Topographische Anatomie: Peritonealhöhle: Leber und Gallenblase

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Die Leber filtert Nährstoffe aus dem Blut und stellt die Galle her

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Viszerale Seite der Leber.. Die Leber besteht aus vier Lappen mit charakteristischen Dellen der umliegenden Objekte. Das "H" wird gebildet rechts von Gallenblase und Vena cava inferior, links von den Ligamenta teres hepatis und venosum, und in der Mitte von der Leberpforte (mit Arteria hepatica propria, Vena portae hepatis und Ductus choledochus). An der Area nuda sind Leber und Zwerchfell-Unterseite verwachsen.

Funktionen

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Die 1500 Gramm schwere Leber ist die größte Drüse des Körpers und ist als zentrales Stoffwechselorgan mit zahlreichen Aufgaben betraut:

  • Filterung von Nahrungsbestandteilen aus dem Blut der Pfortader (Vena portae), die sie dann speichert und verwaltet,
  • Entgiftung von körpereigenen Stoffen (Endobiotika) und Fremdstoffen (Xenobiotika),
  • Produktion der Galle,
  • beim Fetus: Blutbildung.

Die Kuppel der Leber (Facies diaphragmatica) liegt dem Zwerchfell unten an, die konvexe Unterseite (Facies visceralis) wird von benachbarten Organen eingedellt. Diese Dellen kann man an der fixierten Leber gut erkennen:

  • Links:
    • weiter ventral: Impressio gastrica,
    • dorsal: Impressio oesophagea;
  • rechts:
    • weiter dorsal: Impressio duodenalis, Impressiones renalis und suprarenalis,
    • weiter ventral: Impressio colica

Ventral besitzt die Leber eine scharfe Kante, die sich bei maximaler Inspiration (Senkung des Zwerchfells) unterhalb des Rippenbogens tasten lässt; außerdem sinkt die Leber ab im Stehen (Schwerkraft) sowie mit zunehmendem Alter. Man beachte auch die räumliche Nähe der Leber zum Herzen.

Anatomisch gliedert sich die Leber in vier Lappen. Das Ligamentum falciforme hepatis trennt Lobus dexter von Lobus sinister, die Leberpforte trennt Lobus quadratus (ventral kaudal) und Lobus caudatus (dorsal kranial). Funktionell teilt man die Leber dagegen anhand der Gefäßverzweigungen in acht voneinander unabhängige Segmente auf; einen wichtigen Scheidepunkt bildet dabei die Fissura sagittalis dextra, die wir in Kürze betrachten werden.

Peritonealbedeckung

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Ligamentum coronarium hepatis

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Die Leber ist zum größten Teil von Peritoneum bedeckt. An der Stelle, wo sie mit dem Zwerchfell verwachsen ist und der Vena cava inferior eng anliegt (Abgang der drei Venae hepaticae), fehlt das Peritoneum jedoch, die Leber ist hier also gewissermaßen nackt (Area nuda). Das übrige Peritoneum schlägt von der Leber auf das Zwerchfell um, wobei das bindegewebig verstärkte Ligamentum coronarium hepatis entsteht; diese Band hat links und rechts je eine dreieckige Ausstülpung (Ligamenta triangularia dextrum und sinistrum) und läuft links in die Appendix fibrosa aus.

Ventral geht das Ligamentum coronarium hepatis in das Ligamentum falciforme über, welches die Leber mit dem parietalen Peritoneum verbindet (beim Fetus: Mesohepaticum ventrale). An dessen Unterrand ist das Ligamentum teres hepatis eingelagert (verödeter Überrest der Vena umbilicalis) und geht dorsal in das Ligamentum venosum über, das in der Fetalzeit den Ductus venosus beherbergt hat (Kurzschluss zwischen Vena umbilicalis und Vena cava inferior).

Beide Ligamenta, also Ligamentum teres hepatis und Ligamentum venosum, befinden sich in entsprechend benannten Furchen (Fissura ligamenti teretis hepatis, Fissura ligamenti venosum). Das rechtsseitige Pendant bilden die Fissura sagittalis dextra, in der die Gallenblase liegt, und der Sulcus venae cavae mit der darin beherbergten unteren Hohlvene.

Porta hepatis

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Die Fissuren der rechten und linken Seite sind durch die Leberforte (Porta hepatis) verbunden. Sie ist die Eintrittsstelle für Leberarterie und Pfortader und Austrittsstelle für den Gallengang:

  • links ventral befindet sich die Arteria hepatica propria,
  • rechts im freien Rand des Lig. hepatoduodenale der Ductus choledochus (Vereinigung von Ductus hepaticus communis und Ductus cysticus),
  • dorsal der Arteria hepatica propria liegt die Vena portae.

Die drei Gefäße sind gemeinsam vom Ligamentum hepatoduodenale umhüllt. Diese Peritonealduplikatur setzt sich nach links fort in das Ligamentum hepatogastricum, beide sind Teil des Omentum minus (beim Fetus: Mesohepaticum dorsale), zugleich dient es als vordere Begrenzung des Foramen omentale [epiploicum], dem einzigen physiologischen Zugang der Bursa omentalis.

