Topographische Anatomie: Nacken und Hinterwand: Wirbelsäule

< Topographische Anatomie | Nacken und Hinterwand

Die Wirbelsäule erfüllt entscheidende Funktionen

Bearbeiten

Wie es der Name schon sagt, ist die Wirbelsäule eine Säule aus übereinandergestapelten Wirbeln. Sie erfüllt mehrere Funktionen:

  • Als massive, aber dennoch bewegliche und federnde Säule dient sie als flexible Stütze des Rumpfes,
  • sie umschließt das Rückenmark und schützt es dadurch,
  • sie dient als Ansatz für die Rippen.

Die Wirbelsäule besteht aus übereinandergeschichteten Wirbeln, die mittels Bändern fixiert werden

Bearbeiten

Grundaufbau eines Wirbels

Bearbeiten
 
1 Halswirbel VII in der Aufsicht. Ein Wirbel besteht aus Wirbelkörper und Wirbelbogen, von dem aus 3 Arten von Fortsätzen ausgehen: Querfortsätze, Gelenkfortsätze und ein Dornfortsatz. An der Halswirbelsäule enthalten die Querfortsätze je ein Loch für den Durchtritt der Arteria vertebralis.

Der "Standardwirbel" besitzt einen charakteristischen Aufbau (Abb.1). An den Wirbelkörper (Corpus vertebrae) schließt sich dorsal der Wirbelbogen (Arcus vertebrae) an, der das Wirbelloch (Foramen vertebrale) einschließt und von dem verschiedene Fortsätze abgehen:

  • zu jeder Seite ein Querfortsatz (Processus transversus), der den Wirbelbogen in einen Pediculus (vom Wirbelkörper bis zum Querfortsatz) und eine Lamina (ab dem Querfortsatz) aufteilt,
  • nach dorsal ein Dornfortsatz (Processus spinosus),
  • nach kranial und kaudal auf jeder Seite ein Gelenkfortsatz (Processus articularis), und zwar an derjenigen Stelle, an der auch der entsprechende Querfortsatz entspringt.

In der Sagittalansicht erkennt man zudem eine obere und eine untere Inzisur (Incisura vertebralis superior und inferior); die Inzisuren zweier übereinander geschichtete Wirbel ergänzen sich somit zu einem Loch (Foramen intervertebrale).

Aufbau der Wirbelsäule

Bearbeiten

Grobgliederung der Wirbelsäule

Bearbeiten

Die gesamte Wirbelsäule besteht aus 32 Wirbeln, die zu fünf Gruppen zusammengefasst werden:

  • Halswirbelsäule (7 Wirbel, d. h. CI bis CVII)
  • Brustwirbelsäule (12 Wirbel, d. h. ThI bis ThXII)
  • Lendenwirbelsäule (5 Wirbel, d. h. LI bis LV)
  • Kreuzbein (5 miteinander verschmolzene Wirbel, d. h. SI bis SV)
  • Steißbein (meist 3 Wirbel, d. h. CoI bis CoIII)

Besonderheiten der Wirbel in den einzelnen Abschnitten

Bearbeiten
 
2 Kaudaler Brustwirbel von rechts. Auffällig sind der lange Dornfortsatz, die nach hinten abgedrängten Querfortsätze und die zusätzlichen Gelenkflächen an Wirbelkörper (2 halbe Gelenkflächen) und Querfortsatz für die Artikulation mit der Rippe. Die Gelenkfortsätze stehen nahezu vollständig in der Frontalebene.

Die Wirbel jeder Gruppe zeichnen sich dabei durch morphologische Besonderheiten aus. Im Allgemeinen wird der Wirbelkörper nach kaudal größer, weil die zu tragende Last ansteigt, das Wirbelloch wird nach kaudal hin kleiner, weil das Rückenmark an Masse abnimmt.

