Schachendspiele/ Läuferendspiele/ Ungleichfarbige Läufer/ Theoretische Stellungen
Während im Kampf gleichfarbiger Läufer ein materielles Übergewicht von einem Bauern häufig und von zwei Bauern fast immer zum Sieg genügt, gilt das in Endspielen mit ungleichfarbigen Läufern nicht. Die Ursachen dafür sind:
- Ein Freibauer kann nicht vom eigenen Läufer unterstützt werden, um ein Feld zu überschreiten, das vom gegnerischen Läufer kontrolliert wird.
- Ein Abtausch der Läufer kann nicht als Drohung eingesetzt werden. Das wiederum impliziert:
- Man kann kaum Zugzwangsituationen schaffen.
- Man kann den gegnerischen König nicht von Feldern vertreiben, die die Nichtläuferfarbe haben.
- Im Unterschied zu Endspielen mit gleichfarbigen Läufern ist es häufig besser, die eigenen Bauern auf Felder mit der Farbe des eigenen Läufers zu stellen. Sie können dort durch den Läufer verteidigt, vom gegnerischen Läufer aber nicht angegriffen werden.
Weiß hat einen Mehrbauern und versucht den Standardplan, der in anderen Endspielen meist zum Erfolg führt: Nach der Verbesserung der Königsstellung wird ein Freibauer gebildet, der mit Figurenunterstützung vorgerückt wird. Entweder erhält man dadurch eine Dame oder man kann mit den eigenen Figuren an anderer Stelle einbrechen.
1.Kg1-f1 Kg8-f8 2.Kf1-e2 Kf8-e7 3.Ke2-d3 Lc8-e6 4.b2-b3 Ke7-d6 Beide Seiten haben ihre Königsstellung verbessert.
5.Ld1-b4+ Kd6-c6 6.Kd3-c3 g7-g6 7.a2-a4 Kc6-b6 8.Lb4-f8 h7-h5 9.b3-b4 Le6-d5 10.g2-g3 Ld5-e6
Es ist Weiß nicht einmal gelungen, einen Freibauern zu bilden, da er das Feld b5 nicht überwinden kann. Außerdem stehen alle Bauern (mit einer Ausnahme) jetzt auf Feldern von der Farbe ihres eigenen Läufers. Geht Weiß zum Königsflügel und versucht dort, seine Bauern mit Unterstützung des Königs vorzurücken, werden sie einfach abgetauscht. Remis.
Eine Gewinnidee in Endspielen mit Mehrbauern besteht darin, den Gegner zum Opfer seiner Figur gegen einen Mehrbauern zu bringen und dann mit der Mehrfigur zu gewinnen. In Endspielen mit ungleichfarbigen Läufern ist diese Idee aber nahezu nutzlos, weil die Felder seines Läufers vom Gegner leicht blockiert werden können. So auch in diesem Fall:
1.Kd5-e6 Le7-b4 2.Lf5-e4 Kc7-d8 Nachdem Weiß seinen zweiten Bauern gedeckt hat, muss der schwarze König seinen eigenen Läufer bei der Verteidigung des Feldes e7 unterstützen.
3.Ke6-f7 Lb4-a3 4.e5-e6 La3-b4 Schwarz hat die Idealaufstellung eingenommen. Wandert der weiße König hingegen nach b7, muss der schwarze Läufer auf die Diagonale b8-h2 wechseln. Remis.
In dieser Stellung sind die weißen Bauern ein Feld weiter voneinander entfernt. Dadurch fällt es dem Schwarzen schwerer, seine Figuren zu koordinieren. Insbesondere der schwarze König kann nicht gleichzeitig beide Felder auf der siebten Reihe vor den Bauern kontrollieren:
1.Kd5-e6 Le7-b4 2.Lh5-f3 Lb4-c3 3.f5-f6 Diese Stellung ist klar gewonnen. Weiß bringt seinen König nach e8 oder g8 und zwingt Schwarz zum Opfer seines Läufers. Für den verbleibenden zweiten Mehrbauern holt er sich anschließend eine Dame.
Es war in der vorangegangenen Stellung nicht der größere Abstand der beiden Bauern allein, der den Ausschlag gab. Zusätzlich waren beide Bauern sehr weit vorgerückt, sodass Schwarz seine Kräfte nicht mehr koordinieren konnte. Hingegen hält Schwarz in der vorliegenden Stellung leicht Remis:
1.Ld7-g4 Kg5-f6 2.Ke4-d5 Kf6-e7 Dem schwarzen König bereitet es keine Mühe, stets dem weißen König zum jeweils anderen Bauern zu folgen, so dass keiner der beiden Bauern vorrücken kann. Remis.
Eine Idealaufstellung im Kampf gegen zwei verbundene Freibauern, die in fast jedem anderen Endspiel einen Sieg garantieren würden. Aber was soll Weiß hier tun?
- Rückt er mit 1.f5-f6 den angegriffenen Bauern vor, um seinen König von der Deckung zu befreien, dann errichtet Schwarz mit 1...Ld7-e6 eine uneinnehmbare Festung.
- Rückt er den anderen Bauern mit 1.e5-e6+ vor, dann schlägt Schwarz einfach diesen Bauern, denn mit einem Mehrläufer ohne Bauern kann man nicht Matt setzen.