Strafprozessuale Probleme im 2. Staatsexamen: Verwertbarkeit von Zeugenaussagen


Belehrungsfehler

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  • § 52 Abs. 3 S. 1 StPO: Verwertungsverbot
  • § 55 Abs. 2 StPO: kein Verwertungsverbot (dient dem Schutz des Zeugen)
  • § 57 StPO: kein Verwertungsverbot (dient dem Schutz des Zeugen)

Kinder als Zeugen

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Kinder können als Zeugen vernommen werden, soweit von ihnen eine verständliche Aussage zu erwarten ist.[1] Haben sie ein Zeugnisverweigerungsrecht aber sind sie noch zu jung, um dessen Tragweite zu verstehen, müssen sie nach § 52 Abs. 2 S. 1 StPO selbst zur Aussage bereit sein und es muss die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters vorliegen. Liegt zwar die Zustimmung vor, möchte der Minderjährige aber nicht aussagen, ist eine dennoch erfolgte Aussage unverwertbar.[2] Auch wenn dem Minderjährigen die nötige Verstandesreife fehlt, ist er zunächst über sein Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren.[3] Wurde das unterlassen, ist die Aussage unverwertbar.[4]

Abwesenheit des Zeugen in der Hauptverhandlung

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Die Vernehmung von Zeugen muss nach dem Mündlichkeitsgrundsatz prinzipiell in der Hauptverhandlung selbst stattfinden, § 250 StPO. In Ausnahme davon kann bei Abwesenheit des Zeugen aus bestimmten Gründen gem. § 251 StPO die Niederschrift einer früheren Aussage verlesen werden. Bei Zeugen im Ausland ist auch eine Vernehmung durch ein ausländisches Gericht im Wege der Rechtshilfe und die anschließende Verlesung des hiervon erstellten Protokolls möglich. § 247a StPO ermöglicht unter gewissen Umständen zudem eine Videovernehmung.

Schließlich können gegebenenfalls bei einer früheren Vernehmung Anwesende als Zeugen vom Hörensagen vernommen werden. Der Beweiswert ist aber gegenüber der persönlichen Aussage des Zeugen gemindert.

Richterliche Zeugenvernehmung ohne Verteidiger

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Problematik

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Wurde ein Zeuge im Vorfeld der Hauptverhandlung vernommen und macht später (zurecht) ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend, ist die Aussage nach § 252 StPO unverwertbar, es sei denn die Vernehmung im Vorfeld wurde durch einen Richter vorgenommen. Grundsätzlich wäre der Beschuldigte zu dieser Vernehmung zu laden. Der Richter kann den Beschuldigten aber nach § 168c Abs. 3 StPO ausschließen, wenn zu befürchten ist, dass der Zeuge in Gegenwart des Beschuldigten nicht die Wahrheit sagen würde. Fraglich ist aber, ob das Ergebnis der Vernehmung auch dann noch verwertbar ist, wenn ein bereits bestellter oder eigentlich zu bestellender (§ 141 Abs. 3 StPO i.V.m. Art. 6 EMRK) Verteidiger nicht von der Vernehmung informiert wurde.

Das Unterlassen einer Verteidigerbestellung rechtzeitig zur Vernehmung auch eines Hauptbelastungszeugen hindert nicht die Verwertung, sondern reduziert lediglich im Rahmen des § 244 StPO deren Beweiswert.

Anwaltliche Zeugenvernehmung

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Problemstellung

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Ein Zeuge hat zulässigerweise in der Hauptverhandlung ein Zeugnisverweigerungsrecht ausgeübt. Er hat sich jedoch zuvor von seinem Anwalt "vernehmen" lassen und sein Einverständnis für die Verwertung des Vernehmungsprotokolls in der Hauptverhandlung gegeben.

Der BGH hat die Verwertbarkeit eines anwaltlichen Vernehmungsprotokolls zumindest für den Fall verneint, dass die Vernehmung durch den Anwalt des Angeklagten stattgefunden hat.[5]

§ 252 StPO sei zwar nicht unmittelbar einschlägig, da er nur amtliche Vernehmungen betrifft, die Nichtverwertbarkeit folgt aber aus seinem Rechtsgedanken. Verhindere § 252 StPO schon die Verwertbarkeit von amtlichen Aussagen, müsse dasselbe erst recht für nicht-amtliche "Vernehmungen" gelten. Andernfalls würden wesentliche Aspekte der Verfahrensführung aus den Händen des Gerichts genommen. Entsprechende Aussagen seien auch nicht mit normalen sonst verwertbaren früheren Äußerungen eines Zeugen vergleichbar, soweit sie gezielt mit Hinblick auf das Strafverfahren getätigt werden.

Gespaltene Zeugnisverweigerung

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Problemstellung

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Im Fall der gespaltenen Zeugnisverweigerung beruft sich ein Zeuge nach seiner nichtrichterlichen Aussage auf ein bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52, erlaubt aber gleichzeitig die Verwertung der früheren Aussage.

Die frühere Aussage ist verwertbar. Das Zeugnisverweigerungsrecht soll den Zeugen vor Konflikten schützen, aber nicht den Angeklagten vor der Verwertung von Aussagen. Der Zeuge kann daher auch selbst entscheiden, inwieweit er auf sein Zeugnisverweigerungsrecht verzichten will.

Eingeführt werden kann die Aussage durch Vernehmung der Verhörsperson in der Hauptverhandlung. Weil in diesem Fall keine kontradiktorische Befragung möglich ist, muss der Beweiswert der Aussage aber als deutlich gemindert betrachtet werden.

Der BGH verlangt aber eine qualifizierte Belehrung des Zeugen darüber, welche Folgen der Verzicht auf die Verwertung der früheren Aussage hat und eine anschließende ausdrückliche Erklärung des Verzichts.

Literatur

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Schmitt, Zum Verzicht auf das Verwertungsverbot des § 252 StPO, NStZ 2013, 213.

Fußnoten

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  1. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, vor § 48 Rn. 13
  2. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 52 Rn. 19
  3. Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 52 Rn. 32
  4. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 52 Rn. 32
  5. BGH NStZ 2001, 49