  • Die Wirbel der Halswirbelsäule besitzen kleine würfelförmige Wirbelkörper, die am Rand einen Processus uncinatus zur zusätzlichen Verankerung tragen; das Wirbelloch ist groß und dreieckig. Die Querfortsätze sind rinnenförmig geformt und bilden dadurch einen Kanal für den Spinalnerven (Sulcus nervi spinalis); zudem besitzen sie für den Durchtritt der Arteria vertebralis je ein Foramen transversarium, das von einer vorderen und einer hinteren Spange gebildet wird (die Spangen laufen im Tuberculum anterius oder posterius aus). Die Gelenkfortsätze sind um etwa 45 Grad gegen die Frontalebene geneigt, die Dornfortsätze sind charakteristischerweise gespalten (ein Überbleibsel der Embryonalentwicklung, der Dornfortsatz von CVII ist ausnahmsweise nicht gespalten). Besonders hervorzuheben sind drei Wirbel:
    • Der Atlas (CI) weicht vom Grundbauplan etwas ab. Statt eines Wirbelkörpers findet sich hier ein vorderer Bogen (Arcus anterior atlantis), der ventral in einem Höckerchen ausläuft (Tuberculum anterius) und an der Innenseite eine Gelenkfläche besitzt (Fovea dentis). Über die Massae laterales ist der vordere Bogen beiderseits mit dem hinteren Bogen (Arcus posterior atlantis mit Tuberculum posterius) verbunden. Seitlich und vorne sitzt auf jeder Seite eine konkave Gelenkfläche (Fovea articularis superior), mittels welcher der Atlas mit dem Hinterhauptsbein (Os occipitale) artikuliert.
    • Der Axis (CII) weist ebenfalls Besonderheiten auf. Der Wirbelkörper ist hier vom "Zahn des Axis" (von der Dens axis) ersetzt, der zum Atlas hinaufreicht und dort über seine vordere Gelenkfläche (Facies articularis anterior) mit der Fovea dentis artikuliert; ontogenetisch entspricht er dem Wirbelkörper des Atlas.
    • Der siebte Halswirbel (CVII, "Vertebra prominens") hat einen besonders langen, ungespaltenen Dornfortsatz.
  • Die Wirbelkörper der Brustwirbelsäule sind dreieckig und dicker, die Wirbellöcher sind kleiner als bei der Halswirbelsäule (Abb. 2). Weil diese Wirbel auf jeder Seite mit einer Rippe in Verbindung stehen, finden sich an den Wirbeln zusätzliche Gelenkflächen (Foveae costales):
    • Da die Rippenköpfchen mit den dorsalen Bereichen je zweier aneinander angrenzender Wirbelkörper artikulieren, hat jeder Wirbelkörper oben und unten jeweils gewissermaßen eine halbe Gelenkfläche (Fovea costalis superior und inferior); Ausnahmen sind ThI (eine komplette obere und eine halbe untere Gelenkfläche) sowie ThXI und ThXII (jeweils eine komplette Gelenkfläche).
    • Für die Artikulation mit dem Rippen-Höckerchen (Tuberculum costae) ist jeder Querfortsatz nach dorsal abgedrängt und besitzt eine Gelenkfläche (Fovea costalis processus transversi). Ausnahmen sind wiederum ThXI und ThXII (keine Gelenkflächen).
 
3 Lendenwirbel in der Aufsicht. Der Wirbelkörper ist massiv, das Wirbelloch klein, die Gelenkfortsätze stehen sagittal. Processus costales (im Bild als "Transverse process" bezeichnet) sind rudimentäre Rippen, Processus mamillares sind kleine Erhebungen an den Gelenkfortsätzen, an denen autochthone Rückenmuskeln ansetzen.
  • Die Wirbelkörper der Lendenwirbelsäule sind groß und nierenförmig, die Wirbellöcher sind demgegenüber vergleichsweise winzig (Abb. 3). Die Querfortsätze sind zu akzessorischen Fortsätzen (Processus accessorii) verkümmert, stattdessen finden sich rudimentäre Rippen (Processus costales). Processus mamillares an den Gelenkfortsätzen dienen als Ansatzpunkt für autochthone Rückenmuskeln.
  • Das ventral konkave Kreuzbein (Os sacrum) besteht aus fünf miteinander verschmolzenen Wirbeln und dient als Verbindungsstück zwischen den beiden Hüftbeinen (Ossa coxae), mit denen es Amphiarthrosen bildet. Grob lässt es sich in eine Basis (kranial) mit einem ventralen Vorsprung (Promontorium) und eine Spitze (Apex, kaudal) einteilen. Die Seitenteile (Partes laterales) enden mit ohrförmigen Gelenkflächen (Facies auriculares). Auffällig sind zudem fünf Leisten (Kämme, Cristae):
    • die Crista mediana erinnert an die Dornfortsätze der fünf verschmolzenen Wirbel,
    • die beiden Cristae mediales an die Gelenkfortsätze (der Gelenkfortsatz des ersten Wirbels ist jedoch erhalten), und
    • die beiden Cristae laterales an die Querfortsätze.
Der Wirbelkanal setzt sich als Sakralkanal (Canalis sacralis) in das Kreuzbein fort und endet blind mit dem von zwei Hörnern (Cornua sacralia) flankierten und bindegewebig verschlossenen Hiatus sacralis. Die Foramina sacralia sind Äquivalente zu den Foramina intervertebralia und dienen den Spinalnerven als Austrittsstelle.
  • Das Steißbein läuft nach kaudal hin spitz aus und ist mit dem Kreuzbein gelenkig verbunden. Die miteinander verschmolzenen Wirbel besitzen kleine Querfortsätze, beim obersten Wirbel erinnern zwei Hörner (Cornua coccygea) an die Gelenkfortsätze.

