Rechte und Pflichten im Umgang mit der Polizei/ Ausweispflicht

Ausweispflicht der Bürger

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Zusammenfassung: Ab einem Alter von 16 Jahren muss man einen Ausweis besitzen, nicht jedoch ständig dabei haben. Die Polizei ist in vielen Fällen berechtigt, die Identität zu erfahren. Hat man dann keinen Personalausweis, Führerschein o.ä. dabei, darf die Polizei diese Person oftmals durchsuchen und festhalten, bis die Identität geklärt ist.

Eines der am meisten verbreiteten Irrtümer ist, in Deutschland müsse man immer einen Ausweis mitführen und ihn bei Aufforderung durch die Polizei vorzeigen.
Diese Ansicht ist ein Mythos. Man findet zwar das Wort Ausweispflicht im PAuswG (Personalausweisgesetz), dies besagt jedoch nur, dass man ab einem Alter von 16. Jahren einen amtlichen und gültigen Personalausweis besitzen muss. Eine Pflicht, diesen immer bei sich zu führen, gibt es nicht.

PAuswG §1 Abs. 1
„Deutsche [...] sind verpflichtet, einen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutschland aufhalten.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

Da man einen Ausweis besitzen muss, darf man ihn logischerweise auch nirgendwo hinterlegen oder als "Pfand" zurücklassen. Nur Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen diesen einziehen.

PAuswG §1 Abs. 1
„Vom Ausweisinhaber darf nicht verlangt werden, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben. Dies gilt nicht für zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden sowie in den Fällen der Einziehung und Sicherstellung.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

Die Polizei darf dennoch jederzeit die Identität eines Verdächtigen feststellen. Dafür muss man nicht unbedingt einen Personalausweis vorzeigen; jedes amtliche Dokument mit einem Bild sowie Name und Geburtsdatum (falls es Menschen mit dem selben Vor-und Zunamen gibt) reicht dafür völlig aus (also z.B. auch der Führerschein).

VGH Baden-Württemberg, 1 S 338/10
„Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung [...] diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen“
Quelle: openjur.de


Hat man nichts dergleichen dabei, darf die Polizei verdächtige Personen festhalten, bis sie die Identität kennen, in jedem Fall aber nicht länger als zwölf Stunden. Die Beamten können somit z.B. mit der Verdächtigen Person zu deren Wohnung fahren, oder eine Erkennungsdienstliche Behandlung durchführen (siehe Absatz unten). Gleichzeitig darf der Verdächtige auch durchsucht werden.

§163b Abs.1 StPO
„Ist jemand einer Straftat verdächtig, so können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes die zur Feststellung seiner Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. [...]Der Verdächtige darf festgehalten werden, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von Satz 2 sind auch die Durchsuchung der Person des Verdächtigen und der von ihm mitgeführten Sachen sowie die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zulässig.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

Auch bei einer unverdächtigen Person hat die Polizei das Recht, die Identität zu erfahren, wenn dies von Bedeutung für die Aufklärung von Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten geboten ist, also von Zeugen, Geschädigten o.ä. Können diese sich nicht ausweisen, ist eine Durchsuchung gegen ihren Willen jedoch nicht zulässig, das Festhalten und die Erkennungsdienstliche Behandlung nur, wenn dies verhältnismäßig ist.

§163b Abs.2 StPO
„Wenn und soweit dies zur Aufklärung einer Straftat geboten ist, kann auch die Identität einer Person festgestellt werden, die einer Straftat nicht verdächtig ist [...]. Maßnahmen der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Art [Festhalten] dürfen nicht getroffen werden, wenn sie zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen; Maßnahmen der in Absatz 1 Satz 3 bezeichneten Art [Durchsuchung] dürfen nicht gegen den Willen der betroffenen Person getroffen werden.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

In jedem Falle muss die Polizei bei Beginn einer Identitätsfeststellung die Gründe bekannt geben. Ein Zeuge darf erfahren, worum es geht und gegen wen ermittelt wird (falls die polizeilichen Ermittlungen eine bestimmte Person betreffen), ein Verdächtiger, was er getan haben soll.

