Verwirklichungschancen/ Die Bestimmung des Wohlergehens

In diesem Kapitel wird der gedankliche Weg Amartya Sens nachvollzogen, der ihn von der kritischen Auseinandersetzung mit der traditionellen Wohlfahrtsökonomie zur Entwicklung des Konzepts der Verwirklichungschancen geführt hat. Der eilige Leser kann das Kapitel überspringen.

Die Problemstellung

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Amartya Sen ist von Hause aus Wirtschaftswissenschaftler. Sein ureigenes Arbeitsgebiet liegt im Bereich der Wohlfahrtsökonomie. In diesem Bereich der Volkswirtschaftslehre befassen sich die Wissenschaftler mit Fragen nach den Einflussfaktoren auf die Wohlfahrt einer Gesellschaft. Am Anfang solcher Untersuchungen muss man unter anderem zwei methodische Fragen beantworten können, die auf den Gang der Untersuchungen und deren Ergebnisse großen Einfluss haben. Die eine Frage lautet, was denn überhaupt der Inhalt des Begriffes der Wohlfahrt ist. Und wenn man die Bedeutung des Begriffs der Wohlfahrt bestimmt hat, muss man auch wissen, wie man ein Optimum der Wohlfahrt beschreiben kann.

Ein grundlegendes leitendes Prinzip zur Bestimmung der Wohlfahrt findet sich bereits bei Adam Smith und David Ricardo. Dies ist die Idee des „methodischen Individualismus“, die besagt, dass die Wohlfahrt einer Gesellschaft sich aus der Wohlfahrt der einzelnen Personen der Gesellschaft zusammensetzt.[1] Ein zweiter Baustein für die Vorstellungen der Wohlfahrtsökonomie sind die Überlegungen von Adam Smith, dass Angebot und Nachfrage in einem Markt gleichsam gesteuert von einer unsichtbaren Hand zu einer effizienten Verteilung von Gütern führen, obwohl jeder einzelne nur seine Interessen verfolgt.[2] Eine dritte Säule der klassischen Wohlfahrtsökonomie ist der von Jeremy Bentham entwickelte Utilitarismus, der in der Folge von John Stuart Mill, Henry Sidgwick und anderen weiter ausgearbeitet und verfeinert wurde. Diese ethische Position, deren Grundüberlegungen sich schon bei Epikur finden, besagt, dass eine Handlung oder ein Zustand dann moralisch gut ist, wenn dadurch die Summe des Glücks der Gesellschaft bestmöglich befördert wird. Als Maßstab dieses Glücks betrachtet der Utilitarismus den größtmöglichen Nutzen aller. Dieser wird gemessen durch die Summe der Einzelnutzen aller Beteiligten.[3]

Die Marktüberlegungen in der Nachfolge von Adam Smith und das Konzept des Utilitarismus haben also die Nutzenbetrachtung gemeinsam. Allerdings geht die so begründete Ökonomie insoweit über den Utilitarismus hinaus, als die den handelnden Akteur als einen rationalen Egoisten betrachtet und unterstellt, dass sich das beste Gesamtwohl im Markt von selbst durch die Marktmechanismen (die unsichtbare Hand) durch das Einpendeln von Angebot und Nachfrage aufgrund einer freien Preisbildung einstellt. Vilfredo Pareto prägte den Begriff des Homo Oeconomicus, eines Modell-Individuums, das seine Entscheidungen egoistisch trifft und jeweils bemüht ist, den eigenen Nutzen zu maximieren. Es war auch Pareto, der den Zustand einer Wirtschaft als optimal beschrieb, wenn es durch eine Veränderung nicht mehr möglich ist, ein Individuum besser zu stellen, ohne zugleich ein anderes Individuum schlechter zu stellen. Einen optimalen Zustand kann man durch Tauschvorgänge herstellen. Der Zustand ist dann optimal, wenn niemand mehr einen Tauschpartner findet, weil ein solcher Tausch aus Sicht des Partners zu einer schlechteren Erfüllung seiner Nutzen- oder Wunschvorstellungen (Präferenzen) führt. Bei einem solchen Zustand, in dem kein Tausch mehr zustande kommt, spricht man auch von Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Er wird auch Pareto-Optimum genannt. Der Satz „Jedes Wettbewerbsgleichgewicht ist ein Pareto-Optimum.“ wird auch Theorem oder 1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonmie genannt.[4]

Durch die Quantifizierung von Nutzen und die mathematisierte Abbildung von Marktverhältnissen versuchen die Wirtschaftswissenschaften nach dem Vorbild der Naturwissenschaften zu einer empirischen Beschreibung der Wirklichkeit zu gelangen und dabei Wirkmechanismen (Marktgesetze), auf die man Einfluss nehmen kann, zu entdecken. Soweit dabei von der egoistischen Rationalität des betrachteten Individuums ausgegangen wird, wird allerdings menschliches Handeln auf ein instrumentelles Zweck-Mittel-Schema reduziert.