Krümmungen der Wirbelsäule

Bearbeiten
 
4 Wirbelsäule von links. 32 Wirbel sind aufeinandergeschichtet und durch Zwischenwirbelscheiben gegeneinander abgepolstert, wobei die Wirbel nach kaudal hin zusehends massiver werden. Deutlich erkennbar sind die Lordosen im Hals- und Lendenbereich sowie die Kyphosen im Thorakal- und Sakralbereich; man beachte außerdem die Verzahnung der Dornfortsätze an der Brustwirbelsäule sowie die ohrförmigen Gelenkflächen am Kreuzbein.

Durch Aufeinanderschichtung der Wirbel entsteht die Wirbelsäule, die Wirbellöcher bilden gemeinsam den Wirbelkanal (Abb. 4). In der Ansicht von lateral erkennt man dabei, dass sie in der Sagittalebene auf charakteristische Weise gekrümmt ist:

  • Lordosen (Krümmungsbauch ventral) befinden sich an
    • Halswirbelsäule (Cervikallordose) und
    • Lendenwirbelsäule (Lumballordose),
  • Kyphosen (Krümmungsbauch dorsal) an
    • Brustwirbelsäule (Thorakalkyphose) und
    • Kreuzbein (Sakralkyphose).
Diese charakteristischen Krümmungen bilden sich onto- und phylogenetisch erst mit dem aufrechten Gang und der Kontrolle des Kopfes aus, die Wirbelsäule von Säuglingen ist nur kyphotisiert (Thorakalkyphose, Sakralkyphose) und ansonsten ungekrümmt.

Krümmungen in der Frontalebene (Skoliosen) kommen dagegen meist aufgrund von Fehlhaltungen zustande und sind nur bis zu einem gewissen Grad physiologisch.

Schichtung der Dornfortsätze

Bearbeiten

Weil die Wirbelsäule gekrümmt ist und weil die Dornfortsätze verschiedenartig geformt sind, stehen die Dornfortsätze je nach Wirbelsäulen-Anteil in unterschiedlicher Beziehung:

  • die Dornfortsätze der Halswirbelsäule reichen nur bis zu ihrem eigenen Unterrand,
  • an der Brustwirbelsäule reichen die Dornforsätze weiter hinab, und zwar
    • von ThIV bis ThVII bis zur Mitte des nächsttieferen Wirbels,
    • von ThVIII bis ThXII bis zur Unterkante des nächsttieferen Wirbels;
insgesamt lagern sich die Dornfortsätze dadurch wie Dachziegel übereinander, was den Zugang zum Wirbelkanal (beispielsweise bei einer Liquorpunktion) erschwert.
  • Die Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule reichen dagegen wiederum nur bis zu ihrem eigenen Unterrand - analog zur Halswirbelsäule.

Abweichungen vom Grundbauplan

Bearbeiten

Manchmal kommt es zu Abweichungen vom Grundbauplan der Wirbelsäule, etwa zu Verschmelzungen bestimmter Wirbel oder zur Ausbildung zusätzlicher Rippen. Besonders häufig sind folgende vier Veränderungen:

  • Atlasassimilation: der Atlas ist mit dem Hinterhauptsbein verwachsen;
  • Halsrippe: an der Halsrippe liegen akzessorische Rippen vor, die dann mitunter wichtige Gefäße einquetschen;
  • Sakralisation: der letzte Lumbalwirbel ist ins Kreuzbein integriert (4 Lumbalwirbel, 6 Sakralwirbel);
  • Lumbalisation: der erste Sakralwirbel ist aus dem Kreuzbein ausgegliedert (6 Lumbalwirbel, 4 Sakralwirbel).