§69 Abs.1 StPO
„Vor seiner Vernehmung [Gilt gemäß §163b Abs.2 StPO für die Identitätsfeststellung nach diesem Paragraphen entsprechend] ist dem Zeugen der Gegenstand der Untersuchung und die Person des Beschuldigten, sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen.“
Quelle: gesetze-im-internet.de
§163a Abs.4 StPO
„Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten [Gilt gemäß §163b Abs.1 StPO für die Identitätsfeststellung nach diesem Paragraphen entsprechend] durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

Anzumerken ist auch, dass allein das Ausbleiben dieser Begründung zu Beginn der Kontrolle diese unrechtmäßig macht. Somit muss man sich in diesem Falle auch nicht ausweisen.

OLG Hamm, III-3 RVs 33/12
„Diese Belehrungspflicht stellt eine wesentliche Förmlichkeit der Diensthandlung dar, deren Nichtbeachtung die Diensthandlung [...] unrechtmäßig macht.“
Quelle: justiz.nrw.de

In den Gesetzen der einzelnen Länder sind noch weitere Situationen, in denen die Polizei die Identität eines Bürger feststellen darf, genannt. Das sind meistens:

  • Zur Abwehr einer Gefahr für Sicherheit und Ordnung
  • An Orten, an denen auffällig viel Kriminalität herrscht, wie bekannte Drogenhandelsplätze (z.B. Bahnhöfe) oder Rotlichtviertel,
  • An Orten, wo sich oftmals Straftäter, illegale Einwanderer usw. verabreden,
  • An Kontrollstellen (für Fahndungen) und in der Nähe der Grenzen

"Gefahr" aus Punkt 1 bedeutet, dass ein Verstoß gegen Gesetze droht. Genauer: "Eine Gefahr für ein Rechtsgut liegt vor, wenn eine Sachlage besteht, aus der heraus der Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens wahrscheinlich ist.

Wahrscheinlich ist der Schadenseintritt, wenn innerhalb vernünftiger Lebenserfahrung mit dem Schadenseintritt gerechnet werden muss." (Quelle: rechtswoerterbuch.de). Der Schaden muss nicht unbedingt materiell sein, z.B. zählen dazu bereits Ruhestörungen o.ä.

Auch wenn dies auf dem ersten Blick seltsam erscheinen mag, ist die Personalienfeststellung fast immer ein Mittel zur Abwehr einer solchen Gefahr.

VGH Baden-Württemberg, 1 S 338/10
„Die Personenfeststellung kann ein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr sein, weil sie potentielle Störer aus ihrer Anonymität reißen und so von der Begehung von (weiteren) Störungen abhalten kann“
Quelle: openjur.de

In solchen Fällen ist oftmals die Durchsuchung und das Festhalten der Person, bis die Identität festgestellt wurde, erlaubt, wenn man keinen Ausweis dabei hat.

Als Beispiel ein Gesetzestext des Polizeigesetzes NRW:

§12 Abs.1 PolG NRW
„Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen,
1.zur Abwehr einer Gefahr,
2.wenn sie sich an einem Ort aufhält, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
a)dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,
b)sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen,
c)sich dort gesuchte Straftäter verbergen.
3.wenn sie sich in [...] einem [...] besonders gefährdeten Objekt oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen oder diese Objekte gefährdet sind, und dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist,
4.an einer Kontrollstelle, die von der Polizei eingerichtet worden ist, um eine Straftat [...] zu verhüten. [...]“
Quelle: anwalt24.de

Verweigert die Person die Nennung der Identität (hierzu gehören Name, Geburtstag und -ort, Familienstand, Beruf, Adresse und Staatsangehörigkeit) oder macht man falsche Angaben darüber, begeht man eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann bis zu 1000€ kosten.

