Soziologische Klassiker/ Etzioni, Amitai

Grundstruktur des Kapitels:


Biographie in Daten

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Etzioni Amitai

  • geboren am 4.1. 1929 in Köln, als Sohn von Gertrud und Willi Falk unter dem Namen Werner Falk geboren.


  • 1935: Die Familie reist aus Deutschland aus, Zwischenaufenthalt in Athen
  • 1936: Einwanderung in Palästina, Ansiedlung in der Moshaw Kefar Shemarayahu

(Kibbuz-ähnliche Form einer gemeinschaftlichen Siedlung; mehr kooperativer Charakter: eigenes Land, gemeinsamer Ver- und Einkauf von Waren)

  • 1944: Etzioni tritt der Jugendfraktion der sozialdemokratischen MAPAI (zionistisch-sozialistische Partei Israels) bei.
  • 1948: Schulabbruch und Anschluss an Untergrundkämpfen im Zuge des israelischen Unabhängigkeitskrieges.
  • 1949: Lehrgang zum Erwachsenenausbildner unter Martin Buber, anschließend beginnt Etzioni ein Studium an der Hebräischen Universität in Jerusalem.
  • 1954: Bachelor of Arts an der Hebräischen Universität, Jerusalem
  • 1956: M.A. an der Hebräischen Universität, Jerusalem
  • 1957: Etzioni Amitai emigriert nach Berkely, USA
  • 1958 – 1967: Dozent, Assistant Professor und Associate Professor an der Columbia Universität, New York
  • 1963: Etzioni erhält die amerikanische Staatsbürgerschaft.
  • 1964: Etzioni spricht sich öffentlich gegen den Vietnam-Krieg aus, verfasst Artikel und spricht auf Antikriegsdemonstrationen.
  • 1967 – 1980: Professor an der Columbia Universität, New York
  • 1968: Wissenschaftliche Anerkennung durch die Veröffentlichung seines Werkes “Die Aktive Gesellschaft”; Etzioni wird Direktor des neugegründeten „Center for Policy Research“, New York
  • 1972: Etzioni schlägt auf dem Gipfel der WHO und UNESCO vor, eine Ethikkommission zu errichten, welche in medizinischen und gentechnologischen Fragen zu brisanten Themen kritisch Stellung nehmen und beratend einwirken soll.
  • 1979 – 1989: Berater von Richard Harden und Präsident Jimmy Carter
  • 1980: Professor an der Universität Washington
  • 1984: Veröffentlichung seines Werkes „Capital Corruption“, in welchem er vor allem gegen den politischen Einfluss der Lobbyisten in den USA laut macht.
  • 1987 – 1989: Professor an der Universität in Harvard
  • 1989: Gründung der “Society for the Advancement of Socio-Economics” (SASE)[1] und des “International Journal on Socio-Economics”.
  • 1991: Herausgabe der Zeitschrift “The Responsive Commnity” und des “Communitarian Network”
  • 1994 – 1995: Etzioni übernimmt den Vorsitz der „American Sociological Association“.
  • 1995: First Communitarian Summit, Genf
  • 1996: Veröffentlichung von “The New Golden Rule”.
  • 1998: Etzioni hält die Frankfurter Pauskirchenrede („Ending the Night“).
  • 1999: Second Communitarian Summit, Washington
  • 2000: Veröffentlichung von „The Third Way to a Good Societey”
  • 2001: Veröffentlichung von “The Monochrome Society”


Historischer Kontext

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Das Leben des Amitai Etzioni wird geprägt durch eine Vielzahl an historischen Einflüssen und Geschehnissen, die auch augenscheinlich auf sein kommunitaristisches Paradigma einwirkten.

Bereits in seiner Kindheit muss Amitai Etzioni, bedingt durch die Machtübernahme der Nazis und seine jüdische Abstammung, mit seinen Eltern aus Deutschland flüchten. Der Nationalsozialismus fordert in Etzionis Verwandtschaft 25 Tote, die alle in Konzentrationslagern ermordet wurden. Es scheint also evident, dass Etzionis Theorien stets die Verantwortlichkeit von Gesellschaften, Gemeinschaften und Kollektiven wie Völkern fraglich aufwerfen und bearbeiten.

Ebenso weit reichende Beeinflussung hat die Immigration seiner Familie 1936 nach Palästina, das Aufwachsen in einem kibbuz-ähnlichen, gemeinschaftlich orientierten Kollektiv und das aktive Erleben und Mitwirken im israelischen Freiheitskrieg als Widerstandskämpfer und Soldat zufolge.