Beziehungen der Wirbel zueinander

Bearbeiten

Zwischenwirbelscheiben

Bearbeiten
 
5 Zwischenwirbelscheibe und Rippen-Wirbel-Gelenke in der Aufsicht. Die Zwischenwirbelscheibe besteht aus dem in seiner Größe variablen Gallertkern (Glycosaminoglykane) und dem zweischichtigen Faserring, dessen äußere Schicht (Außenzone mit Typ-I-Kollagenfasern) direkt mit der darunter- und darüberliegenden Knochenmasse verbunden ist. Zusätzlich erkennt man die beiden Rippen-Wirbel-Gelenke mit ihren Bändern (Articulatio capitis costae: 2 Bänder, Articulatio costotransversaria: 3 Bänder).

Die Wirbel liegen nicht direkt aufeinander, sondern sind durch Zwischenwirbelscheiben (Disci intervertebrales, Bandscheiben) voneinander getrennt (Abb. 5). Sie bestehen aus einem Kern und einem Rand:

  • Im Inneren liegt der Gallertkern (Nucleus pulposus, Nachfolger der Chorda dorsalis), der aus Glycosaminoglykanen und gebundenem Wasser besteht. Die Versorgung erfolgt nicht über Blutgefäße, sondern mittels Diffusion. Bei Belastung wird das Wasser des Nucleus pulposus nach außen gedrückt, bei Entlastung saugt der Nucleus pulposus Wasser aus der Umgebung auf und vergrößert sich dadurch. Aus diesem Grund ist man nach dem Aufstehen größer als vor dem Zu-Bett-Gehen.
  • Der umliegende Faserring (Anulus fibrosus) hat eine Innen- und eine Außenzone, die jeweils aus gegenläufigen Kollagen-Lamellen bestehen:
    • die Innenzone besteht aus Typ-II-Kollagenfasern,
    • die Außenzone aus Typ-I-Kollagenfasern.
Bei einer Zwischenwirbelscheibe ist nur die Außenzone des Faserrings direkt mit der Knochensubstanz der umgebenden Wirbelkörper verbunden; Innenzone und Gallertkern sitzen dagegen auf einer Deckplatte aus hyalinem Knorpel, beziehungsweise werden von einer entsprechenden Bodenplatte bedeckt.

Zwischenwirbelscheiben existieren zwischen allen Nachbarwirbeln, außer

  • zwischen CI und CII

In der Halswirbelsäule entstehen etwa ab dem zehnten Lebensjahr Risse in den Anuli fibrosi der Zwischenwirbelscheiben, so dass die Wirbelkörper nicht mehr starr fixiert sind, sondern sich gegeneinander bewegen können, wobei die Processus uncinati an den Seiten der oberen Deckplatten ein Abgleiten der Wirbelkörper verhindern (Unkovertebralgelenke). Dadurch erhält die Halswirbelsäule eine im Vergleich zu den übrigen Wirbelsäulen-Abschnitten besonders hohe Beweglichkeit.

Wirbelbogengelenke

Bearbeiten

Wirbelbogengelenke (Articulationes zygapophysiales) sorgen dafür, dass sich die Wirbel gegeneinander verschieben können und die Wirbelsäule somit als ganzes ihre Form ändern kann. In den Gelenken artikuliert auf jeder Seite der untere Gelenkfortsatz eines Wirbels mit dem oberen Gelenkfortsatz des darunterliegenden Nachbarwirbels. Gelenkkapseln umspannen die jeweiligen Gelenke und schicken meniskusähnliche Synovialfalten ins Innere. Wie stark sie die Wirbel gegeneinander bewegen können, hängt von der Stellung der Flächen der Gelenkfortsätze ab. Insgesamt nimmt der Bewegungsspielraum von kranial nach kaudal ab:

  • An der Halswirbelsäule stehen die Gelenkflächen um etwa 45 Grad gegen die Frontalebene und gegen die Horizontalebene geneigt; dadurch sind Bewegungen wie bei einem Kugelgelenk möglich. Besonders groß ist der Bewegungsspielraum bei den Gelenken zwischen Hinterhauptsbein und Atlas sowie zwischen Atlas und Axis, diese beiden Gelenke nehmen daher eine Sonderstellung ein.
    • In der Articulatio atlantooccipitalis artikulieren die konvexen Kondylen des Hinterhauptsbeins mit den konkaven oberen Gelenkflächen des Atlas (Facies articulares superiores). Dadurch entsteht ein Eigelenk, das aufgrund der schlaffen Gelenkkapsel (Ligamentum atlantooccipitalis lateralis) einen großen Spielraum hat.
    • Die Articulatio atlantoaxialis besteht aus drei Gelenken:
      • Die Articulatio atlantoaxialis mediana ist das Gelenk, das vom Dens axis und der Fovea dentis des Atlas gebildet wird.
      • Die beiden Articulationes atlantoaxiales laterales bestehen aus den unteren Gelenkfortsätzen des Atlas und den oberen Gelenkfortsätzen des Axis. Die Gelenkflächen liegen nahezu flach in der Horizontalebene und bilden somit die Basis für die Rotation des Atlas um den Dens axis.
Alle drei Gelenke zusammen erlauben somit die Rotation des Kopfes.
  • An der Brustwirbelsäule liegen die Gelenkflächen nahezu vollständig in der Frontalebene, so dass Seitwärts- und Drehbewegungen möglich sind.
  • An der Lendenwirbelsäule stehen die Gelenkflächen in der Sagittalebene, wodurch sich der Bewegungsspielraum stark verkleinert. Es sind nur mehr Ventralflexion und Dorsalextension möglich.

