Wirtschaft USA/ US-Wirtschaftsgeschichte 1860 - 1914/ Granger Movement
Was war das Granger Movement in den USA und welchem Anliegen widmete es sich?
BearbeitenWas war die Granger-Bewegung?
Bearbeiten- erste bedeutende Interessenvertretung der Farmer in den USA, gegründet 1867
- offizieller Name = National Grange of the Patrons of Husbandry [Grange = Bauernhof/ Farm, Husbandry = Landwirtschaft]
- zunächst schnelles Wachstum, auf Höhepunkt ca. 1,5 Mio Mitglieder
- Hauptanliegen: staatliche Regulierung der Eisenbahngesellschaften
- hatte Elemente eines Geheimbundes, angelehnt an Freimaurer
- verlor ab 1880 an Bedeutung, da Verbesserung der wirtschaftlichen Lage
Hintergrund: Schwere Zeiten für Farmer nach dem Bürgerkrieg
Bearbeitenpositiv für Farmer:
- hohes Bevölkerungswachstum = steigende Nachfrage nach Agrarprodukten
- steigende ausländische Nachfrage = Export wird immer wichtiger
ABER, negativ:
- Deflation, aber Preise für Agrarprodukte fallen stärker als allgemeines Preisniveau
- höheres Angebot = landwirtschaftlich genutzte Fläche enorm vergrößert (Erschließung des Westens!), höhere Produktivität durch neue Maschinen und Technologien
- Terms of Trade der Farmer verschlechtern sich
- Inelastizität der Nachfrage nach Agrargütern
- bei steigenden Einkommen wird ein immer geringerer Prozentsatz der Gesamteinkünfte für Lebensmittel ausgegeben (die Nachfrage nach Konsumgütern dagegen steigt)
- verändertes wirtschaftliches Umfeld, Kommerzialisierung und Globalisierung der Landwirtschaft
- Investitionen zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit nötig (Maschinen, größere Flächen, Bewässerungstechnik,...) - zunehmende Verschuldung
- Agrarpreise zunehmend international beeinflusst, stärkere Volatilität
- Verschuldung
- Kapital im Westen knapper + höheres Risiko = Kredite teuerer (höhere Zinsen als an Ostküste)
- Abzahlung der für Investitionen aufgenommene Kredite hart, da Preisverfall (=geringere Einnahmen, aber fixe Kreditverpflichtung)
- Konzentration und Monopolisierung in für Farmer wichtigen Industrien
- insbesondere Eisenbahn, aber auch Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen, etc.
→ Farmer werden zunehmend politisch aktiv, um ihre Interessen durchzusetzen:
- Granger Movement
- Greenback Movement
- Farmer-Allianzen
- Populist Party
Probleme der Farmer mit den Eisenbahngesellschaften
Bearbeiten- einzelne Eisenbahnlinien haben Transportmonopol, besonders in ländlichen Gebieten
- Preisdiskriminierung, diskriminierende Rabattsysteme
- Aktienmanipulationen
- von Farmer genutzte Kurzstrecken wesentlich teuerer, als lange Distanzen
- Eisenbahnen übernahmen Transport nur, wenn auch Lagerung und Verladung des Getreides durch sie erfolgte - forderten hohe Preise für diese Dienstleistungen
Mittel der Granger
BearbeitenPolitischer Einfluss - Lobbyarbeit
- Statut der Organisation verbot „formal political action“
ABER:
- Zusammenarbeit mit Reformparteien
- nutzen politischen Einfluss, um ihnen wohlgesonnene Politiker auf einzelstaatlicher Ebene zu unterstützen
Ziel → Durchsetzung staatlicher Regulierung der Eisenbahngesellschaften im Sinne der Farmer
Wirtschaftlicher Zusammenschluss
- Gründung von Genossenschaften, um nicht Dienste teuerer, externe Unternehmen nutzen zu müssen
- eigene Banken
- gemeinsamer Verkauf und Vermarktung ihrer Produkte
- günstigere Einkaufskonditionen für allgemeine Güter sowie Farmgeräte
Ziel → Kampf gegen unfaire Geschäftspraktiken
- Problem: Genossenschaften scheiterten oft wegen Kapitalmangel oder mangelnder Erfahrung
Einfluss der Granger auf die Gesetzgebung
BearbeitenEinzelstaatliche Ebene
Bearbeiten- Granger erreichen in mehreren Einzelstaaten Gesetze zur Regulierung der Geschäftspraktiken von Eisenbahnen (Grange Laws)
- vor allem im Westen der USA
- u.a. gesetzliche Festlegung von Obergrenzen für Frachttarife sowie Verlade- und Lagerungsentgelt
- Eisenbahnen wehren sich gerichtlich gegen diese Vorgehensweise, mehrere Verfahren (Granger Cases)
- Argument, durch diese Regulierung werde ihnen ohne ordentliches Verfahren Kontrolle über ihr Eigentum entzogen = Verstoß gegen den 14. Verfassungszusatz
- zunächst Erfolg für die Granger = Supreme Court Entscheidung Munn v. Illinoi (1877)
- Regulierung von Privateigentum ist verfassungskonform, wenn daran öffentliches Interesse besteht
- gibt es keine entsprechenden Bundesgesetze, dürfen Einzelstaaten den zwischenstaatlichen Warenverkehr regulieren
- 1886 revidiert Supreme Court bei neuem Verfahren diese Meinung
- Regulierung zwischenstaatlichen Handels ist Bundesangelegenheit
- Einzelstaaten haben keine Befugnis einzugreifen
→ Farmer wenden sich wegen Eisenbahnregulierung an Bundesregierung
Bundesebene
BearbeitenInterstate Commerce Act (1887)
- Schaffung einer Überwachungsbehörde = Interstate Commerce Commission
- erklärt viele der von den Farmern angeprangerten Praktiken als illegal
- Kartelle [pooling]
- Preisdiskriminierung und Sonderrabatte für ausgewählte Kunden
- höhere Tarife für Kurzstrecken als für Langstrecken auf gleicher Linie
- unangemessen hohe Frachttarife
- Preisänderungen ohne vorherige öffentliche Angekündigung
- Problem = geringe praktische Wirkung
- Interstate Commerce Commission hat keine Durchsetzungsmacht, kann nur Gerichtsverfahren anstrengen
- pro-Business Einstellung des Supreme Court (von insgesamt 16 verhandelten Fälle entschieden die Richter 15 Mal zugunsten der Eisenbahngesellschaften)
Fazit
Bearbeiten- kurzfristig betrachtet = Versuche der Farmer, sich zu organisieren und ihre Interessen gegenüber den Eisenbahngesellschaften zu wahren, wenig erfolgreich
ABER
- ebnete den Weg für Regulierungsgesetze auf Bundesebene
- die so durch Agrarinteressen angeregte Regulierung blieb in ihrer Wirkung aber nicht auf Agrarbereich begrenzt
Verwendete Literatur:
BearbeitenMoran, Margaret, SAT II SUCESS - U.S. History, 2002, S. 170-171
Walton, Gary M., Rockoff,Hugh, History of the American Economy, S. 293-301
Sautter, Udo, Lexikon der amerikanischen Geschichte, 1994, S.154