Nutzen als Wohlergehen

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Es stell sich die Frage, ob man mit dem Begriff des auf das eigene Interesse gerichteten Nutzens das beschreiben kann, was ein Leben wertvoll macht. Amartya Sens Kritik des eingeschränkten Horizonts der neoklassischen Wohlfahrtstheorie richtet sich gegen den abstrakten Nutzenbegriff, weil er ihn nicht für geeignet hält, das menschliche Wohlergehen (well-being) als Zielgröße abzubilden.[5]

Die Auffassung der klassischen Utilitaristen war, dass das, was jemandem Lust verschafft, auch wertvoll ist. Je mehr Lust mit einer Sache verbunden ist, um so höher ist ihre Wertschätzung und um so höher ist ihr Wert. Doch wie lässt sich ein solcher Wert bestimmen? Die klassischen Nationalökonomen (Smith, Ricardo, Marx, Mill) sahen den Nutzen im Gebrauchswert eines Gutes, von dem der Tauschwert abweichen kann. Der sachliche Wert eines Gutes wurde aus dem Aufwand für dessen Produktion, z.B. der Arbeitszeit, hergeleitet und als objektiver Wert verstanden. Von Jean-Baptiste Say stammt der Einwand, dass die Arbeitszeit keinen objektiven Maßstab für den Wert eines Gutes darstellt. Der Gebrauchswert und damit der Nutzen eines Gutes ergibt sich vielmehr aus dem Umfang, in dem es zur Bedürfnisbefriedigung beiträgt. Mit dieser Überlegung kommt es zu einem subjektiven Maßstab für den Wert eines Gutes.

In der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie alten Stils (Francis Edgeworth, Alfred Marshall, Arthur C. Pigou) hielt man den Nutzen noch für messbar, indem man den Aufwand zur Erlangung eines Gutes (Arbeitszeit, Tauschwert) in Geld bewertet. Pigou ging davon aus, dass „die wirtschaftliche Wohlfahrt […] in den Formen der Zufriedenheit und Unzufriedenheit besteht, die sich in Geld messen lassen.[6] Den Nutzen beschreibt Pigou als einen mentalen Zustand, der etwas Wertvolles ausdrückt. „Die Wohlfahrtselemente sind Bewusstseinszustände und wohl auch deren Beziehung zueinander.“[7] Während Pigou noch der Auffassung war, dass der Nutzen messbar ist (kardinaler Nutzen), weil die Intensität des Wünschens in einem proportionalen Verhältnis zu der erwarteten Zufriedenheit bei der Wunscherfüllung steht, wurde in den 1930 Jahren gerade diese Messbarkeit durch Lionel Robbins kritisiert.[8] Gefühle kann man nicht vergleichbar machen, so dass auch ein interpersoneller Nutzenvergleich nicht möglich ist.

Als Ausweg griffen die neuen Neoklassiker (John Richard Hicks, Abram Bergson, Paul Samuelson) auf eine Idee von Pareto zurück, wonach der Nutzen durch eine Entscheidungshandlung (choice) repräsentiert wird, die darauf beruht, dass man einer Sache einen höhern Nutzen beimisst als einer anderen. Man kann den Nutzen zwar nicht quantifizieren, aber in eine Rangfolge bringen (ordinale Nutzenordnung). Die Bemühungen der Wohlfahrtsökonomie in dieser Zeit gingen dahin, aufzuzeigen, wie eine eindeutige Präferenzordnung zu ermitteln ist und wie diese in einer Nutzenfunktion als Ausdruck der Wohlfahrt abzubilden ist. Aus der Kritik von Robbins, dass der Ökonom keinen Einblick in die subjektiven Werthaltungen des Individuums hat, entstand das von Samuelson entwickelte Konzept, sich auf beobachtbare Entscheidungen und die auf diese Weise „offenbarten“ Präferenzen zu konzentrieren. Mit der Frage der beobachtbaren Präferenzen sind eine Reihe von Problemen verbunden, die im folgenden Abschnitt (Rationale Narren) näher betrachtet werden. Allgemein kann man sagen, dass es außerhalb rein egoistischer ökonomischer Größen eine Reihe von Einflussfaktoren auf das Wohlergehen gibt, die mit dem eingeschränkten Modell einer allein auf Präferenzen beruhenden Nutzenfunktion nicht abbildbar sind.

Rationale Narren

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Noch vor der Entwicklung des Konzept der Verwirklichungschancen setzte sich Sen kritisch mit der Theorie der rationalen Wahl (Rational choice) auseinander. Auf diese Theorie baut auch das Konzept der „offenbarten“ Präferenzen (revealed preferences) von Paul Samuelson auf[9], wonach es nicht auf die Einstellungen bei der Ermittlung der Präferenzen ankommt, sondern auf die tatsächlichen Entscheidungen. Wenn eine Person die Möglichkeit hat, zwischen x und y zu wählen, und sich für x entscheidet, so dokumentiert (offenbart ) sie ihre Präferenz für x. Der wissenschaftliche Beobachter kennt keine Introspektionen, sondern nur beobachtbare Handlungen.[10] Wahlhandlungen kennzeichnen für die neoklassische Wohlfahrtsökonomie die Präferenzen des Handelnden und die Präferenzen des Handelnden drücken ihrerseits den Nutzen aus, den dieser einer Sache beimisst. Außer den Problemen rein psychologischer Fragen, die bei einer empirischen Erfassung von Präferenzen entstehen, wie unvollständige Erfassung der Handlungsalternativen oder Einfluss von Werbung auf Wahlhandlungen, verweist Sen darauf, dass die Theorie der offenbarten Präferenzen auch systematische Schwierigkeiten beinhaltet.

Neben anderen Punkten verdeutlicht Sen einen wesentlichen Kritikpunkt anhand des Gefangenen-Dilemmas.

