UN-Kaufrecht: Lückenfüllung


Das CISG regelt das Zustandekommen von Verträgen (Art. 4), ihre Form (Art. 11, 12) und die Leistungspflichten und Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen.

Das UN-Kaufrecht deckt damit nicht annähernd alle Rechtsbereiche ab, die beim internationalen Handelskauf berührt werden. Es bedarf daher Regeln zur Füllung von Lücken. Unterschieden wird dabei zwischen offenen Fragen, die eigentlich vom UN-Kaufrecht geregelt sein sollten ("interne Lücken") und offenen Fragen, die bewusst nicht geregelte Bereiche betreffen ("externe Lücken").

Interne Lücken

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Art. 7 Abs. 2 Alt. 1 CISG betrifft interne Lücken. Diese sind nach den allgemeinen Grundsätzen zu füllen, die dem Übereinkommen zugrunde liegen. Die wichtigsten solchen Grundsätze sind:[1]

  • der Vorrang des Parteiwillens
  • Treu und Glauben (insbesondere das Verbot des venire contra factum proprium und das Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung)
  • Formfreiheit (Art. 11 CISG) mit den Einschränkungen des Art. 12 CISG
  • die Pflicht zur Schadensminderung (Art. 77)
  • die Verbindlichkeit von im internationalen Handel allgemein beachteten Gebräuchen (Art. 9 CISG)
  • der Zinsanspruch des Gläubigers ab Fälligkeit (Art. 78 CISG) ohne Mahnung
  • Ersatz nur des vorhersehbaren Schadens (Art. 74 CISG)
  • Vertrauensschutz (Art. 16 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 2 CISG)
  • Bevorzugung der Lösung, die den Vertrag vor vorzeitiger Aufhebung bewahrt (favor contractus)

Externe Lücken

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Externe Lücken außerhalb des Regelungsbereichs des UN-Kaufrechts werden nach Art. 7 Abs. 2 Alt. 2 über die Anknüpfung nach dem IPR des Forums gefüllt. Das betrifft insbesondere die in Art. 4 und 5 CISG ausgenommenen Bereiche der Vertragsgültigkeit und deliktischer Ansprüche wegen Körperverletzungen, sowie Rechts- und Geschäftsfähigkeit, Vertretungsfragen, Aufrechnung und Abtretung. Für AGB gilt, dass die Einbeziehung vom CISG selbst geregelt wird, die Inhaltskontrolle als Frage der Gültigkeit im Sinne des Art. 4 hingegen von dem nach dem IPR des Forums berufenen Recht.[2]

Ob das CISG die Deliktshaftung nach nationalem Recht für andere als die in Art. 5 genannten Verletzungen sperrt, ist umstritten. Nach einer Ansicht würde durch die Anwendung des nationalen Deliktsrechts die Regelung des CISG zu den Rechten und Pflichten der Vertragspartner umgangen.[3] Ausnahme seien Ansprüche wegen vorsätzlicher Schädigung und arglistiger Täuschung, die das CISG nicht im Blick habe. Nach der anderen Ansicht, die insbesondere auch der BGH noch zum Haager Einheitlichen Kaufgesetz vertreten hat,[4] unterliegt die Deliktshaftung anderen Wertungen und dient anderen Zwecken als die vertragliche Haftung und bleibt damit auch neben dem CISG anwendbar.[5]

Auch die Verjährung ist im CISG nicht geregelt. Deutschland ist der Konvention über die Verjährung beim internationalen Warenkauf nicht beigetreten. Die Verjährung bestimmt sich daher bei deutschem Gerichtsstand nach dem Vertragsstatut gemäß der Rom I-VO, Art. 12 Abs. 1 Rom I-VO.[6]

Weitere externe Lücken sind:

  • die Aufrechnung[7]
  • arglistiges Verhalten der Parteien[8]
  • die Zulässigkeit von Vertragsstrafen und pauschaliertem Schadensersatz[9]

Fußnoten

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  1. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 48 ff.
  2. Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 4 CISG Rn. 23
  3. Nachweise bei Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 5 Rn. 12
  4. BGH IPRax 1996, 124
  5. Benicke in Münchener Kommentar HGB, 3. Aufl. 2013, Art. 5 CISG Rn. 8
  6. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 4 Rn. 35
  7. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 4 Rn. 39
  8. Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 194 ff.
  9. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 4 Rn. 40