Somit entsteht an der Unterseite eine "H"-ähnliche Anordnung:

  • den linken "H"-Schenkel bilden die Fissurae ligamenti teretis hepatis und ligamenti venosum,
  • den rechten "H"-Schenkel bilden die Fissura sagittalis dextra und der Sulcus venae cavae,
  • als Querbalken dient die Leberpforte.

Die Leber lässt sich histologisch aus drei Blickwinkeln betrachten

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So in etwa sieht die Leber mikroskopisch aus, wenn sie nach Van Gieson gefärbt ist. Die Sechsecke, die sich wie Bienenwaben zusammenlagern, sind die Zentralvenenläppchen mit ihrer Zentralvene, zwischen ihnen befinden sich in periportalen Feldern Arterien (rot), Venen (blau) und die Gallenkanäle (grün), die die Galle aus der Leber heraustransportieren. Das rote, rautenähnliche Viereck ist der Leberazinus, der den Sauerstoffgehalt des Blutes anzeigt (1: sauerstoffreich, 3: sauerstoffarm). Das grüne Dreieck ist das Portalvenenläppchen, das auf den Fluss der Galle hinweist.
 

Die Leber wird von Vasa privata und Vasa publica versorgt, die im Inneren der Leber verschmelzen. Auf diese Weise kann die Leber Glukose, aber auch andere (auch toxische) Stoffe aus dem Blut aufnehmen und speichern. Die funktionellen Einheiten kann man nach verschiedenen Systemen klassifizieren.

  • Die klassische Einteilung beruht auf Zentralvenenläppchen, die nur durch feines Bindegewebe voneinander getrennt werden. Es handelt sich um Sechsecke, in deren Zentrum die Zentralvene liegt. Betrachtet man diese Läppchen genauer, erkennt man Platten aus Hepatozyten, die einerseits an Sinusoide grenzen, andererseits an Gallenkanälchen. Je zwei benachbarte solche Platten bilden also eine Einheit. Diese Platten oder "Leberbalken" laufen zentripetal auf die Zentralvene zu. Aus dem periportalen Feld treten zum einen Venchen an diese Einheiten heran, die aus der großen und dünnwandigen V. interlobularis stammen, zum anderen kommen Äste aus der A. interlobularis; beide Ästchen verschmelzen und laufen als Sinusoid am Rande einer Leberzellplatten-Einheit – allerdings von Bindegewebe getrennt – in Richtung Zentralvene, die das Blut letztlich in die V. cava inferior abgibt. Zwischen den Untereinheiten einer "Doppel-Platten-Einheit" läuft das Gallenkanälchen, das kein eigenes Epithel besitzt und erst am Ausgang ein kubisches Epithel bekommt und dann "Hering-Kanal" genannt wird. Die Galle endet im muskelfreien Gallenkanal im periportalen Feld, in dem auf Lymphgefäße vorkommen, und das vom Kollagen-I ausgefüllt wird.
  • Eine andere Gliederungsmöglichkeit ist der Leberazinus, eine Raute, deren Spitzen in zwei Periportalfeldern und zwei Zentralvenen zweier benachbarter Leberläppchen liegen. Der Leberazinus erlaubt die Einteilung von drei Zonen nach ihrem Sauerstoffgehalt (nimmt von außen nach innen ab).
  • Das Portalvenenläppchen schließlich ist ein Dreieck, dessen Spitzen die Vv. centrales dreier benachbarter Leberläppchen sind, und beschreibt den Fluss der Galle.

Die polygonalen Hepatozyten grenzen sehr dicht an Sinosuid und Gallenkanälchen

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Hier wurden ein einzelnes Zentralvenenläppchen herausgegriffen und nur zwei Leberbalken, Ansammlungen von Hepatozyten, dargestellt. Gerade in der Vergrößerung sieht man, dass die Hepatozyten direkt an die Gallenkanälchen angrenzen und durch den (hier hellblau dargestellten, kaum zu erkennenden) Disse-Raum vom Sinusoid getrennt sind, in dem sich das Blut aus der Arterie und der Vene vereinigt und - während es gefiltert wird - in Richtung Zentralvene fließt.
 

