Topographische Anatomie: Kopf: Ohr

< Topographische Anatomie | Kopf Das Ohr liegt außerhalb und innerhalb des Schläfenbeins und gliedert sich in Außen-, Mittel- und Innenohr. Das äußere Ohr ist dabei alles bis zum Trommelfell, das mittlere die Höhlen und Gänge ab dem Trommelfell und das Innenohr das Labyrinth.

Zum äußeren Ohr gehören die außen liegenden Objekte bis einschließlich des Trommelfells Bearbeiten

 
 

Der äußere Gehörgang ist auf charakteristische Weise gekrümmt Bearbeiten

Der äußere Gehörgang ist der Gang von außen bis zum Trommelfell und zu einem Drittel knorpelig und zu zwei Dritteln knöchern, wobei der obere Teil der knöchernen Hülle von der Pars squamosa, der untere Teil von der Pars tympanica des Schläfenbeins gebildet wird. Er ist zweimal gekrümmt, und zwar zickzackförmig nach vorne und einfach nach oben, so dass man das Ohr nach hinten oben ziehen muss, um den Gehörgang zu untersuchen.

In der Umgebung des äußeren Gehörgangs liegen wichtige anatomische Objekte Bearbeiten

In der Umgebung des äußeren Gehörgangs liegt vorne das Kiefergelenk mit der Fissura petrotympanica medial davon (Durchtrittsort für die Chorda tympani), hinten der Processus mastoideus mit seinen pneumatisierten Räumen (Cellulae mastoideae), unter dem Gehörgang liegt die Gl. parotidea (vom Glossopharyngeus versorgt) und über ihm breitet sich die Fossa cranii media aus.

Während der vordere Teil der Ohrmuschel noch zum Innervationsgebiet des Mandibularis (N. auriculotemporalis) gehört, wird das hintere Gebiet von den Ästen des Plexus cervicalis innerviert (N. occipitalis minor, N. auricularis magnus). Die Innervation des mittleren Ohrmuschelstücks und des Gehörgangs teilen sich der Glossopharyngeus und der Vagus (weshalb einem auch schlecht werden kann, wenn eine Ohrspülung vorgenommen wird).

Das Trommelfell hat ein charakteristisches Relief Bearbeiten

 
 

Das Trommelfell hat eine große Pars tensa, in der sich der Hammer abzeichnet, und eine kleine kranial gelegene Pars flaccida; es steht meist schräg, denn es ist jeweils etwa 45 Grad um die transversale und um die saggitale Achse gedreht. Normalerweise steht es unter Spannung, und an einer charakteristischen Stelle kann man einen Lichtreflex sehen, wenn man es bleuchtet. Prominentia, Stria und Umbo des Malleus zeichnen sich auf dem Trommelfell ab. In direkter Nähe des Trommelfells verläuft die Chorda tympani.

Lymphabfluss und arterielle Versorgung Bearbeiten

Die Lymphe des äußeren Ohres fließt aus drei Gebieten ab, nämlich vorne zu den Parotis-Lymphknoten, hinten zu den Mastoid-Lymphknoten und unten direkt zu den Knoten an der V. jugularis interna. Während die vorderen Anteile arteriell von der direkt aus der A. carotis externa entspringenden A. auricularis anterior versorgt werden, übernimmt der erste der beiden hinteren A. carotis externa-Ästen, nämlich die A. auricularis posterior, die Versorgung des restlichen äußeren Ohres.

Im Mittelohr liegen das Schallübertragungs-System und wichtige Nerven Bearbeiten

Die Paukenhöhle hat drei Etagen und sechs Wände Bearbeiten

 

Die Paukenhöhle (Cavitas tympani) ist der Raum, der medial des Trommelfells liegt. Klinisch untergliedert man ihn in einen oberen (Epitympanon), einen großen mittleren (Mesotympanon) und einen kleinen unteren (Hypotympanon) Raum.

Wie jeder annähernd würfelförmige Raum besteht auch die Paukenhöhle aus sechs Wänden.

