Das Schöne bei Plotin in den Enneaden Bearbeiten

Zitat aus Schrift I.6 (Über das Schöne) Bearbeiten

"Das Schöne beruht größtenteils auf den Wahrnehmungen des Gesichts, es beruht aber auch auf denen des Gehörs, wie bei den Zusammenstellungen von Wörtern und in der gesamten Musik. Denn auch Melodien und Rhythmen sind schön. Steigen wir von der sinnlichen Wahrnehmung weiter aufwärts, so gibt es auch schöne Einrichtungen, Taten, Zustände, Wissenschaften, endlich eine Schönheit der Tugend. Ob noch eine höhere Schönheit, wird sich im weiteren Verlauf[42] zeigen. Was ist nun aber die bewirkende Ursache davon, dass Körper als schön erschaut werden, dass das Gehör den Tönen als schönen seine Zustimmung gibt? Und was im weiteren mit der Seele zusammenhängt, in wiefern ist das eigentlich alles schön? Und sind ferner alle diese Dinge durch ein und dasselbe schön, oder gibt es eine besondere Schönheit bei einem Körper und wieder eine besondere bei einem anderen Gegenstand? Und was sind denn nun eigentlich diese verschiedenen oder diese eine Schönheit? Denn die einen Gegenstände sind nicht an sich selbst schön, z.B. die Körper, sondern durch Teilhaben an der Schönheit, andere dagegen sind an sich selbst Schönheiten, wie es das Wesen der Tugend ist. Auch erscheinen dieselben Körper bald schön bald nicht schön, so dass ihr Sein als Körper verschieden ist von ihrem Sein als schöne Körper. Was ist denn nun das, was hier diese bestimmte Eigenschaft der Körper ausmacht? Dies muss nämlich der erste Gegenstand unsrer Untersuchung sein. Was ist es also, was auf die Augen der Beschauer einen Eindruck macht, was sie auf sich zieht, sie fesselt und sie an seinem Anblick Gefallen finden lässt?" (Plotin: Enneaden)

Anmerkungen zu Schrift I.6 Bearbeiten

Die 6. Schrift der I. Enneade ist überschrieben mit "Über das Schöne".

Die 6. Schrift beginnt mit folgenden Worten: "Das Schöne beruht größtenteils auf den Wahrnehmungen des Gesichts, es beruht aber auch auf denen des Gehörs, wie bei den Zusammenstellungen von Wörtern und in der gesamten Musik. Denn auch Melodien und Rhythmen sind schön. Steigen wir von der sinnlichen Wahrnehmung weiter aufwärts, so gibt es auch schöne Einrichtungen, Taten, Zustände, Wissenschaften, endlich eine Schönheit der Tugend. Ob noch eine höhere Schönheit, wird sich im weiteren Verlauf zeigen."

Und nur fragt Plotin: "Was ist nun aber die bewirkende Ursache davon, dass Körper als schön erschaut werden, dass das Gehör den Tönen als schönen seine Zustimmung gibt?"

Plotin fragt also danach, was es ist, das in uns die "Empfindung" der Schönheit erzeugt. Was ist es, das macht, dass uns etwas gefällt? Plotin hat wirklich einen Begriff von Schönheit im Sinne dessen, was gefällt. Leider sieht er selbst die Qualität dieses Gedankens nicht; er will tiefer gehen und danach fragen, „was“ es denn ist, das uns gefällt. Zunächst macht er es an einer bestimmten Harmonie fest, und zwar an der Symmetrie der Teile zum Ganzen. Aber dann verwirft er diesen Gedanken, weil man ja auch die Tugend für schön hält, und die sei eben unteilbar. Plotin meint nun aber nicht, dass es die Teilhabe der Dinge an den göttlichen Ideen ist, die uns die Dinge als schön erscheinen lassen. Tatsächlich ist es unsere Seele, die Gefallen an etwas findet, die etwas für schön hält. Aber was spricht die Seele da an? Wenn man ein Bild sieht, mag es dem einen gefallen und dem anderen nicht. Es muss also in demjenigen, dem das Bild gefällt, etwas angesprochen haben, etwas "zum schwingen" gebracht haben, was ihm selbst, seinem inneren Wesen entspricht. Und die inneren Wesen sind eben verschieden, und daher ist das Schöne auch rein subjektiv. Als schön empfinden wir nur etwas, das in unserem eigenen Inneren etwas anspricht, das ganz unserem eigentlichen Wesen entspricht. Eben diese Ähnlichkeit lässt uns an einer Sache Gefallen finden. Höchste Schönheit erreichen wir hingegen in den spirituellen Mysterien, an die Plotin fest glaubt. So sagt er den berühmten Satz, den man üblicher Weise nur mit Goethe in Verbindung bringt: "Nie hätte das Auge jemals die Sonne gesehen, wenn es nicht selber sonnenhaft wäre; so kann auch eine Seele das Schöne nicht sehen, wenn sie nicht selbst schön ist.".

Verwendete Begriffe Bearbeiten

  • Geschmack
  • Geschmacksurteil
  • Schön ist, was gefällt
  • Ästhetischer Subjektivismus
  • Radikaler ästhetischer Subjektivismus

Siehe auch Bearbeiten