Soziologische Klassiker/ Pareto, Vilfredo

Grundstruktur des Kapitels:

Vilfredo Pareto

Biographie in Daten

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Fritz Wilfried Pareto, später Vilfredo Frederico Damaso Pareto Marchese di Parigi

  • geboren am 15. Juli 1848
  • gestorben am 19. August 1923


  • Eltern
    • Vater: Raffaele Pareto Marchese di Parigi (1812-1882); Zivilingenieur, Professor, später auch noch Ministerialbeamter
    • Mutter: Marie Pareto Marchesa di Parigi, geborene Metenier (1816-1889) Hausfrau
  • Ehe:
  1. 1889, Alexandra Bakunin (1860-1940) 1903 Trennung, 1923 Scheidung
  2. 1923 Jeanne Régis (1879-1948) mit der er seit 1906 eine Lebensgemeinschaft unterhielt
  • Kinder: Marguarita Antoinette Régis, verheiratete Prada (1905-1963)
  • Religion: zuerst vermutlich römisch katholisch, später ohne Bekenntnis


Biographie

  • 15. Juli 1848: geboren in Paris als Fritz Wilfried Pareto, ab 1882 Vilfredo Frederico Damaso Pareto Marchese di Parigi
  • 1850: Umzug nach Italien, Genua. Pareto wächst zweisprachig auf
  • 1859: Umzug nach Manferrato, Piemonte, weil sein Vater dort eine Professorenstelle bekam. Er besuchte das Instituto Tecnico Leardi, Sezione fisico-matematica
  • 1862: Pareto lebte in Turin, Piemonte, weil sein Vater Beamter im Ministerium für Landwirtschadt, Industrie und Handel wurde. Im selben Jahr zog der Vater nach Florenz, Toscana; Fortsetzung des Schulbesuchs
  • 1864: Licenza di Maturitá
  • 1864-1867: Studium der Mathematik und Physik an der Universitá di Torino. Abschluss mit der Licenza in scienza matematiche efisiche.
  • 1867-1870: Fortsetzung der Studien an der Scuola di Applicazione per Ingegneri in Turin.
  • 1870: Diplom als Ingenieur
  • 1868: eingeschobener Wehrdienst
  • 1870-1873: Pareto lebte in Florenz und arbeitete als Eisenbahnangestellter
  • 1873: Pareto verbringt acht Monate aus geschäftlichen Gründen und zu Studienzwecken in Deutschland und Österreich
  • 1870-1873: Pareto zieht nach San Giovanni Valdorno, Toscana, und arbeitet für eine Eisenwarenfirma. Immer wieder zahlreiche Reisen nach Frankreich, England, Österreich, Belgien und in die Schweiz.
  • 1877-1881: Pareto ist Gemeinderat seines Wohnortes
  • 1880-1892: Pareto wird Generaldirektor der Firma; 1890 freiwilliges Ausscheiden, jedoch ist er noch zwei Jahre als technischer Berater akttiv.
  • 1880: erfolglose Kandidatur zur Camera die Deputati (Deputiertenkammer) im Wahlkreis Montevarchi
  • 1882: wiederum erfolglose Kandidatur im Wahlkreis Prato
  • 1883: Ernennung zum Cavaliere dell´Ordine della Corona d´Italia
  • 1889: Umzug nach Fiesole ,Toscana; Heirat mit Alexandra Bakunin
  • 1891: Umzug nach Lausanne, Schweiz, weil er dort an die Universität berufen wurde an den Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaften.
  • 1893-1911: Mitglied der Université de Lausanne; 1893-1907 Professeur Extreordinaire, 1907-1911 Professeur Ordinaire d´Économie politique ad personam, 1911 emeritiert
  • 1896-1898: Dekan der Juridischen Fakultät
  • 1896: Pareto erkennt, dass die Einkommensverteilung keiner Normalverteilung folgt, sondern meist ungleich ist.
  • 1900-1923: Pareto lebt in Céligny, Schweiz
  • 1903-1921: Herausgeber der Schriftenreihe „Biblioteca di storia economica“, Milano.
  • 1923: Ernennung zum Senatore del Regno (Senator des Königreichs Italien) durch Benito Mussolini, der sich als Schüler Paretos bezeichnete.
  • 19. August 1923: Pareto stirbt an Herzversagen in Céligny.


Historischer Kontext

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Pareto wurde vom 1. Weltkrieg und in weiterer Folge vom Aufstieg des Faschismus in seinem politischen Denken stark beeinflusst. Nachdem er Mussolini, welcher sich als „Schüler Paretos“ sah, vorerst wohlwollend gegenüberstand, distanzierte er sich später vom „Duce“. Aufgrund dieser entstandenen Skepsis entwickelte er sich immer mehr zu einem der prominentesten Kritiker des Faschismus. Ebenso distanzierte er sich vom Marxismus, dem Sozialismus, dem Positivismus und dem Sozialdarwinismus.


Theoriegeschichtlicher Kontext

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Pareto wurde von Marx beeinflusst, allerdings war er der Meinung, dass seine Theorien bereits überholt waren. Er nahm ebenso wie Max Weber dessen Gegenposition ein. Des Weiteren studierte er die Gesellschaftslehren von Comte, Mills und Spencer. Die Arbeiten von Ernst Mach und Henri Poincaré halfen Pareto, sein methodisches Selbstverständnis weiterzuentwickeln.