  • Die laterale Wand ist die einfachste, denn in ihr liegt nur das Trommelfell, das von Knochen umgeben ist.
  • Die gegenüberliegende mediale Wand (Paries labyrinthicus) hat eine von der Schnecke des Labyrinths verursachte Wölbung (Promontorium), die von zwei Fenstern umgeben wird, nämlich von der Fenestra vestibuli und von der Fenestra cochleae, das von einer Membran (Membrana tympani secunda) bedeckt wird. Außerdem liegt hier der Processus cochleariformis, durch den die Sehne des M. tensor tympani umbiegt.
  • Das Dach (Paries tegmentalis) grenzt die Paukenhöhle von der mittleren Schädelgrube ab, und
  • unter dem Boden (Paries jugularis) liegt die Zwiebel der V. jugularis interna.
  • Das Auffälligste der vorderen Wand (Paries caroticus) ist die Tubenöffnung, außerdem grenzt diese Wand an das Karotisknie.
  • Die hintere Wand hat eine große Öffnung zu den pneumatisierten Räumen des Warzenfortsatzes (Auditus ad antrum mastoideum). Unter ihm wölbt sich die vom seitlichen Bogengang des Vestibularisorgans verursachte Prominentia vor, darunter zeichnet sich der Fazialis-Kanal ab, der an der medialen Wand schon eine Vorwölbung oberhalb des ovalen Fensters (Fenestra vestibuli) verursacht hat. Außerdem gibt es hier die "pyramidenförmige Erhebung", durch die der M. stapedius hindurchzieht.

Durch die Schallübertragung über das Gehörknöchelchen-System wird der Schall ums 20fache verstärkt Bearbeiten

 
 
 
 

Die Schallübertragung erfolgt über ein System von Gehörknöchelchen, die vor allem im Epitympanon lokalisiert sind und miteinander eine Kette bilden. Der Malleus nimmt die mechanischen Schwingungen vom Trommelfell ab und leitet sie über die Art. incudomallearis an den Inkus weiter, der seinerseits die Schwingung über die Art. incudostapedialis auf den Stapes überträgt, dessen Basis mit einem Ringband an der Fenestra vestibuli andockt. Durch dieses Knöchelchensystem und durch die Projizierung von der großen Trommelfellfläche auf die kleine Fläche der Fenestra vestibuli wird eine Schallverstärkung um den Faktor 20 erreicht.

Das System der Gehörknöchelchen wird von Bändern und Muskeln unterstützt Bearbeiten

 

Damit die Knöchelchen im Gleichgewicht bleiben, sind sie von mehreren Bändern gesichert, und zwar wird der Malleus von drei und der Inkus von zwei Bändern gestützt; der Stapes besitzt ja wie erwähnt ein Lig. anulare. Beeinflusst wird das Knöchelchensystem sowohl vom über die Radix motoria des N. trigeminus versorgten M. tensor tympani, der nach seiner Biegung im Processus cochleariformis zum Malleus-Hals zieht und so die Spannung des Trommelfells beeinflussen kann (Malleus und Inkus sind beide Derivate des ersten Schlundbogens), als auch vom Fazialis-innervierten M. stapedius, der am Hals des Stapes ansetzt und so als Dämpfer wirken kann (der Stapes ist ein Derivat des zweiten Branchialbogens). Beide Muskeln werden bei zu lautem Geräuscheinfall reflektorisch angespannt. Die Inhalte der Paukenhöhle sind von einer Schleimhaut bedeckt, die an verschiedenen Stellen Falten bilden kann. Der häufigste Infektionsweg ins Mittelohr ist die Tuba auditiva. Die Paukenhöhle wird im Prinzip von allen umliegenden Arterien versorgt: von der A. maxillaris, von der A. pharyngea ascendens, von A. auricularis posterior und A. meningea media sowie von den Aa. caroticotympnicae.

Die Paukenhöhle ist ein Knotenpunkt vieler Hirnnerven Bearbeiten

 
 

Die Paukenhöhle ist eine wichtige Durchgangsstation für Nerven. Nachdem der Glossopharyngeus durch das Foramen jugulare gezogen ist, zuvor das Ganglion superius und nach seinem Austritt aus der Schädelbasis das Ganglion inferius gebildet hat, zweigt von ihm der N. tympanicus ab, der durch den nach ihm benannten Kanal in die Paukenhöhle gelangt. Dort bildet er den Plexus tympanicus, an dem sich nun auch Fasern aus dem sympathischen Nervenplexus um die mit der vorderen Paukenhöhlenwand benachbarte A. carotis interna beteiligen (Nn. caroticotympanici), und zieht dann als N. petrosus minor (!, der N. petrosus major ist ja ein Ast des Fazialis, der parasympathische Axone für die oberen Drüsen enthält und sich mit den sympathischen Fasern der A. carotis interna zum N. canalis pterygoidei vereinigt, durch das Foramen lacerum und durch den Canalis pterygoidei zieht und im Ggl. pterygopalatinum verschaltet wird) wieder in die mittlere Schädelbasis zurück, wo er durch die Fissura sphenopetrosa (!) hindurch in das Ganglion oticum zieht, dort verschaltet wird und sich dann dem N. auriculotemporalis und hierauf dem Fazialis anlagert, um die Gl. parotidea zu innervieren. Diesen Weg bezeichnet man als Jacobson-Anastomose.

