Soziologische Klassiker/ Bolte, Karl Martin

Grundstruktur des Kapitels:


Biographie in Daten

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Bolte Karl Martin

  • geboren am 29. November 1925 in Wernigerode/Harz
  • 1946 Abitur am Gymnasium in Wernigerode
  • 1947-1950 Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität Kiel
  • 1950 Diplomvolkswirt an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel
  • 1952 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Kiel (Doktorarbeit "Bevölkerungsentwicklung und Leistungspotential")
  • 1957 Habilitation für Soziologie an der Universität Kiel


Funktionen und Ämter

  • 1950-1957 Assistent bei Gerhard Mackenroth
  • seit 1952 Dozententätigkeit im Bereich sozialwissenschaftlich ausgerichteter Erwachsenenbildung
  • 1957-1961 Universitätsdozent an der Universität Kiel
  • 1961-1964 Professor für Soziologie an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg
  • 1962-1964 Leiter der Hochschule für Wirtschaft und Politik und Honorarprofessor an der Universität Hamburg
  • 1964-1992 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Vorstand des Instituts für Soziologie


Historischer Kontext

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Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es so etwas wie eine "Neugeburt" der Soziologie. An ihr waren namhafte Personen wie Helmut Schelsky, René König, Helmut Plessner oder Max Horkheimer und auch Karl Martin Bolte beteiligt. Sie alle haben sich für die Etablierung der Soziologie als Universitätsfach in Deutschland eingesetzt. Gegen Ende der 50er bis Anfang der 60er Jahre erfuhr die Soziologie schließlich einen starken Aufschwung, was unter anderem auch daran lag, dass es ein Bestreben gab, Sozialkunde bzw. Staatsbürgerkunde als Schulfach einzuführen. Dabei sollten die Soziologen, gemeinsam mit Politik- und Wirtschaftswissenschaftlern die Schullehrer für dieses Fach ausbilden.

In den 70er Jahren erreichte die Soziologie dann einen weiteren Höhepunkt, sie galt regelrecht als "Mode-Studienreichtung" der damaligen Zeit, stand aber auch oft im Fadenkreuz der Kritik, da ihr vorgeworfen wurde, sie sei eine "linke Studienrichtung". Karl Martin Bolte selbst wirkte zu dieser Zeit als Berater der Bundesregierung und war somit einer der ersten Sozialwissenschafter, die ihre Theorien und Erkenntnisse auf direktem Wege in die Politik einfließen lassen konnten.

Theoriegeschichtlicher Kontext

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Karl Martin Bolte gilt als einer der wichtigsten Schichtungssoziologen. Zu ihnen zählen beispielsweise auch Theodor Geiger und Ralf Dahrendorf Geiger ist der Begründer des modernen "Schicht"-Begriffes. Er teilte die Gesellschaft in eine unbestimmte Zahl von sozialen Schichten, welche nach Merkmalen wie Beruf, Bildung, Erziehung, Lebensstandard, Macht, Art der Kleidung, Religion, Rasse, politischer Meinung und Organisation definiert werden. Eng damit verbunden ist auch der Begriff der sozialen Mobilität, also der Bewegung der Einzelpersonen zwischen den Schichten bzw. Klassen. Dahrendorf baute ebenso wie Bolte auf diesen Erkenntnissen auf und entwickelte auch ein Schichtungsmodell für Deutschland, ähnlich wie die Bolte-Zwiebel, welches bekannt als "Dahrendorfhäuschen" lange Zeit als Denkmodell für die Schichtungslehre diente.