Nach seiner Emigration in die USA im Jahr 1957 wird Etzioni Zeitzeuge der damaligen, umwälzenden gesellschaftlichen Prozesse der 60er und 70er Jahre, des Vietnamkriegs, sowie des kalten Kriegs. Auch diese Erlebnisse lassen Rückschlüsse auf die kommunitarischen Thesen und Theorien von Etzioni zu.


Theoriegeschichtlicher Kontext

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Der wohl erste und direkteste Einfluss auf die intellektuelle Gedankenwelt Etzionis entstand aus der engen Auseinandersetzung mit seinem Lehrer und Vordenker in vielen Bereichen, Martin Buber [2], der mit seiner Theorie an Tönnies „Gemeinschaft und Gesellschaft“ anknüpft. Buber gilt als stark sozialistisch orientierter, kommunitarischer Gesellschaftskritiker, der das Ideal des menschlichen Zusammenlebens in kommunistischen Lebensgemeinschaften sieht und auf eine Rückbesinnung zu Kameradschaft, Genossenschaft, Bruderschaft, Bund, Ortsgemeinde, religiöser Einigung, gemeinschaftlicher Produktion und Besitzverteilung auf freiwilliger Basis plädiert. Die Erreichung dieser neuen Selbstverständnis der Menschen sieht Buber durch sein dialogisches Prinzip verwirklicht, welches auch Etzioni aufnimmt – der oft als utopisch bezeichnete, sozialistische Allmachtsglaube wird von diesem jedoch äußerst kritisch betrachtet und abgelehnt. Neben Buber liegen die ideengeschichtlichen Einflüsse Etzionis vor allem in den Ansätzen von Ferdinand Tönnies [3], Emile Durkheim [4], Robert Nisbet[5], John Dewey [6] und George Herbert Mead [7].

In Anlehnung an die philosophischen Quellen des Kommunitarismus müssen natürlich auch die frühen kritischen Vordenker und Verfechter der Aufklärung und Moderne wie Aristoteles [8], Thomas von Aquin [9] oder etwa Hegel [10] als Einflüsse auf Etzionis wissenschaftliches Gesamtwerk genannt werden.

Zeitgenössische Autoren und Denker aus dem Umfeld des äußerst praktisch orientierten Etzionis finden sich auch außerhalb der Soziologie in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen, besonders in der Politik, Ökonomie und Philosophie. Hierzu zählen unter anderem Robert Bellah [11], Charles Taylor [12], Michael Sandel, Michael Walzer [13], Philipp Selznick [14], Daniel A. Bell [15], Hans Joas [16], Jürgen Habermas [17], Amartya Sen [18] und Stephen Goldsmith [19].


Hauptwerke

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  • Winning without war, New York 1964
  • Der harte Weg zum Frieden. Eine neue Strategie. Mit einem Vorwort von Carl Friedrich von Weizsäcker, Göttingen 1965
  • Political Unification. A comparative study of leaders and forces, New York 1965
  • The active society. A theory of societal and political processes, New York/London 1968
  • The genetic fix. The next technological revolution, USA 1973
  • Capital corruption. The new attack on American democracy, New Brunswick 1988
  • The moral dimension. Toward al new economics, New York 1988
  • A responsive society. Collected essays on guiding deliberate social chance, San Francisco/Oxford 1991
  • Public policy in a new key, New Brunswick/London 1993
  • The spirit of community. Rights, responsibilities, and the communitarian agenda, New York 1993
  • Rights and the common good. The communitarian perspective (Hg.), New York 1995
  • The new golden rule. Community and morality in a democratic society, New York 1997
  • The essential communitarian reader (Hg.), New York 1998
  • Martin Buber und die kommunitarische Idee, Wien 1999
  • The limits of privacy, New York 1999
  • The third way to a good society, London 2000


Des Weiteren ist Etzioni der Herausgeber und Mitbegründer der Zeitschrift “The Responsive Community”, welche seit Jänner 1991 vierteljährlich in den USA erscheint und im Zuge dessen regelmäßig grundlegende kommunitaristische Thesen und Beiträge Etzionis veröffentlicht.


Neuere Artikel von Amitai Etzioni lassen sich ausserdem auf seiner Homepage des Communitarian Network, Washington, (http://www.gwu.edu/~ccps/etzioni/index.html) aufrufen.


