Statistische Mechanik/ Gibbs'sche Phasenregel

Die Anzahl der Phasen eines Systems sei p, wie z.B. fest, flüssig oder gasförmig. Die Anzahl der Komponenten des Systems werde mit k bezeichnet: Jede Komponente soll dabei durch eine bestimmte Anzahl von Teilchen charakterisiert sein. Für die Änderung der inneren Energien der p Phasen ergeben sich ebenso viele Gleichungen


,


die jeweils von extensiven Variablen (nämlich ) abhängen. Insgesamt gibt es daher extensive Variablen. Diese Gleichung können wir auch nach den Entropie-Differenzialen auflösen,


,


die dann jeweils von den extensiven Variablen abhängen, was insgesamt natürlich auch wieder extensive Variablen ergibt. Stehen die p Phasen alle miteinander im Gleichgewicht, so muss die Gesamtentropie ein Maximum annehmen. Die p Komponenten der Differenzialsorten , , ,..., sind jedoch jeweils unter sich (d.h. innerhalb jeder Differenzialsorte) nicht voneinander linear unabhängig. Der Grund hierfür ist, dass nämlich gleichzeitig auch noch Erhaltungssätze für die gesamte innere Energie,


,


sowie das Gesamtvolumen,


,


gelten sollen, die also somit jeweils Konstanten sind, und weil es zudem weiterhin für jede der k Komponenten jeweils eine konstante Gesamtteilchenzahl gibt:


.


D.h. bei einem Gleichgewicht der p Phasen, muss die Gesamtentropie unter Berücksichtigung jener Erhaltungssätze ein Maximum annehmen. Die Erhaltungssätze können wir mit Hilfe von Langrange'schen Multiplikatoren () als Nebenbedingung bei der Extremalwertsuche berücksichtigen:


.


Nur wenn die einzelnen Faktoren in den runden Klammern vor den (beliebigen) Differenzialen , die wir wegen der pro Erhaltungssatz eingeführten zusätzlichen Parameter in Form der Lagrange'schen Multiplikatoren nun als voneinander unabhängig ansehen dürfen, jeweils gleich Null sind, verschwindet auch die Gesamtsumme. D.h. für gilt:


.


Wenn also die p Phasen alle miteinander im Gleichgewicht stehen, ergeben sich daraus folgende Gleichgewichtsbedingungen für die intensiven Variablen:


.


Diese Beziehungen sagen aus, dass es k frei wählbare chemische Potentiale gibt, sodass wir zusammen mit T und P über insgesamt Variablen verfügen können. Mit Hilfe der Gibbs-Duhem-Gleichung können wir jedoch sehen, dass auch diese nicht alle voneinander unabhängig sind. Diese Gleichung folgt aus


,


worin wir bereits die Gleichgewichtsbedingungen ausgenutzt haben (d.h. der Index i entfällt an den extensiven Größen), genauso wie in der Euler-Gleichung,


,


von der wir nun ein totales Differenzial bilden,


,


und anschließend von diesem Resultat die erstere Gleichung für abziehen:


.


Dies sind wiederum p weitere lineare Gleichungssysteme für die Differenziale . Insgesamt können also nur



intensive Variablen frei gewählt werden. f wird daher auch die Anzahl der Freiheitsgrade genannt.


Jetzt verifizieren wir diese recht abstrakt gewonnene Formel einmal für ein System, das nur aus einer Komponente besteht, d.h. . Finden wir dieses System in nur einer Phase () vor, dann kann es mittels Variablen beschrieben werden (wie z.B. durch Temperatur T und Druck P). Gibt es im System hingegen bereits zwei Phasen (wie z.B. gasförmig und flüssig), d.h. ist , dann gilt , d.h. es kann darin im Phasengleichgewicht nur noch eine Variable frei variiert werden. Bei einer Koexistenz von gasförmiger und flüssiger Phase ergibt sich somit in einem PT-Diagramm eine Dampfdruckkurve, entlang der sich die Phasen im Gleichgewicht befinden. Koexistieren sogar drei Phasen wie gasförmig, flüssig und fest, d.h. , dann ist und daher keine Variable mehr im Gleichgewichtszustand frei wählbar. Es ergibt sich somit in einem PT-Diagramm ein Gleichgewichtspunkt, der sog. Tripelpunkt.