Philosophieren heißt sterben lernen/ Zusammenfassung

Sokrates zeigt gerade an seinem Todestag Konsequenz in seinem philosophischen Denken. Er setzt seinen Tod als Symbol, als Endprodukt seines ganzen philosophischen Lebens. Es bestand aus der Vorbereitung auf den Tod durch die Reinigung der Seele, ein Wachsam-sein und Sich-sammeln, dem Einüben der Lösung der Seele vom Körper und der bewußten Einübung des Todes [1]. Trotzdem ist sein Leben kein „Sein zum Tode“, sondern ein „Sein zum Leben“, dass „das Leben nicht vom Tod, sondern den Tod vom Leben her versteht“. Da ein philosophisches Leben die sinnliche Wirklichkeit auf der Suche nach der Schau der Ideen durchdringt und hinter sich lässt, kennt es – zumindest im Nachdenken – keine Grenze [2].

Platon beschreibt hier, wie die Philosophie praktisch verwirklicht werden kann, nicht nur als theoria sondern auch im ganz konkreten Bezug zum Leben. Anwendbarkeit war für Platon immer sehr wichtig, er wollte die Philosophie als etwas Essentielles im Leben verteidigen. Er beschreibt, wie Sokrates das Ereignis seiner Hinrichtung ganz bewußt nutzt, um ein Denkmal für sein Philosophieren zu setzen und zu zeigen, dass es auf den Tod vorbereitet und ihm standhalten kann.

Für Sokrates ist sein Todestag kein Tag der Trauer. Er gibt sich verwundert, als seine Anhänger am Ende des Gesprächs traurig werden und zu weinen beginnen, als er das Gift trinkt, durch das er sterben soll. Er bewahrt seine Würde, ist bis zum Ende ein Vorbild in seinem Verständnis der philosophischen Lebensführung [3]. Damit hat er veranschaulicht, wie gut seine Lehre auf den Tod vorbereiten kann und gezeigt, dass er ein Philosoph im Wortsinn ist: Er freut sich darauf, endlich die Ideen schauen zu können. Sein ganzer Dialog dient aber nicht nur der Vorbereitung auf den Tod, vor allem wird gezeigt, wie man seinem Leben einen Sinn geben kann und mit Hilfe des Verstandes Tugend entwickeln kann. Diese Tugend und die Reinigung der Seele sind das, was das Leben eines wahren Philosophen auszeichnet. Wieso kann also Sokrates dem Tod so gelassen und voller Zuversicht entgegentreten? Er kann es deswegen, weil er ein solches Leben geführt hat und auf ein Leben nach dem Tode hoffen kann, in dem seine Seele, gereinigt und mit Tugend versehen, die volle Wahrheit durch die Schau der Ideen erfahren kann. Somit ist „ das Nachdenken über den Tod nichts anderes als ein Nachdenken über die Wahrheit und über das Sein des Menschen“ [4].


  1. vgl. Theodorakopoulos 1972, S.71/72
  2. vgl. Zehnpfennig 1991, S. XXXIX
  3. vgl. 66de
  4. vgl. Thedorakopoulos 1972, S. 72