  B gesteht B schweigt
A gesteht A:-10, B:-10 A:0, B:-20
A schweigt A:-20, B:0 A:-2, B:-2

Zwei Verbrecher werden einiger kleinerer Delikte beschuldigt sowie eines gemeinsam begangenen Kapitalverbrechens. Während die kleineren Delikte nachweisbar sind, bedarf es zum Nachweis des Kapitalverbrechens eines Geständnisses. In gesonderten Verhören wird den Gefangenen jeweils folgende Alternative eröffnet: Wenn Du nicht gestehst, bekommst Du für Deine kleinen Delikte 2 Jahre Gefängnis, sofern nicht Dein Mittäter Dich nicht wegen des Kapitalverbrechens belastet. Ist letzteres der Fall, bekommst Du ohne Geständnis 20 Jahre. Falls Du jetzt gestehst, erlassen wir Dir die zwei Jahre für die kleinen Delikte und Du bist frei, sofern nicht Dein Mittäter auch gesteht. Wenn ihr beide zugleich gesteht, bekommt ihr einen Straferlass und müsst jeweils nur für 10 Jahre ins Gefängnis.

Die Alternativen bedeuten aus Sicht des einzelnen Gefangenen: Gestehen führt entweder zu Null oder 10 Jahren, Schweigen hingegen bedeutet entweder 2 oder 20 Jahre Gefängnis. Die Theorie rationalen Handelns führt zum Geständnis, denn wenn der andere gesteht, reduziert man die eigene Strafe von 20 auf 10 Jahre und wenn der andere schweigt von 2 auf null Jahre. Handeln beide „rational“ kommt es für beide zur Strafe von 10 Jahren, obwohl beide mit jeweils 2 Jahren hätten davonkommen können, wenn beide geschwiegen hätten. Beispiele dafür, dass es im gemeinsamen Interesse liegt, zu kooperieren und so die gemeinsame Wohlfahrt anzuheben (also -2, statt -10 zu erreichen), lassen sich nach Sen in der Praxis genügend finden. Das prinzipielle theoretische Problem liegt darin, dass die Theorie der rationalen Wahl gerade den Egoismus voraussetzt und damit eine Kooperation unterbindet. Die Denkhaltung des rationalen Egoisten ist aber nicht notwendig für die Lebenshaltung des Menschen und wird in der Praxis auch stets aufgrund kooperativer Verhaltensprinzipien durchbrochen. Es gibt auch Einstellungen, die einen Altruismus zum Prinzip erheben, also eine Handlungsweise, die darauf bedacht ist, immer das Wohlergehen des Anderen zum oberen Entscheidungsprinzip zu erheben. Ein solcher Gefangener hätte nicht gestanden, weil dadurch der Andere höchstens mit 10 Jahren belastet worden wäre, vielleicht aber sogar freigekommen wäre. Ansätze für solche Denkhaltungen sieht Sen im Christentum oder im Buddhismus. Er verweist auch auf Rousseaus Unterscheidung zwischen dem Willen aller und dem allgemeinen Willen, der durch Kooperation aufgrund eines Sozialvertrags erreichbar ist.[11] Eine viel einfachere Erklärung einer abweichenden Motivation ergibt sich, wenn die Gefangenen Vater und Sohn sind und jeder den anderen aufgrund der verwandtschaftlichen Bindungen schützen will. Gerade die nicht-egoistische Motivation, die in vielen gesellschaftlichen Gruppen zu finden ist, wird in der Theorie der rationalen Wahl, die der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie zugrunde liegt, schlicht ausgeblendet.

Sen stößt sich an der Verknüpfung von Wahlverhalten (choice) und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie, die über das Vehikel der Präferenzen vorgenommen wird. Die kritisierte These lautet: (beobachtbare) Entscheidungen sind durch Präferenzen bestimmt und die Erfüllung von Präferenzen ist eine Erhöhung der Wohlfahrt.

„Die enge Verknüpfung von Entscheidung, Präferenz und Wohlfahrt, wie sie in der traditionellen ökonomischen Theorie angenommen wird, vereinfacht die Analyse, blendet aber auch wichtige Straßen des sozialen und wirtschaftlichen Wandels aus.“[12]

Ein klassisches Beispiel für diese Problematik ist der Umweltschutz. Ohne unterstützende Maßnahmen wird der rationale Egoist sich für die kostengünstigeren und bequemeren Einwegverpackungen entscheiden. Der Nutzen, wenn gerade er Mehrwegverpackungen verwendet, ist für den Einzelnen nicht spürbar. Ihm ist dabei durchaus bewusst, dass die Schonung der Umwelt im Interesse aller, also auch seines eigenen ist. Dieser Widerspruch entspricht uneingeschränkt der Situation im Gefangenen-Dilemma. Das individuelle Optimum steht im Gegensatz zum gesellschaftlichen Optimum. Abhilfe können nur normative (oft moralische) Regeln oder – von letzteren abhängig – korrigierende politische Maßnahmen schaffen. Moralische Forderungen beeinflussen das Verhalten, denn was ich von anderen fordere, muss ich selbst einhalten. Ich muss mit gutem Beispiel vorangehen. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass zum Beispiel gesetzlich festgelegte hohe Pfandgelder einen Einfluss auf die Verteilung von verfügbarem Einkommen haben.