§111 OWiG
„(1)Ordnungswidrig handelt, wer einer zuständigen Behörde, einem zuständigen Amtsträger oder einem zuständigen Soldaten der Bundeswehr über seinen Vor-, Familien- oder Geburtsnamen, den Ort oder Tag seiner Geburt, seinen Familienstand, seinen Beruf, seinen Wohnort, seine Wohnung oder seine Staatsangehörigkeit eine unrichtige Angabe macht oder die Angabe verweigert.
[...]
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann, in den Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu eintausend Euro[...] geahndet werden.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

Diese Strafandrohung gilt aber nur bei rechtmäßigen Identitätsfeststellungen. Hat man die Angabe der Identität verweigert, wenn die Polizei kein Recht hatte diese festzustellen, darf kein Bußgeld erhoben werden.

BVerfG, 07.03.1995 - 1 BvR 1564/92
„Es verstößt gegen Art. 2 I GG, wenn die Verweigerung der Angabe der Personalien nach § 111 OWiG geahndet wird, ohne daß zuvor die Rechtmäßigkeit der Aufforderung in vollem Umfang überprüft worden ist. [...]. Es wird also nicht jede Auskunftsverweigerung mit der Sanktion des § 111 OWiG bedroht. Die Sanktion darf vielmehr nicht ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens verhängt werden. Insofern stellt sich die Frage nach der Ahndbarkeit bloßer Unbotmäßigkeit unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung [...] hier nicht.[...]“
Quelle: jurion.de

Ausweispflicht der Polizei

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Zusammenfassung: Ob sich die Polizei ausweisen muss ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In einigen Ländern gilt das Tragen einer Uniform als ausreichend, um sich als Polizeibeamter zu identifizieren (nicht bei Beamten in zivil); in anderen Ländern muss der Dienstausweis vorgezeigt werden, wenn dies die Maßnahme nicht gefährdet. Das Nichtvorzeigen dieses Ausweises macht eine Polizeimaßnahme jedoch nicht direkt rechtswidrig.

Ob die Polizei verpflichtet ist sich auszuweisen oder nicht, hängt ebenfalls von dem betroffenem Bundesland ab. Meistens besagt die Regelung, dass Polizisten immer einen Dienstausweis dabei haben müssen. Wird eine Person kontrolliert und verlangt diese den Ausweis, muss er vorgezeigt werden, wenn die Situation es erlaubt, bei Polizisten in Zivil auch unaufgefordert. Als Beispiel aus dem Polizeigesetz NRW:

§6a Abs.1 PolG NRW
„Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte führen im Dienst einen Dienstausweis mit. Bei der Vornahme einer Maßnahme weisen sich Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte auf Verlangen der betroffenen Person aus, soweit sie oder der Zweck der Maßnahme hierdurch nicht gefährdet werden. Beim Einsatz in Zivilkleidung erfolgt dies unaufgefordert.[...]“
Quelle: lexsoft.de

In NRW bezieht sich das "Ausweisen" auf den Dienstausweis, d.h. der Beamte muss diesen vorzeigen. Anders ist die Situation in Bayern; hier besteht auch gegenüber Polizisten in Zivil nur die Pflicht sich auszuweisen, wenn dies verlangt wird. Außerdem ist hier nicht von einem Dienstausweis die Rede:

§6 PAG
„Auf Verlangen des von einer Maßnahme Betroffenen hat der Polizeibeamte sich auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird.[...]“
Quelle: lexsoft.de

Ganz anders sieht das z.B. in Niedersachsen aus. Dort steht im Polizeigesetz nichts zu diesem Thema. In der Polizeidienstverordnung aber heißt es, dass Polizisten generell durch ihre Uniform ausgewiesen sind; den Dienstausweis müssen sie nur vorzeigen, wenn Zweifel bestehen, ob es sich um einen echten Polizisten handelt. Für diese Zweifel reicht kein allgemeines Misstrauen aus, es müssen klare Anhaltspunkte für einen falschen Polizisten vorliegen.