Bandsicherung der Wirbelsäule

Bearbeiten

Bänder unterhalb des ersten Halswirbels

Bearbeiten
 
6 Brustwirbelsäule von rechts mit Rippen-Wirbel-Gelenken. Das Ligamentum longitudinale anterius zieht ventral der Wirbelsäule bis zum Hinterhauptsbein empor. Außerdem ist die vollständige Bandkonfiguration der Articulatio capitis costae erkennbar.
 
7 Wirbelkörper von hinten nach Entfernung der Lamina. Das Ligamentum longitudinale posterius zieht parallel zu seinem vorderen Äquivalent an der Wirbelsäule empor und ist dabei mit der Außenzone des Faserrings verwachsen. Im Bereich der oberen beiden Halswirbel spricht man von "Membrana tectoria".
 
8 Median geschnittene Wirbelsäule von links. Nicht nur die Wirbelkörper, sondern auch die Wirbelbögen und Fortsätze sind mittels Bändern verbunden: Ligamenta flava zwischen den Wirbelbögen, Ligamenta interspinalia und Ligamentum supraspinale an den Dornfortsätzen; hier nicht zu erkennen sind die Ligamenta intertransversaria.
 
9 Kraniale Wirbelsäule von vorne. Im Bereich der Atlantooccipitalgelenke weicht die Bandkonfiguration vom Grundmuster ab: das Ligamentum longitudinale anterius wird von der breiten Membrana atlantooccipitalis anterior unterstützt; Ligamenta atlantooccipitales laterales verstärken die Gelenkkapseln.
 
10 Kraniale Wirbelsäule von hinten. Zwischen hinterem Atlasbogen und Hinterhauptsbein spannt sich die Membrana atlantooccipitalis posterior aus.

Eine Reihe von Bändern hält das Gefüge der Wirbelsäule zusammen. Es gibt Flächenbänder, Bänder zwischen den Wirbelbögen und Bänder zwischen den Dorn- und Querfortsätzen.

  • An die Vorder- und Rückseite der Wirbelkörper lagert sich je ein Band wie ein Klebestreifen über die gesamte Länge der Wirbelsäule an (Abb. 6), und zwar
    • ventral das breite Ligamentum longitudinale anterius, das zwischen Atlas und Hinterhauptsbein zusätzlich durch die Membrana atlantooccipitalis anterior verstärkt ist (Abb. 9);
    • dorsal das etwas dünnere Ligamentum longitudinale posterius (Abb. 7); dieses ist mit der Außenzone des Anulus fibrosus verwachsen und verstärkt dadurch die Rückseite der Zwischenwirbelscheibe so stark, dass ein Vorfall des Gallertkerns (Prolaps) in der Regel seitlich erfolgt, d. h. am Ligamentum longitudinale posterius vorbei.
  • Zwischen den Wirbelbögen spannen sich Ligamenta flava aus (Abb. 8). Diese bestehen aus elastischen Fasern und erscheinen daher gelblich; ihre Rückstellkraft begünstigt das Aufrichten der Wirbelsäule. Das Ligamentum flavum zwischen Atlas und Hinterhauptsbein ist aufgrund des großen Abstands stark verbreitert und nennt sich hier "Membrana atlantooccipitalis posterior" (Abb. 10).
  • Die Dornfortsätze besitzen zwei Sorten von Bändern:
    • Zwischen den Dornfortsätzen spannen sich die Ligamenta interspinalia aus.
    • An den Dornfortsatz-Spitzen findet sich vom Kreuzbein bis hinauf zu CVII das Ligamentum supraspinale; dieses geht ab CVII in das Ligamentum nuchae über, ein breites sagittal gestelltes Flächenband, das bei Vierbeinern als Kopfaufhängung dient.
  • An den Spitzen der Querfortsätze ziehen zu beiden Seiten Ligamenta intertransversaria empor.