Die Theorie der offenbarten Präferenzen geht über das Konzept der rationalen Wahl hinaus und unterstellt Konsistenz im Verhalten. Irrationalität ist nicht vorgesehen. Aufgrund dieser Konsistenzforderung braucht der Handelnde noch nicht einmal egoistisch zu sein. Es kommt lediglich darauf an, dass er bei einer Wahl zwischen x und y nicht willkürlich hin und her schwankt. Erfüllt er die Konsistenzbedingung kann er ebenso Altruist oder Vertreter von Gruppeninteressen sein, ohne dass dies die Präferenzordnung stört.[13]

Sen hält die Unterscheidung von Mitgefühl (positiver und negativer Sympathie) einerseits sowie Verpflichtung (committment) andererseits für wesentlich. Handelt jemand aus Mitgefühl, folgt er seinen Präferenzen. Bei Verpflichtungen hingegen gibt es Einflussgrößen auf die Entscheidungen, die nicht in der handelnden Person selbst liegen. Dies können früher getroffene Vereinbarungen oder ein moralischer Kodex sein. Das Handeln nach Verpflichtungen kann bedeuten, dass man nicht die individuelle Wohlfahrt optimiert also nicht rational im Sinn des Rational Choice handelt.

Zwei Jungen finden zwei unterschiedlich große Äpfel. Der eine sagt: „Du wählst.“ Der zweite nimmt den größeren. „Das ist unfair“ sagt der erste. „Warum? Welchen hättest Du denn genommen?“ „Natürlich den kleineren.“ „Da hast Du doch, was Du willst.“ grient der zweite.

Diese kleine Geschichte Sens zeigt den Widerspruch von (negativem) Mitgefühl und Konventionen (= als Wählender ist man bei Verteilungen nicht egoistisch), die zu einer (moralischen) Verpflichtung führen.[14] Der Einfluss der Verpflichtung auf Werte findet sich sowohl bei politischen Wahlen als auch beim Stolz auf den eigenen Arbeitsplatz. Ähnlich bewirkt Religion Verpflichtungen, die in Wahlhandlungen umgesetzt werden, obwohl der Handelnde seinen individuellen Nutzen nicht maximiert. Auch in der Wirtschaft sind Vertrauen und Verantwortung unverzichtbare Grundhaltungen. Entscheidungen in diesen Bereichen können der reinen Nutzenperspektive erheblich widersprechen. In solchen Fällen funktioniert die Kette Entscheidung-Präferenz-Nutzen nicht, wie sie in der neoklassischen ökonomischen Theorie unterstellt wird.

Ein erheblicher Einwand gegen die Präferenzmodelle ist die Frage öffentlicher Güter. Hier fallen Nutzen und Verpflichtung oftmals auseinander. Was hat der Nichtschwimmer von einem öffentlichen Schwimmbad und der Fahrradfahrer von einer Autobahn? Öffentliche Güter spielen in modernen Gesellschaften eine erhebliche Rolle. Dass es allerdings häufig doch egoistische Handlungen gibt, zeigt das Trittbrettfahrer-Problem.

Mit einem lustigen Beispiel verweist Sen darauf, dass eine nur von Interessen geleitete Kommunikation zu erheblichen Problemen führen kann:

Jemand fragt: „Wo ist der Bahnhof?“ „Dort“ sagt der Antwortende und zeigt auf die Post. „Würden Sie bitte meinen Brief mitnehmen?“ „Gerne“ ist die Antwort, wohl wissend, dass er gleich den Brief öffnen wird, um zu prüfen, ob er nicht etwas Verwertbares enthält.

Zur Beschreibung der Grundproblematik zitiert Sen Leif Johansen:

„Die ökonomische Theorie tendiert in diesem wie in einigen anderen Gebieten dazu, anzunehmen, dass Leute nur so lange ehrlich sind, so lange sie etwas davon haben. Dies ist die Homo Ökonomicus Annahme, die bei weitem nicht offensichtlich zutreffend ist und die man mit beobachteten Tatsachen konfrontieren muss. Tatsächlich führt einfaches Nachdenken dazu, dass diese Annahme in ihrer extremen Form kaum wahr sein kann. Keine Gesellschaft würde ohne einige Sitten und Verhaltensregeln lebensfähig sein. Solche Sitten und Regeln sind für die Funktionsfähigkeit genau in den Bereichen notwendig, wo strenge ökonomische Anreize fehlen und auch nicht geschaffen werden können.“[15]

Um diesen Gegensatz auch im Utilitarismus zu berücksichtigen, hat John Harsanyi vorgeschlagen, zwischen ethischen und subjektiven Präferenzen zu unterscheiden.[16]. Aber auch dies führt nach Sen nicht weiter, denn entweder erhält man keine eindeutige Präferenzordnung oder man muss die sozialen und ethischen Werte so behandeln und interpretieren, dass sie als überpersönliche Urteile in die individuele Präferenzordnung eingehen. Diese Differenzierung löst somit nicht das grundsätzliche Problem der Konflikte in den Präferenzen, die sich aus individuellem Nutzen und von außen beeinflussten Verpflichtungen ergeben, wie sie aufgrund von Zugehörigkeit beispielsweise zu einer Nachbarschaft oder einer sozialen Klasse bestehen.[17]

„Der rein ökonomische Mensch ist wirklich nahezu ein sozial Schwachsinniger. Die ökonomische Theorie ist mit diesem rationalen Narren sehr vorbelastet, eingehüllt in die Herrlichkeit seiner alleinigen Allzweck-Präferenzordnung. Um für die verschiedenen Konzepte, die dem Verhalten zugrunde liegen, Raum zu schaffen, benötigen wir eine stärker ausgearbeitete Struktur.“[18]

Den Ausweg aus diesen Unmöglichkeiten sieht Sen in Konzepten mit mehrstufigen Präferenzordnungen und einer ausgearbeiteten Theorie der Sozialwahl, in der die Vereinbarkeit von kollektiven Entscheidungen mit individuellen Rechten besser berücksichtigt wird.