Das Werk in Themen und Thesen

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Etzioni und der Kommunitarismus

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Amitai Etzioni zählt zu den führenden Vertretern zeitgenössischer, amerikanischer Soziologie und wird von der Presse in den USA auch als „Guru der kommunitarischen Bewegung“ bezeichnet. Sein Grundkonzept gegenüber den Altkommunitariern nimmt zwar ebenso Bezug auf die Notwendigkeit von Gemeinschaften, spricht jedoch umgekehrt auch die Gefahr repressiver und autoritärer Gemeinschaften an. Ein wesentliches Charakteristikum seiner Theorien geht aus der Dreiecksbeziehung zwischen Staat – Markt – Zivilgesellschaft hervor.

Etzioni beschreibt die gesellschaftliche Ausgangssituation in den sechziger Jahren als Zustand der Auflösung fest gefügter Bindungen und sozialer Wertvorstellungen. Daraus resultierend begann eine Sinnsuche, welche oftmals Scharlatanen, sowie auch politischen Demagogen Tür und Tor öffnete und repressive Ideale in der Gesellschaft begünstigte. Diese Problematik wurde von den Kommunitariern aufgegriffen, die berechtigte Sinnsuche sollte jedoch durch andere Impulse angeregt werden und so wurde den beiden Hauptsäulen Staat und Markt der amerikanischen Gesellschaft, die Zivilgesellschaft als dritter Faktor zugefügt. Von besonderer Bedeutung für den Kommunitarismus ist, dass politisch angestrebte Strategien und Ziele in der Zivilgesellschaft verankert sein müssen, um erfolgreich zu sein. Als Beispiel führt Etzioni die Alkoholprohibition in den USA der Zwanzigerjahre an, welche nie erfolgreich durchgesetzt werden konnte, da es an der Zustimmung und Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft fehlte. Der Versuch einer kleinen Gruppierung religiöser Moralisten, das Alkoholverbot mithilfe des Staates zu erzwingen scheiterte und als zusätzlicher negativer Nebeneffekt wurde der organisierten Kriminalität und Korruption noch mehr Macht zuteil. Auf der anderen Seite zeigt Etzioni auf, dass das Rauchverbot in den USA weitestgehend durchgesetzt werden konnte, was er auf die gesellschaftliche Akzeptanz einer überwältigenden Mehrheit zurückführt. Im Laufe eines beinahe 25jährigen Dialoges konnte das Rauchverbot also eine breite, reale Durchsetzungskraft erreichen, da das Verständnis der Bevölkerung – auch in Hinblick auf die Gefahr des Passivrauchens für andere – geschärft wurde. Es geht also darum, auf einen breiten Wertkonsens in der Gemeinschaft zu bauen und einen Mittelweg zwischen radikalem, individualistischem Liberalismus und konservativem Autoritarismus zu finden.


Individuelle Autonomie vs. soziale Ordnung

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Während viele Soziologen in der Dichotomie der individuellen Selbstbestimmung und der kollektiven, sozialen Gemeinschaftsordnung eine Einbahnstraße sahen, versucht Amitai Etzioni diese beiden Ausrichtungen wieder zusammenzuführen. Anstatt sich auf die Gegensätzlichkeiten zwischen Individualisierung und Kollektivismus zu berufen, weist Etzioni auf die Unverzichtbarkeit beider Formen für eine möglichst große persönliche Freiheit im Zuge einer gemeinschaftlich orientierten Gesellschaftsordnung hin. Ein Mittelmaß zwischen Individualisierung bzw. der drohenden Atomisierung und Vereinsamung des Menschen, sowie des Kollektivismus mit der Gefahr zum totalitären System hin, stellt für ihn die Ideallösung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens dar. Seine goldene Regel lautet demnach:“ Achte und wahre die moralische Ordnung der Gesellschaft in gleichem Maße, wie Du wünschst, dass die Gesellschaft Deine Autonomie achtet und wahrt.“

Auf Beispielebene lässt sich dies wie folgt beschreiben: Herrscht in einem Land Krieg, Chaos und Gewalt, so schränkt dies persönliche Freiheit und Rechte ein, es wird mitunter sogar lebensbedrohlich, auf die Straße bzw. unter andere Menschen zu gehen, geschweige denn, seine eigene Meinung kund zu tun. Wird jedoch eine gesellschaftliche und soziale Ordnung wiederhergestellt, so bringt das für den Einzelnen mehr Freiheit und (Erwartungs-)sicherheit. Es geht in Etzionis Theorie also um das harmonische Gleichgewicht zwischen sozialer Ordnung und individuellem Persönlichkeitsrecht, da das richtige Maß beider nötig ist, um die größtmögliche persönliche Freiheit innerhalb einer funktionierenden Gemeinschaft zu garantieren.


