Soziologische Klassiker/ Nave-Herz, Rosemarie

Grundstruktur des Kapitels:

Biographie in Daten

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  • geboren am 29. März 1935 in Berlin
  • deutsche Soziologin
  • Schwerpunkt im Bereich der Familiensoziologie


Ausbildung:

  • 1955 bis 1959: Studium der Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Pädagogik und Germanistik an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät in Köln
  • 1959: Diplomprüfung
  • 1963: Promotion in Köln mit einer Arbeit über die Elternschule zur Dr. rer. pol.


berufliche Tätigkeiten:

  • 1965 bis 1967: soziologische Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin; Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn
  • ab 1971: Dozentin an der Universität Oldenburg
  • 1970: erster Ruf einer Professur nach Rheinland-Pfalz, Nave-Herz lehnte jedoch ab
  • 1971 bis 1974: stattdessen nahm Rosemarie Nave-Herz einen Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Köln an
  • ab 1975: nahm sie die Professur an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg für Soziologie mit den Schwerpunkten Familie, Jugend und Freizeit an
  • 1985: Gastprofessorin an der University of Sussex in England
  • 1986: Leiterin des Niedersächsischen Institutes für Frau und Gesellschaft
  • immer wieder ereilten Rosemarie Nave-Herz Rufe zu anderen Universitäten, jedoch blieb sie der Universität Oldenburg treu
  • künftig sollen alle Forschungsprojekte der 2003 emeritierten Professorin weiterlaufen


Mitgliedschaften :

  • Nave-Herz war und ist in zahlreichen Beratungsgremien tätig
  • Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
  • Vorsitzende der DFG-Senatskommission Frauenforschung
  • Vizepräsidentin des „Commitee on Family Research“ der International Sociologicial Association (ISA)
  • Kuratoriumsmitglied im Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
  • Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats für Familienpolitik des Bundesministers für Familie und Jugend
  • Mitglied der Sachverständigenkommission für den fünften Familienbericht


Auszeichnungen :

  • 1995: Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Chemnitz
  • 2000: Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

Theoriegeschichtlicher Kontext

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Der Familiensoziologe Rene König war für Rosemarie Nave-Herz wegweisend in ihrer Arbeit.

Eine Auswahl der veröffentlichten Werke:

  • 1971: Modelle zur Arbeitslehre. Der vorberufliche Unterricht an den Comprehensive High Schools in den USA, an den Berufs- und Berufsfachschulen in Luxemburg und an den Allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschulen in der DDR. Weinheim
  • 1975: Das Dilemma der Frau in unserer Gesellschaft. Der Anachronismus in den Rollenerwartungen. Texte und statistische Daten zur Einführung in eine „Geschlechter-Soziologie“. Neuwied
  • 1976: Beruf – Freizeit – Weiterbildung. Reihe: Erträge der Forschung. Darmstadt
  • 1977: Die Rolle des Lehrers. Eine Einführung in die Lehrersoziologie und in die Diskussion um den Rollenbegriff. Neuwied
  • 1981: Erwachsenensoziologie. Ausgewählte Theorien und empirische Analysen. Weinheim
  • 1988: Kinderlose Ehen. Eine empirische Studie über kinderlose Ehepaare und die Gründe für ihre Kinderlosigkeit. Weinheim
  • 1989: Handbuch der Familien- und Jugendforschung. 2 Bände. Neuwied
  • 1990: Scheidungsursachen im Wandel. Eine zeitgeschichtliche Analyse des Anstiegs der Ehescheidungen in der Bundesrepublik Deutschland. Bielefeld
  • 1992: Frauen zwischen Tradition und Moderne. Bielefeld
  • 1992: Ein-Eltern-Familien. Eine empirische Studie zur Lebenssituation und Lebensplanung alleinerziehender Mütter und Väter. Bielefeld
  • 1994: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung. Darmstadt
  • 1996: Ehe und Familie in Krisensituationen. Schriftreihe der Carl v. Ossietzky Universität Oldenburg. Oldenburg
  • 1997: Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland. 5. Auflage. 2006 koreanische Übersetzung
  • 1999: Aktuelle Forschungsfelder der Familienwissenschaft. Würzburg
  • 2002: Kontinuität und Wandel der Familie in Deutschland. 2. Auflage. Stuttgart
  • 2002: Family change and intergenerational relations in different cultures. Würzburg
  • 2002: Familiensoziologie. Band 14 in Rene König Schriften. Opladen