Kritik des Pareto-Optimums

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Ein Problem des Pareto-Optimums ist, dass es kein Kriterium für eine gerechte Verteilung bietet. Wenn zwischen zwei Personen 100 Euro aufgeteilt werden, ist eine Aufteilung 50:50 genauso pareto-effizient wie eine Aufteilung 90:10.

„Eine Volkswirtschaft kann in diesem Sinn optimal sein, auch wenn einige Leute in Luxus schwelgen und andere kurz vor dem Hungertod stehen, solange eine Besserstellung der Hungernden nicht ohne eine Verschlechterung des Wohlbefindens der Reichen erreicht werden kann. Wenn eine Verhinderung des Brands von Rom bei Kaiser Nero Missmut ausgelöst hätte, wäre es pareto-optimal gewesen, ihn Rom niederbrennen zu lassen. Kurzgesagt, eine Gesellschaft oder Volkswirtschaft kann pareto-optimal sein und dennoch total abstoßend.“[19]

Eine wirksame Kritik der These, dass aus individuellen Präferenzen ein gesamtwirtschaftliches Optimum ableitbar ist, stammt von Kenneth Arrow.[20] Arrows Gegenthese ist unter der Bezeichnung „Unmöglichkeitstheorem“ oder auch „Arrow-Paradoxon“ bekannt geworden. Für die Aggregation von individuellen Präferenzen hatte Arrow fünf Grundanforderungen (Axiome) formuliert, damit eine sinnvolle, allgemein akzeptierte gesellschaftliche Präferenzordnung gebildet werden kann. Werden diese Axiome nicht erfüllt, verstößt die gesellschaftliche Ordnung bzw. die Marktordnung gegen intuitiv unverzichtbare Prinzipien einer liberalen Gesellschaft. Übliche andere demokratische Spielregeln wie Mehrheitsentscheidungen oder Minderheitenschutz hat Arrow in die Betrachtung erst gar nicht einbezogen, weil sonst die Anforderungen an die Präferenzordnung nur noch verschärft worden wären.

  • Ausschluss von Diktatur: Die gesellschaftliche Präferenzordnung ist nicht von der Präferenz eines Einzelnen abhängig.
  • Schwaches Pareto-Prinzip: Wenn jedes Gesellschaftsmitglied individuell einen Zustand vorzugswürdig findet, dann gilt dieser Zustand auch in der gesamten Gesellschaft als vorzugswürding.
  • Transitivität: Wenn ein Gegenstand x einem Gegenstand y vorgezogen wird, und y einem Gegenstand z, dann wird auch x dem Gegenstand z vorgezogen.
  • Unabhängigkeitsprinzip: Die Entscheidung zwischen zwei Alternativen erfolgt unabhängig davon, wie das Verhältnis der jeweiligen Alternative zu einer dritten bewertet wird.
  • Unbegrenzter Präferenzbereich: niemand wird zu einer bestimmten Präferenz gezwungen, so dass alle logisch möglichen Kombinationen auch zulässig sind.
Wahldilemma nach Condorcet
Alternative A B C
Person 1 groß mittel klein
Person 2 mittel klein groß
Person 3 klein groß mittel

Wenn man auf diesen Axiomen einer gesellschaftlichen Präferenzordnung besteht, so das Arrow-Theorem, ist es nicht möglich, ein eindeutiges Gesamtergebnis aus den individuell denkbaren Präferenzen abzuleiten. Es lassen sich immer Präferenzkombinationen finden, die im Widerspruch zu einem der Axiome stehen. Ein einfaches Beispiel als Spezialfall stammt von dem französischen Mathematiker Marquis de Condorcet aus dem Jahr 1785 bei einer Wahl für drei Abstimmende.[21] In keiner Spalte und in keiner Zeile der nebenstehenden Tabelle werden gleiche Präferenzen ausgewiesen. Die wählenden Personen sind sich über den Gegenstand der Wahl vollständig uneinig. Als Gegenstände der Präferenzen kann man sich zu wählende Personen, Obstsorten oder Automarken denken. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma ist, dass man auf den Ausschluss der Diktatur verzichtet und vorrangig geltende Prinzipien zulässt.

Weil man aus dem Arrow-Paradoxon schließen muss, das eine gesellschaftliche Ordnung und auch ein Markt nicht ohne extern gesetzte (diktatorische) Regeln zu einem stabilen (pareto-optimalen) Gleichgewichtszustand kommen kann, hat es um dieses Theorem und dessen Axiome eine umfangreiche Diskussion gegeben, auf deren Darstellung hier verzichtet wird. Amartya Sen gehört zu den Vertretern, die das Unmöglichkeitstheorem anerkennen.[22] Er hat im Gegenteil eine Variante entwickelt, die die Fragestellung erweitert und verschärft.[23]

„Ich möchte dafür argumentieren, dass die Unmöglichkeit daher rührt, dass eine Fassung der Wohlfahrtsökonomie, die auf Nicht-Nutzen-Informationen verzichtet, mit einer erheblichen Abschwächung der Nutzeninformation (besonders mit dem Verzicht auf einen interpersonellen Vergleich) kombiniert wird.“[24]

In einem kurzen Aufsatz über die “Unmöglichkeit eines paretianischen Liberalen” aus dem Jahr 1970[25] verzichtet Sen auf das Unabhängigkeitsprinzip und ersetzt den Ausschluss der Diktatur durch ein Recht auf Selbstbestimmung.