Die Hepatozyten, die Baueinheiten der Leberplatten und der nächstgrößeren Baueinheit, der Leberläppchen, sind langlebige Zellen, die sich selten teilen, einen, manchmal sogar zwei helle Zellkerne besitzen und nahrungsabhängig einen gewissen Anteil an Glykogen in ihrem Zytoplasma haben, welches sie auch in Vakuolen im Zellkern speichern. Ihr Apex weist zum (nicht weiter begrenzten) Gallenkanälchen (Gallepol), und hier besitzen sie zahlreiche Mikrovilli; außerdem verhindert eine Tight Junction den Übertritt von Galle ins Blut. Ein Aktin-Myosin-System hier befördert die Galle weiter. Der Blutpol – er entspricht bei normalen Zellen der basolateralen Membran – besitzt ebenfalls Mikrovilli, außerdem keine Basallamina und weist zu den Sinusoiden, welche große Poren besitzen, an denen die Basallamina fehlt. Außerdem ist nur ein schmaler Bindegewebsraum mit wenig Kollagen zwischen Hepatozyten und Sinusoid ausgebildet ("Disse-Raum"), in dem neben normalen Fibroblasten auch Ito-Zellen vorkommen, bei denen es sich um ruhende Spezialfibroblasten handelt; sie können unter pathologischen Bedingungen (z. B. Leberzirrhose) aktiv werden und besonders viel Kollagen bilden (Barriere!). Die Poren und das weitgehende Fehlen der Basallamina erleichtert Transportvorgänge von den Sinusoiden in die Hepatozyten und umgekehrt. Hauptaufgabe der Hepatozyten ist es, giftige Stoffe zu entgiften, indem sie sie umkonjugieren und zerlegen, außerdem sind sie wichtig für den Lipidstoffwechsel und die Produktion bestimmter Proteine.

In den Sinusoiden kommen im Epithel übrigens Von-Kupffer-Sternzellen vor, die Stoffe im Blut phagozytieren und zu diesem Zweck Fortsätze ausbilden, die oftmals die gegenüberliegende Wandseite erreichen. Bei Milz-Ausfall bauen sie alte Erythrozyten ab.

Die Gallenblase ist der Gallenspeicher des Körpers

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Der Ductus cysticus mündet in den Ductus hepaticus communis ein und besitzt eine Plica spiralis.

Gespeicherte Galle gelangt von der Gallenblase ins Duodenum

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Die Gallenblase ist die Auffangstation für Galle, die in der Leber im Überschuss produziert worden ist; hier wird die Galle eingedickt. Die Gallenblase liegt rechts ventral neben der Leberpforte (sie bildet einen Teil des rechten "H"-Schenkels"), wobei ihr Trichter und ihr Hals in Richtung der Pforte weisen. Über den Ductus cysticus, der Spiralfalten besitzt, gibt die Vesica biliaris ihre Galle in den Ductus hepaticus communis ab, der durch die Vereinigung von rechtem und linkem Ductus hepaticus entstanden ist. Ab der Einmündung des Ductus cysticus nennt sich das gallenableitende Rohr "Ductus choledochus", läuft im Lig. hepatoduodenale, dann hinter das Duodenum und durch den Pankreaskopf hindurch und mündet, nachdem er meist den Ductus pancreaticus aufgenommen hat, mit der Papilla duodeni major am Pars descendens des Duodenums. Die hepato-pankreatische Ampulle nach der letzten Vereinigung besitzt dabei meist einen Sphinkter ("Sphincter oddi"). Sind die gallenführenden Schläuche beispielsweise durch Gallensteine verstopft oder von außen eingeklemmt, so kann sich die Galle zurückstauen, so dass es zur Gelbsucht kommt. Verlegt ein Gallenstein die Ampulle, in der in der Mehrzahl aller Fälle der Ductus pancreaticus in den Gallengang mündet, kann es zur Selbstverdauung des Pankreas kommen.

Innerviert wird die Gallenblase vom Plexus coeliacus. Eine Arterie (A. cystica) bekommt sie von der rechten A. hepatica propria, ihr venöses Blut fließt in die Pfortader. Demgegenüber fließt das komplette Blut der Leber noch unterhalb des Zwerchfells in die Vena cava inferior, die der Leber ja dorsal ziemlich eng anliegt. Lymphknoten liegen in der Leberpforte (Nll. hepatici), an der Vesica biliaris (Nl. cysticus) und außerdem am Foramen omentale (Nl. foraminalis).

Die Epithelzellen der Gallenblase sind darauf spezialisiert, der Galle Wasser zu entziehen

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Die Gallenblase speichert Galle und dickt sie ein. Ihre Mukosa bildet Falten, die untereinander anastomosieren, und ihr Epithel besteht aus hochprismatischen Hauptzellen, deren Aufgabe es ist, der Galle Wasser zu entziehen (mittels Antiportern), was auch dazu führt, dass sich basolateral Wasserräume bilden; Mikrovilli und Mitochondrien (Energie für Aufbau eines Ionengradienten) unterstützen sie bei der Resorption. Tubuloalveoläre Drüsen bilden Muzine. In der Muskularis befindet sich ein Muskelgeflecht, wobei die einzelnen Fasern spiralig verlaufen (am Hals steiler, um die Galle besser auspressen zu können), und die Lücken zwischen den Muskelfasern von Bindegewebe ausgefüllt sind, das vor allem aus elastischen Fasern besteht. Außen wird die Gallenblase von Peritoneum bedeckt (an der Ansatzstelle an der Leber gibt es allerdings keine Serosa, sondern eine Adventitia). Der Ductus choledochus, durch den die Galle abfließt, hat ebenfalls ein einschichtiges Epithel und unter dem Epithel einzelne Muskelfasern.