°2013: Ehe- und Familiensoziologie - Eine Einführung in Geschichte, theoretische Ansätze und empirische Befunde, 3. Aufl., Weinheim 2014: Familiensoziologie - Ein Lehr- und Studienbuch (Hg.), München °2015: Familie heute, 6. Aufl., Darmstadt

  • 2013: Einführung in die Ehe- und Familiensoziologie. 3. Auflage. Weinheim
2012: Die Geschichte der Familiensoziologie in Portraits, Würzburg
  • 2012: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung. 5. Auflage. Darmstadt

Das Werk in Themen und Thesen

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Mit dem Werk „Ehe- und Familiensoziologie“ legte Rosemarie Nave-Herz eine übersichtliche und umfassende Einführung in die Ehe- und Familiensoziologie vor. Nave-Herz verweist in diesem Werk darauf, dass die Begriffe „Ehe“, „Familie“ und „Verwandtschaft“ in der Soziologie anders gebraucht werden, als in der Alltagssprache.


Folgende drei Merkmale von „Familie“ schlägt sie vor:

1.) Die Familie besitzt eine biologisch-soziale Doppelnatur, auf der einen Seite eine biologische Reproduktions- und Sozialisationsfunktion und auf der anderen Seite eine kulturell variable Funktion
2.) Die Familie entwickelt ein besonderes Kooperations- und Solidaritätsverhältnis. Es herrscht eine ganz spezifische Rollenstruktur, mit nur für sie geltende Rollendefinitionen und Bezeichnungen.
3.) Die Familie differenziert die Generationen voneinander. In der Kernfamilie lebt nur die zeugende und die nachkommende Generation. Jedoch bilden auch alleinerziehende Väter und Mütter, oder auch nicht eheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern, ein Familiensystem.


Des weiteren skizziert Nave-Herz in dem Werk „Ehe- und Familiensoziologie“ auch die Entstehung und Verbreitung des bürgerlichen Familienideals in Deutschland. Um das 18. und 19. Jahrhundert konnten jedoch nur wenige Familien diesem Ideal entsprechen. Das bürgerliche Ideal war im Nationalsozialismus und auch lange in der Bundesrepublik Deutschland vorherrschend. Das sozialistische Familienmodell war während der DDR-Zeit vorherrschend. Rosemarie Nave-Herz beschäftigte sich mit dem Einstellungswandel hinsichtlich der subjektiven Bedeutung von Ehe und Familie, sowie mit der außerfamiliären Sozialisation.


Nave-Herz beschreibt 4 Funktionen von Ehe und Familie:

1.) Sozialisationsfunktion: Familien werden durch Institutionen wie Kindergärten oder Schule entlastet
2.) Platzierungsfunktion: Bezug zwischen Herkunft und Ausbildung
3.) Freizeitfunktion: Wandel in Hinblick auf den Umfang der Freizeit
4.) Spannungsausgleichfunktion: Abwehren von beruflichen Konflikten und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz


Rosemarie Nave-Herz kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass sich das System Familie im Laufe der Jahrhunderte auf die Funktion der Bildung und Erhaltung von Humanvermögen spezialisiert hat, unter dem „funktional-differenzierungstheoretischen Aspekt“.


Rezeption und Wirkung

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Folgende Forschungsprojekte wurden in den letzten zwei Jahren unter der Leitung von Rosemarie Nave-Herz abgeschlossen:

  • Chancen und Risiken der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien für den privaten Bereich
  • Berufsbiographien von Fachhochschulprofessoren und Professorinnen in Niedersachsen
  • Informationstechnische Bildung in der Krankenpflegeausbildung
  • Qualitätssicherung in der Kinderbetreuungsvermittlung
  • Vereinigt und doch getrennt? Der Alltag, die religiöse Erziehung und die besonderen Probleme in Familien mit nur einem evangelischen Ehepartner

Derzeit laufende Projekte:

  • Aktuelle Probleme der Bildung von Humanvermögen
  • Geschwisterbeziehungen
  • Buchveröffentlichung "Soziologie der Kindheit", Wiss. Buchgesellschaft und Primus Verlag, Wiesbaden


Literatur

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  • Nave-Herz, Rosemarie (2013):
    "Ehe- und Familiensoziologie. Eine Einführung in Geschichte, theoretische Ansätze und empirische Befunde, 3. Auflage"
    Weinheim

Nave-Herz, Rosemarie (Hrsg.): Familiensoziologie - Ein Lehr- und Studienbuch, de Gruyter Verlag/Oldenbourg, München 2014. Nave-Herz, Rosemarie: Familie heute, 6. Aufl., Darmstadt 2015

Internetquellen

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