  • Liberalitäts-Prinzip: Jeder hat mindestens einen autonomen Entscheidungsbereich, in dem er unabhängig von anderen entscheiden kann.

Zum Beispiel in einer Siedlung mit genormten Bauvorschriften hat jeder zumindest das Recht, die Farbe seiner Haustüre zu bestimmen. Mit dieser Ausgestaltung der Axiome hatte Sen die Frage nach individuellen Rechten in die Systematik der wohlfahrtstheoretischen Überlegungen eingeführt.

Paradoxon des paretianischen Liberalen
Präferenz Person A Person B
1 keiner A
2 A B
3 B keiner

Die Bedeutung seiner Zusatzprämisse erläutert Sen anhand eines Beispiels von zwei Personen und der Frage, ob man den erotischen Roman „Lady Chatterley’s Lover“ von D.H. Lawrence lesen soll. A ist prüde und möchte das Lesen überhaupt vermeiden. Falls das Buch aber gelesen werden muss, würde er es lieber selbst lesen, damit es niemand anderes lesen muss. B hingegen möchte, dass A weniger prüde ist und das Buch in jedem Fall liest. Wenn das nicht möglich ist, würde er bevorzugen, das Buch zu lesen, bevor es ungelesen bleibt.

Wendet man das Liberalitätsprinzip als Entscheidungsregel an, ergibt sich folgende Abstufung: Es kommt zunächst zum Lesen von B als dessen autonomer Entscheidung, danach kommt das Nichtlesen (autonome Entscheidung von A). Diese Lösung steht allerdings im Widerspruch zum schwachen Pareto-Prinzip, denn beide sind eigentlich der Meinung, dass eher A als B das Buch lesen sollte. Dieses „Paradoxon eines Liberalen“ wird auch Sen-Paradoxon genannt. Sen hat damit gezeigt, dass politische Entscheidungen aufgrund logischer Ableitungen ohne Kompromisse bzw. den Verzicht auf bestimmte Rechte nicht zu haben sind. Oder negativ formuliert bedeutet dies, dass es ein Pareto-Optimum nur gibt, wenn individuelle Präferenzen (diktatorisch) eingeschränkt werden.

Der Maßstab des Lebensstandards

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Anstelle der vom Individuum ausgehenden und zu summierenden Präferenzordnungen könnte man auch versuchen, das Wohlergehen des Einzelnen durch den verfügbaren Lebensstandard zu erfassen. Amartya Sen hat sich mit dieser Frage in seinen Tanner-Lectures 1986 auseinandergesetzt.[26] Dabei ist auch der Begriff des Lebensstandards nicht unproblematisch. Er hat allerdings den Vorteil, dass man bestimmte Güter (Ressourcen) auflisten kann, über die jemand verfügen muss, damit man sagen kann, er habe einen bestimmten Lebensstandard. Ein solches Güterbündel kann man dann in Geld bewerten, um dadurch den Lebensstandard zu quantifizieren. Die Idee findet sich schon bei Pigou zur Bestimmung eines realen Mindesteinkommens als objektivem Maßstab der Lebensbedingungen. „Das Mindestmaß umfasst eine ganz genau definierte Quantität und Qualität der Wohnung, medizinischer Versorgung, Erziehung, Nahrung, Freizeit, sanitäre Einrichtungen, Sicherheit des Arbeitsplatzes usw.“[27] Pigou hat das Thema allerdings nicht weiter verfolgt, weil zu seiner Zeit nicht genügend empirische Daten zur Verfügung standen, um zu qualifizierten Aussagen zu kommen. In die Praxis umgesetzt wurde das Konzept des Lebensstandards zuerst von Peter Townsend im Rahmen von Untersuchungen der Armut in Großbritannien.[28]

Der Vorteil des Konzeptes des Lebensstandards ist, dass er differenzierte empirische Untersuchungen ermöglicht, in denen objektiv gemessen werden kann, ob einer Person bestimmte Güter wie Ernährung, Wohnung oder Bildung, aber auch profane Gegenstände wie Telefon, Fernseher oder Auto zur Verfügung stehen. Problematisch bleibt allerdings die Bewertung, in welchem Maße welche Güter zum Wohlergehen der Person beitragen. Die Bewertungsfrage führt schnell zu der Diskussion, über welche Güter die Person verfügen muss, damit ihre Grundbedürfnisse befriedigt werden. Über die Definition eines Katalogs der Grundbedürfnisse gelangt man zur Bildung sozialer Indikatoren und zur Messung von Armut und sozialer Ungleichheit in einer Gesellschaft. Dieser Frage hat sich Amartya Sen in einer Reihe von Arbeiten intensiv gewidmet. Auf das Thema wird im Kapitel XXX noch ausführlicher eingegangen.

Bei der Diskussion des Konzeptes des Lebensstandards hat Sen einige Aspekte herausgearbeitet, die in Zusammenhang mit der Anwendung des Konzeptes zu betrachten sind.