Die Basis sozialer Ordnung

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In seinem Werk „Die aktive Gesellschaft“ kritisiert Etzioni die drei grundlegenden Theorieansätze der Sozialwissenschaften

1. atomistischer Ansatz (rationale Entscheidungstheorie, individualistische Ökonomie)

2. kollektivistischer Ansatz (Systemtheorie)

3. voluntaristischer Ansatz (Aufklärung, utopischer Sozialismus)

als zu einseitig und versucht diese mithilfe seines Konzepts der „societal guidance“ zu kombinieren. Im Deutschen bürgert sich synonym dafür der Begriff der „gesellschaftlichen Selbstregelung“ ein.

Laut Etzioni kann eine gesellschaftliche Bindung durch folgende drei Mechanismen erreicht werden:

1) Zwang

2) Nutzen

3) Normen

Im Normalfall vermischen sich diese idealtypischen Bindungs- bzw. Kontrollmuster, es kommt jedoch meist zur Herausbildung eines Hauptfaktors. Die optimale und somit belastbarste Form der Bindung und gesellschaftlicher Kooperation stellt eine auf Normen basierende, verinnerlichte Übereinstimmung der Wertestruktur dar, welche durch zusätzliche Nutzenserwägungen gestützt ist und sich im Ernstfall auf eine legitimierte Sanktion durch Zwang berufen kann. Das Ziel, welches Etzioni durch „Die aktive Gesellschaft“ erreichen will, ist demnach eine gesteigerte Responsivität der Gesellschaft gegenüber ihren Mitgliedern und deren Bedürfnissen, als größte Gefahr sieht er Entfremdung und Inauthentizität durch Industrialisierung, Bürokratisierung und Rationalität, sowie Manipulation.


Gemeinschaft und Werte

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Wie bereits angesprochen und in seinem Werk „Die Verantwortungsgesellschaft“ beleuchtet, ist eine kollektive Wertestruktur von grundlegender Bedeutung für Etzionis Kommunitarismus. Für Werte jedoch, gibt es keine universalistischen Geltungsgründe, woraus sich für ihn die Frage ableitet, wie verschiedene Subkulturen im Einvernehmen miteinander koexistieren können, ohne sich durch übermäßige Assimilation aufzulösen bzw. in völliger Distinktion zu isolieren. Als wichtigste Voraussetzung gilt daher ein Einvernehmen in gewissen Grundwerten, auf die sich die Teilgesellschaften einigen müssen. Ein solcher gemeinsamer sozialer Rahmen beruht laut Etzioni auf folgenden Aspekten:

1) Demokratie muss über ihren organisatorischen Mechanismus hinaus als eigenständiger Weg anerkannt werden.

2) Die Verfassung eines Staates und die darin verankerten Grundrechte der Menschen sind verbindlich.

3) Die Loyalitäten dürfen nicht auf einer einzigen Teilgesellschaft oder einzig auf die Gesamtnation beruhen, sondern müssen aufgeteilt sein.

4) Toleranz muss die Grundlage für Achtung – nicht unbedingt Akzeptanz - von Sitten, Bräuchen und Werten anderer kultureller Gruppen sein.

5) Die Durchführung von sogenannten „Identitätspolitiken“ darf daher nur sehr eingeschränkt erfolgen.

6) Moralische Dialoge sollen für eine gegenseitige Abstimmung der Grundwertestruktur auf ziviler (heißt: bürgerkriegsvermeidender) Art gesellschaftsweit geführt werden.


Globalisierung und Sozioökonomik

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Die Globalisierung, durch welche ein beschleunigter Wertewandel vonstatten geht, stellt für Etzioni – neben all ihren Chancen – einen zunehmenden Risiko- und Stressfaktor für die (arbeitende) Bevölkerung dar, den es zu minimieren gilt.

Etzionis Forderungen mit sehr praktischen Charakter zum Schutz und Absicherung der Existenz sehen unter anderem eine Verlangsamung der Anpassungsanforderungen vor, des weiteren die Schaffung von „community jobs“ für die Produktion öffentlicher Güter (Schulen, Kindergärten, Büchereien, Umweltschutz) auf lokaler Ebene, eine größere Arbeitsplatzsicherheit im Zusammenhang mit einem Grundgefühl sozialer Sicherheit durch eine gesundheitliche Grundversorgung und eine gewisse freiwillige Einfachheit der Grundbedürfnisse und des Lebensstandards.