  • Lo stato itaniane industriale, considerato specialmente secondo i giudizi della inchiesta industriale: lettera (Firenze, 1876)
  • Cours d´économie politique (Lausanne, 1896-97)
  • La Liberté économique et les événements d´Italie (Lausanne, 1898)
  • Les S´systémes socialistes (Parigi, 1902-03)
  • Manuale di econimia politica (Milano, 1906)
  • Le azioni non logiche (Scansano, 1910)
  • Le mythe vertuiste et la littérature immorale (Parigi, 1911)
  • La Guerra e I suoi principali fattori sociologici génerale (Lausanne, 1917-19)
  • Trattato di sociologia generale (Firenze, 1916)
  • Compendio di sociologia generale (Firenze, 1920)
  • Fatti e teorie (Firenze 1920)
  • Transformazione della democrazia (Milano, 1921)


Das Werk in Themen und Thesen

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Das Pareto Prinzip:

Es ist nicht möglich, einem Mitglied der Gesellschaft mehr Ressourcen oder einen erhöhten Status zu geben, ohne anderen Akteuren damit zu schaden. Das Pareto Prinzip ist auch unter dem Namen „80/20 Regel“ bekannt und kann auf diverse Bereiche des täglichen Lebens angewendet werden:

  • 20% der Bevölkerung besitzen 80% der Ressourcen
  • 20% der Kunden sind für 80% des Umsatzes verantwortlich.

Pareto war auch der Meinung, dass es nicht möglich ist, der ärmeren Bevölkerung durch Umverteilung der Ressourcen zu helfen, vielmehr war er überzeugt davon, dass dieses Problem nur durch Erhöhung der Gesamtressourcen lösbar würde. Der damit verbundene Nachteil jedoch ist, dass dabei der ohnehin schon gut situierte Teil der Bevölkerung noch einflussreicher und wohlhabender wird.


Nichtlogische/Logische Handlungen:

Bei den nichtlogischen Handlungen fallen die Sichtweisen des Akteurs und des Beobachters auseinander. Sie sind empirisch nicht beweisbar, da sie emotional bestimmte Handlungsstrukturen aufweisen. Soziales Leben wird hauptsächlich von nichtlogischen Handlungsformen bestimmt. Pareto unterteilt diese Art von Handeln in drei Unterklassen:

  • Residuen sind Manifestationen eines psychischen Zustandes. Mit ihnen können die Meinungen und die Gefühle von Gruppen zum Ausdruck gebracht werden. (instinktives/unbewusstes Verhalten) Pareto unterteilt insgesamt 50 Residuen in sechs Hauptklassen:
  1. Kombination heterogener Elemente
  2. Persistenz von sozialen Verbindungen
  3. Externalisierung innerer Erlebnisse
  4. Sozialität und Disziplin
  5. Individuelle und kollektive Integrität
  6. Sexualität
  • Derivate sind mittels der Sinne wahrnehmbare Fakten. Sie sind scheinlogische Erklärungen die auch Kollektive überzeugen können und dadurch großen Einfluss auf soziales Handeln haben. (magische und religiöse Praktiken)
  • Derivationen dienen dem Akteur dazu, seine Handlungen zu rechtfertigen.(intentionales Handeln)

Bei den logischen Handlungen ist ein objektiv positives Zweck-Mittel-Verhältnis sowie eine Übereinstimmung der Perspektive von Akteur und Beobachter feststellbar.


Zirkulation der Eliten:

Pareto definiert die herrschende Klasse als Eliten. Pareto ist der Meinung, dass die herrschende Klasse einem ständigen Wandel unterzogen ist. Unter „Zirkulation der Eliten“ versteht er also, dass die Eliten nicht von Dauer sind, sondern dass die herrschende Klasse immer wieder von neuen Aufsteigern aus unteren Klassen abgelöst wird. Dieser Kreislauf ist in den Bereichen der Wirtschaft, der Politik und den Ideologien vertreten. Pareto bezeichnet die Geschichte als einen „Friedhof der Eliten“. Er will damit aussagen, dass Machtübernahmen selten friedlich und geregelt von statten gehen.


Rezeption und Wirkung

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Pareto hatte in Italien mit seinem „Traktat über allgemeine Soziologie“ („Trattato di sociologia generale“) keinen nennenswerten Erfolg. Mitte der 30er Jahre wurde seine Arbeit ins Englische übersetzt und löste in den USA eine „Pareto – Welle“ aus. An der Harvard University bildete sich um den Physiologen und Philosophen Lawrence Henderson eine Studiengruppe welche sich intensiv mit Paretos Werk beschäftigte.

Besonders Talcott Parsons ging mit „The Structure of Social Action“ auf Paretos Sozialtheorie ein. Parsons verglich das Traktat mit Entwürfen von Max Weber und Emile Durkheim und verlieh ihm dadurch den Status eines „soziologischen Klassikers“.

Auch Arnold Gehlen befasste sich ausführlich mit der Analyse des Hauptwerkes von Pareto.

Gaetano Moska und Roberto Michels betrieben auch Elitenforschung, allerdings nicht in solch einem Ausmaß wie Pareto dies getan hat.

Bedeutende Forscher und Denker, die von Pareto beeinflusst wurden, sind: George C. Homans, Leon Festinger, Crane Brinton und Harold Lasswell.


Literatur

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  • Bach, Maurizio, Vilfredo Pareto in: Kaesler, Dirk, [Hrsg.](1999):
  • "Klassiker der Soziologie, Band 1. Von Auguste Comte bis Norbert Elias"
    München
  • Ferrarotti, Franco, Pareto, Vilfredo in: Bernstorf, Willhelm; Knospe, Horst [Hrsg.] (1980):
    "Internationales Soziologenlexikon, 2., neubearbeitete Auflage"
    Stuttgart
  • Bach, Maurizio, Pareto, Vilfredo in: Oesterdiekhoff, Georg W. [Hrsg.] (2001):
    "Lexikon der Soziologischen Werke. 1. Auflage"
    Wiesbaden


Internetquellen

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