  1. Die Feststellung, dass bestimmte Güter vorhanden sind, beantwortet nicht die Frage, welchen Wert eine Person diesen Gütern subjektiv beimisst. Dieser subjektive Wert ist durch Faktoren bestimmt, die von Person zu Person stark abweichen können. Ein Fahrrad ist ein gutes Fortbewegungsmittel; für einen Behinderten kann es möglicherweise kaum nutzbar sein; er benötigt vielleicht viel dringender einen Rollstuhl. Wertesysteme sind durch persönliche Erfahrungen, die Familie und das soziale und kulturelle Umfeld geprägt. Einen objektiven, für alle gültigen Standard kann man aus individueller Sicht nicht definieren.
  2. Der Unterschied des subjektiven Wertes zum Nutzen liegt darin, dass Nutzen als Lustgewinn, Wunscherfüllung oder Entscheidungsfreiheit objektivierbar ist, während die Selbstbewertung auch willkürliche oder paternalistische Faktoren berücksichtigen kann. Möglicherweise bewertet jemand den Besuch in einem Museum besser, als den Nachmittag im Schwimmbad zu verbringen, weil die Kinder im Museum etwas lernen können. Oder klassische Musik wird Rockmusik vorgezogen, weil letztere zu laut ist. Vielleicht ist es aber genau umgekehrt, weil die harten Rhythmen ein Aufgehen in der Musik viel leichter machen.
  3. Auch wenn man das Pareto-Optimum als vollständige Darstellung der Rangordnung einer Gesellschaft nicht für feststellbar hält (siehe oben), so kann es partielle Rangordnungen geben, die für die Beschreibung des Wohlergehens einer Gruppe und deren Lebensstandard relevant sind. So könnte man versuchen, bei der Festlegung der Arbeitszeitordnung in einem Schichtenmodell oder in einer Gleitzeitregelung, die für diesen Lebensbereich bedeutsamen Präferenzen der Beteiligten zu berücksichtigen. Für einen solchen abgegrenzten Bereich gibt es dann auch eine partielle Dominanz-Rangordnung, d.h. die beste gemeinsame Lösung.
  4. Partielle Rangordnungen haben einen Einfluss auf gemeinschaftliche Entscheidungen, zum Beispiel in der Politik, selbst wenn man nicht alle Einflussfaktoren berücksichtigt und manche Faktoren auch nicht bekannt sind. Es ist sinnvoll, für gesamtgesellschaftliche Fragen Klassen wie die der Grundbedürfnisse zur Bestimmung des Lebensstandards zu bilden, auch wenn man Unschärfen in Kauf nimmt und längst nicht alle realen Lebensstile (Obdachlosigkeit, das Leben in einer Sekte oder was auch immer) abbilden kann.
  5. Man kann versuchen, den Lebensstandard durch zusammenfassende Kennzahlen (Soziale Indikatoren) zu beschreiben. Dabei darf man aber nicht übersehen, dass die verschiedenen Komponenten, die den Lebensstandard ausmachen, sich zumeist nicht kompensieren. Ob der Lebensstandard steigt, wenn sich die Ernährungssituation verbessert und zugleich die Wohnsituation verschlechtert (Tausch einer komfortablen Stadtwohnung gegen eine Baracke am Stadtrand ohne fließend Wasser, aber mit einem schönen Nutzgarten), kann objektiv nur schwer beurteilt werden.

In der Gesamtbewertung ist auch das Konzept des Lebensstandards aus Sicht von Sen unbefriedigend, weil es seinerseits einige Elemente, die für das Wohlergehen bestimmend sind, nicht enthält. So ist es zunächst nur auf materielle Güter ausgerichtet. Auch nimmt es keine Rücksicht darauf, wie der Einzelne diese Güter aufgrund seiner individuellen Bedürfnisse bewertet. Ebenso kann jemand zwar einen guten Lebensstandard haben, aber aufgrund bestimmter Mangelerscheinungen, z.B. durch Krankheit, fehlende öffentliche Infrastruktur wie Kindergärten oder Ähnliches, sich schlechter stehen als jemand mit einem vergleichsweise niedrigerem Güterbündel. Ressourcen-orientierte Konzepte wie das der Grundbedürfnisse oder das des Lebensstandards sind für Sen ein Schritt in die richtige Richtung, aber nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu einem umfassenden Konzept zur Analyse und Bewertung de Wohlergehens.


