Siliciumverarbeitung: Waferherstellung

Letzte vollständige inhaltliche Aktualisierung: April 2008

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Für die Verwendung des Siliciums in der Elektro- und Solarindustrie muss es in Form von sehr flachen Scheiben, sogenannten Wafern, vorliegen. Die Breite dieser Scheiben sollte für die Elektroindustrie etwa 1 mm, für die Solarindustrie nur 0,2 bis 0,3 mm betragen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Maße und weiterer spezifischer Anforderungen werden jeweils unterschiedliche Sägeverfahren benutzt. Die dickeren Scheiben für die Halbleiterindustrie werden durch Innenlochtrennen, die sehr dünnen Scheiben für die Solarindustrie mit dem Drahtsägeverfahren produziert. Es folgt eine Erläuterung der beiden Verfahren und eine Betrachtung der jeweiligen Vor- und Nachteile.

Innenlochtrennen Bearbeiten

 
Siliciumpulver

Das Innenlochtrennen ist ein etabliertes Verfahren, bei dem zum Sägen eine Scheibe benutzt wird, welche innen ein Loch nur wenig größer als der Durchmesser des Siliciumstabes hat und dessen Kanten das Sägeblatt bilden. Durch diese Sägeform verteilt sich die mechanische Belastung durch den Sägevorgang im Vergleich zu einer Kreissäge oder normalen Säge besser und das Schwingen des Sägeblatts kann so abgeschwächt werden. Das etwa 0,15 mm dicke Sägeblatt rotiert mit etwa 2000 Umdrehungen pro Minute.[1] Es besteht aus Edelstahl mit einem galvanisch aufgetragener Diamantbelag an der Schnittfläche.[2] Dieses Trennschleifverfahren bringt einige Nachteile mit sich. Erstens werden je Schnitt etwa 0,33 mm des Siliciumblocks zu Sägestaub aus Reinstsilicium zerschnitten.[3] Dies ist für die Solarindustrie insofern bedeutsamer als für die Halbleiterindustrie, da für jeden Millimeter Nutzhöhe aufgrund der niedrigeren Höhe der Scheiben für die Solarindustrie 3 bis 5 Schnitte anfallen. Auch der zweite Nachteil des Verfahrens trifft besonders die Solarindustrie: Die Oberfläche der Scheiben wird stark beschädigt - etwa 0,07 bis 0,08 mm auf jeder Seite.[4] Deren Auswirkungen werden im Kapitel zur Herstellung von Solarzellen dargestellt.

Drahtsägeverfahren Bearbeiten

Das Drahtsägeverfahren[FN 1] ist speziell für die Anwendung von Reinstsilicium entwickelt worden. Aus diesem Grund werden vor dem Herstellen der eigentlichen Wafer die rechteckigen polykristallinen bzw. die runden monokristallinen Siliciumstäbe bereits in lange Quader mit quadratischer Grundfläche zerschnitten. Bereits dieser Sägeschritt erfordert große Vorsicht, da Risse, die hierbei entstehen können, leicht zum Bruch der Wafer führen. Dieser Verfahrensschritt verursacht Materialverluste von ca. 30%.[5]

Anschließend werden mehrere dieser Blöcke parallel zueinander auf Glas oder Stahl geklebt. Die Sägevorrichtung besteht aus zwei parallelen Drahtführungsrollen. Auf ihnen wird ein mehrere hundert Kilometer langer Draht so geführt, dass mehrere hundert parallele Schnitte gleichzeitig durchgeführt werden können.[3] Der Draht allein ist zu weich um den Siliciumblock zu zersägen, deshalb sind Abrasivstoffe[FN 2] nötig. Es stehen auch hier wieder mehrere Varianten zur Verfügung. Die erste Variante nutzt eine Mischung aus Siliciumcarbidkörnern und Glykolmischungen[6] oder Öl. Wenn sich der Draht durch diese Flüssigkeit bewegt, reißt er aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit (ca. 50 km/h[5]) einzelne Siliciumcarbidpartikel mit, welche das Silicium Stück für Stück abtragen, wenn die dann gleichzeitig Draht und Siliciumblock berühren. Dieser Trennvorgang wird auch als Trennläppen bezeichnet. Wichtig hierbei ist, dass die teuren Siliciumcarbidkörner etwa die gleiche Größe, 0,015 bis 0,025 mm, haben, da zu kleine Körner nicht mehr Draht und Siliciumblock gleichzeitig berühren und zu große Körner große Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche sowie sogenannte Medianrisse[FN 3] verursachen können. Nachdem der Siliciumblock getrennt wurde, muss bei dieser Variante noch eine umfangreiche Reinigung erfolgen. Alternativ kann auch ein Trennschleifen durchgeführt werden. Dabei wird der Draht mit Diamantpartikeln besetzt, eine Schleiflösung ist nicht nötig. Dadurch sind nachfolgend weniger Reinigungsschritte nötig.