 
 

Auch für den M. stapedius (Fazialis-innerviert) und für den M. tensor tympani (Trigeminus) laufen ebenfalls Nerven in die Paukenhöhle. Der Fazialis, der zuerst in der medialen dann in der hinteren Wand der Paukenhöhle zieht, entlässt gleich nach Eintritt in das Schläfenbein den N. petrosus major mit parasympathischen Fasern für die oberen Drüsen, die durch das am äußeren Fazialisknie gelegene Fazialis-Ganglion "Ganglion geniculi" unverschaltet durchziehen und erst nach Durchtreten des Foramen lacerum und des Canalis pterygoidei im Ganglion pterygopalatinum verschaltet werden. Im Mesotympanon entlässt der Fazialis die Chorda tympani (enthält ja Geschmacks- und parasympathische Fasern), die mitten durch die Paukenhöhle und am Trommelfell entlang zieht und durch die Fissura petrotympanica nach außen tritt, um sich dem N. lingualis anzulagern und erst dann von ihm wegzuziehen, wenn das Ggl. submandibulare in der Nähe ist. Die restlichen Fazialisfasern verlassen das Schläfenbein durch das Foramen stylomastoideum. Weil der Fazialis eine solch lange Strecke im Felsenbein verläuft, ist er bei Schädelbasisbrüchen besonders gefährdet, denn es können sämtliche Funktionen, die parasympathischen Funktionen für die oberen Speicheldrüsen, die für die unteren Speicheldrüsen und Geschmacksfunktionen, die Stapes-Innervation oder nur die Innervation der mimischen Muskeln betroffen sein.

Die Paukenhöhle besitzt einen Zugang in die Nebenhöhle Bearbeiten

 

Die Paukenhöhle hat eine Nebenhöhle, damit sind die pneumatisierten Höhlen des Warzenfortsatzes gemeint. Mit ihrer Nebenhöhle ist die Paukenhöhle durch den Aditus ad antrum mastoideum über den Warzenvorhof verbunden. Während dieser Vorhof schon von Geburt an vorhanden ist, entwickeln sich die Cellulae erst mit dem Wachstum des Warzenfortsatzes; besonders eng liegen ihm der Sinus sigmoideus und der Facialis an.

Die Tuba auditiva ist eine Röhre, die Mittelohr und Pharynx verbindet Bearbeiten

 
 

Die Tuba auditiva (Länge: 4 cm) verbindet das Mittelohr mit dem Epipharynx (=Nasopharynx), hat daher zwei Öffnungen und besteht im ersten Abschnitt (1/3 der Gesamtlänge) aus Knochen, an den sich dann der knorpelige zweite Abschnitt (2/3) anschließt. Ihr liegt der Semicanalis des M. tensor tympani an, der im Processus cochleariformis endet, und außerdem liegt die A. carotis interna in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. An ihrem untersten Abschnitt sitzt eine Membran, die die Tube verschließt und an der außerdem der M. tensor veli palatini und der M. levator veli palatini mit ansetzen, die beim Schlucken kontrahiert werden (Heben des Gaumensegels, um den Luftweg zu verschließen!), so dass es bei jedem Schluckakt zum Beiseiteschieben der Membran und damit zu einer Öffnung der Ohrtrompete kommt.

Versorgt wird die Tube nerval durch den Plexus tympanicus, der ganz in der Nähe auf dem Promontorium der medialen Wand liegt, und arteriell letztlich von zwei Ästen der A. carotis externa, nämlich von der Pars pterygoidea der A. maxillaris, sowie von der A. pharyngea ascendens, dem einzigen medialen Ast der A. carotis externa.

Das Innenohr ist Gegenstand der Neuroanatomie.