearbeitenTungöl riecht stärker als andere Öle, solange es nicht polymerisiert ist. Hier wurden 4 Anstriche aufgetragen, der erste verdünnt mit Terpentinöl — das ist üblich bei Ölen, denn so dringen sie tiefer ins Holz ein. Bei Tungöl ist es wichtig, dass jeder Anstrich zuerst gründlich durchtrocknet. Bei diesem Teststück wurde das nicht gemacht, möglicherweise liessen sich sonst bessere Resultate bei der Wasseraufnahme erzielen. Tungöl ohne Sikkative trocknet nicht von sich aus (bzw. nur sehr langsam nach Monaten) unter normalen Bedingungen. Sehr gut trocknet es im Freien an der Sonne, sonst bei bis 50 °C und geringer Luftfeuchtigkeit.
Auch hier ist «trocknen» eigentlich falsch, da Tungöl wie Leinöl polymerisiert. Das hier verwendete Tungöl (von dictum) enthält keine Sikkative, die längere Trockenzeit ist deshalb zu erwarten. Kurzzeitige Erhitzung führt hier auch nicht sofort zu einer Polymerisierung, wie dies mit Sikkativen der Fall wäre.
Einige Quellen warnen vor möglicher Allergiebildung durch Hautkontakt.
Tungöl mit Leinöl
BearbeitenTungöl+Leinöl im Verhältnis 3:1, 3 Anstriche. Damit soll man noch bessere Resultate erzielen können als mit Tungöl alleine (was wiederum schon besser sein soll als Leinöl alleine). Tungölgemische fühlen sich ähnlich an wie Leinöl, allerdings etwas härter: Tungöl wird relativ hart, wenn es eine Weile an der Sonne liegt.
Tungöl ist rötlicher als Leinöl und riecht anfangs nach Tungöl (und nicht nach Schweinefett, wie auf der Wikipedia beschrieben). Und das relativ stark bei grösseren Flächen. Ein Brett auf meinem Regal (siehe oben) ist auch mit Tungöl behandelt. Nach einem Tag in der prallen Sommersonne ist der Geruch absolut weg und das Öl hart; der Finger glänzt auch nicht mehr, wenn man ihn über das Holz zieht.
PU-Acrylatlack
BearbeitenPU-Acrylat-Lack, hier Treppenlack, 3 Anstriche, die ersten zwei verdünnt, danach Zwischenschliff. Durch die Additive (der Lack selbst ist weisslich) wird die Farbe vom Holz nicht verändert (zumindest hier beim Ahornholz). Glänzt, allerdings etwas weniger stark als die PUR-Alkydharz-Lacke oben, fühlt sich auch lackartig an, aber trockener (die lösungsmittelbasierten fühlen sich eine Spur klebrig/harzig an).
Der Lack ist Polyurethanlack auf Acrylbasis, das heisst, er kann mit Wasser verdünnt werden. Trocknet viel schneller als die lösungsmittelbasierten Lacke (etwa eine Stunde reicht!) und benötigt keinen Pinselreiniger.
Die Seitenansicht zeigt abgeblätterten Lack an der Stirnseite; hier konnte das Wasser eindringen. Wahrscheinlich hat sich das Holz dann ausgedehnt, wodurch mehr Lack abblätterte. Ob das mit allen Lacken gleich stark geschieht, müsste man testen. Bei Ölen hat man dieses Problem offensichtlich nicht, da sie das Holz nicht durch eine Schicht auf der Oberfläche schützen, sondern ins Holz eindringen.