Auch die Sozioökonomik, ein relativ neuer Denkansatz, geht in diese Richtung und versucht, wieder eine moralische Dimension in die Welt der Wirtschaft und Ökonomie zu bringen. Der praktische Vorteil darin besteht in den Einsparungen für Notariatskosten, Kautionen und Bürgschaften, da eine mehrfache und vor allem kostenintensive Absicherung durch relative Erwartungssicherheit der Geschäftspartner basierend auf moralischen Verpflichtungen nicht mehr nötig scheint.

Die Sozioökonomik besagt weiters, dass sich der Markt nicht alleine reguliert und aufrechterhalten kann, da eine zu starke Neigung zu Kartellen und Monopolen vorherrscht. Während zu starke soziale Bindungen jedoch den Wettbewerb behindern würden und zu schwache Bindungen zerstörerisch wirken, stellt eine staatlich gestützte Verteidigung gewisser Spielregeln die ideale Mittellösung dar, um den Wettbewerb frei und attraktiv, sowie in verbraucherorientierten und marktförderlichen Bahnen zu gestalten.


Rezeption und Wirkung

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Die Theorien und Thesen Amitai Etzionis fanden in den USA und auch in Westeuropa großen Anklang und Bestätigung. Besonders seine Praxisnähe und sein politischer Aktivismus führten ihn seinem Ziel, den Kommunitarismus von den intellektuellen Theorien loszulösen und der breiten Gesellschaft zu zuführen, einen großen Schritt näher. Dieser neue Kommunitarismus fand sowohl in den verschiedensten politischen Lagern – von liberalen Demokraten bis zu konservativen Republikanern -, als auch in den verschiedensten Ländern zahlreiche Anhänger und bedeutet für Etzioni selbst eine Öffnung jenseits einer politisch „linken“ oder „rechten“ Orientierung. Es galt, eine neue soziale Mitte zu finden, welche durch die Belebung der öffentlichen Räume und Einrichtungen sowohl von linksliberalen als auch von rechtskonservativen Politikern zum Programm erklärt werden konnte.

Der Impuls, welcher von dieser kommunitarischen Bewegung ausging, zeigte sich als hoch effizient und wirkungsvoll, wenn man bedenkt, dass sie relativ schnell in die Regierungsprogramme und Ansprachen der Neunziger von Bill Clinton wie auch von Tony Blair eingingen.

Die praktische Anwendung der Konzepte Etzionis und seine Beratung zeigten vor allem auch in der Schlichtung des Rüstungswettlaufes zwischen der Sowjetunion und der USA ihre Wirkung. Die Idee, durch einseitige, kleine Zugeständnisse Signale zu setzen und somit mehr Vertrauen zu schaffen, führt er bereits im Oktober 1962 in seinem Werk „Siegen ohne Krieg“ aus. Etzioni ahnte weiters bereits zu Ende der 80er Jahre voraus, dass in Zukunft in den internationalen Konflikten immer mehr die Wirtschaftsordnung anstelle militärischer Konfrontationen an Bedeutung gewinnen würde.

Die von Etzioni 1990 gegründete kommunitarische Bewegung zählt wohl bis heute als seine erfolgreichste Initiative, den Erfolg sieht er selbst darin begründet, dass die geschichtliche Situation einfach eine Neuorientierung forderte. Nach den großen Zeiten der neoklassischen Ökonomie von Thatcher und Reagon war laut Etzioni die Zeit reif für eine Umgestaltung der sozialen und gesellschaftlichen Erfordernisse in Richtung Kommunitarismus und Sozioökonomie. Die größte Breitenwirkung fanden seine Konzepte in den USA, die größte öffentliche Anerkennung fanden diese durch Blair in Großbritannien.

Besonders heute ist der kommunitarische Ansatz, parallel zur Sozioökonomie und bedingt durch beschleunigten Wandel, Globalisierung und zunehmende Isolierung und Atomisierung von Individuen innerhalb der Gesellschaft, nach wie vor von außerordentlicher Brisanz und wirft auch neuerdings häufig die Diskussion um erneuerte moralische Werte in der breiten Öffentlichkeit auf.


Literatur

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  • Reese-Schäfer,Walter (2001):
    "Amitai Etzioni zur Einführung"
  • Garstenauer,Christian (2000):
    "Das kommunitaristische Paradigma des Amitai Etzioni, Diplomarbeit"


Internetquellen

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