Bandkonfiguration der Articulatio atlantoaxialis mediana

Bearbeiten
 
11 Eröffnete kraniale Wirbelsäule von hinten. Nach Entfernung der Membrana tectoria (heruntergeklappt) werden die Bänder des medianen Atlantoaxialgelenks sichtbar: das Ligamentum cruciforme atlantis, bestehend aus Längszügen und einem quer verlaufenden Band, zudem die Ligamenta alaria und das Ligamentum apicis dentis.
 
12 Articulatio atlantoaxialis mediana in der Aufsicht. Das Ligamentum transversum atlantis (ein Bestandteil des Ligamentum cruciforme atlantis) presst die Dens axis an ihre Gelenkfläche und sichert sie so gegen das Rückenmark ab.
 
13 Median geschnittene kraniale Halswirbelsäule von links. Drei Bänder ziehen von der Dens axis zum Hinterhauptsbein: das Ligamentum apicis dentis, die Fasciculi longitudinales des Ligamentum cruciforme atlantis und die Membrana tectoria (ehemaliges Ligamentum longitudinale posterius).

Die Articulatio atlantoaxialis mediana, also das Gelenk zwischen Dens axis und Fovea dentis, ist besonders beansprucht und muss auf besondere Weise gesichert werden, weil andernfalls die Dens axis nach dorsal ausbrechen und wichtige Zentren des kranialen Halsmarks zertören würde. Aus diesem Grund ist der Bandapparat hier besonders komplex (Abb. 11, 12, 13).

  • Drei dünne Bänder entspringen von der Spitze der Dens axis und stabilisieren deren vertikale Lage.
    • Das Ligamentum apicis dentis entspringt vom obersten Pol der Dens axis und zieht zum Vorderrand des Foramen magnum.
    • Die beiden Ligamenta alaria (Flügelbänder) entspringen jeweils seitlich an der Dens axis und setzen innerhalb des Schädels über den Hinterhautptskondylen an.
  • Das kreuzförmige Band (Ligamentum cruciforme atlantis) zurrt die Dens axis an den vorderen Bogen des Atlas.
    • Den Querbalken bildet das Ligamentum transversum atlantis; es zieht von einer Massa lateralis zur anderen.
    • Den Längsbalken bilden die Fasciculi longitudinales (Längszüge), die sich von der Basis der Dens axis bis zum Vorderrand des Foramen magnum ausspannen.
  • All das wird von der Membrana tectoria bedeckt, d. h. von der verbreiterten Fortsetzung des Ligamentum longitudinale posterius, die etwa 1 Zentimeter in den Schädel hineinreicht und am Hinterhauptsbein ansetzt.

Funktionelle Einheit der Wirbelsäule: Bewegungssegment

Bearbeiten

Die funktionelle Einheit der Wirbelsäule ist das Bewegungssegment. Es besteht aus zwei benachbarten Wirbeln mit Zwischenwirbelscheibe, sowie den jeweiligen Wirbelbogengelenken mitsamt den dazugehörigen Bändern und Muskeln.

Verletzungen und Operationen an der Wirbelsäule

Bearbeiten

Die häufigsten Verletzungen der Wirbelsäule sind

  • Bandscheibenvorfälle (Prolaps),
  • Frakturen von Wirbelkörpern oder Dornfortsätzen,
  • Schleudertraumata, wobei hier besonders die ventralen und dorsalen Bänder beansprucht werden, d. h. das Ligamentum longitudinale anterius und das Ligamentum supraspinale.

Prädilektionsstellen, d. h. Orte, an denen die Wirbel besonders leicht gebrochen werden können, sind die Übergangsbereiche von mehr beweglichen Anteilen der Wirbelsäule zu mehr starren Anteilen, beispielsweise von Halswirbelsäule zu Brustwirbelsäule.

Um das Rückenmark oder die Rückenmarkshäute operativ zu behandeln, ist ein Zugang zum Wirbelkanal erforderlich. Hierzu entfernt man entweder die komplette Lamina des Arcus vertebralis (Laminektomie) oder nur den Teil der Lamina zwischen Dorn- und Querfortsatz einer Seite (Hemilamektomie).

Das Rückenmark liegt im Inneren des Wirbelkanals und wird von drei Häuten umkleidet

Bearbeiten
 
14 Quer geschnittene Wirbelsäule mit Hirnhäuten in der Aufsicht. Die Pia mater (rot) liegt dem Rückenmark und den aus- oder eintretenden Wurzeln direkt an und folgt bis in tiefe Furchen, die Arachnoidea mater (blau) und die Dura mater (schwarz) liegen eng aneinandergeschmiegt am Rand des Wirbelkanals. Zwischen Pia und Arachnoidea mater befindet sich der liquorgefüllte Subarachnoidealraum.
 
