Astronomische Berechnungen für Amateure/ Zeit/ Sonnenzeit
Ein Tag ist das Zeitmass, um den Sonnenlauf zu erfassen: Sonnenaufgang am Morgen, Sonnenhöchststand am Mittag, Sonnenuntergang am Abend und Sonnentiefststand unter dem Horizont um Mitternacht. Sonnenauf- und Sonnenuntergang können wir beobachten. Sofern die Sonne am Himmel sichtbar ist, können wir ihren Höchststand mit einem Gnomon[1] oder einer Sonnenuhr ermitteln. Dabei stellen wir fest:
- Die Auf- und Untergangszeiten verändern sich im Laufe der Jahreszeiten. Die Zeiten und ihre Veränderung sind auch von der geografischen Breite des Beobachters abhängig. So erfolgt z.B. der früheste Sonnenaufgang in Zürich (47° 30' N) um ca. 5:30 h, in Berlin (52° 30' N) um 4:45 h. Der späteste Sonnenuntergang findet in Zürich und in Berlin um ca. 21:30 h statt. Der späteste Sonnenaufgang tritt in Zürich und Berlin um 8:15 h ein; der früheste Sonnenuntergang schliesslich findet in Zürich um 16:30 h, in Berlin um 15:50 h statt.
- Auch die Kulminationszeiten der Sonne sind nicht konstant: eine einfache Sonnenuhr kann gegenüber einer gleichmässig laufenden Uhr bis zu 16 Minuten vorgehen (Anfang November) bzw. bis zu 14 Minuten nachgehen (Mitte Februar).
Benutzen wir also die Sonne am Himmel als Uhrzeiger – was wir tun, wenn wir eine einfache Sonnenuhr für die Zeitmessung benutzen –, dann definieren wir die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Sonnenhöchstständen als einen wahren Sonnentag. Unterteilen wir die Zeitdauer eines wahren Sonnentags in 24 Stunden, so erhalten wir die wahre Sonnenzeit. Sie wird im bürgerlichen Alltag nicht (mehr) benutzt, denn sie hat einen gewichtigen Nachteil: eine wahre Sonnenstunde ist nicht immer gleich lang. Wir sind im Alltag gewohnt, die Zeit mit mechanischen, elektrischen oder elektronischen Uhren zu messen. Diese Uhren messen eine gleichmässig ablaufende Zeit und erreichen eine Genauigkeit, dass der unregelmässige Gang der wahren Sonne bzw. die unregelmässige Anzeige einer einfachen Sonnenuhr auffällt.
Im bürgerlichen Alltag brauchen wir ein gleichmässig ablaufendes Zeitmass. Dazu denken wir uns eine fiktive Sonne, die im Perihel[2] zusammen mit der wahren Sonne startet. Ihre jährliche Bewegung am Erdhimmel unterscheidet sich in zwei Punkten von der Bewegung der wahren Sonne:
- Sie verläuft gleichmässig, ohne Schwankungen, und erreicht nach Ablauf eines tropischen Jahres zusammen mit der wahren Sonne wieder das Perihel; zeitweise ist sie schneller als die der wahren Sonne, zeitweise ist sie langsamer. Wahre und fiktive Sonne erreichen auch gleichzeitig das Aphel[3].
- Sie verläuft entlang dem Himmelsäquator, so dass sich die Höhe der kulminierenden Sonne im Laufe eines Jahres nicht ändert
Die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Kulminationen der mittleren Sonne bezeichnen wir als einen mittleren Sonnentag. Unterteilen wir die Zeitdauer eines mittleren Sonnentages in 24 Stunden, so erhalten wir die mittlere Sonnenzeit. Sie liegt der bürgerlichen Zeitrechnung im Alltag zugrunde.
Übungen
- Um welchen Winkel dreht sich die Erde im Laufe eines mittleren Sonnentages?
- Um wie viele Minuten pro Tag verändert sich die tägliche Sonnenscheindauer in Zürich bzw. in Berlin? Treffen Sie für die Rechnung vereinfachende Annahmen!
Nachweise:
- ↑ Schattenstab bzw. Schattenzeiger
- ↑ Wenn Sonne und Erde den kleinsten Abstand voneinander haben.
- ↑ Wenn Erde und Sonne am weitesten voneinander entfernt sind.