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  1. Eine frühe Formulierung dieses Konzeptes findet sich bei Max Weber im ersten Kapitel von Wirtschaft und Gesellschaft sowie dessen Schüler Joseph Schumpeter in Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie. Weitere Vertreter sind die Österreichische Schule der Nationalökonomie, insbesondere Friedrich August Hayek, und der Norweger Jon Elster
  2. Sen betont, dass Adam Smith aufgrund dieser Überlegungen oft fälschlich so eingestuft wird, als ob er einem ungezügelten Kapitalismus das Wort geredet habe. Es gibt im Werk von Adam Smith eine Vielzahl von Belegen, dass dies nicht der Fall war, sondern dass Smith Gier und Übervorteilungen in Schranken verwiesen sehen wollte.
  3. Auf die ethischen Implikationen und die Kritik aus Sicht konkurrierender Konzepte kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
  4. Zum Beispiel: Kenneth Arrow und Gérard Debreu: Existence of an Equilibrum for a Competitive Economy, Economica, 22, 1954, 265-290; beim Pareto-Optimum wird vollkommener Wettbewerb mit homogenen Gütern, freier Preisbildung, vollkommener Information, fehlenden Transaktionskosten und Rationalität der Handelnden unterstellt.
  5. Die folgende Darstellung orientiert sich an der Schrift: Amartya Sen: Der Lebensstandard, Rotbuch, Hamburg 2000, 17-41 (Original: Standard of Living, 1987)
  6. A.C. Pigou: The Economics of Welfare, London 1920, Nachdruck Macmillan 1952, 23, zitiert nach Amartya Sen, Lebensstandard, 28
  7. Pigou, 1952, 10, nach Sen, Lebensstandard, 23
  8. Lionel Robbins: An Essay on the Nature and Significance of Economic Science, 2. Aufl. 1935, 137, und Lionel Robbins: Interpersonal Comparison of Utility, Economic Journal, 48, 12/1938, 635-641: „Every mind is inscrutable to every other mind an no common denominator of feelings is possible.“ (636)
  9. Paul A. Samuelson: A Note on the Pure Theory of the Consumer’s Behaviour“, Economica, 5, 1938, sowie ders.: Consumption Theory in Terms of Revealed Preferences, Economica, 15, 1948; Amartya Sen: Behaviour an the Concept of Preference, Economica, 40, 8/1973, 241-259. abgedruckt in Choice, Welfare and Measurement, 54-73
  10. Ähnlich I.M-D. Little: A Reformulation of the Theory o the Consumers Behaviour, Oxford Economic Papers, 1, 1949
  11. W.G. Runcinan und Amartya Sen: Games, Justice and the General Will, Mind 74, 1965
  12. “The rigid correspondence between choise, preference ad welfare assumed in traditional economic theory makes the analysis simpler but also rules out important avennues of social and economic change.“, Behaviour and the Concept of Preference 67
  13. Amartya Sen: Rational Fools, in Choice, Welfare and Measurement, 88-91
  14. Rational Fools, 93
  15. “Economic theory in this, as well as in some other fields, tends to suggest that people are honest only to the extent that they have economic incentives for being so. This is a homo oeconomicus assumption which is far from being obviously true, and which needs confrontation with observed realities. In fact, a simple line of thought suggests that the assumption can hardly be true in its most extreme form. No society would be viable without some norm and rules of conduct. Such norms and rules are necessary for viability exactly in fields where strictly economic incentives are absent and cannot be created.”, Leif Johansen: The Theory of Public Goods: Misplaced Emphasis, Universität Oslo 1976, nach: Amartya Sen, Rational Fools, 95
  16. John Harsanyi: Cardinal Welfare, Individualistic Ethics, and Interpersonal Comparisons of Utility, Journal of Political Economy, 63, 1955
  17. Amartya Sen: Rational Fools, 100
  18. "The purely economic man is indeed close to being a social moron. Economic theory has been much preoccupied with this rational fool decked in the glory of his one all-purpose preference ordering. Tomake room for the different concepts related to his behaviour we need a more elaborate structure.", Sen: Rational Fools, 99
  19. „An economy can be optimal in this sense even when some people are rolling in luxury and others are near starvation as long as the starvers cannot be made better off without cutting into the pleasure of the rich. If preventing the burning of Rome would have made the emperor Nero feel worse off, then letting him burn Rome would have been Pareto-optimal. In short, a society or economy can be Pareto-optimal and still be perfectly disgusting.” (Amarrtya Sen: Collective choice and social welfare, Holden-Day, San Francisco 1970/1979, 22)
  20. Kenneth Arrow: Social Choice and Individual Values, Wiley, New York 1951, 2. überarbeitete Aufl. 1963
  21. Hinweis auf den Ursprung bei Amartya Sen: The Possibility of Choice, 352, FN 4
  22. Er hat allerdings an anderer Stelle gezeigt, dass mit einer Einschränkung an die Präferenzstruktur ein solches Theorem zu einer eindeutigen Präferenzordnung führen kann.
  23. Auch hier wird nur die Grundidee angesprochen und auf die formale Mathematisierung sowie auf die Diskussion der Kritik verzichtet. Zur Vertiefung siehe etwa: Julian Nida-Rümelin: Zur Philosophie der Demokratie: Arrow Theorem, Liberalität und strukturellen Normen, in: Analyse und Kritik. 13. 1991, 184-203, sowie Hartmut Kliemt: Das Paradox des Liberalismus – Eine Einführung, in: Analyse und Kritik, 18, 1996, 1-19
  24. “I would like to argue that the impossibility can be seen as resulting from combining a version of welfarism ruling out the use of non-utility information with making the utility information remarkable poor (particular in ruling out interpersonal utility comparison)“ Amartya Sen: Personal Public Judgements. Or: What’s Wrong With Welfare Economics?, The Economist Journal, 1979, 537-558, hier 539
  25. Amartya Sen: The Impossibility of a Paretian Liberal, Journal of Political Economy, 78, ½-1970, 152-157, abgedruckt in Amartya Sen: Choice Welfare and Measurement, 285-290
  26. gekürzte Fassung veröffentlicht als: The Standard of Living, Cambridge 1987; deutsch: Der Lebensstandard, Hamburg 2000
  27. Pigou 1952, 759, nach Sen, Lebensstandard, 34
  28. Peter Townsend: Poverty in the United Kingdom, Penguin, Hammondsworth 1979