Obwohl ein Schneidevorgang etwa 5 bis 7 Stunden dauert[5], kann im Vergleich zum Innenlochtrennen eine Produktivitätssteigerung von ca. 400% verzeichnet werden[3] und dies bei nur zwei Dritteln des Schnittverlustes (ca. 0,2 mm) und einer wesentlich geringeren Beschädigung der Oberfläche, die Schädigung reicht lediglich in bis zu einer Tiefe von 0,015 bis 0,020 mm.[4] Aus diesen Gründen nimmt die Bedeutung des Drahtsägeverfahrens trotz der höheren Kosten auch für die Elektroindustrie zu. Dennoch bleiben die Materialverluste immens: Zu den erwähnten 30% aus dem vorbereitenden Sägen addieren sich 40% Verlust des verbleibenden Materials durch das Trennläppen. Es gehen also fast zwei Drittel des hochreinen Siliciums verloren.[FN 4]

Anstehende Entwicklungen: Ziehen statt Sägen? Bearbeiten

Das Drahtsägeverfahren verschneidet, wie zuvor beschrieben, große Mengen des hochreinen Siliciums. Könnten diese Sägeverluste vermieden werden, würde sich die verfügbare Menge Polysilicium verdoppeln. Tatsächlich werden zwei Verfahren industriell eingesetzt, bei denen die Materialverluste deutlich geringer sind.[5] Beide Verfahren haben gemeinsam, dass sie die fertigen Wafer direkt aus einem Tiegel mit geschmolzenen Reinstsilicium ziehen, also der Herstellung von Reinstsilicium mit dem Czochralski-Verfahren ähneln. Beim EFG[FN 5]-Verfahren werden sieben Meter lange oktaedrische Zylinder, beim SR[FN 6]-Verfahren einzelne Bänder gezogen. Der um etwa 30% geringere Materialverlust gegenüber dem Drahtsägeverfahren wird mit komplizierteren Prozessbedingungen und einem um etwa 1% niedrigeren Wirkungsgrad erkauft. Wenngleich diese Verfahren bei Beherrschung des Prozesses zu erheblichen Materialkosteneinsparungen führen und damit momentan einen Wettbewerbsvorteil haben, könnte der systemimmanente niedrigere Wirkungsgrad dazu führen, dass sich nur wenige Hersteller langfristig darauf festlegen wollen, denn auch sie erfordern erhebliche Investitionen.

Fußnoten Bearbeiten

  1. auch Multi-Wire-Slicen
  2. Schleifmittel
  3. Risse in die Tiefe der Siliciumscheibe, Gegensatz dazu sind Lateralrisse, welche sich seitlich ausdehnen
  4. Es wird allerdings intensiv an einer Wiederverwertung des Siliciumverschnitts aus der Sägesuspension geforscht, deshalb bewahren die Hersteller die Suspension vorerst noch auf.
  5. Edge-defined Film-fed Growth
  6. String-Ribbon

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Werner Zulehner, Bernd Neuer, Gerhard Rau. Silicon. Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH, 6 2000.
  2. Peter von Brevern. Innenlochsägen von Silizium. Industriediamanten Rundschau, 1, 2002.
  3. 3,0 3,1 3,2 Wolfgang Kappler. Hundert Wafer auf einen Streich. Fraunhofer-Magazin, 3/2002, 2002.
  4. 4,0 4,1 Detlef Sonntag. RGS- und Tri-Silizium: Alternative Wafermaterialien für die Photovoltaik, 12 2003.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Jörn Iken. Ziehen oder Sägen – ein Systemvergleich. Sonne Wind & Wärme, 6/06:104–107, 12 2006.
  6. Vernon Knepprath, Walter Frank, Maximilian Kaeser, Albert Pemwieser. Method for cutting wafers from a crystal European Patent EP0837115, 1 2000.