§ 9 der Polizeidienstverordnung 350
„(1) Der Schutzpolizeibeamte ist im Dienst grundsätzlich durch seine Dienstkleidung ausgewiesen.
(2) Bei Amtshandlungen ist auf Verlangen dem Betroffenen der Dienstausweis vorzuzeigen. Der Beamte ist berechtigt, dieses Ansuchen abzulehnen, wenn nach den Umständen keine vernünftigen Zweifel an seiner Eigenschaft als Polizeibeamter bestehen.“
Quelle: lawblog.de

In beiden Fällen müssen sich die Beamten aber nur ausweisen, wenn "der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird". Diese Einschränkung soll verhindern, dass man durch das Verlangen eines Ausweises die Maßnahme vereitelt.

Beispiel 1:

Zwei Polizisten Klingeln an einer Wohnung, um den Bewohner, Herr K., mit einem Haftbefehl festzunehmen. Es öffnet Frau K. und verlangt den Dienstausweis. Die Beamten sehen durch die geöffnete Tür, dass Herr K. zu fliehen versucht.
In diesem Fall würde das Vorzeigen des Ausweises zu lange dauern, Herr K. wäre längst weg. Die Polizei darf ihn also erst einmal verfolgen und festnehmen. Danach muss sie sich ausweisen, wenn Herr K. dies verlangt. Frau K. hat jedoch kein Recht, den Ausweis zu sehen, da sie nicht direkt durch die Maßnahme betroffen ist.

Beispiel 2:

Zwei Polizisten Klingeln an einer Wohnung, um diese zu durchsuchen. Herr K. öffnet und will die Beamten erst herein lassen, wenn er einen Ausweis gesehen hat.
In diesem Fall kann die Polizei die Wohnung auch durchsuchen, nachdem sie sich ausgewiesen haben, außerdem ist Herr K. direkt von der Maßnahme, also der Durchsuchung, betroffen. Die Polizisten müssen sich also vorher ausweisen.

Beispiel 3:

Zwei Polizisten möchten Herrn K. kontrollieren, da sie ihn wegen eines Handtaschenraubes verdächtigen, und fordern ihn auf sich auszuweisen. Herr K antwortet: "Ich zeige meinen Ausweis erst, wenn ich Ihren gesehen habe!"
Es gibt kein Gesetz, welches klar regelt, in welcher Reihenfolge Polizei und Verdächtiger sich ausweisen müssen. Es behindert auch nicht direkt die Kontrolle, wenn sich die Polizei zuerst ausweist, aber dies könnte Herrn K die Flucht ermöglichen. Das ist besonders heikel, da die Polizei seine Identität nicht kennt und somit kaum eine Chance hat, ihn wieder zu finden. Daher kann dies bereits als "Gefährdung der Maßnahme" angesehen werden (durch die erhöhte Fluchtchance besteht die Gefahr, dass die Kontrolle nicht mehr möglich ist).

OLG Saarbrücken, VRS 47, 474
„Der Ansicht des Betroffenen, dem [...] Verlangen eines uniformierten Polizeibeamten auf Vorzeigen des Führerscheins [...] nachzukommen, sei ein Kraftfahrzeugführer [...] nur dann verpflichtet [..], wenn der uniformierte Polizeibeamte sich zuvor entsprechend ausgewiesen habe, liegt nicht nur eine völlige Verkennung der Rechtslage zugrunde [...], sie ist auch [...] schlechterdings abwegig“
Quelle: juraforum.de

Hinweis: Auch wenn sich die uniformierten (!) Polizisten nicht ausweisen macht dies nicht die Polizeimaßnahme an sich rechtswidrig (vgl. OLG Saarbrücken, VRS 47, 474), d.h. Widerstand gegen diese Maßnahmen bleibt strafbar (nach §133 StGB). Beamte in Zivil, die nicht als Polizisten erkennbar sind, müssen ihrerseits auch nicht als Beamten angesehen werden. Sollten Zweifel daran bestehen, ob es sich um echte Polizisten handelt, empfehlen viele Polizeistellen, die Polizei einfach anzurufen und nachzufragen; im Zweifel auch über die Notrufnummer 110 (vgl. z.B. pd-lg.polizei-nds.de). Ggf. kann so auch der Name der ermittelnen Beamten herausgefunden werden, wenn sie diesen nicht nennen wollen.