15 Durasack und Filum terminale. Während das Rückenmark mit dem Conus medullaris in der Höhe von LII ausläuft, endet der Durasack erst mit SII. Das Filum terminale stammt von der Pia mater ab, wird von der Dura mater fortgesetzt und setzt schließlich an CoI an. Ab dem Rückenmarks-Ende liegen im Durasack nur mehr die ein- und austretenden Wurzeln vor.

Der Wirbelkanal enthält das Rückenmark, das von drei Hirnhäuten umgeben ist (Abb. 14):

  1. von der blutgefäßreiche Pia mater, die sich direkt an das Rückenmark anschmiegt und frontal gestellte Ligamenta denticulata an die Dura mater entsendet;
  2. von der gefäßfreien Arachnoidea mater ("Spinnenwebshaut" aufgrund des Spinnennetz-artigen Aussehens), die durch den liquorgefüllten Subarachnoidealraum von der Pia mater getrennt ist; zwischen Pia und Arachnoidea mater spannen sich zahlreiche Arachnoidea-Trabekel aus;
  3. von der Dura mater, die der Arachnoidea mater direkt anliegt und den Spinalnerven bis distal des Spinalganglions umscheidet.

Pia und Arachnoidea mater werden zur weichen Hirnhaut zusammengefasst, die Dura mater wird dagegen als harte Hirnhaut bezeichnet.

 
16 Venen der Wirbelsäule. Innerhalb und außerhalb des Wirbelkanals gibt es je einen Venenplexus, die miteinander über 2 Arten von Venen in Verbindung stehen: Venen, die durch den Wirbelkörper hindurchziehen, und Venen, die über den Wirbelbogen hinweg ziehen.

Die Dura existiert als Durasack nur bis hinab zu SII (Abb. 15), dann geht sie in das Filum terminale über, das an CoI ansetzt. Das Rückenmark endet dagegen schon früher, und zwar als Conus medullaris auf Höhe von LI bis LII. Weiter kaudal liegen dann nur mehr die vorderen und hinteren Wurzeln vor, die der Punktionsnadel bei einer Punktion zur Liquorgewinnung leicht ausweichen.

Der Epiduralraum schließt sich an die Dura mater an. Er enthält Fettgewebe und kräftige klappenlose innere Venenplexus (Plexus venosi vertebrales interni), die sowohl mit den Venen des Schädels als auch mit den äußeren Venenplexus der Wirbelsäule (Plexus venosi vertebrales externi) in Verbindung stehen (Abb. 16); die Kommunikation leisten dabei

  • die Venae basivertebrales (ziehen durch die Knochensubstanz des Wirbelkörpers hindurch) und
  • die Venae intervertebrales (ziehen über den Wirbelbogen hinweg).

Epiduralanästhesie oder Sakralanästhesie erfolgt durch den Hiatus sacralis hindurch.

Im Brustbereich existieren Gelenke zwischen Rippen und Wirbeln

Bearbeiten
 
17 Rechte Rippe von kaudal. Der Rippen-Kopf artikuliert mit dem Wirbelkörper (genauer: meist mit zwei halben Gelenkflächen zweier Wirbelkörper), das Rippen-Höckerchen mit dem Querfortsatz des betreffenden Brustwirbels.
 

Die Wirbelsäule steht mit den Rippen oder deren Derivaten in Verbindung (Abb. 17). Wirkliche Rippen sind dabei nur im Bereich der Brustwirbelsäule ausgebildet, an den übrigen Abschnitten der Wirbelsäule erinnern nur mehr kümmerliche Überreste an die starke Metamerie des Rippenskeletts: die vordere Spange der Halswirbel, die Processus costales der Lendenwirbel und die ventralen Anteile der beiden Partes laterales des Kreuzbeins. Die zwölf Brustwirbel artikulieren mit jeweils zwei Rippen, und zwar standardmäßig in zwei Gelenken (Abb. 5):

