Reaktionsmechanismen der Organischen Chemie: Substitutionsreaktionen: Radikalische Substitution
Alkane sind äußerst reaktionsträge Verbindungen. Mit Ausnahme der Verbrennung, gehen sie praktisch keine chemischen Reaktionen ein. Eines der wenigen Mittel um Alkane dennoch zur Reaktion zu bringen sind die sog. Radikalreaktionen. Dabei werden unter Lichteinfluss oder mit chemischen Mitteln kovalente Bindungen homolytisch (in der Mitte) gespalten – es entstehen Radikale.
Radikale sind aufgrund ihres unvollständigen Elektronenoktetts sowohl sehr reaktionsfreudig, als auch sehr unselektiv. Sie greifen ihrerseits kovalente Bindungen an, um ihr Elektronenoktett wiederherzustellen. Dabei entstehen wiederum Radikale, es beginnt eine Kettenreaktion.
Im Zuge der Kettenreaktion werden Wasserstoffatome gegen die Radikale ausgetauscht (=substituiert). Als Produkte erhält man i.d.R. ein Gemisch ein- und mehrfach substituierter Alkane, was auf die geringe Steuerbarkeit und Selektivität dieser Reaktionen zurückzuführen ist.
Chlorierung von Alkanen mittels SR
Bearbeiten1 | Mittels UV-Licht wird Cl2 in zwei Cl-Radikale gespalten. | |
2 | Ein Radikal entreißt dem Alkan ein H-Atom -> Alkylradikal. | |
3 | Das Alkylradikal nimmt ein Cl-Radikal auf -> neues Cl-Radikal. |
Da in Schritt 3 immer wieder weitere Cl-Radikale gebildet werden, kommt es zu einer Kettenreaktion, die erst abgeschlossen ist, wenn entweder ein Cl-Radikal auf ein weiteres Cl-Radikal trifft (wodurch Cl2 entsteht), oder wenn alle Ausgangsstoffe verbraucht sind.
Bei radikalischen Substitutionen können viele unerwünschte Nebenprodukte entstehen. Z.B. können 2 Alkylradikale aufeinander treffen, und ihrerseits eine Kette bilden; es können aber auch mehr als ein H-Atom substituiert werden, sodass mehrfach halogenierte Kohlenwasserstoffe entstehen. Durch Variieren der Chlorkonzentration kann die Reaktion in die gewünschte Richtung gesteuert werden.
Werden kompliziertere, verzweigte Alkane halogeniert, so entstehen bevorzugt jene Produkte, bei denen tertiäre und sekundäre H-Atome substituiert werden. Diese Regioselektivität hängt damit zusammen, dass eine primäre C–H Bindung weit stärker ist, als eine tertiäre C–H Bindung. Noch reaktiver sind H-Atome in der Nähe von Doppelbindungen oder aromatischen Systemen. Sehr gut erfolgt z.B. die radikalische Chlorierung von Toluen nach Benzylchlorid.
Im Gegensatz zu Chlorierungen und Bromierungen, sind Fluorierungen und Iodierungen nicht mehr so leicht durchführbar. Radikalische Fluorierungen verlaufen i.d.R. so heftig, dass sie kaum mehr zu kontrollieren sind, wohingegen Iodierungen viel zu träge ablaufen.