Radioonkologie (PORT)/ Diagnosen/ Malignes Melanom (anorektal)

Übersicht Bearbeiten

Das anorektale Melanom macht lediglich 0,5% - 2% aller anorektalen Malignome aus und weniger als 2% der Melanome. Die Inzidenz in den USA wird mit 1,7/1.000.000 pro Jahr abgeschätzt [1]. Frauen erkranken häufiger als Männer (1,7:1) und später. Das mediane Alter liegt bei 77 Jahren vs. 57 Jahren [2]. Malignes Melanom (anorektal)

Diagnostik Bearbeiten

Die häufigsten klinischen Zeichen, rektale Blutung, anale Raumforderung und anorektaler Schmerz, sind unspezifisch. Bei Diagnosestellung ist bei nur 25% der Tumor kleiner als 1 cm, bei den übrigen im Mittel 4 cm groß[2]. Häufig resultiert eine Verzögerung der Diagnose von 4- 6 Monaten aus dem abwartenden Verhalten des Patienten sowie aus Fehldeutungen als Hämorrhoiden, Hautmalen oder Polypen.

Histologie Bearbeiten

Das anorektale Melanom geht von Melanozyten der Schleimhaut aus. In 20% liegt histologisch ein ein amelanotisches Melanom vor, makroskopisch depigmentierte sind noch häufiger[1].

Lokalisation Bearbeiten

Der Analkanal ist nach Haut und Auge die dritthäufigste Melanomlokalisation. Das Rektum als Ausgangslokalisation ist extrem selten. Das lokale Wachstum ist üblicherweise polypoid, eine Ulzeration häufig. Eine Invasion benachbarter Organ findet sich dagegen in der Regel nicht[1].

Ausbreitung Bearbeiten

In der bislang größten epidemiologischen Studie mit 251 Patienten fand sich bei Erstdiagnose eine lokoregionäre Metastasierung (ohne Fernmetastasen) bei 22% und eine Fernmetastasierung bei 26% [3]. Die lymphogene Metastasierung nach iliakal ist nach [4] fast um den Faktor 8 häufiger als nach pelvin. Fernmetastasen betreffen am häufigsten die Organesysteme Leber, Lunge und Knochen[2].

Stadieneinteilung Bearbeiten

üblich ist eine dreistufige Einteilung.

Stadium I
Tumor nur lokal
Stadium II
lokoregionäre Metastasen
Stadium III
Fernmetastasen

Therapieprinzipien Bearbeiten

Nur im nichtmetastasierten Stadium I besteht eine kurative Chance.

Chirurgie
Primäre Therapiemaßnahme. Die von Brady et al. gefundenen Überlegenheit der abdominoperinealen Rektumamputation hinsichtlich Lokalkontrolle und Überleben[5] haben sich in einer Metaanalyse von Droesch et al. mit 533 Patienten nicht bestätigt (s.[1]). Die lokale Rezidivrate bei der kontinenzerhaltenden Exzision war demnach mit 47% zwar schlechter als mit der abdominellen Rektumresektion (23%), das mediane Überleben war dagegen nicht signifikant günstiger (21 Monate vs. 17 Monate). In einer SEER- Datenbank- Analyse mit 143 operierten Patienten erhielten 51 Patienten eine abdominelle Rektumresektion und 92 eine transanale Exzision. Das mediane Überleben betrug 16 Monate vs. 18 Monate. Das 5- Jahres- Überleben lag bei 17% vs. 19,3 %[6]. Prognostisch wesentlich ist eine R0- Resektion, unabhängig vom Oprationsverfahren. Wird diese erzielt, beträgt das 5- Jahres- Überleben im Stadium I 19% vs. 6%. Die R0- Resektionen waren bei der abdominellen Rektumamputation allerdings signifikant häufiger als bei den lokalen Resektionen[3]. Solange das Überleben primär nicht vom Operationsverfahren abhängt, steht der Aspekt Lebensqualität im Vordergrund. Deswegen sollte, wenn eine R0- Resektion erzielt werden kann, der weiten Exzision der Vorzug gegeben werden. Darunter versteht man eine Exzision bis zum interen Sphinktermuskel und einem seitlichen Resektionssaum von 2 cm[7].
Strahlentherapie
Nach lokaler Exzision erzielten Ballo et al. bei 23 Patienten mit einer adjuvanten hypofraktionierten, akzellerierten Strahlentherapie die gleiche lokoregionäre Tumorkontrolle wie die publizierten Ergebnisse nach abdomineller Rektumamputation.[8].


Indikation RT Bearbeiten

im Stadium I
im individuellen Therapieansatz entsprechend [8] adjuvant nach sphinktererhaltenden Lokalexzision.

Zielvolumen Bearbeiten

im Stadium I
Primärtumor, inguinal bds. und perirektal/ distal- perikolisch, kranial bis zur Untergrenze der Ileosakralgelenke[8].

Dosis RT Bearbeiten

im Stadium I
ED 6 Gy, GD 30 Gy. Fraktionierung 2/ Woche. Mit dieser an die Strahlenbiologie angepassten Fraktionierung besteht am M. D. Anderson Cancer Center des Texas University lange Erfahrung bei Melanom[8].

Nebenwirkungen Bearbeiten

Prognose Bearbeiten

nach [3]

In der multivariaten Analyse waren lediglich Resektionsstatus (R0 vs. R+) und Stadium (I vs. II/III) unabhängige prognostische Variablen auf das Überleben. Die Tumorgröss (bis 25 mm vs. über 25 mm) war mit p=0,063 grenzwertig nicht signifikant. Ebenfalls keinen Einfluss haben Alter (bis 70 J. vs. über 70 J.), Geschlecht und Operationsverfahren.

5-Jahres- Überleben

nach R0 Resektion
19%, im Stadium I sogar 24%. Mit positiven Schnitträndern 6% (7%).
Stadium I vs II/III
17% vs. 1%.
Tumorgrösse bis 25 mm vs. über 25 mm
19% vs. 4%.

Nachsorge Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Singer M, Mutch MG. Anal melanoma. Clin Colon Rectal Surg. 2006;19(2):78-87.
  2. 2,0 2,1 2,2 Gordon PH, Nivatvongs S. Neoplasms of the colon, rectum, and anus. Informa Health Care; 2007. ISBN 9780824729592.
  3. 3,0 3,1 3,2 Nilsson PJ, Ragnarsson-Olding BK. Importance of clear resection margins in anorectal malignant melanoma. Br J Surg. 2010;97(1):98-103.
  4. Ross M, Pezzi C, Pezzi T, u. a. Patterns of Failure in Anorectal Melanoma: A Guide to Surgical Therapy. Arch Surg. 1990;125(3):313-316.
  5. Brady MS, Kavolius JP, Quan SH. Anorectal melanoma. A 64-year experience at Memorial Sloan-Kettering Cancer Center. Dis. Colon Rectum. 1995;38(2):146-151.
  6. Iddings D, Fleisig A, Chen S, Faries M, Morton D. Practice Patterns and Outcomes for Anorectal Melanoma in the USA, Reviewing Three Decades of Treatment: Is More Extensive Surgical Resection Beneficial in All Patients? Annals of Surgical Oncology. 2010;17(1):40-44.
  7. Weyandt GH, Eggert AO, Houf M, u. a. Anorectal melanoma: surgical management guidelines according to tumour thickness. Br J Cancer. 0;89(11):2019-2022.
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 Ballo MT, Gershenwald JE, Zagars GK, u. a. Sphincter-Sparing Local Excision and Adjuvant Radiation for Anal-Rectal Melanoma. J Clin Oncol. 2002;20(23):4555-4558.