  • In der Articulatio capitis costae artikuliert der Rippenkopf mit der Fovea costalis am dorsalen Bereich des jeweiligen Wirbelkörpers. Zur Sicherung dienen zwei Bänder:
    • das dünne Ligamentum capitis costae intraarticulare verläuft innerhalb des Gelenkspalts vom Rippenkopf zum Anulus fibrosus der Zwischenwirbelscheibe,
    • das Ligamentum capitis costae radiatum umgibt den Rippenkopf strahlenförmig und verstärkt dadurch die Gelenkkapsel.
  • In der Articulatio costotransversaria artikuliert das Rippen-Höckerchen (Tuberculum costae) mit der entsprechenden Fovea costalis am Querfortsatz. Drei Bänder unterstützen das Gelenk:
    • das Ligamentum costotransversarium spannt sich über die gesamte Breite zwischen Rippenhals (Collum costae) und Querfortsatz aus,
    • das Ligamentum costotransversarium laterale verstärkt die Kapsel am Gelenk selbst,
    • das Ligamentum costotransversarium superius zieht vom Rippenhals zum Querfortsatz des nächsthöheren Wirbels.

Beide Gelenke existieren nur bei den echten Rippen (Costae verae, Rippen 1 bis 7; stehen über Rippenknorpel direkt mit dem Sternum in Kontakt) und den ersten drei falschen Rippen (Costae spuriae, Rippen 8 bis 10; stehen mit dem Sternum nur indirekt in Kontakt). Die übrigen beiden falschen Rippen (Costae fluctuantes, enden blind in der Muskulatur) stehen lediglich mit den Wirbelkörpern in gelenkiger Verbindung, nicht dagegen mit den Querfortsätzen.

Bestimmte Wirbel sind gute Orientierungspunkte

Bearbeiten

Einige Wirbel sind als Orientierungspunkte besonders gut geeignet, weil auf ihrer Höhe entscheidende Objekte liegen:

  • CIII - Os hyoideum,
  • CVI - Ringknorpel des Kehlkopfs,
  • ThVII - Angulus inferior der Scapula,
  • ThVIII - Durchtritt der Vena cava inferior durchs Zwerchfell,
  • LIV - Aufteilung der Aorta in die beiden Arteriae iliacae communes, oberster Punkt der Crista iliaca des Hüftbeins.
  • Außerdem: Foramen magnum - harter Gaumen.

Zusammenfassung

Bearbeiten

Die Wirbelsäule ist eine flexible Säule von Wirbeln, die einer gemeinsamen Architektur folgen: Corpus, Arcus, Fortsätze. Entsprechend den funktionellen und architektonischen Unterschieden gliedert man die Wirbelsäule in fünf Abschnitte, wobei die Wirbel eines jeden Abschnitts gewisse Besonderheiten aufweisen, und zwar beispielsweise hinsichtlich Form und Größe der Wirbelkörper, Ausdehnung des Wirbellochs oder Ausprägung und Stellung der Fortsätze. Jeder Abschnitt ist zudem konvex nach ventral (Lordose) oder konvex nach dorsal (Kyphose) gekrümmt.

Die Wirbel stehen miteinander in dynamischer Beziehung. Zum einen liegt zwischen fast allen Wirbelkörpern ein Discus intervertebralis, der sich aus einem Gallertkern und einem zweischichtigen Faserring zusammensetzt. Zum anderen stehen die Wirbel über die Articulationes zygapophysiales in gelenkiger Verbindung, wobei der Bewegungsspielraum der Wirbelsäule von kranial nach kaudal abnimmt.

Bänder an den Wirbelkörpern, zwischen den Quer- und Dornfortsätzen sowie zwischen den Wirbelbögen stabilisieren die Wirbelsäule. Im oberen Halsbereich ist die Bandkonfiguration dabei besonders komplex, weil ein dorsales Ausbrechen des Dens axis verhindert werden muss.

Funktionell lässt sich die Wirbelsäule betrachten als eine Aufeinanderschichtung von Bewegungssegmenten, d. h. von kleinsten funktionellen Einheiten der Wirbelsäule, bestehend aus zwei Wirbeln, Zwischenwirbelscheibe, Bändern und Muskeln.

Die Wirbelsäule beherbergt das Rückenmark, das von drei Hirnhäuten (Pia, Arachnoidea und Dura mater) und Liquor umgeben ist. Im Gegensatz zum Schädel findet sich hier zudem ein mit Fett gefüllter Epiduralraum, der Venenplexus enthält.

Die Wirbel der Brustwirbelsäule stehen mit echten und falschen Rippen in Verbindung, und zwar erstens über ein Gelenk am Wirbelkörper und zweitens über eines am Querfortsatz (Ausnahme: Costae fluctuantes). An den anderen Abschnitten der Wirbelsäule erinnern nur mehr Rudimente an die in der früheren Phylogenese stärker ausgeprägte Metamerie.