Werke und Herausgeberschaften

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  • (Hrsg. zusammen mit Friedhelm Neidhardt) Soziologie als Beruf. Erinnerungen westdeutscher Hochschulprofessoren der Nachkriegsgeneration, Baden-Baden: Nomos, 1998.
  • Führung und Zusammenarbeit im Betrieb (zusammen mit Jürgen Rink und Manfred Timmermann), Düsseldorf: Stahleisen, 1995.
  • Wertewandel - Lebensführung - Arbeitswelt, München: Oldenbourgh, 1993.
  • Soziale Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland (zusammen mit Stefan Hradil), Opladen: Leske und Budrich, 1988.
  • Bevölkerung. Statistik, Theorie, Geschichte und Politik des Bevölkerungsprozesses (zusammen mit Dieter Kappe und Joseph Schmid), Opladen: Leske und Budrich, 1980.
  • Leistung und Leistungsprinzip, Opladen: Leske + Budrich, 1979.
  • Soziale Ungleichheit (zusammen mit Dieter Kappe und Friedhelm Neidhardt), Opladen: Leske und Budrich, 1975.
  • Arbeitnehmer in der Industriegesellschaft. Berufssoziologische Aspekte (zusammen mit Michael Brater und Sabine Kudera), Stuttgart u.a.: Kohlhammer, 1974.
  • Bundesrepublik wohin?, Bad Harzburg: Verl. WWT, 1974.
  • Der Einfluß ergänzenden Nahunterrichts auf den Lernerfolg im Rahmen von Fernlehrgängen (zusammen mit Gisela Böhme und Klaus-Günter Schwier), Hannover: Schroedel, 1974.
  • Der achte Sinn. Gesellschaftsprobleme der Gegenwart; Soziologie, Wandel, Freiheit, Jugendunruhe, Mitbestimmung, Bad Harzburg: LinkVerlag für Wissenschaft, Wirtschaft u. Technik, 1971.
  • Die gesellschaftliche Situation der Gegenwart. Ausgewählte Eigenarten der heutigen Gesellschaftsstruktur und die Stellung des Menschen in der Gesellschaft (zusammen mit Karin Aschenbrenner), Opladen: Leske und Budrich, 1970.
  • Beruf und Gesellschaft in Deutschland. Berufsstruktur und Berufsproblem, Opladen: Leske und Budrich, 1970.
  • Deutsche Gesellschaft im Wandel, Opladen: Leske 1966.
  • Sozialer Aufstieg und Abstieg. Eine Untersuchung über Berufsprestige und Berufsmobilität, Stuttgart: Enke: 1959.


Das Werk in Themen und Thesen

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Karl Martin Bolte hat sich hauptsächlich mit der Sozialstruktur der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt und diese auch im historischen und internationalen Vergleich beleuchtet. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit waren Arbeits- und Industriesoziologie, Bevölkerungssoziologie und vor allem auch die Soziologie sozialer Ungleichheiten. Von daher stammt auch seine berühmteste These, nämlich das Bild der Zwiebel als Darstellungsform der Gesellschaft (bekannt als "Bolte-Zwiebel"). Bolte entwarf diese, um die Verteilung der verschiedenen Schichten in Deutschland darzustellen, welche seiner Meinung nach dadurch entstehen, dass die Gesellschaft nach folgenden drei Kriterien eingeteilt wird:

  • Höhe des Einkommens
  • Berufsprestige
  • Bildung

Dabei müssen aber nicht zwingend immer alle drei Kriterien erfüllt werden. Die Zwiebelform entsteht deshalb, weil es eine sehr breite Mittelschicht gibt (natürlich mit gewissen Abstufungen) und eine kleine Ober- und Unterschicht. Bolte entwickelte das Modell zwar damals in den 60er Jahren für die Bundesrepublik Deutschland der damaligen Zeit, aber in einem Ende 1998 geführten Interview bestätigte er, dass er in der aktuellen Situation in Deutschland keinesfalls eine Veränderung dieser Verteilung sehe, da sich über 70% der Menschen in einer breiten Masse befänden. Diese Schätzung gleicht seinen Ergebnissen der 60er Jahre. Bolte kam zu folgenden Prozentwerten für die damalige Zeit:

  • Oberschicht 2%
  • obere Mittelschicht 5%
  • mittlere Mittelschicht 14%
  • untere Mittelschicht 29%
  • unterste Mittelschicht bzw. oberste Unterschicht 29%
  • Unterschicht 17%
  • sozial Verachtete 4%

Rezeption und Wirkung

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Karl Martin Bolte ist für die gegenwärtige Soziologie immer noch von großer Bedeutung und wird es auch in Zukunft noch sein, gerade wenn es um aktuelle Themen wie die Bevölkerungsentwicklung geht (Ausländeranteil in der Gesellschaft, Pluralisierung der Lebensformen, Geburtenrückgang, "Vergreisung" der Gesellschaft, usw.).


Internetquellen

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